VwGH 90/04/0325

VwGH90/04/032529.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. September 1990, Zl. Ge-47.597/1-1990/Pö, betreffend Anordnungen gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13. August 1990 verfügt, daß der Beschwerdeführer die weitere Ausübung des Gastgewerbes (Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken) im Kellergeschoß der Liegenschaft X, A-Straße 45a, gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 unverzüglich einzustellen und den Gastgewerbebetrieb sofort zu schließen habe. Die Geschäftsbezeichnung für das im Kellergeschoß liegende Lokal sei zu entfernen und beim Eingang sei eine Tafel "Geschlossen" anzubringen.

Über eine seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobene Berufung erkannte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 25. September 1990 dahin, daß die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 360 Abs. 1 GewO 1973 als unbegründet abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt werde. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, der Beschwerdeführer wende sich gegen den erstbehördlichen Bescheid mit dem Vorbringen, daß ihm von Herrn B zunächst die Pachtübernahme der Bar angeboten worden sei. Die Pizzeria habe Herr C betrieben. Herr C sei aus dem Pachtvertrag ausgeschieden, sodaß der Beschwerdeführer sämtliche Verpflichtungen übernommen habe. Er sei bestrebt, seine Existenz nicht zu verlieren und suche einen Gewerbetreibenden, der den Betrieb führe und ihn ordnungsgemäß bei der Gebietskrankenkasse anmelde. Er ersuche aus diesen Gründen um Aufhebung des Schließungsbescheides. Diesem Vorbringen sei entgegenzuhalten, daß mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. Juli 1990, Ge 96-2483-1990, die Gesetzwidrigkeit der vom Beschwerdeführer ausgeübten Gastgewerbetätigkeit in der Betriebsart Restaurant rechtskräftig festgestellt worden sei. Dessenungeachtet übe der Beschwerdeführer das Gastgewerbe unbestrittenermaßen weiterhin aus. Damit lägen die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 vor. Diese Bestimmung lasse der Behörde keinen Raum für eine Interessenabwägung im Sinne der Vermeidung ungerechtfertigter Härten, sodaß das Vorbringen in der Berufung betreffend den Verlust der Existenz und der Suche nach einem Konzessionsträger rechtlich nicht von Bedeutung sei. Insbesondere räume die Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1973 der Behörde nicht die Möglichkeit ein, bis zu einer allfälligen Betriebsübernahme mit der von ihr zu treffenden Verfügung zuzuwarten. Die Berufung erweise sich somit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen und der erstbehördliche Bescheid zu bestätigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, laut deren Vorbringen sich der Beschwerdeführer "im gesetzlich gewährleisteten Recht entgegen § 360 GewO mein Gastgewerbe bis auf weiteres weiterhin ausüben zu dürfen" verletzt erachtet. Zur Begründung hiefür wird ausgeführt, gemäß § 360 GewO 1973 habe die Behörde, wenn in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung rechtskräftig festgestellt worden ist, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes, zu verfügen, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt werde. Aus der Formulierung "wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird" bzw. "... die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes ..." ergebe sich, daß der Gesetzgeber es der Behörde zur Pflicht gemacht habe, jene Sollordnung herzustellen, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt worden sei. Die belangte Behörde hätte nun auf Grund dieser Verpflichtung zu überprüfen gehabt, ob nicht ein gelinderes Mittel zur Herstellung des entsprechenden Soll-Zustandes ausgereicht hätte, weil nach ständiger Rechtsprechung die Schließung eines Gewerbebetriebes als härteste Zwangsmaßnahme nur verfügt werden dürfe, wenn mit anderen Maßnahmen der gebotene Erfolg nicht erreicht werden könne. Er habe im bisherigen Verfahren bereits vorgebracht, daß Herr C als Konzessionsinhaber bisher eingeschritten sei. Da Herr C aus dem Pachtvertrag ausgeschieden sei, habe er selbst sämtliche Verpflichtungen übernommen, insbesondere auch den Betrieb des Gastlokales. Auf Grund dieses Vorbringens hätte die belangte Behörde bzw. bereits die Behörde erster Instanz wegen der mit der schärfsten Zwangsmaßnahme verbundenen wirtschaftlichen Nachteile "mich dahingehend anzuleiten gehabt, mir binnen einer festzusetzenden Frist aufzutragen, um die nicht vorhandene Konzession anzusuchen oder aber in einer angemessenen Frist die Gaststätte zu schließen". Weder der angefochtene Bescheid noch der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13. August 1990 hätten sich mit seinem diesbezüglichen Parteienvorbringen auseinandergesetzt. Diesen Fehler konzediere sogar der angefochtene Bescheid, finde diese Tatsache aber nicht beachtlich. Da zu seinem Vorbringen jegliche Ermittlungstätigkeit durch die Behörde unterlassen worden sei, liege eine grobe Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Zudem habe die belangte Behörde offensichtlich auf Grund der unrichtigen Rechtsauffassung, wonach bei dem vorliegenden Sachverhalt die unverzügliche Schließung die einzige Möglichkeit zur Herstellung des den Rechtsvorschriften entsprechenden Zustandes wäre, übersehen, zu überprüfen, ob nicht vielleicht auch gelindere Mittel einen der Rechtsordnung entsprechenden Zustand bewirkt hätten. Damit liege aber abermals eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 hat die Behörde, wenn in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung oder in einem Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 die Genehmigungspflicht einer Anlage rechtskräftig festgestellt worden ist, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen.

