VwGH 91/11/0065

VwGH91/11/00652.7.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des O in G, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 8. April 1991, Zl. 691.203/1-2.5/90, betreffend befristete Befreiung vom ordentlichen Präsenzdienst, zu Recht erkannt:

Normen

WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 8. April 1991 wies der Bundesminister für Landesverteidigung den Antrag des (am 22. August 1970 geborenen und am 5. Februar 1988 für tauglich befundenen) Beschwerdeführers vom 24. Februar 1989 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 WG können Wehrpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes auf ihren Antrag befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Der Beschwerdeführer machte (wie sich aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt) zur Begründung seines Antrages geltend, er habe schon seit längerem vorgehabt, sich selbständig zu machen. Im Sommer 1988 habe sich ihm dazu eine einmalige und besonders günstige Gelegenheit geboten. Unerwarteterweise sei nämlich das seiner Mutter gehörige Geschäftslokal in der G-Innenstadt freigeworden. Er habe dieses Lokal zu einem relativ günstigen Preis gemietet und darin ein Videokino eingerichtet. Hiefür habe er einen Kredit in Höhe von S 50.000,-- und einen weiteren in Höhe von S 200.000,-- aufgenommen. Ein Zuwarten bis nach Ableistung des Grundwehrdienstes wäre nicht möglich gewesen, da die Mutter infolge der auf dem Geschäftslokal lastenden Verbindlichkeiten auf die Mieteinnahmen angewiesen gewesen sei und daher andernfalls gezwungen gewesen wäre, an eine andere Person zu vermieten. Das wäre aber nur langfristig möglich gewesen, weil kein Geschäftsmann bereit wäre, das Lokal nur für kurze Zeit zu mieten.

Mit diesem Vorbringen vermochte der Beschwerdeführer besonders rücksichtswürdige Interessen im Sinne des Gesetzes nicht darzutun. Nach ständiger - von der belangten Behörde zutreffend zitierter - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Wehrpflichtiger die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes so vorzunehmen, daß für den Fall seiner Einberufung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1991, Zlen. 91/11/0061, 0062). Den Wehrpflichtigen trifft also die Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden.

Bei der Vornahme der in Rede stehenden wirtschaftlichen Dispositionen war dem Beschwerdeführer jedenfalls bekannt und bewußt, daß er seiner Präsenzdienstpflicht werde nachkommen müssen. Er war daher verpflichtet, die Vereinbarkeit dieser Verpflichtung mit der Aufnahme der beabsichtigten Geschäftstätigkeit zu prüfen. Der Beschwerdeführer war sohin gehalten, entweder seine wirtschaftlichen Dispositionen (Aufnahme von Krediten und Beginn der Geschäftstätigkeit) so zu gestalten, daß er in der Lage gewesen wäre, seiner Präsenzdienstpflicht nachzukommen, oder aber, wenn er zu dem Schluß gekommen wäre, dessen Ableistung würde eine erfolgreiche Geschäftsführung unmöglich machen, von der sich ihm bietenden Möglichkeit Abstand zu nehmen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1987, Zl. 87/11/0077, und vom 18. Dezember 1990, Zlen. 90/11/0104, 0151). Die belangte Behörde ist daher im Recht, wenn sie die besondere Rücksichtswürdigkeit der wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers deshalb verneint hat, weil er die in Rede stehenden Dispositionen trotz Kenntnis von der ihm bevorstehenden Präsenzdienstleistung getroffen hat. Daran vermag der in diesem Zusammenhang zu sehende Einwand des Beschwerdeführers nichts zu ändern, es sei rechtlich unhaltbar, vom Wehrpflichtigen eine Harmonisierung der Planung und des Aufbaus seiner wirtschaftlichen Existenz mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes zu verlangen, weil er nicht wisse, wann er letztlich einberufen würde, sodaß ihm eine Harmonisierung im besagten Sinne gar nicht möglich sei. Der Beschwerdeführer behauptet nämlich selbst nicht, daß er sich mit Rücksicht auf die Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Dispositionen mit der bevorstehenden Präsenzdienstleistung zu harmonisieren, etwa freiwillig zur vorzeitigen Ableistung des Präsenzdienstes gemeldet habe und daß sein Wunsch hinsichtlich des Einberufungstermines nicht berücksichtigt worden sei (vgl. die §§ 15 Abs. 2 und 35 Abs. 2 zweiter Satz WG). Im übrigen vermag der Verwaltungsgerichtshof angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, daß in der Möglichkeit der Anmietung des in Rede stehenden Geschäftslokales eine außergewöhnliche Gelegenheit liegen könnte, deren durch die Präsenzdienstpflicht bedingtes Nichtergreifen eine - im Verhältnis zu anderen Wehrpflichtigen - unzumutbare Benachteiligung darstellen würde (vgl. das bereits erwähnte, einen ähnlich gelagerten Fall betreffende Erkenntnis vom 30. Juni 1987, Zl. 87/11/0077).

Da die belangte Behörde die besondere Rücksichtswürdigkeit der wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers schon im Hinblick auf die Verletzung der Harmonisierungspflicht mit Recht verneint hat, erübrigt sich ein Eingehen sowohl auf ihre weitere Begründung, daß nämlich für den Beschwerdeführer im Falle der Ableistung des Grundwehrdienstes keine besonders schwerwiegenden Nachteile zu befürchten seien, als auch auf die dagegen gerichteten Beschwerdeausführungen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen (zu Zl. AW 91/11/0017 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

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