Normen
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. August 1989 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten (belangte Behörde) den mitbeteiligten Parteien über deren Antrag vom 29. April 1989 gemäß den §§ 17 Abs. 2 bis 4, 18 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 3, § 19 Abs. 2 lit. a und § 89 Abs. 2 und 4 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1974 i.d.F. der Novelle 1987, BGBl. Nr. 576, die vorübergehende, durch das Erfordernis der Umwidmung der Rodungsflächen in "Grünland-Sport" nach der Bestimmung des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 aufschiebend bedingte Bewilligung einer Rodung auf Teilen der Grundstücke Nr. nn1 und nn2, KG F, im Gesamtausmaß von ca. 8.000 m2 bis 31. Dezember 1996 zum Zweck der vorübergehenden Verwendung dieser Rodungsfläche als Betriebsgelände eines Golfplatzes unter einer Reihe von Auflagen.
Dieser Bescheid wurde nach auszugsweiser Wiedergabe des von den Mitbeteiligten gestellten Antrages, einer Beschreibung der in Aussicht genommenen Rodungsflächen, der Stellungnahme der betroffenen Marktgemeinde F., sowie der Gutachten und Stellungnahmen des forsttechnischen Amtssachverständigen und der für den Fremdenverkehr zuständigen Fachabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung im wesentlichen damit begründet, daß bei Abwägung der öffentlichen Interessen das öffentliche Interesse an der Errichtung der Golfanlage höher zu bewerten sei als das öffentliche Interesse an der Walderhaltung der verfahrensgegenständlichen Waldflächen. Gestützt werde diese Entscheidung auf die Stellungnahme der Fremdenverkehrsabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung, in welcher das gegenständliche Projekt mit dem Hinweis, daß dieses zu einer Abrundung des Sportangebotes und einer weiteren ökologieschonenden Vermarktungsmöglichkeit des Fremdenverkehrsgebietes diene, befürwortet worden sei. Zu den negativen Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen und des Amtssachverständigen für Raumplanung werde bemerkt, daß die Realisierung des Golfplatzes nach dem derzeitigen Stand der Flächenwidmung der Rodungsflächen (Grünland-Forst) nicht zulässig wäre und die beantragte Rodung daher unter der aufschiebenden Bedingung der nach dem NÖ Raumordnungsgesetz geforderten Umwidmung bewilligt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 170 Abs. 8 des Forstgesetzes gestützte Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligten erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann jedoch eine Rodungsbewilligung erteilt werden, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung derselben als Wald überwiegt.
Es darf daher eine Rodungsbewilligung dann erteilt werden, wenn ein für ein bestimmtes Rodungsvorhaben bestehendes öffentliches Interesse festgestellt worden ist, welches das gesetzlich festgelegte und somit dauernd bestehende öffentliche Interesse an der Erhaltung von Waldflächen übersteigt.
Der folgende Absatz 3 enthält eine demonstrative Aufzählung "öffentlicher Interessen", sie ist aber nicht erschöpfend. Daß ein solches unter anderem auch der Fremdenverkehr sein kann, trifft zu.
Es hat die zur Entscheidung zuständige Behörde in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob öffentliche für das Rodungsvorhaben sprechende Interessen geltend gemacht wurden und ob solche tatsächlich bestehen. Trifft dies zu, dann hat sie diese Interessen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald abzuwägen und die so gewonnene Entscheidung entsprechend zu begründen. Das öffentliche Interesse an der Rodung muß schwerer wiegen als das öffentliche Interesse an der Walderhaltung.
Im vorliegenden Fall holte die belangte Behörde zur Beurteilung des öffentlichen Interesses am Fremdenverkehr eine Stellungnahme der Fremdenverkehrsabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung ein, in welcher lediglich ausgeführt wird, daß der geplante Golfplatz zur Abrundung des Sportangebotes diene und eine weitere Vermarktungsmöglichkeit des Fremdenverkehrsgebietes eröffnen werde. Eine eingehendere fachlich fundierte Darlegung, inwieweit das verfahrensgegenständliche Projekt im öffentlichen Interesse gelegen sei, läßt sich aus dieser Stellungnahme nicht entnehmen.
