VwGH 92/14/0053

VwGH92/14/00535.5.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Bauherrengemeinschaft XY in R, bestehend aus

189 Miteigentümern, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 25. Februar 1992, Zl. 50.050-5/92, betreffend Stundung von Umsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1175;
BAO §212 Abs1;
BAO §6 Abs2;
ABGB §1175;
BAO §212 Abs1;
BAO §6 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Abgabenbehörden forderten im Instanzenzug auf Grund der Ergebnisse einer im Jahr 1987 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung von der Bauherrengemeinschaft Vorsteuerbeträge zurück, weil es der Gemeinschaft an der Unternehmereigenschaft gefehlt habe und deshalb eine Veranlagung zu unterbleiben hatte bzw. der Umsatz und die Vorsteuern mit Null festgesetzt wurden. Der Verwaltungsgerichtshof wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 8. April 1991, 88/15/0137, ab, weil eine Wohnungseigentumsgemeinschaft, die allein für die Begründung der Unternehmereigenschaft in Betracht gekommen wäre, nicht rechtswirksam habe begründet werden können. Der Begründung von Wohnungseigentum sei nämlich eine im Grundbuch eingetragene Servitut zugunsten des Bundeslandes entgegengestanden, laut der auf die Begründung von Wohnungseigentum verzichtet worden sei.

Die Bauherrengemeinschaft beantragte hierauf die Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens mit der Begründung, es sei mittlerweile auf Grund eines Beschlusses des Gerichtes vom 29. Mai 1991 die erwähnte Servitut gemäß § 130 GBG von Amts wegen gelöscht worden. Der Wiederaufnahmsantrag wurde abgewiesen. Dagegen ist beim Verwaltungsgerichtshof die unter 91/15/0143 protokollierte Beschwerde anhängig.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug das in Verbindung mit dem Wiederaufnahmsantrag gestellte Ansuchen um Stundung der erwähnten Abgabenschulden mit der Begründung ab, es fehle an einer erheblichen Härte im Sinne des § 212 Abs. 1 BAO, die mit der sofortigen Entrichtung der Abgaben für den Abgabenpflichtigen verbunden wäre. Die getroffene Entscheidung über die Abgabenschuld sei nämlich nicht als offensichtlich unrichtig anzusehen. Dies ergebe sich schon aus der Rechtsmaterie und daraus, daß es de facto zu einer rechtswirksamen Begründung von Wohnungseigentum durch Einverleibung im Grundbuch nicht gekommen sei, möge die Dienstbarkeit auch nachträglich von Amts wegen im Grundbuch als unzulässig gelöscht worden sein. Sonstige Gründe für eine Einhebungshärte habe die Beschwerdeführerin im Verfahren nicht vorgebracht. Ohne Hinweis auf die konkrete Einkommens- und Vermögenslage des Abgabenschuldners könne nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, eine sofortige Bezahlung würde das stets in Relation zu setzende wirtschaftliche Leistungsvermögen des Abgabepflichtigen in unzumutbarer Weise belasten, zumal das Vorhandensein ausreichender flüssiger Mittel oder auch nur belastungsfähigen Vermögens bereits zur Verneinung der erheblichen Härte führen könne. Davon müsse hier in Anbetracht des von der Berufungswerberin selbst hervorgehobenen Vermögens der Bauherrengemeinschaft, der großen Zahl von in Betracht kommenden Solidarschuldnern und dem Objektwert ausgegangen werden.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Abgabenstundung verletzt. Sie behaupten inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragen deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Beschwerdeführern ist zwar darin beizupflichten, daß die Bauherrengemeinschaft selbst als Gesellschaft bürgerlichen Rechts - schon mangels Rechtsfähigkeit - über kein belastbares Vermögen verfügt. Zu Unrecht zieht die Beschwerde daraus den Schluß auf Einhebungshärte oder Vernachlässigung von Ermittlungspflichten durch die belangte Behörde.

Gemäß § 6 Abs. 2 BAO sind die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist, Gesamtschuldner. Gegenüber der nicht rechtsfähigen Personengemeinschaft kann die Einbringung der Abgaben schon deshalb keine Härte darstellen, weil bei ihr aus dem genannten Grund die Abgabe nicht eingebracht werden kann. Eine erhebliche Härte könnte daher nur angenommen werden, wenn sie gegenüber den erwähnten Gesamtschuldnern vorläge. Daß diesen gegenüber eine erhebliche Härte in der Einbringung der Abgaben läge, weil sie hiedurch in eine wirtschaftliche Notlage, in finanzielle Bedrängnis gerieten oder die Einziehung, gemessen an den sonstigen Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung der anzuerkennenden berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen, nicht zugemutet werden könne, hätte der Stundungswerber aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand der Einkommens- und Vermögenslage der einzelnen Gesellschafter darzulegen gehabt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1990, 90/14/0100, ÖStZB 1991, 4, und das darin zitierte Vorerkenntnis vom 26. Jänner 1989, 88/16/0182, ÖStZB 1989, 316). Daß solches im Verwaltungsverfahren geschehen sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Der Beschwerdehinweis auf die Ermittlungspflicht der Behörde zeigt daher keine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die Behauptung drohender Zinsenverluste reicht zur Begründung eines Härtefalles selbst dann nicht aus, wenn es hiedurch zu endgültigen Vermögenseinbußen kommen sollte (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch, 513).

Auch die Tatsache, daß eine Abgabenvorschreibung angefochten wurde - hier durch den außerordentlichen Behelf des Wiederaufnahmeantrages - begründet für sich allein noch keinen Härtefall. Ein solcher läge nur dann vor, wenn die Vorschreibung klar und eindeutig unrichtig wäre, der Bescheid also offenkundige, klare Fehler enthielte, deren Beseitigung im Rechtsweg zu gewärtigen wäre, und die Einziehung zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führte (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch, 514).

Schon die erstgenannte Voraussetzung hat die belangte Behörde mit der Begründung zu Recht verneint, eine solche offensichtliche Unrichtigkeit der Abgabenvorschreibung liege auch unter Berücksichtigung des geltend gemachten Wiederaufnahmsgrundes nicht vor. Diese rechtliche Beurteilung entkräftet die Beschwerde nicht. Es ist nicht zu beanstanden, daß die belangte Behörde der lange nach Abschluß des Abgabenfestsetzungsverfahrens erfolgten amtswegigen Löschung der Dienstbarkeit nicht die Qualität eines offenkundigen Wiederaufnahmsgrundes zuerkannte, der zur Anerkennung der Unternehmereigenschaft und damit des Vorsteuerabzugsrechtes im wiederaufgenommenen Verfahren führen müßte. Daß ein Beschluß gemäß § 130 GBG im Verhältnis zu den erwähnten Abgabenbescheiden bei der oben dargestellten formellen und materiellen Rechtslage eine Entscheidung gemäß § 303 Abs. 1 lit. c BAO darstellt, liegt keineswegs derart auf der Hand, daß von einer offensichtlich unrichtigen Entscheidung der Abgabenbehörde gesprochen werden könnte.

Die Beschwerde zeigt daher keine Fehlbeurteilung durch die belangte Behörde im Rahmen des Beschwerdepunktes auf.

Somit ließ bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Damit erübrigt sich eine Erledigung des Antrages, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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