VwGH 92/11/0146

VwGH92/11/014630.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 7. April 1992, Zl. 723.551/1-2.5/91, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, zu Recht erkannt:

Normen

WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 7. April 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 22. August 1991 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes für einen Zeitraum von fünf Jahren gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) abgewiesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 Wehrgesetz 1990 können Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde der am 9. Jänner 1969 geborene Beschwerdeführer am 22. Juni 1988 der Stellung unterzogen und für vorübergehend untauglich befunden, und zwar bis Dezember 1988. Nach mehreren erfolglosen Versuchen des Militärkommandos Wien in den Jahren 1989 und 1990, den Beschwerdeführer zu einer "Kurzstellung" zu laden, habe sich der Beschwerdeführer erst am 22. August 1991 der Stellung unterzogen. Dabei sei er für tauglich befunden worden. Beim Beschwerdeführer lägen im Hinblick darauf, daß er seit November 1990 als freiberuflicher Verleger selbständig erwerbstätig sei, wirtschaftliche Interessen vor. Diese seien aber nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 WG. Der Beschwerdeführer habe nämlich ungeachtet des Umstandes, daß die vorübergehende Untauglichkeit nur bis Dezember 1988 ausgesprochen worden sei, vor endgültiger Feststellung seiner Tauglichkeit mit der Tätigkeit als Verleger unter Aufnahme von Krediten begonnen und damit eine Situation geschaffen, die mit der Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes schwer vereinbar sei. Nunmehr versuche er, daraus einen Befreiungsgrund abzuleiten.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe die Anforderungen an die ihn treffende Dispositionspflicht überspannt, da ein vorübergehend für untauglich befundener Wehrpflichtiger erst ab dem Zeitpunkt, zu dem seine Tauglichkeit feststehe, mit der Einberufung zum Präsenzdienst zu rechnen habe. Die von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisse beträfen auch nur für tauglich befundene Wehrpflichtige.

Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt. Die belangte Behörde hat auch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes angeführt, in denen der betreffende Wehrpflichtige jene wirtschaftlichen Dispositionen, aus denen er später einen Befreiungsgrund abzuleiten versuchte, zu einer Zeit vorgenommen hat, als er entweder für vorübergehend untauglich befunden (Erkenntnis vom 30. Juni 1981, Slg. Nr. 10.503/A) oder aber wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig aus dem Grundwehrdienst entlassen war (Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/11/0100). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in diesen Fällen die Verpflichtung der Wehrpflichtigen bejaht, ihre wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, daß für den Fall der Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes vorhersehbare wirtschaftliche Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit oder durch das Eingehen finanzieller Verpflichtungen solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Im Hinblick auf die mangelnde Bedachtnahme darauf hielt der Gerichtshof auch in jenen Fällen die Verneinung der besonderen Rücksichtswürdigkeit der in der Folge geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen durch die Behörde für berechtigt. Nichts anderes hat im vorliegenden Fall zu gelten. Dem Beschwerdeführer war bekannt, daß er vorübergehend bis Dezember 1988 für untauglich befunden worden war, er mußte daher damit rechnen, in der Folge anläßlich einer neuerlichen Stellung für tauglich befunden zu werden. Er hat dessen ungeachtet im November 1990 mit der Tätigkeit als selbständiger Verleger unter Aufnahme von Krediten begonnen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die besondere Rücksichtswürdigkeit der von ihm geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen verneint. Daß der Beschwerdeführer zu dieser Vorgangsweise aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen gezwungen gewesen sei oder daß er zumindest versucht habe, die Frage seiner Tauglichkeit endgültig zu klären, um erst dann mit seiner beruflichen Tätigkeit zu beginnen, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet.

An diesem Ergebnis vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er im Falle seiner Einberufung "im gegenwärtigen Zeitpunkt (seine) selbständige Tätigkeit aufgeben müßte, demnach (seine) wirtschaftliche Existenz ruiniert wäre", nichts zu änderen, wäre dies doch nur die Folge der mangelnden Bedachtnahme auf die Harmonisierungspflicht. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten zu prüfen, ob diese befürchtete Folge einer Einberufung zum Präsenzdienst durch entsprechende Dispositionen vermeidbar wäre. Daher bildet das Unterbleiben dieser Prüfung keinen Verfahrensmangel. Der diesbezügliche Hinweis des Beschwerdeführers auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, Zl. 90/11/0029, und vom 12. Februar 1991, Zl. 90/11/0001, ist verfehlt, weil in diesen Fällen den geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen die besondere Rücksichtswürdigkeit im Unterschied zum vorliegenden Fall nicht schon wegen Verstoßes gegen die Harmonisierungspflicht fehlte und es daher der Prüfung bedurfte, ob die befürchteten schweren wirtschaftlichen Nachteile durch geeignete Dispositionen vermieden werden könnten.

Aus dem vorhin genannten Grund erübrigte sich auch eine nähere Prüfung des Ausmaßes des geltend gemachten wirtschaftlichen Interesses des Beschwerdeführers. Daher bildet auch das gerügte Fehlen von Feststellungen über den Umfang seiner verlegerischen Tätigkeit, über das aufgenommene Fremdkapital sowie über die Möglichkeit der Mitwirkung anderer Personen an der Betriebsführung keinen Verfahrensmangel.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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