VwGH 90/10/0034

VwGH90/10/003425.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Mag.pharm. N in V, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 31. Oktober 1988, Zl. 562.063/9-VI/15-1988, betreffend Abweisung einer Berufung gegen die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in K (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. B in I, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Begehren der mitbeteiligten Partei auf Ersatz der Umsatzsteuer wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 5. November 1987 erteilte der Landeshauptmann von Tirol der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort der Gemeinde K gemäß den §§ 9, 10 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907, in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG).

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom 31. Oktober 1988 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß die Betriebsstätte der beantragten Apotheke auf dem Grundstück EZ. 2432, Objekt 476, der Katastralgemeinde K errichtet werde. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Standortgemeinde

K 2.300 Einwohner mit Hauptwohnsitz. Von einer öffentlichen Apotheke in K seien ferner etwa die Hälfte der Einwohner von O (1.000), 196 Einwohner von U, 59 Einwohner von R, etwa die Hälfte der Einwohner von X und Y (280), sämtliche Einwohner von

S (1224), 530 Einwohner von G und 159 Einwohner von J einschließlich der Hälfte der Anzahl der Zweitwohnungsbesitzer von K zu versorgen, sodaß insgesamt für 5.841 Personen Bedarf nach einer Apotheke in K bestehe.

K sei keine echte Fremdenverkehrsgemeinde, daher sei auf Gäste nicht Bedacht zu nehmen. Weiters könnten nicht sämtliche Bewohner der Fraktionen Y und X der Gemeinde A herangezogen werden, da diese Fraktionen etwa in der Mitte zwischen der beantragten Apotheke und der bestehenden Apotheke in A lägen, sodaß davon auszugehen sei, daß diese Personen sich auf beide Apotheken aufteilen würden. Die öffentlichen Apotheken in V, Z und A sowie die beantragte Apotheke lägen so nahe beisammen, daß deren 4 km- Umkreise einander schnitten. Der Bundesminister schließe sich jedoch dem Argument des Landeshauptmannes insofern an, als die Bewohner des S-Tales (S, G und J) als von der beantragten Apotheke zu versorgende Personen angesehen werden müßten, da die anderen öffentlichen Apotheken für diese Einwohner nur über K erreichbar seien. Andererseits kämen nicht sämtliche Einwohner von R und O bzw. von M für die beantragte Apotheke als Kunden in Frage, da für diese die öffentlichen Apotheken in Z und C bequemer erreichbar seien. Die Bewohner von Zweitwohnsitzen würden üblicherweise höchstens zur Hälfte einbezogen, außer die Ermittlungen ergäben besondere Umstände, aus denen eine ganzjährige Benützung der Zweitwohnsitze glaubhaft sei; dies sei hier nicht der Fall. Aufgrund des festgestellten Versorgungspotentials sei der Bedarf nach einer öffentlichen Apotheke in K gegeben.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Als Beschwerdepunkt wird der Mangel eines Bedarfes im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG geltend gemacht.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 10 Abs. 2 ApG (in der Fassung vor der Apothekengesetznovelle 1990) lautet auszugsweise:

"(2) Bei der Prüfung des Bedarfes sind insbesondere die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner und die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke zu berücksichtigen. Ferner sind die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe, der Umfang des Geschäftsbetriebes der im Standort und in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken sowie deren Turnusdienst in Betracht zu ziehen. Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn

1.a) in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht,

die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5 500 beträgt

oder

b) .....

und

2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt."

2.2.1. In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, nach der bisherigen Verwaltungsübung und Rechtsprechung solle der Großteil der zu versorgenden Personen in dem Ort ansässig sein, in dem die Apotheke errichtet werde. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, da die Standortgemeinde K nur 2.300 ständige Einwohner zähle.

2.2.2. Unter den "in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen" sind jene zu verstehen, die eine besondere räumliche Nahebeziehung (im 4-km-Umkreis) zur neuen Apotheke haben. Dazu zählen primär die ständigen, im 4-km-Umkreis von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neuen Apotheke wohnenden Personen, sofern sie auch unter Bedachtnahme auf die im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG genannten Umstände ihren Heilmittelbedarf voraussichtlich in der neuen Apotheke und nicht in den schon bestehenden Apotheken und weiterbestehenden Hausapotheken decken werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Zl. 88/08/0257 =

ZfVB 1990/5/2058, und vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089 = ZfVB 1992/8/1791, Pkt. 2).

