VwGH 92/12/0051

VwGH92/12/005123.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Dr. NN in E, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 20. November 1991, Zl. 693/1-III 5/91, wegen Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Normen

AktG §126 Abs1;
RDG §63 Abs1 idF 1990/259;
RDG §63 Abs2 idF 1990/259;
RDG §63 Abs3 idF 1990/259;
RDG §63 Abs4 idF 1990/259;
AktG §126 Abs1;
RDG §63 Abs1 idF 1990/259;
RDG §63 Abs2 idF 1990/259;
RDG §63 Abs3 idF 1990/259;
RDG §63 Abs4 idF 1990/259;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Richter des Landesgerichtes A in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Am 15. April 1991 meldete der Beschwerdeführer dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, daß er zum Mitglied des Aufsichtsrates der XY-AG am 12. April 1991 bestellt worden sei. Es handle sich bei dieser Gesellschaft um keine auf Gewinn gerichtete juristische Person im Sinne des § 63 Abs. 4 RDG. Die Beteiligung dieser Gesellschaft an den Energieversorgungsunternehmen des Landes verfolge keine eigenwirtschaftlichen Interessen sondern nur solche des Landes.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 17. Mai 1991 wurde dem Beschwerdeführer die gemeldete Nebenbeschäftigung als Mitglied des Aufsichtsrates der XY-AG untersagt. Aus § 11 der Satzung, der die Gewinnverteilung regle, ergebe sich, daß es sich um eine auf Gewinn gerichtete Gesellschaft handle, bei der es § 63 Abs. 4 RDG einem Richter untersage, dem Aufsichtsrat anzugehören.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend wird ausgeführt, die XY-AG sei eine zu B 1025 des Firmenbuches beim Landesgericht A registrierte Aktiengesellschaft, deren Aktienkapital zu 30 % im Eigentum des Landes und zu 70 % im Eigentum privater Aktionäre stehe. Das Land habe als Sacheinlage Anteile der AB-AG und der BC-AG im Millionenwert in die Gesellschaft eingebracht.

Unternehmensgegenstand der XY-AG sei nach deren Satzung:

"a) die Beteiligung und der Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen aller Art, insbesondere an Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, sowie die Verwaltung solcher Beteiligungen; die Gesellschaft verwaltet ihre Anteilsrechte an den Beteiligungsgesellschaften insbesondere durch Ausübung des auf ihre Anteilsrechte entfallenden Stimmrechtes;

b) die Vermögensverwaltung, soweit diese nicht an einen Befähigungsnachweis oder an eine besondere Bewilligung (Konzession) gebunden ist;

c) der Betrieb, die Übernahme und Vermittlung aller mit dem Gesellschaftszweck mittelbar oder unmittelbar in Verbindung stehenden Geschäfte und aller die Gesellschaft fördernden Hilfs- und Nebengeschäfte sowie die Beteiligung finanzieller, kommerzieller und gewerblicher Art im Rahmen des Gesellschaftszweckes, all dies jedoch unter Ausschluß von Bankgeschäften im Sinne des Kreditwesengesetzes.

Darüber hinaus,

d) ist die Gesellschaft berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten automationsunterstützt zu ermitteln und zu verarbeiten und

e) hat die Gesellschaft durch aktive Dividendenpolitik darauf hinzuwirken, ihre Möglichkeiten, Dividendenzahlungen an das Land und sonstige Aktionäre zu leisten, zu vergrößern und unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lage angemessene Dividendenausschüttungen an die Aktionäre zu leisten."

§ 11 der Satzung enthalte detaillierte Vorschriften über den Jahresabschluß und die Gewinnverteilung.

In der ersten ordentlichen Hauptversammlung der XY-AG am nn.n.1991 sei der Beschwerdeführer zum Mitglied des Aufsichtsrates bestellt. Motiv dieser Bestellung sei gewesen, daß der Beschwerdeführer als mit den Angelegenheiten des Wirtschaftslebens vertrauter Insolvenzrichter im Aufsichtsrat der XY-AG die Interessen der Kleinaktionäre vertreten sollte.

