VwGH 88/17/0013

VwGH88/17/001323.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde 1.) des WN, 2.) der RN gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Dezember 1987, Zl. 7 - 48 Hu 15/1 - 1987, betreffend Wasserverbrauchsgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Predlitz-Turrach), den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art119a Abs5;
LAO Stmk 1963 §213 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WasserverbrauchstarifV Predlitz Turrach;
B-VG Art119a Abs5;
LAO Stmk 1963 §213 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WasserverbrauchstarifV Predlitz Turrach;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bundesland Steiermark zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde richtete an die Beschwerdeführer einen mit 15. Juni 1987 datierten, mit "Abgabenbescheid" überschriebenen Bescheid, in dem es im wesentlichen heißt:

"Den Gemeinderat der Gemeinde Predlitz-Turrach hat in seinen Sitzungen am 27. Februar 1976, am 29. September 1978 und am 12. September 1986 beschlossen, für die Wasserverbrauchsabgabe folgenden Tarif zu erlassen:

ABGABENFESTSTELLUNG

für das Haus X Nr. nn

DER EINHEITSSATZ BETRÄGT S 25,--

MINDESTABNAHME jährlich 90 m3

...

S u m m e S 2.475,--

ZAHLUNGSAUFFORDERUNG

Die Wasserbezugsgebühr ist jeweils halbjährlich am 30. April und 31. Oktober jeden Jahres an die Gemeindekasse zur Einzahlung zu bringen ...."

Mit Bescheid vom 9. November 1987 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer insoweit Folge, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt abgeändert wurde:

"Herrn und Frau W und R N ... als Eigentümer des Hauses X Nr. nn wird die Wasserverbrauchsgebühr in der Höhe von S 2.475,-- (inkl. MWST) für das Jahr 1987 vorgeschrieben ....."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die Steiermärkische Landesregierung der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Predlitz-Turrach. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, durch den mit Vorstellung bekämpften Bescheid seien Rechte der Beschwerdeführer insofern verletzt worden, als die Wassergebührenverordnung der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. September 1986 als eine der Rechtsgrundlagen für den genannten Bescheid nicht normiere, daß die gesetzliche Umsatzsteuer der im Sinne der Verordnung erhobenen Wasserbezugsgebühr hinzuzurechnen sei. Im zitierten Bescheid sei (jedoch) die Gebühr von S 2.250,-- zuzüglich der Mehrwertsteuer in der Höhe von S 225,-- vorgeschrieben worden. Weiters führte die belangte Behörde aus, es sei entgegen dem Vorbringen in der Vorstellung nicht unsachlich, die für den laufenden Wasserverbrauch anfallenden Gebühren derart zu verteilen, daß nicht auf den konkreten Wasserverbrauch, sondern auf die Wohnungs- bzw. Betriebsgröße abgestellt werde. Der in der Vorstellung enthaltene Hinweis auf eine nicht erfolgte Gebührenerhebung bei einem näher bezeichneten Hotel könne nicht Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens durch die Aufsichtsbehörde sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, daß die Wasserverbrauchsgebühr ihnen gegenüber nicht in pauschalierter Form festgesetzt werde. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich die Bindung an die von einer Vorstellungsbehörde in der Begründung ihres aufhebenden Vorstellungsbescheides geäußerte Rechtsansicht nur auf jenen Teil der Begründung, der die Aufhebung trägt. Jene Teile der Begründung, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, lösen keinerlei bindende Wirkung aus, weil sie den aufhebenden Spruch nicht tragen. Nur dann, wenn die Aufsichtsbehörde einen die Aufhebung tragenden Grund anders beurteilt hat als der Vorstellungswerber, ist er berechtigt und zur Wahrung seines Rechtsstandpunktes genötigt, diesen Bescheid anzufechten, obwohl dem Spruch nach festgestellt wurde, daß der Vorstellungswerber in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. hiezu etwa die Beschlüsse vom 10. November 1989, Zl. 87/17/0384, und vom 21. Dezember 1989, Zl. 88/17/0180, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Da sich die Beschwerde nur gegen jenen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, der keine Bindungswirkung entfaltet, besteht nicht die Möglichkeit, daß die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt sein können. Verfehlt ist die in diesem Zusammenhang geäußerte Rechtsmeinung der Beschwerdeführer, im Beschwerdefall sei Teilrechtskraft insofern eingetreten, als die belangte Behörde lediglich die Vorschreibung der Umsatzsteuer als unzulässig bezeichnet habe, sodaß im übrigen der Bescheid des Gemeinderates bestätigt worden sei; diesbezüglich sei auch ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung gegeben. Denn abgesehen von der Frage, ob es sich bei der Festsetzung einer Abgabe und der darauf entfallenden Umsatzsteuer um trennbare Absprüche handelt und ob daher hinsichtlich der Abgabe selbst Teilrechtskraft eintreten könnte oder nicht, hat die belangte Behörde tatsächlich den Bescheid des Gemeinderates zur Gänze aufgehoben. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Aus Zweckmäßigkeitserwägungen sei jedoch für das fortzusetzende Verfahren folgendes bemerkt:

Gemäß § 213 Abs. 1 Stmk. LAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht gemäß § 208 zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle (ebenso wie im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO) ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz darf sohin in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht oder in der von der Rechtsmittelentscheidung in Aussicht genommenen rechtlichen Art nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, nicht einen Sachbescheid (im Ergebnis erstmals) erlassen. Sie darf beispielsweise nicht erstmals eine Abgabe ÜBERHAUPT oder eine andere Abgabe als die von den Abgabenbehörden erster Instanz festgesetzte Abgabe vorschreiben, eine Partei erstmals in eine Schuldnerposition verweisen etc. (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis vom 19. September 1986, Zl. 84/17/0151, mwN., sowie Stoll, BAO Handbuch, S 686 f).

Im Beschwerdefall hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit dem Bescheid vom 15. Juni 1987 trotz der Überschrift "Abgabenbescheid" nach dessen ausdrücklichen Aussage wie auch nach dessen Inhalt lediglich einen Feststellungsbescheid über die Höhe der gegenständlichen Abgabe erlassen. Unabhängig von der Frage, ob dies rechtlich zulässig war oder nicht, war es der Abgabenbehörde zweiter Instanz verwehrt, diesen Feststellungsbescheid durch einen Bescheid über die Abgabenfestsetzung zu ersetzen.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß auch der Abgabenbescheid zweiter Instanz vom Bürgermeister (namens des Gemeinderates) unterfertigt ist.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die mitbeteiligte Gemeinde hat Aufwandersatz nicht angesprochen.

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