Aus der Bedeutung der Worte des § 360 Abs. 1 GewO 1973 in ihrem Zusammenhang ergibt sich, daß unter dem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand jene Sollordnung zu verstehen ist, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt wurde. Als normativer Gehalt der verba legalia "der der Rechtsordnung entsprechende Zustand" ist daher (lediglich) der "contrarius actus" der (festgestellten) Zuwiderhandlung aufzufassen. Bei Beantwortung der Frage, ob eine eine behördliche Anordnung nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 rechtfertigende "rechtskräftige Feststellung im Strafverfahren" vorliegt, ist unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Ausführungen unabhängig von sonstigen Gesichtspunkten auch zu prüfen, ob ein derartiger Ausspruch die Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung erkennen läßt, der durch Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes als "contrarius actus" begegnet werden kann (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/04/0168, und die weitere dort zitierte

hg. Rechtsprechung).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund der diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach das Vorliegen der in Rede stehenden gesetzwidrigen Gewerbeausübung mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. Juli 1990 rechtskräftig festgestellt wurde, und daß der Beschwerdeführer das Gastgewerbe weiterhin unbefugt ausübe, dieser festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung durch einen "contrarius actus" im Sinne des § 360 Abs. 1 GewO 1973 begegnete.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang offenbar vermeint, die belangte Behörde hätte ihn wegen der mit der "schärfsten Zwangsmaßnahme" verbundenen Nachteile dahingehend anzuleiten gehabt, um die nicht vorhandene Konzession anzusuchen bzw. ihm einen entsprechenden Auftrag zu erteilen gehabt oder aber in einer angemessenen Frist die Gaststätte zu schließen, so mangelt diesem Vorbringen im Hinblick auf die dargestellte, für den vorliegenden Bescheidabspruch maßgebende Gesetzeslage eine tatbestandsbezogene Relevanz.

Sofern aber der Beschwerdeführer weiter rügt, die Behörde hätte es unterlassen, zu überprüfen, ob nicht "vielleicht auch gelindere Mittel einen der Rechtsordnung entsprechenden Zustand bewirkt hätten", so vermag auch dieses Vorbringen die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.

Die Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1973 trägt der Behörde auf, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen. Daraus ergibt sich aber, daß die nach der gegebenen Sachlage "jeweils notwendigen Maßnahmen" vorzuschreiben sind, die zur Herstellung jener Soll-Ordnung, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt worden ist, dienen, wobei die Behörde von der rechtskräftig festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung auszugehen hat. Nach der dargestellten Sach- und Rechtslage kann aber der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie auf Grund der festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung des Beschwerdeführers den Auftrag zur Schließung des Betriebes unter Anordnung der hierauf Bezug habenden entsprechenden Kennzeichnung erteilte, wobei insbesondere auch auf das zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erstattete Vorbringen in der Beschwerde hinzuweisen ist, wonach der Beschwerdeführer befürchtet, daß sich die interessierten Verkehrskreise bei einer sofortigen Schließung des Lokales verlaufen würden und eine allfällige Betriebsübergabe an einen Rechtsnachfolger somit ausgeschlossen wäre. Eine derartige - wenn auch allenfalls nach Absicht des Beschwerdeführers nur vorläufige - unbefugte Gewerbeausübung zu unterbinden, fiel aber in den durch § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 bestimmten Pflichtenbereich der belangten Behörde. (Vgl. hiezu das bereits vorangeführte hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/04/0168.)

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick darauf hatte daher auch ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu unterbleiben.

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