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Partei, daß der Großteil der erforderlichen

5.500 Personen im Ort, in dem die künftige Betriebsstätte liegen soll, ansässig sein müsse, als unzutreffend. Maßgebend ist, daß die überwiegende Zahl der potentiellen Kunden im "4-km-Umkreis" von der künftigen Betriebsstätte wohnt. Der Standort K scheidet somit nicht deswegen als Apothekenstandort aus, weil diese Gemeinde nur 2.300 ständige Einwohner aufweist (vgl. auch dazu das zuletzt zitierte hg. Erkenntnis vom 24. März 1992).

2.3.1. In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht, bei der Bedarfsprüfung seien die Einwohner von S (1.224), G (530) und J (159), das seien insgesamt 1.913 Personen, nicht zu den von der geplanten Apotheke in K zu versorgenden Personen zu zählen, da die Personen in diesen Gemeinden nicht im Umkreis von 4 Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke wohnten. Die Entfernung K - S betrage nämlich 7 km, K - G 12 km und K - J 20 km. Somit verblieben von den

5.841 Personen lediglich 3.928 zu versorgende Personen.

2.2.2. Nach der Rechtsprechung müssen zusätzlich zu den ständigen Einwohnern der 4-km-Zone nach § 10 Abs. 2 erster Satz ApG noch andere potentielle, außerhalb des 4-km-Umkreises ständig wohnende Apothekenkunden berücksichtigt werden. Wegen der territorialen Beschränkung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG sind dies aber nicht schlechthin alle, sondern nur solche Kunden, die durch bestimmte, im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG beispielsweise genannte Umstände und Einrichtungen veranlaßt werden, in den 4-km-Umkreis einzufluten, und anläßlich dieses Einfließens voraussichtlich ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken werden (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Zl. 88/08/0257 = ZfVB 1990/5/2058, vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089 = ZfVB 1992/5/1791, Pkt. 4a, und vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0091 = ZfVB 1992/5/1792).

Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, daß die

1.913 Personen aus S, G und J DESWEGEN nicht zu den von der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in K zählten, weil diese Personen nicht im Umkreis von 4 Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der neuen Apotheke wohnten, erweist sich somit als unzutreffend. Die Feststellungen der Behörden des Verwaltungsverfahrens, daß die Bewohner der genannten Orte, um zu anderen öffentlichen Apotheken zu gelangen, durch K fahren müßten, damit notwendigerweise auf Grund der geographischen Gegebenheiten nach K (welches im übrigen Schulen und 30 Gewerbebetriebe aufweise) "einfluten" müßten und dadurch bei der Heilmittelversorgung einige Kilometer an Wegersparnis erzielen würden, wurden im Verwaltungsverfahren und auch in der Beschwerde nicht bestritten.

2.4. Dem Beschwerdeeinwand, als zu versorgende Personen kämen die Zweitwohnungsbesitzer von K - dem angefochtenen Bescheid liegt diesbezüglich eine Sachverhaltsannahme von 93 Personen zugrunde - "kaum in Betracht" und auch die 59 Einwohner von T seien keine zu versorgenden Personen, kommt im Hinblick auf die Zahl des Kundenpotentials von

5.689 Personen, das ohne die Einbeziehung dieser beiden Bevölkerungsgruppen von der belangten Behörde festgestellt wurde (5841-152=5689 Personen), keine Relevanz zu. Im Hinblick auf die Überdeckung der erforderlichen Zahl von 5.500 Personen hätte die belangte Behörde auch bei Vermeidung eines allfälligen Feststellungsmangels zu keinem anderen Bescheid kommen können.

2.5. Schließlich wird in der Beschwerde hinsichtlich der Situierung der künftigen Betriebsstätte der Apotheke der mitbeteiligten Partei geltend gemacht, daß es laut Bestätigung des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 12. Dezember 1988 die EZ 2432 KG K, nicht gebe.

Demgegenüber wird in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei zutreffend darauf hingewiesen, daß es im angefochtenen Bescheid nicht EZ 2432, sondern richtig Grundstück Nr. 2432 und Grundstück Nr. 476 hätte heißen müssen. Nach dem Grundbuchstand gehören nämlich beide Grundstücke (476 und 2432) zur EZ 553. Da K eine einzige Katastralgemeinde bildet und die Grundstücksnummern fortlaufend vergeben sind, ist die Bezeichnung des Grundstückes 476 eindeutig. Rechte der Beschwerdeführerin wurden daher durch diese Bezeichnung der voraussichtlichen Betriebsstätte nicht verletzt.

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Ersatz der Umsatzsteuer war der mitbeteiligten Partei nicht zuzusprechen, da auch dieser bereits mit dem Pauschale des Schriftsatzaufwandes abgegolten ist.

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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