VwGH 90/07/0015

VwGH90/07/001523.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Aumayr, über die Beschwerde des F in J, vertreten durch Dr. G, RA in K, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim BM für Land- und Forstwirtschaft vom 6.12.1989, Zl. 710.816/04-OAS/89, betreffend landw Bringungsrecht (mitbeteiligte Parteien: 1. P in A, vertreten durch Dr. M, RA in I, und 2. Dr. B, RA in I), zu Recht erkannt:

Normen

GSGG §16 Abs3;
GSLG Tir §21 Abs2;
VwRallg;
GSGG §16 Abs3;
GSLG Tir §21 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- sowie der erstmitbeteiligten Partei S 5.920,-- und der zweitmitbeteiligten Partei S 5.800,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. März 1987 räumte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz in Stattgebung des Antrags von X (als Rechtsvorgänger des nunmehrigen Beschwerdeführers) auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes in Spruchpunkt I. zugunsten der Grundstücke der Liegenschaft O in EZ 178 und 196 KG J (damaliger Eigentümer X), auf der bestehenden Weganlage auf den Grundstücken 69 und 67 in der EZ 64 KG J (Miteigentümer die Erst- und Zweitmitbeteiligten dieses Beschwerdeverfahrens) ein land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht in der Form der Mitbenützung dieser Weganlage, beginnend am Ende des öffentlichen Interessentenweges NN auf Grundstück Nr. 69 bis zum Pipeline-Stollen an der westlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 68 auf einer Weglänge von 70 Laufmetern ein. Weiters wurden im Spruchpunkt II. dieses Bescheides mehrere Grundstücke der Liegenschaft O in die Bringungsgemeinschaft KK nachträglich einbezogen und wurde zugunsten dieser Grundstücke das Bringungsrecht eingeräumt sowie das Anteilsverhältnis an der Bringungsgemeinschaft KK abgeändert. In Spruchabschnitt III. wurden Entschädigungen für die Mitbenützung bzw. für die Einräumung des Bringungsrechtes festgelegt.

Über Berufung unter anderem der Erst- und Zweitmitbeteiligten änderte der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (in der Folge LAS) mit Erkenntnis vom 17. November 1988 den erstinstanzlichen Bescheid dahin gehend ab, daß in dessen Spruchpunkt II 1) ein näher bezeichnetes Grundstück zu entfallen habe, in Spruchpunkt III die festgelegten Entschädigungen abgeändert sowie schließlich die Spruchpunkte I und II des erstinstanzlichen Bescheides durch die Auflage ergänzt wurden, daß die Bringungsrechtseinräumung mit der Maßgabe erfolgte, daß der Bringungsweg am Ende des öffentlichen Interessentenweges NN (= Beginn des im erstinstanzlichen Bescheid eingeräumten Bringungsrechtes) abgeschrankt werde und bei Fahrten in Ausübung des Bringungsrechtes jeweils zu versperren sei. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. In der Folge wurden dem Beschwerdeführer drei Schlüssel für die Abschrankung ausgehändigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Oberste Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die sich ausschließlich gegen die Abschrankungsauflage richtende Berufung des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des LAS gemäß § 1 AgrVG 1950, § 66 Abs. 4 AVG sowie §§ 1, 2, 3 und 21 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (in der Folge GSLG 1970) als unbegründet ab und führte aus: Rechtsfrage sei im Gegenstand, ob die zusätzliche Auflage hinsichtlich der Abschrankung zu Recht auf die vom Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 1987 abgegebene Erklärung (daß er gegen die Beibehaltung der Abschrankung des Weges am Ende des öffentlichen Interessentenweges keinen Einwand erhebe; eine diesbezügliche Auflage könne in jede Behördenentscheidung aufgenommen werden) gestützt werden könne. Dies sei zu bejahen. Die damals abgegebene prozessuale Erklärung des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers in der seinerzeitigen Verhandlung habe auch für den Rechtsnachfolger verbindliche Wirkung. Das Verfahren zur Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes sei ein antragsbedürftiges Verfahren, d.h. der Antragsteller sei im Laufe des Verfahrens insoweit Herr des Prozesses, als er durch seine Erklärungen das Verfahren in Gang bringen, den Verfahrensablauf beeinflussen und auch beenden könne. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers habe in der Verhandlung vom 13. Mai 1987 eindeutige Erklärungen abgegeben, die sich mit dem Umfang und Inhalt des Bringungsrechtes befaßten. Auch bedürfte eine solche Erklärung - entgegen der Auffassung des nunmehrigen Beschwerdeführers - keiner ausdrücklichen Annahme durch den Prozeßgegner. Gemäß § 21 Abs. 2 GSLG 1970 sei die während des Verfahrens durch vor der Agrarbehörde abgegebene Erklärungen der Parteien geschaffene Rechtslage auch für die Rechtsnachfolger bindend. Rechtslage bedeute keinesfalls ein Übereinkommen; die Erklärung des Antragstellers im Hinblick auf Inhalt und Umfang des Bringungsrechtes sei auch dann verbindlich, wenn der Antragsgegner diese Erklärung nicht annehme. In diesem Fall wäre es Sache der Behörde, bei ihrer Entscheidung die Erklärungen entsprechend zu würdigen. Im vorliegenden Fall wären aber - wie sich aus dem Akteninhalt ausdrücklich ergebe - die Antragsgegner mit dieser Erklärung durchaus einverstanden gewesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende, erkennbar inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligten Parteien (mP) eine Gegenschrift erstattet, in der sie - ebenso wie die mP - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Gegenstand hat X als Rechtsvorgänger des nunmehrigen Beschwerdeführers in der von der Berufungsbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 1987 u.a. nachstehende Stellungnahme abgegeben:

