VwGH 88/05/0008

VwGH88/05/00084.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 1987, Zl. R/1-V-87121 und R/1-V-87121/1, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag und die Versagung einer nachträglichen Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde E), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §101;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
BauO NÖ 1976 §101;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 9. Juli 1986 den Auftrag, drei Bauwerke mit der Zweckwidmung Geräteräum mit Pergola, Trockenabort mit Blechtonne und Umkleidehütte auf dem Grundstück Nr. 693/5, KG X, abzubrechen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die bewilligungspflichtigen Baulichkeiten auf einer im Flächenwidmungsplan als Grünland

- Materialgewinnungsstätte - Schottergrube und der Folgenutzung Grünland - Landwirtschaft und Gewässer ausgewiesenen Grundfläche errichtet worden seien. Die im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten hätten ergeben, daß die Baulichkeiten für die genannte Folgenutzung nicht erforderlich seien. Der Schotterabbau sei auf diesem Grundstück bereits abgeschlossen. Mit Rücksicht auf den Widerspruch zum Flächenwidmungsplan sei eine nachträgliche Baubewilligung nicht zulässig.

Mit einem weiteren Bescheid vom 9. Juli 1986 versagte der Bürgermeister die nachträgliche Baubewilligung für den Geräteraum mit Pergola und für die Umkleidehütte. Auch dieser Bescheid wurde eingehend mit den Ergebnissen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens unter Bezugnahme auf die gegebene Rechtslage begründet.

Gegen diese beiden Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufungen, welchen mit Bescheiden des Gemeinderates vom 23. Juni 1987 keine Folge gegeben wurde. In dem Bescheid betreffend den Demolierungsauftrag wurde jedoch die Erfüllungsfrist neu bestimmt. In beiden Bescheiden setzte sich die Berufungsbehörde eingehend mit den Argumenten der Beschwerdeführerin auseinander.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Vorstellungen wies die NÖ. Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und hier maßgeblicher Rechtsvorschriften begründete die Gemeindeaufsichtsbehörde zunächst die Bewilligungspflicht der vom Bauauftrag erfaßten Baulichkeiten. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, daß hier auch die Flächenwidmung Erholungsgebiet gelten müßte, hielt die Vorstellungsbehörde entgegen, daß nach Abschluß der Schottergewinnung von der Widmung Grünland - Landwirtschaft - Gewässer auszugehen sei. Da die Beschwerdeführerin selbst wiederholt ausgesprochen habe, daß sie weder eine landwirtschaftliche noch eine fischereiwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes und der darauf gelegenen Teiche beabsichtige, sei allein schon daraus ersichtlich, daß die tatsächliche Nutzung im Widerspruch zur gegebenen Flächenwidmung stehe. Die Baubehörden der mitbeteiligten Gemeinde hätten daher zu Recht davon ausgehen können, daß die nachträgliche Baubewilligung zu versagen und der Bauauftrag zu erteilen gewesen sei.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Mangelhaftigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit des Verfahrens aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gemeinde erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wie im Verwaltungsverfahren wird auch in der Beschwerde ausgeführt, daß die beiden auf dem Grundstück bestehenden Teiche für Zwecke der Erholung verwendet werden. Die bestehenden Baulichkeiten dienten dem Umkleiden und der Unterbringung von Gartenmöbeln und der Fischereigeräte und naturgemäß sei auch ein Trockenabort mit Blechtonne vorhanden.

In rechtlicher Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin, daß die Grundflächen für eine landwirtschaftliche Nutzung vollkommen ungeeignet seien, ja nicht einmal eine kleinstmögliche landwirtschaftliche, betriebstechnisch vertretbare Verwertung denkbar sei. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Nutzung widerspreche ihrer Meinung nach nicht dem NÖ. Raumordnungsgesetz, weil eine andere Art der Nutzung nicht in Betracht komme, die Beschwerdeführerin selbst aber nicht die Absicht habe, eine Zweitwohnung zu errichten, sondern lediglich zur Ausübung des Fischereisportes und zur vernünftigen Freizeitgestaltung diejenigen Baulichkeiten zu schaffen, welche ihr notwendig und zweckmäßig scheinen. Die Beschwerdeführerin verweist noch darauf, daß, hätte sie die Gewässer und die Ufer nicht entsprechend kultiviert, Ödland in seiner schlimmsten Form vorliegen würde.

