VwGH 91/09/0079

VwGH91/09/007926.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Feber 1991, Zl. MA 62 - III/58/81/Str, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §3 Abs2;
AuslBG §4 Abs1;
GmbHG §15;
GmbHG §39 Abs1;
GmbHG §49 Abs1;
GmbHG §49 Abs2;
GmbHG §51 Abs1;
GmbHG §76 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §3 Abs2;
AuslBG §4 Abs1;
GmbHG §15;
GmbHG §39 Abs1;
GmbHG §49 Abs1;
GmbHG §49 Abs2;
GmbHG §51 Abs1;
GmbHG §76 Abs2;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 21. Feber 1991 wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R-GmbH (§ 9 VStG) gemäß § 28 Abs. 1 Z.1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 216/1975 in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 231/1988 (AuslBG) zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- verurteilt, weil er es zu verantworten habe, daß die R-GmbH am 4. Jänner 1990 den türkischen Staatsbürger T mit dem Servieren von Speisen beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden war. Begründend führte die belangte Behörde u. a. zum Einwand des Beschwerdeführers, T sei im Tatzeitpunkt bereits mit einem Anteil von 50 Prozent Mitgesellschafter und Geschäftsführer der R-GmbH gewesen, aus, daß nach dem vorgelegten Abtretungsvertrag vom 29. Dezember 1989 als Tag des Überganges aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten auf T jener Tag vereinbart worden sei, an dem der Übergang des Geschäftsanteils in das Anteilbuch der Gesellschaft eingetragen werde. Diese Eintragung sei nach einem Handelsregisterauszug erst am 9. März 1990 erfolgt. Nach dem Wortlaut des Vertrages seien sohin am 4. Jänner 1990 die mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten noch nicht auf T übergegangen, weshalb es zu seiner Beschäftigung prinzipiell einer Beschäftigungsbewilligung oder eines Befreiungsscheines bedurft hätte. Die von den Organen des Landesarbeitsamtes festgestellte Beschäftigung des T mit dem Servieren von Speisen sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden, weshalb die Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes als erwiesen anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt. Zur Begründung seiner Beschwerde hält der Beschwerdeführer u.a. an seinem bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen fest, wonach T am 4. Jänner 1990 bereits zu 50 Prozent Gesellschafter und Geschäftsführer der R-GmbH gewesen sei, weshalb für seine Beschäftigung keine Bewilligung und kein Befreiungsschein erforderlich gewesen sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung darf ein Ausländer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn er einen Befreiungsschein besitzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch ein Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. deren Arbeitnehmer sein. Ist er jedoch Mehrheitsgesellschafter und kann er als solcher die Beschlußfassung der Generalversammlung bestimmen, oder verfügt er doch über einen solchen Geschäftsanteil, der ihn in Verbindung mit einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen qualifizierten Mehrheit bei Abstimmungen in die Lage versetzt, Beschlüsse der Generalversammlung zumindest zu verhindern (Sperrminorität), so ist er nicht als abhängiger Arbeitnehmer anzusehen. In einem solchen Fall kann seine Tätigkeit auch nicht als Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis qualifiziert werden. Ein derartiger Geschäftsführer bedarf daher mangels Zutreffens der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 AuslBG keiner Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0146), und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer mit dem Abtretungsvertrag vom 29. Dezember 1989 einen 50-prozentigen Geschäftsanteil erworben, wobei als Tag des Überganges aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten auf den Übernehmer jener Tag vereinbart wurde, an dem der Übergang des Geschäftsanteiles in das Anteilbuch der Gesellschaft eingetragen wird. Damit wurde er zwar nicht "Mehrheitseigentümer", doch kann er mit seinem Hälfteanteil jedenfalls jede ihm nicht genehme Beschlußfassung in der Generalversammlung der R-GmbH verhindern. Eine Sonderbestimmung, wonach bei Stimmengleichheit die Stimme eines Gesellschafters stärker wiegen würde als die des T, ist im Beschwerdefall nicht hervorgekommen. Ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Erwerbes des Hälfteanteils durch T nahm dieser somit bei der R-GmbH keine abhängige Dienstnehmereigenschaft ein, was zur Folge hatte, daß er ab diesem Zeitpunkt keiner Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG bedurfte (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1990, Zlen. 89/09/0152, 0156).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid, obwohl nach der Aktenlage eine darauf abzielende Vereinbarung nicht vorlag, den Übergang des Geschäftsanteiles auf T erst mit dem 9. März 1990, dem Tag der entsprechenden Eintragung im Handelsregister, angenommen. Damit hat sie, wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, die Rechtslage verkannt.

Gemäß § 49 Abs. 1 GmbHG kann eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages nur durch Beschluß der Gesellschafter erfolgen. Der Beschluß muß notariell beurkundet werden. Die Abänderung hat gemäß § 49 Abs. 2 GmbHG keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister eingetragen ist. Jede Abänderung des Gesellschaftsvertrages ist gemäß § 51 Abs. 1 GmbHG von sämtlichen Geschäftsführern zum Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist der notariell beurkundete Abänderungsbeschluß mit dem Nachweis des gültigen Zustandekommens anzuschließen.

Demgegenüber handelt es sich bei der Abtretung von Gesellschaftsanteilen jedoch um keine Abänderung des Gesellschaftsvertrages; es bedarf dazu auch keines Gesellschafterbeschlusses, sondern nur der privatrechtlichen Einigung zwischen dem Abtretenden und dem Übernehmer, die allerdings nur in der Form des Notariatsaktes Gültigkeit hat (§ 76 Abs. 2 GmbHG). Eine solche Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit nicht der Eintragung im Handelsregister, in welchem ja die Gesellschafter einer Gesellschaft m.b.H. überhaupt nicht zu publizieren sind (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0066).

Die Annahme der belangten Behörde, T sei am festgestellten Tattag, dem 4. Jänner 1990, noch nicht Hälftegesellschafter und Geschäftsführer der R-GmbH gewesen und hätte daher einer Beschäftigungsbewilligung bzw. eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG für die festgestellte Beschäftigung bedurft, trifft somit nicht zu. Da die belangte Behörde zu dieser Annahme auf Grund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des ihr vorgelegenen Sachverhaltes - nämlich einer offenkundigen Verwechslung des Handelsregisters (Firmenbuches) mit dem Anteilbuch im Sinne der §§ 26 und 79 GmbHG - gelangt ist, ist der Beschwerdeführer mit seinem diesbezüglichen Vorbringen im Recht, weshalb es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht bedurfte, sondern der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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