Normen
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art94;
StPO §221 Abs1;
StPO §396;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art94;
StPO §221 Abs1;
StPO §396;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde auf Grund des Beschlusses des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Juli 1991 in der Strafvollzugsanstalt Hirtenberg in Untersuchungshaft genommen. Am 5. Dezember 1991 fand im Landesgericht für Strafsachen Wien die Hauptverhandlung statt, die um 10.45 Uhr mit einem Freispruch des Beschwerdeführers endete. Um 10.45 Uhr wurde auch vom Richter der Beschluß gefaßt, den Beschwerdeführer unverzüglich zu enthaften. Tatsächlich fand die Enthaftung dann schließlich erst um 14.45 Uhr nach Rücküberstellung in die Strafvollzugsanstalt Hirtenberg statt, nachdem zwecks Sammeltransportes mehrerer Häftlinge mit der Abfahrt nach Hirtenberg bis 12.15 Uhr zugewartet worden war. Gegen diese nach seinem Freispruch erfolgte Anhaltung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien.
Die belangte Behörde gab dieser Beschwerde des Beschwerdeführers wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, soweit sie sich gegen die über 14.10 Uhr (Eintreffen in der Strafvollzugsanstalt Hirtenberg) hinausgehende weitere Anhaltung des Beschwerdeführers bis 14.45 Uhr richtete, Folge und erklärte diese Amtshandlung für rechtswidrig. Sie wies die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers von 10.45 bis 14.10 Uhr richtete, gemäß § 67c Abs. 3 AVG zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Rechtsgrundlage der weiteren Anhaltung während dieses kurzen Übergangszeitraums ein richterlicher Auftrag, nämlich mit den zur Enthaftung erforderlichen Maßnahmen ohne Aufschub zu beginnen, sei. Damit sei diese Anhaltung dem zuständigen Strafgericht, nicht jedoch einer, den einschreitenden Justizwacheorganen vorgesetzten Administrativbehörde zuzurechnen; es handle sich somit nicht um einen Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die belangte Behörde sei nicht zur Prüfung der Rechtmäßigkeit zuständig. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorgangsweise der Justizwachebeamten habe nicht mehr im richterlichen Auftrag Deckung gefunden und sei dieser eigenmächtig und in exzessiver Weise ausgeübt worden, bemerkte die belangte Behörde, daß auf Grund der zwischen 45 Minuten bis 2 1/2 Stunden dauernden Fahrtzeit von Wien nach Hirtenberg die Überstellung der Häftlinge in Form von Sammeltransporten durchaus gerechtfertigt sei, sodaß die damit verbundene Wartezeit nicht als Exzeß des richterlichen Auftrags gewertet werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, RdZ 608).
Demgegenüber können Akte von Verwaltungsbehörden, die in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt werden, gemäß herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden. Vielmehr sind der richterliche Befehl und dessen tatsächliche Ausführung, auch wenn diese durch Verwaltungsorgane vorgenommen wird, als Einheit zu sehen. Demgemäß sind die auf Grund eines richterlichen Befehls von Verwaltungsorganen vorgenommenen Akte zur Durchführung dieses Befehls - solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gestellten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten - funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen (vgl. Funk, Der verfahrensfreie Verwaltungsakt, Springer-Verlag 1975, S. 48, insbesonders FN 88, weiters Kranewitter, Sicherheitsbehörden und Strafjustiz, Manz 1990, S. 50ff, sowie Walter-Mayer, aaO, RdZ 609, und die dort angeführte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes). Im Fall einer offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehls liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (vgl. Walter-Mayer, aaO, RdZ 609).
Der Beschwerdeführer erachtet die ihm gegenüber gesetzte Maßnahme der weiteren Anhaltung durch die Justizwacheorgane als Exzeß und somit als in Überschreitung des erteilten richterlichen Befehls ausgeführt. Dies hat er insbesondere damit begründet, daß die Behörde verpflichtet gewesen wäre, ihn unverzüglich nach Hirtenberg zu überstellen und ihn nicht ohne ersichtlichen Grund und ohne jegliche Notwendigkeit weiterhin im Landesgericht für Strafsachen Wien anzuhalten, und zwar nur deswegen, um das Verhandlungsende und das Eintreffen weiterer Untersuchungshäftlinge abzuwarten.
Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie unter Zugrundelegung der Notwendigkeit eines Rücktransportes des Beschwerdeführers zwecks Durchführung der Entlassungsformalitäten am Orte der Untersuchungshaft davon ausgeht, daß eine Überstellung nach Hirtenberg angesichts der langen Fahrtzeit in Form eines Sammeltransportes mehrerer Häftlinge gerechtfertigt sei, sofern damit eine angemessene Zeitspanne nicht überschritten wird. Auch teilt der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, daß die damit verbundene Wartezeit von im gegenständlichen Fall 1 1/2 Stunden noch nicht unangemessen lang ist. Von einer unnötigen Verzögerung und damit von einer Überschreitung der Vollziehung des richterlichen Befehls, wonach die zur Enthaftung erforderlichen Maßnahmen möglichst rasch durchzuführen sind, kann daher nicht ausgegangen werden. In keinem Fall ist es möglich, einen Untersuchungshäftling im selben Augenblick, in dem der Richter die Enthaftung anordnet, tatsächlich aus der Haft zu entlassen (vgl. etwa Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 1986, B 251/86). Rechtsgrundlage der weiteren Anhaltung bildet demnach der richterliche Auftrag. Der Beschwerdeführer war sohin mangels Vorliegens eines Aktes unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, betreffend den angeführten Zeitraum, nicht berechtigt, bei der belangten Behörde Beschwerde zu erheben (§ 67a Abs. 1 Z. 2 AVG). Der diese Beschwerde zurückweisende angefochtene Bescheid (§ 67c Abs. 3 AVG) steht daher in Übereinstimmung mit der Rechtslage.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde liegt die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für die Behandlung der Beschwerde vor, weil der Beschwerdeführer - aus dem Inhalt der Beschwerde erkennbar - nicht die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts, sondern die Zurückweisung seiner Beschwerde durch die belangte Behörde, also die Verletzung seines Rechts auf Sachentscheidung, rügt.
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Eine Abtretung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof durch den Verwaltungsgerichtshof ist gesetzlich nicht vorgesehen, so daß diesem Antrag nicht entsprochen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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