Der Amtssachverständige für Raumplanung führte in seinem Gutachten aus, daß für die Errichtung der Golfspielbahn kein öffentliches Interesse an der Rodung abgeleitet werden könne und es zielführender sei, den notwendigen Flächenbedarf in den anschließenden Grünlandflächen außerhalb des Waldes zu decken, was zufolge der Lage der Grundstücke auch möglich sei. Auch sei die nach dem NÖ Raumordnungsgesetz notwendige Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Flächen in "Grünland-Sportstätte" bisher noch nicht veranlaßt worden.
Der forsttechnische Amtssachverständige wies in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hin, daß durch die geringe Waldausstattung von 18 % in der Gemeinde F. die Wirkungen des Waldes und die nachhaltige Sicherung der Produktionskraft des Bodens von großer Bedeutung seien. Die beantragten Rodungsflächen würden in den Randbereich des bislang geschlossenen Waldkomplexes eingreifen und die neu entstehende Wald-Feld-Grenze würde zu einer nachteiligen Beeinflussung des Mikroklimas, des Wasserhaushaltes, der Lufttemperatur und der Windeinflüsse für die angrenzenden Waldflächen und daher bei der vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Landesstruktur zur Labilität dieses erhaltenswerten Waldgürtels führen. Die verlorengehenden Wirkungen dieses Waldgebietes würden durch die Errichtung der Golfanlage trotz Verbesserung des Freizeitwertes nicht ersetzt. Auch durch das Angebot von Ersatzaufforstungsflächen könnten die Negativwirkungen auf die Waldsubstanz nicht ausgeglichen werden; der Walderhaltung sei in dem unterbewaldeten Gebiet große Bedeutung beizumessen.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß der in der Begründung des angefochtenen Bescheides vorgenommenen rechtlichen Beurteilung neben der positiven Stellungnahme der Fremdenverkehrsabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung ebensolche der Marktgemeinde F. und des Fremdenverkehrsverbandes Y sowie ein negatives forsttechnisches Gutachten und eine negative Äußerung des Amtssachverständigen für Raumplanung zum öffentlichen Interesse im Sinne des Rodungszweckes zugrunde liegen.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vorgenommene rechtliche Beurteilung im Hinblick auf die vom Forstgesetz vorgeschriebene Interessenabwägung auf Grund der vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen nicht nachvollziehbar, da die Begründung, die sich lediglich auf die Feststellung der Fremdenverkehrsabteilung stützt, daß die Errichtung der Golfanlage eine Abrundung des Sportangebotes und eine Vermarktungsmöglichkeit des Fremdenverkehrsgebietes darstelle, jedenfalls nicht ausreicht, um daraus ein das Walderhaltungsinteresse überwiegendes öffentliches Interesse an der beabsichtigten Rodung abzuleiten. Dazu kommt noch daß der Amtssachverständige für Raumplanung auf die Möglichkeit hingewiesen hat, den für das Projekt notwendigen Flächenbedarf in den anschließenden Grünlandflächen zu decken.
Damit aber erweist sich das Beschwerdevorbringen, es sei das öffentliche Interesse an der beabsichtigten Rodung nicht ausreichend fachlich nachgewiesen, und selbst wenn man diesbezüglich das öffentliche Interesse annähme, sei die gebotene Interessenabwägung im angefochtenen Bescheid hinsichtlich aller gegensätzlichen Argumente mangelhaft vorgenommen worden, als begründet.
Im Zuge der von § 17 des Forstgesetzes vorgeschriebenen Interessenabwägung ist nämlich zu prüfen, ob für das Vorhaben, um das es geht, die Inanspruchnahme von Waldflächen überhaupt und bejahendenfalls im vollen Umfang erforderlich ist. Weiters sind Voraussetzung für eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung ausreichende Ermittlungen, in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der Rodungsfläche vorliegt. In dieser Richtung ist aber - wie oben dargelegt - der ermittelte Sachverhalt im Beschwerdefall mangelhaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 91/10/0156, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Es war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
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