Dem letzteren Vorbringen hielt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, daß die Schottergewinnung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 4. November 1966 wasserrechtlich genehmigt worden sei, wobei die Errichtung einer Einfriedung, das Geschlossenhalten der Tore, das Anschlagen eines Badeverbotes und das Humusieren und Besämen der Böschung aufgetragen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei als Rechtsnachfolgerin verpflichtet, diese Auflagen zu erfüllen. Auf diesen Umstand verweist auch die mitbeteiligte Gemeinde in ihrer Gegenschrift. In dieser Gegenschrift wird auch darauf hingewiesen, daß es sich bei der Bezeichnung Gewässer im Flächenwidmungsplan um keine Nutzungsart, sondern lediglich um einen Hinweis auf den Bestand eines Gewässers gehandelt habe, wogegen die Nutzungsart Landwirtschaft das gesamte Grundstück (Teich und Festlandflächen) betreffe.

Nach § 19 Abs. 1 des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG), LGBl. 8000-0, gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen zum Grünland. Nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse sind gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle für Flächen, die für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, für Grüngürtel, für Schutzhäuser, für im Grünland erhaltenswerte Bauten, für Materialgewinnungsstätten und dazugehörige Deponien, für Gärtnereien und Kleingärten, für Sportstätten, für Friedhöfe und Parkanlagen, für Campingplätze, für Müllablagerungsplätze und Lagerplätze aller Art bestimmt sind, die entsprechenden Grünlandnutzungsarten auszuweisen. Alle Flächen des Grünlandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, nicht familieneigenen Wohnbedürfnissen der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und nicht Ödland sind, müssen im Flächenwidmungsplan unter Angabe der besonderen Nutzung ausgewiesen werden.

Nach § 19 Abs. 3 ROG hat die Gemeinde bei der Widmung einer Fläche als Materialgewinnungsstätte die Folgenutzungsart auszuweisen, die nach Erschöpfung des Materialvorkommens eintreten muß.

Gemäß § 19 Abs. 4 ROG dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur vorgesehen werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind.

Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die entsprechend dem Gesetzesauftrag nach § 19 Abs. 3 ROG im konkreten Fall vorgesehene Folgenutzungsart Grünland - Landwirtschaft und Gewässer in rechtlich bedenklicher Weise festgesetzt worden sei. Nach den vorgelegten Verwaltungsakten liegen die Grundflächen in einem Gebiet, in welchem gleichartige Materialgewinnungsstätten ausgewiesen sind, ansonsten aber eine Grünlandwidmung - Landwirtschaft festgesetzt ist.

Schon die Gemeindebehörde erster Instanz hat geprüft, ob die tatsächlich errichteten Baulichkeiten für die im Flächenwidmungsplan festgelegte Nutzung erforderlich sind, wobei sowohl das Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen als auch das Gutachten eines Amtssachverständigen der Fachrichtung Fischereiwirtschaft eingeholt worden ist. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die Einholung dieser Gutachten überhaupt erforderlich war, weil die Beschwerdeführerin eine landwirtschaftliche Nutzung gar nicht behauptet hat. Jedenfalls haben aber diese Gutachten hinreichend dargetan, daß die Baulichkeiten für eine Nutzung im Sinne des § 19 Abs. 4 ROG nicht erforderlich sind. Wenn es auch durchaus verständlich ist, daß die Beschwerdeführerin für die Nutzung der Grundflächen diese Baulichkeiten errichtet hat, so darf doch nicht übersehen werden, daß gerade die Bestimmung des § 19 Abs. 4 ROG eine auch maßvolle Zersiedelung verhindern soll. Die Verwaltungsbehörden sind daher zu Recht mit der Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages und der Versagung der angestrebten Baubewilligung vorgegangen.

Wenn die Beschwerdeführerin darauf hinweist, daß § 101 der NÖ. Bauordnung 1976 der Baubehörde die Möglichkeit gebe, Baulichkeiten vorübergehenden Bestandes für die Höchstdauer von fünf Jahren zu bewilligen, und die dort gegebene Aufzählung lediglich demonstrativ sei, also auch die errichteten Baulichkeiten zulässig seien, so verkennt sie die Rechtslage. Nach der genannten Gesetzesstelle dürfen Baulichkeiten vorübergehenden Bestandes nur für die Dauer von höchstens fünf Jahren bewilligt werden, wobei die in Klammer gegebene Aufzählung von Ausstellungs-, Notstandsbauten, Tribünen u.dgl. darauf hinweist, daß damit nicht Baulichkeiten erfaßt werden sollen, die in Wahrheit ständigen Zwecken dienen, wie dies hier der Fall ist. So behauptet ja die Beschwerdeführerin selbst, daß ihr die Teichgrundstücke schon seit Jahrzehnten zur Erholung dienten. Auch im Hinblick auf § 101 BO konnte sohin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden.

In der Beschwerde selbst wird schließlich gar nicht mehr der Versuch unternommen, die Bewilligungspflicht der Baulichkeiten in Zweifel zu ziehen, sodaß diesbezüglich nur bemerkt sei, daß die Verwaltungsbehörden zutreffend von der Bewilligungspflicht der Baulichkeiten ausgegangen sind.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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