Normen
AVG §71 Abs1 lita impl;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 lita impl;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Mit der dem Vertreter des Beschwerdeführers am 14. September 1992 zugestellten Verfügung vom 3. September 1992 hatte der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführer aufgefordert, die vom Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetretene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4, 5 und 6, Abs. 2 VwGG zu ergänzen, den ergänzenden Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorzulegen und außer diesem eine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde beizubringen.
Innerhalb offener Frist hatte der Beschwerdeführer den von ihm geforderten Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorgelegt; anstelle einer Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde hatte er eine Kopie derselben vorgelegt, die weder die Bezeichnung des Beschwerdevertreters noch dessen Unterschrift aufwies.
Mit Beschluß vom 19. Oktober 1992 stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 VwGG ein.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist zur Mängelbehebung mit folgender Begründung:
Der Verbesserungsschriftsatz sei am 12. Oktober 1992 nach Diktat des Beschwerdevertreters in dessen Kanzlei von einer Angestellten geschrieben worden. Anschließend habe die Angestellte den Schriftsatz samt Akt dem Beschwerdevertreter zur Unterschrift vorgelegt. Dieser habe bei einer Überprüfung festgestellt, daß der Schriftsatz sämtliche Erfordernisse im Sinne des Mängelbehebungsauftrages aufweise und diesem eine weitere unterschriebene Ausfertigung der (ursprünglichen) Beschwerde angeschlossen gewesen sei. Sodann habe er den Schriftsatz unterfertigt und zur Kuvertierung, Eintragung in das Postbuch und zum weiteren Expedit an die Kanzleileiterin übergeben. Erst mit der Zustellung des Einstellungsbeschlusses am 18. Dezember 1992 habe der Beschwerdevertreter davon erfahren, daß anstelle der von ihm unterschriebenen Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof eine nicht unterschriebene Fotokopie vorgelegt worden sei. Der Kanzleileiterin sei nunmehr erinnerlich, daß "durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis" die Unterschriftenmappe mit dem gegenständlichen Akt zu Boden gefallen sei. Dabei seien Aktenstücke herausgefallen; beim neuerlichen Ordnen derselben sei es geschehen, daß anstelle der unterschriebenen Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde dem Verbesserungsschriftsatz eine nicht unterfertigte Kopie derselben angeschlossen worden sei. Etwas derartiges sei bei der seit 20 Jahren in der Kanzlei des Beschwerdevertreters beschäftigten Kanzleileiterin noch niemals vorgekommen.
Zur Bescheinigung dieses Vorbringens wurden Erklärungen des Beschwerdevertreters und zweier seiner Angestellten vorgelegt. Gleichzeitig wurde die versäumte Handlung durch Übersendung einer Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde nachgeholt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. den Beschluß vom 7. April 1992, Zl. 92/08/0059) ist das Verschulden des Vertreters der Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, während jenes eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzurechnen ist, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht jenen Bediensteten gegenüber unterlassen hat. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht umfaßt im Falle eines Mängelbehebungsauftrages auch die geeignete Überwachung der Vorbereitung der Postsendung zur Abgabe und die Überprüfung der Vollständigkeit der an den Verwaltungsgerichtshof in Befolgung des Mängelbehebungsauftrages zu übermittelnden Aktenstücke; anders wäre es, wenn erst nach Unterfertigung des Ergänzungsschriftsatzes und Kontrolle der Vollständigkeit der anzuschließenden Urkunden durch den Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe durch einen verläßlichen Angestellten ein Fehler unterlaufen wäre (vgl. z.B. den Beschluß vom 23. April 1992, Zl. 92/15/0067, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im vorliegenden Fall ist bescheinigt, daß das zur Versäumung der Mängelbehebungsfrist führende Versehen einer verläßlichen Kanzleiangestellten des Beschwerdevertreters unterlaufen ist; diesen selbst trifft an dem Versehen kein Verschulden durch mangelnde Überwachung der Kanzleiangestellten.
Dem fristgerecht gestellten und die versäumte Handlung nachholenden Wiedereinsetzungsantrag war daher stattzugeben.
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