VwGH 92/10/0141

VwGH92/10/014119.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft in Wien, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 31. März 1992, Zl. 8.1 B 2/92, betreffend Erteilung einer Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: F in O), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52 Abs1;
AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs6;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. März 1992 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (belangte Behörde) dem Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß den §§ 17 bis 19 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) die Bewilligung, Waldboden der Grundstücke Nr. nn1, nn2, nn3, nn4 und nn5 der KG S im Ausmaß von 16,6673 ha zum Zweck der Wildtierhaltung zu roden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 170 Abs. 8 ForstG gestützte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeausführungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, eine fachlich fundierte Darlegung, inwieweit das gegenständliche Rodungsprojekt überhaupt im öffentlichen Interesse gelegen sei, lasse sich aus dem gesamten Ermittlungsverfahren nicht entnehmen.

Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Mitbeteiligte hat sich nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur (Rodung) verboten. Die Forstbehörde kann aber zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung derselben als Wald überwiegt. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle können öffentliche Interesse im Sinne des Abs. 2 insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet sein.

Die belangte Behörde hat ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Rodung mit der Begründung angenommen, die Wildtierhaltung stelle einen Zusatzerwerb für den grenznahen Betrieb des Mitbeteiligten dar, durch den die Existenz gesichert werde. In der Gegenschrift macht sie deutlich, daß damit das öffentliche Interesse an der Agrarstrukturverbesserung angesprochen ist.

Ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche ist dann zu bejahen, wenn die Rodung eine Maßnahme darstellt, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 91/10/0156, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Weder aus der Begründung des angefochtenen Bescheides noch aus dem Akteninhalt läßt sich ein Anhaltspunkt dafür finden, auf welche Sachverhaltsgrundlage die belangte Behörde ihre Annahme stützt, die beantragte Rodung sei deshalb im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen, weil die Wildtierhaltung einen Zusatzerwerb für den grenznahen Betrieb des Mitbeteiligten darstelle, durch den die Existenz gesichert werde.

Zur Beantwortung der Frage, ob eine Agrarstrukturverbesserung erreicht werden kann, ist die Forstbehörde verpflichtet, die in Angelegenheiten der Bodenreform zuständige Agrarbehörde zu hören (§ 19 Abs. 6 lit. b ForstG) und erforderlichenfalls das Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen einzuholen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1987, Zl. 86/10/0041, und die dort angeführte Vorjudikatur). Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde nach Ausweis der Akten nicht nachgekommen. Sie war infolgedessen nicht in der Lage, die im Beschwerdefall entscheidungswesentliche Frage des Vorliegens einer Agrarstrukturverbesserung fachlich fundiert zu beurteilen.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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