"Der O-Hof ist bereits seit 50 Jahren in meinem Eigentum. Seit dieser Zeit lebe ich auch auf diesem Hof und bewirtschafte diesen. Ich wohne auch derzeit auf der Hofstelle O. Im Bereich des D-Hofes und C-Hofes (Waldgrundstücke) habe ich selber eine Zufahrt zu meinem Hof O angelegt. Diesbezüglich habe ich private Vereinbarungen mit den Grundeigentümern geschlossen. Von dieser Weganlage an muß ich etwa 10 Minuten bis eine Viertelstunde hinunter zur Hofstelle auf den Hof O gehen. Ich habe etwa im Jahre 1977/78 diesen Privatweg gebaut. Seit dieser Zeit bin ich ungehindert für die Bringungsbedürfnisse dieses Hofes auf der Weganlage gefahren. Nicht nur zu meinen bereits bisher berechtigten beiden Waldgrundstücken, sondern auch für den gesamten Hof bin ich auf dem Privatweg durch den Besitz des Hofes S ohne Beanstandung gefahren. Am Ende des öffentlichen Weges haben die Besitzer des Hofes S einen Schranken errichtet. Dies, glaube ich, im Jahre 1984. Alle bringungsberechtigten Waldbesitzer haben einen Schlüssel für diesen Schranken bekommen. Weder als Waldbesitzer noch als Eigentümer des Hofes

O habe ich einen Schlüssel bekommen. Deshalb habe ich mich an die Agrarbehörde gewandt, damit der Bringungsweg auch für mich benützbar gemacht wird..."

X erklärt noch weiters, "daß er gegen die Beibehaltung der Abschrankung des Weges am Ende des öffentlichen Interessentenweges keinen Einwand erhebt. Eine diesbezügliche Auflage kann in jede Behördenentscheidung aufgenommen werden."

Diese Erklärung hat X auch unterfertigt. Am 23. Juli 1987 ist X verstorben.

§ 21 GSLG 1970 lautet wie folgt:

"(1) Im Falle eines Eigentumswechsels tritt der Erwerber des Grundstückes in das anhängige Verfahren in der Lage ein, in der sich das Verfahren befindet.

(2) Die während des Verfahrens durch Bescheide oder durch vor der Agrarbehörde abgegebene Erklärungen der Parteien geschaffene Rechtslage ist auch für die Rechtsnachfolger bindend.

(3) Die während des Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erklärungen und die mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeschlossenen Vergleiche bedürfen keiner Genehmigung durch andere Behörden. Solche Erklärungen und Vergleiche können nur mit Zustimmung der Agrarbehörde widerrufen werden. Die Zustimmung ist zu versagen, wenn aus einem Widerruf eine erhebliche Störung des Verfahrens zu besorgen ist, wie insbesondere dann, wenn auf Grund der zu widerrufenden Erklärungen bereits wirtschaftliche Maßnahmen getroffen, Bescheide ergangen oder sonstige Rechtshandlungen gesetzt sind."

Die Beschwerde führt aus, diese Stellungnahme vom 13. Mai 1987 sei keine "Erklärung" im Sinn des § 21 Abs. 2 GSLG 1970; eine solche sei "unabdingbar zweiseitig mit Vertragskraft" und müsse "vorbehaltlos übereinstimmend sein".

Diese Rechtsansicht wird nicht geteilt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem zum O.ö. Flurverfassungslandesgesetz 1979 ergangenen Erkenntnis zu einer dem § 21 Abs. 2 GSLG 1970 vergleichbaren Bestimmung (§ 90) ausgeführt, daß unter derartigen "Erklärungen", die sowohl den Erklärenden als auch den Rechtsnachfolger binden, nur solche mit rechtsgestaltender Wirkung verstanden werden können (Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 90/07/0135). Das Vorbringen (§ 44 Abs. 3 AVG) des Rechtsvorgängers des nuhmehrigen Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 13. Mai 1987, gegen die Abschrankung keinen Einwand zu erheben, ist als eine auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung zu werten. Diese Erklärung ist insofern rechtsgestaltend, als sie den ursprünglichen Antrag dahin modifiziert, daß dieser die Bringungsrechtseinräumung unter der Auflage einer näher bezeichneten Abschrankung umfassen kann. Eine derartige Erklärung bedarf - entgegen den Beschwerdeausführungen - keiner korrespondierenden Willenserklärung Dritter, stellt doch das Gesetz selbst ausschließlich darauf ab, daß die Erklärung "vor der Agrarbehörde" abgegeben wird.

Kommt sohin dieser vor der Agrarbehörde abgegebenen Äußerung ein rechtsgestaltender Erklärungswert zu, so ist gemäß § 21 Abs. 2 GSLG 1970 die dadurch geschaffene Rechtslage auch für den Rechtsnachfolger und damit im Beschwerdefall für den nunmehrigen Beschwerdeführer bindend.

Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie die Berufung des Beschwerdeführers gegen das auch auf der Grundlage dieser Abschrankungserklärung vom 13. Mai 1987 beruhende Erkenntnis des LAS vom 17. November 1988 abgewiesen hat.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, in bezug auf die mitbeteiligte Partei im besonderen auf § 49 Abs. 6 VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

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