Dem Richter sei es nach § 63 Abs. 4 RDG ausnahmslos untersagt, dem Vorstand, dem Aufsichtsrat, dem Verwaltungsrat oder einem sonstigen Organ einer auf Gewinn gerichteten juristischen Person anzugehören. In der Berufung rüge der Beschwerdeführer die Beurteilung der XY-AG als eine auf Gewinn gerichtete juristische Person im Sinne dieser Bestimmung. Jede Aktiengesellschaft gelte als Handelsgesellschaft und sei ohne Rücksicht auf Art und Umfang ihres Unternehmens Vollkaufmann. Es werde somit im Rechtsverkehr ihre Absicht, Gewinn zu erzielen, unwiderleglich vermutet. Vor diesem Hintergrund sei auch die Entwicklung des Untersagungsgrundes nach § 63 Abs. 4 RDG zu sehen. Nach § 63 Abs. 2 RDG i.d.F. BGBl. Nr. 75/1988 sei es dem Richter grundsätzlich untersagt gewesen, dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft anzugehören. Wie in den Gesetzesmaterialien (1209 der Beilagen zu BGBl. Nr. 259/1990) festgehalten sei, habe sich diese Bestimmung in der Praxis als unzulänglich erwiesen, weil dem Richter zwar die Tätigkeit im Vorstand einer Kreditunternehmung untersagt gewesen sei, wenn diese als Aktiengesellschaft errichtet gewesen sei, nicht aber in einer in der Rechtsform einer Genossenschaft errichteten Kreditunternehmung, obwohl in der wirtschaftlichen Ziel- und Aufgabenstellung kaum ein Unterschied bestehe. Durch die Neuformulierung des Untersagungsgrundes und die Ersetzung des Wortes "Kapitalgesellschaft" durch die Wendung "auf Gewinn gerichtete juristische Person" sollte der Untersagungsgrund weiter gefaßt werden. Es sollte daher nicht die - nach obigen Ausführungen ohnehin schon zufolge der unwiderleglichen Vermutung, daß eine Aktiengesellschaft auf Gewinn gerichtete Zielsetzungen verfolge, nicht gegebene - Möglichkeit geschaffen werden, daß der Richter ausnahmsweise einem Organ einer Aktiengesellschaft angehören könne, sondern der Untersagungsgrund auch auf die Tätigkeit eines Richters in Organen von solchen juristischen Personen ausgedehnt werden, die zwar nicht als Kapitalgesellschaft organisiert, aber dennoch auf Gewinnerzielung gerichtet seien. Die Gewinnerzielungsabsicht ergäbe sich im übrigen auch aus dem in der Satzung definierten Unternehmensgegenstand der XY-AG, zu dem beispielsweise auch der Betrieb, die Übernahme und Vermittlung aller mit dem Gesellschaftszweck mittelbar oder unmittelbar in Verbindung stehenden Geschäfte und aller die Gesellschaft fördernden Hilfs- und Nebengeschäfte sowie die Beteiligung finanzieller, kommerzieller und gewerblicher Art im Rahmen des Gesellschaftszweckes gehöre, und der dort verankerten Verpflichtung der Gesellschaft, durch aktive Dividendenpolitik darauf hinzuwirken, ihre Möglichkeiten, Dividendenzahlungen an das Land und sonstige Aktionäre zu leisten, zu vergrößern und unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lage angemessene Dividendenausschüttungen an die Aktionäre zu leisten, ebenso wie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Meldung der Nebenbeschäftigung, er sei insbesondere zur Vertretung der Interessen der Kleinaktionäre in den Aufsichtsrat berufen worden. Die Behauptung des Beschwerdeführers auf die Höhe der Dividendenzahlung der AB-AG und der BC-AG könne kein Einfluß genommen werden, erweise sich als unzutreffend. Für die Gewinnorientiertheit der XY-AG sei es auch ohne Belang, ob sie durch ihre zufließenden Dividendenzahlungen das Gesellschaftsvermögen erhöhe oder diese zur Gänze an die Aktionäre weitergebe. Ohne Bedeutung sei es, ob die Nebenbeschäftigung entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt werde. Schließlich könne für den Beschwerdeführer aus seinen in der Berufung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken für ihn nichts gewonnen werden, weil Verwaltungsbehörden geltende Normen anzuwenden haben, deren Prüfung auf Verfassungskonformität ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof obliege.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der diese jedoch nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Begriff der Nebenbeschäftigung eines Richters ist im § 63 Abs. 1 des Richterdienstgesetzes (RDG) definiert. Danach ist Nebenbeschäftigung JEDE Beschäftigung, die der Richter außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.

