VwGH 90/05/0103

VwGH90/05/01035.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) des EN und 2) der AN gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. April 1990, Zl. R/1-V-9051, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Hausleiten, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §16 Abs1;
BauO NÖ 1976 §17 Abs1;
BauO NÖ 1976 §2 Z14;
ROG NÖ 1976 §14 Abs1;
ROG NÖ 1976 §15 Abs1;
ROG NÖ 1976 §15 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1976 §16 Abs1;
BauO NÖ 1976 §17 Abs1;
BauO NÖ 1976 §2 Z14;
ROG NÖ 1976 §14 Abs1;
ROG NÖ 1976 §15 Abs1;
ROG NÖ 1976 §15 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Anbringen vom 12. September 1988 ersuchten die Beschwerdeführer die mitbeteiligte Gemeinde, eine Grenzverlegung gemäß § 16 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) zu verfügen und sie gemäß § 17 Abs. 1 dieses Gesetzes zu verpflichten, die zwischen ihrer vorderen Grundstücksgrenze und der Straßenfluchtlinie liegenden fremden Ergänzungsflächen zu erwerben. Diesen Antrag wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 25. Jänner 1989 mit der Begründung ab, daß eine Straßenfluchtlinie nur bei Vorliegen eines rechtskräftigen Bebauungsplanes gegeben sein könne, die Gemeinde über einen solchen aber nicht verfüge. Aus diesem Grunde sei § 17 BO nicht anwendbar und es seien keine Ergänzungsflächen gegeben.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 2. Jänner 1990 nach einem ergänzenden Ermittlungsverfahren ab. Diese Berufungserledigung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Beschwerdeführer den Erwerb von Grundstücksflächen anstreben, die nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehören. Auf solche Grundflächen könnten die §§ 16 und 17 BO nicht angewendet werden. Eine Anwendung dieser Bestimmungen sei nur für als Bauland gewidmete Grundflächen möglich, da diese Bestimmungen der besseren Gestaltung der Bauplätze dienen.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wies die NÖ Landesregierung mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 3. April 1990 als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens stellte die Gemeindeaufsichtsbehörde fest, daß sich aus dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde eindeutig ergebe, daß die hier strittigen Grundflächen als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet seien. Ausgehend von der Definition der Ergänzungsfläche im § 2 Z. 14 BO, wonach diese Ergänzungsflächen gemeinsam mit angrenzenden Grundstücken einen Bauplatz (das ist ein Grundstück im Bauland) bildeten, könne der Berufungsbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie daraus geschlossen habe, daß Grundstücke bzw. Grundstücksteile, die nach dem Flächenwidmungsplan als Verkehrsflächen gewidmet seien, in Anwendung der §§ 16 und 17 BO zur besseren Gestaltung bzw. Schaffung von Bauplätzen nicht herangezogen werden könnten. Im angefochtenen Bescheid wurde ferner zur Frage Stellung genommen, ob im Rahmen eines durchgeführten Baubewilligungsverfahrens Straßenfluchtlinien in einem bestimmten Ausmaß festgelegt worden seien oder nicht.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde, über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie über die Replik der Beschwerdeführer hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 kann der Eigentümer eines Grundstückes im Bauland zur besseren Gestaltung des Bauplatzes anläßlich eines beabsichtigten bewilligungspflichtigen Vorhabens gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 und 2 bei der Baubehörde die Verlegung von Grundstücksgrenzen beantragen.

Nach § 17 Abs. 1 BO ist der Eigentümer eines im Bauland gelegenen Grundstückes anläßlich eines beabsichtigten Vorhabens gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 und 2 zu verpflichten, die zwischen der vorderen Grundstücksgrenze und der Straßenfluchtlinie liegende fremde Ergänzungsfläche zu erwerben.

Im vorliegenden Fall haben die Berufungsbehörde und auch die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß die genannten gesetzlichen Bestimmungen im Beschwerdefall nicht anzuwenden sind, weil nach dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde die Grundflächen, deren Einbeziehung in ihren anschließenden Bauplatz die Beschwerdeführer beantragen, nicht im Bauland gelegen sind. Es kann daher hier von einer besseren Gestaltung des Bauplatzes im Sinne des § 16 Abs. 1 BO keine Rede sein, wenngleich auf Grund der im Akt erliegenden Pläne der Wunsch der Beschwerdeführer verständlich ist, diese Grundflächen in ihren anschließenden Bauplatz einzubeziehen. Es sind diese Grundflächen aber auch nicht zwischen einer vorderen Grundstücksgrenze und der Straßenfluchtlinie gelegen, wie dies eine Verpflichtung nach § 17 Abs. 1 BO voraussetzt. Nach dem Flächenwidmungsplan handelt es sich vielmehr um Verkehrsflächen der Gemeinde, die zwischen der Bundesstraße und einem Grundstück der Beschwerdeführer liegen, wobei es für die Beurteilung als Verkehrsfläche nach dem Flächenwidmungsplan rechtlich unerheblich ist, ob sich diese Grundflächen im Eigentum der Gemeinde oder der Beschwerdeführer befinden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sind die tatsächlichen Verhältnisse in der Natur für die rechtliche Qualifikation einer Grundfläche als Verkehrsfläche nicht entscheidend. Daß es sich bei diesen Grundflächen um keine Ergänzungsfläche im Sinne des Gesetzes handelt, zeigt auch klar die Begriffsbestimmung nach § 2 Z. 14 BO, wonach eine Ergänzungsfläche ein selbständig nicht bebaubares Grundstück ist, welches a) erst durch Vereinigung mit einem angrenzenden ebenfalls selbständig nicht bebaubaren Grundstück einen Bauplatz bildet, oder b) an einen oder mehrere Bauplätze angrenzt und im Falle deren Bebauung als eine die geordnete Bebauung hindernde Restfläche überbleiben würde. Auch diese Definition setzt also voraus, daß es sich um eine im Bauland gelegene Grundfläche handelt, was im Beschwerdefall nicht zutrifft. Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1987, Zl. 81/05/0067, BauSlg. Nr. 918, verweisen, übersehen sie, daß dieser Entscheidung ein völlig anderer Sachverhalt zugrundelag, nämlich die Frage der zwangsweisen Schaffung eines Fahnenbauplatzes; weiters war die damals als Fahne vorgesehene Fläche nach dem Flächenwidmungpslan im Bauland gelegen. Im übrigen ist es gar nicht so selten, daß zwischen einer Bundesstraße und anschließendem Bauland Grundflächen als Verkehrsflächen der Gemeinde gewidmet werden, was rechtlich zulässig ist, sodaß aus dieser Sicht keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes bestehen. Die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes haben schließlich auch nicht die Beschwerdeführer in Zweifel gezogen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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