Normen
AVG §71 Abs1 Z2;
AVG §71 Abs2;
VwGG §46 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z2;
AVG §71 Abs2;
VwGG §46 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Mit Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. Dezember 1989, der an den Beschwerdeführer und an die Molkereigenossenschaft X und Umgebung, an die der Beschwerdeführer Milch lieferte, adressiert war, setzte der geschäftsführende Ausschuß die Verarbeitungs- und Preisausgleichszuschüsse an die Molkereigenossenschaft X in bestimmter Höhe fest, wobei von einer "Gesamtbeihilfe ursprünglich" ein "zu Unrecht" an den Beschwerdeführer "ausbezahlter Siloverzichts- und Fütterungsbeschränkungszuschlag" abgezogen wurde.
Mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 181/90, wies der Verfassungsgerichtshof die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Molkereigenossenschaft X und Umgebung, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P in I, wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges zurück.
Mit Beschluß vom 30. November 1990, Zl. 90/17/0052, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen denselben Bescheid erhobene Parallelbeschwerde des Beschwerdeführers gleichfalls mangels Erschöpfung des Instanzenzuges zurück.
1.2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 8. Juli 1991 gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Jänner 1991 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. Dezember 1989 gemäß §§ 71 Abs. 2 und 72 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, keine Folge. Die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobene Berufung gegen den eben genannten Bescheid wurde als verspätet zurückgewiesen.
Nach der Begründung dieses Bescheides stehe fest, daß dem Beschwerdevertreter der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, B 181/90, am 23. Juli 1990 laut Rückschein zugestellt worden sei. Nach der Judikatur der Höchstgerichte sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer dadurch Kenntnis vom Inhalt des zitierten Beschlusses erlangt habe. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Nichtlesen" des Inhaltes dieses Beschlusses gehe daher zu seinen Lasten und werde schon deshalb für unglaubwürdig erachtet, da ihm der Beschluß als mitbeteiligter Partei (Zweitpartei) des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zugestellt worden sei und damit auch für seine Interessen Bedeutung gehabt habe. Im übrigen habe der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren über den Wiedereinsetzungsantrag nicht zum Ausdruck gebracht, daß er an der Richtigkeit der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes bezüglich der Zulässigkeit einer Berufung gegen den Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. Dezember 1989 Zweifel gehabt hätte. Der Beschwerdeführer hätte daher zumindest vorsorglich binnen einer Woche (nach der Rechtslage vor der AVG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 357) ab Zustellung des zitierten Verfassungsgerichtshof-Beschlusses einen Wiedereinsetzungsantrag einschließlich der Nachholung der Berufung stellen müssen.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, B 181/90, sei auf Grund eines von der Molkereigenossenschaft X und Umgebung reg.GenmbH initiierten Beschwerdeverfahrens ergangen. Durch die Zustellung dieses Beschlusses am 23. Juli 1990 an den Beschwerdevertreter sei jedoch von der Zulässigkeit der Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses vom 22. Dezember 1989 keine Kenntnis erlangt worden, da dieser Beschluß nicht gelesen worden sei und im übrigen dazu auch keine Veranlassung bestanden habe. Der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990 habe für die Interessen des Beschwerdeführers "keine oder nur theoretische Bedeutung" gehabt. Der Beschwerdeführer habe ja auch die Möglichkeit gehabt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, was auch geschehen sei. Auf Grund dieser Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sei sodann der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1990 ergangen, durch den Kenntnis von der Zulässigkeit der Berufung erlangt worden sei. Es sei davon auszugehen, "daß durch das Nichtlesen des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, B 181/90-8, keine Rechte abhanden kamen", die dem Beschwerdeführer als zweitbeteiligter Partei zustünden.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei. Nach § 71 Abs. 2 AVG in der Fassung vor der Novelle 1990, BGBl. Nr. 356, (in Kraft getreten am 1. Jänner 1991) mußte ein solcher Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Woche nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
2.2. Es obliegt der Partei, die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages zu behaupten und glaubhaft zu machen.
Maßgebend für die Frist nach § 71 Abs. 2 AVG ist der Zeitpunkt der Kenntnis der Partei von der Zulässigkeit der Berufung. Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, er habe von der Zulässigkeit der Berufung ungeachtet der negativen Rechtsmittelbelehrung erst mit Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1990, Zl. 90/17/0052, am 23. Jänner 1991 Kenntnis erhalten, keine taugliche Behauptung aufgestellt. Die belangte Behörde hält diesem Vorbringen entgegen, es sei nicht glaubhaft, daß der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers den ihm am 23. Juli 1990 zugestellten Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, B 181/90, (mit dem die Beschwerde des anderen Adressaten desselben Bescheides des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. Dezember 1989 ebenfalls wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges zurückgewiesen worden war) nicht gelesen habe und die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung auch ab diesem Zeitpunkt nicht habe erkennen können. In dem in Rede stehenden Bescheid vom 22. Dezember 1989 wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich als Zweitadressat bezeichnet; der Bescheid wurde ihm zugestellt. Nach der Aktenlage wurde der Beschwerdeführer im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu B 181/90 als Beteiligter beigezogen und erhielt dementsprechend auch den Zurückweisungsbeschluß vom 12. Juni 1990 zu Handen seines Vertreters zugestellt. Daß diesem der Beschluß etwa aus einem Kanzleiversehen nicht vorgelegt worden wäre, wird nicht behauptet. Angesichts des in diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Parallelbeschwerdeverfahrens des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof - welches ja voraussetzt, daß sich der Beschwerdeführer selbst als Bescheidadressat und als beschwerdelegitimiert betrachtete - mußte die Kenntnisnahme des Ergebnisses des verfassungsgerichtlichen Verfahrens im pflichtgemäßen Interesse des Vertreters des Beschwerdeführers liegen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, es sei nicht glaubwürdig, daß der Beschwerdevertreter den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes "nicht gelesen" und daher von dessen Inhalt keine Kenntnis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG erlangt habe. Da der Beschwerdevertreter somit durch die Kenntnis des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990 spätestens seit dem 23. Juli 1990 Gelegenheit hatte, die - durch höchstgerichtliche Rechtsprechung klargestellte - Unrichtigkeit der negativen Rechtsmittelbelehrung im Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses vom 22. Dezember 1989 zu erkennen, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die Einhaltung der Wiedereinsetzungsfrist im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG glaubhaft zu machen.
2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde das Vorliegen eines rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrages zu Recht verneint und die mit dem verspäteten Wiedereinsetzungsantrag eingebrachte Berufung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)