Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. Jänner (richtig: 1. August) 1991 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung, des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten geschlechtlichen Nötigung, des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Unzucht mit Unmündigen sowie des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten sei unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen gewesen, daß dieser im Jahre 1974 in Bregenz geboren worden sei. Nach dem Besuch der Volksschule, Sonderschule und einem Jahr Hauptschule sei er berufstätig geworden. Seine Eltern seien schon seit 20 Jahren in Österreich, sämtliche Geschwister seien hier geboren. Auf Grund des langjährigen Aufenthaltes und der damit verbundenen Integration seien die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers als erheblich zu werten, dies auch unter Berücksichtigung "nicht allzu guter" Türkischkenntnisse. Dieses Argument sei jedoch deshalb nicht so gravierend, da der Beschwerdeführer von türkischen Eltern abstamme und daher genügend Grundkenntnisse für ein rasches Erlernen der türkischen Sprache vorliegen dürften. Somit erscheine auch eine psychotherapeutische Behandlung in seinem Heimatland zumutbar. Auf Grund seines jugendlichen Alters dürfte es ihm auch nicht schwerfallen, sich in seinem Heimatland zurecht zu finden und auch den Lebensunterhalt zu verschaffen. Dennoch bestehe kein Zweifel daran, daß ein Aufenthaltsverbot den Beschwerdeführer schwer treffen würde. Angesichts der von ihm begangenen strafbaren Handlungen sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedoch dringend geboten. Der Beschwerdeführer habe gravierend gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen. Insbesondere die Sexualdelikte, die nicht selten zu schweren psychischen Schäden der Betroffenen führen würden, aber auch die insgesamt 54 Eigentumsdelikte sprächen gegen einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich. Hiezu komme, daß der Sachverständige im Gerichtsverfahren eine unmittelbar ungünstige Zukunftsprognose gestellt habe und der Ausgang der therapeutischen Maßnahme ungewiß sei. In Anbetracht der zahlreichen gravierenden Rechtsverletzungen des Beschwerdeführers würden die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 9. Juni 1992, Zl. B 327/92, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 sowie des Abs. 3 FPG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
- 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
- 3. die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Der Beschwerdeführer tritt der - zutreffenden - Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG sei erfüllt, nicht entgegen. Das Beschwerdevorbringen läßt sich vielmehr dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer die im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung für rechtswidrig hält. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten.
Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer begangenen zahlreichen Rechtsbrüche, die eine ausgeprägte Neigung zur Mißachtung der körperlichen Integrität und des Eigentums von Mitmenschen erkennen lassen, kommt dem Umstand, daß der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung "unauffällig" gewesen ist, sich in Bewährungshilfe begeben und einer psychiatrischen Behandlung unterzogen hat, kein entscheidendes Gewicht zu. Auch vermag der Hinweis des Beschwerdeführers, das Gericht habe bei der erwähnten Verurteilung von der Möglichkeit einer bedingten Nachsicht eines Teiles der Strafe (§ 43a StGB) Gebrauch gemacht, an der Unbedenklichkeit der Wertung des öffentlichen Interesses an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes - die unabhängig von einem solchen Ausspruch des Gerichtes vorzunehmen ist - nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 92/18/0286).
Was aber die Rechtsansicht in der Beschwerde betrifft, der Verwaltungsgerichtshof habe im Hinblick darauf, daß Art. 8 MRK im § 3 FPG zweimal zitiert werde, die "internationale Menschenrechtsprechung" anzuwenden, so werden mit diesen Ausführungen keine konkreten Umstände dargetan, die die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung als rechtswidrig erscheinen lassen.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - insbesondere sind wesentliche Mängel der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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