Auf die Frage, ob diese Beschäftigung entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, kommt es demnach, wie die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum ausgesprochen hat, nicht entscheidend an. Der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Rechtsauffassung, schon der Begriff "Beschäftigung" erfordere zumindest eine arbeitnehmerähnliche berufliche Tätigkeit mit Entgeltsanspruch, fehlt jede Begründung. Sie vermag sich weder auf das Gesetz noch auf den allgemeinen Sprachgebrauch zu stützen. Vielmehr unterscheidet das Gesetz im § 63 Abs. 4 zweiter Satz ausdrücklich zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Nebenbeschäftigung. Im Falle der Zugehörigkeit des Richters zu einem Organ einer "anderen" juristischen Person - also nicht auf Gewinn gerichteten - darf für diese Beschäftigung weder dem Richter selbst noch einer anderen Person ein Entgelt zufließen. Auch im Absatz 6 des § 63 RDG wird zwischen "erwerbsmäßiger" Nebenbeschäftigung und einer solchen, die nicht erwerbsmäßig ausgeübt wird, unterschieden. Nur die Aufnahme, die Art und das Ausmaß einer ERWERBSMÄßIGEN Nebenbeschäftigung sowie deren Beendigung sind danach der Dienstbehörde zu melden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der analogen Regelung des § 56 BDG 1979 ausgesprochen hat, ist einem Beamten nicht nur eine ERWERBSMÄßIGE Nebenbeschäftigung untersagt, weil insbesondere die Worte "Beschäftigung betreiben" auf einen tatsächlichen Zustand ohne Rücksicht auf die rechtliche Gestaltung und die Motive des Beamten hinweise" (Erkenntnis vom 13. März 1969, Zl. 1113/68). Gleiches gilt für die nun vom Gesetzgeber verwendete sprachliche Wendung "Beschäftigung ausüben" (i.d.S. Zach, Beamten-Dienstrecht 5 zu § 56*4 11. Erg.). Auch aus dem Sinn des Gesetzes kann der Beschwerdeführer nach der zitierten Rechtsprechung nichts für sich ableiten, da doch ein Beamter - ebenso hier ein Richter - auch eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht ausüben darf, die ihn an der vollständigen und genauen Erfüllung seiner dienstlichen Verpflichtung behindere. Gerade wegen der dem Richter gemäß § 57 Abs. 1 RDG auferlegten besonderen Pflichten, sein Amt gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, ist hier ein strenger Maßstab anzulegen, um auch nur den Anschein einer Parteilichkeit oder Eigennützigkeit bei der Ausübung des Amtes zu vermeiden (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1986, Zl. 86/12/0085). Ob daher der Beschwerdeführer seine Tätigkeit entgeltlich ausgeübt hat oder nicht, ist für die Frage der Zulässigkeit dieser Tätigkeit rechtlich bedeutungslos.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es wäre nicht zu erkennen, warum dem Richter nach § 63 Abs. 4 RDG "ausgerechnet die Zugehörigkeit zu einem Organ einer auf Gewinn gerichteten juristischen Person" untersagt sein sollte, während er Organ einer anderen juristischen Person oder gar einer ausschließlich gewinnorientierten Personenhandelsgesellschaft sein dürfe, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, daß von einer "Organstellung" bei Personengesellschaften überhaupt nicht gesprochen werden kann, weil Vertretung durch Organe nur bei juristischen Personen erforderlich ist. Bei den Personengesellschaften des Handelsrechtes steht die Vertretung der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten ebenso wie die Geschäftsführung grundsätzlich den persönlich haftenden Gesellschaftern zu (§§ 125, 114 HGB).

Des weiteren ist die Organstellung bei einer "anderen" - nicht gewinnorientierten - "juristischen Person, nach der bereits dargestellten Regelung nur unter der weiteren Voraussetzung zulässig, die § 63 Abs. 4 zweiter Satz RDG hiefür vorsieht.

Zu der vom Beschwerdeführer angestrebten "teleologischen Reduktion" der auf ihn angewendeten Norm besteht daher kein Grund.

Das Beschwerdevorbringen, die XY-AG sei keine zum Zweck der Erzielung eines Gewinnes im Verkehr gegründete Aktiengesellschaft, vermag der Beschwerde aber schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil, wie die belangte Behörde aus dem Statut dieser Kapitalgesellschaft ebenso wie aus dem Gesetz ohne Rechtsirrtum ableiten konnte, deren Wesen die Gewinnerzielung erfordert, zumal sie Dividenden an ihre Aktionäre erbringen soll. Dies setzt aber schon begrifflich die Erzielung eines Reingewinnes durch die Gesellschaft voraus, da sonst die Gewinnverteilung (§ 126 Abs. 1 AktG) in Form der Dividendenzahlung an die Aktionäre ausgeschlossen wäre.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß ihr keine Begründung zukommt, mußte sie gemäß § 35 VwGG abgewiesen werden.

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