VwGH 90/19/0303

VwGH90/19/03032.7.1990

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 7. Juni 1990, Zl. 5-212 Gu 13/3-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes.

Normen

VStG §21 Abs1;
VStG §49 Abs2;
VStG §21 Abs1;
VStG §49 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Der vorliegenden Beschwerde und dem dieser angeschlossenen bekämpften Bescheid läßt sich folgender Sachverhalt entnehmen:

Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 7. November 1989 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer mehrerer Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes schuldig erkannt und hiefür mit Geldstrafen von insgesamt S 12.000,-- (Ersatzarrest von insgesamt zwölf Tagen) bestraft, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der U-GmbH in Graz, X-Straße, und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten habe, daß zwei namentlich genannte Kraftfahrer (Lenker) die zulässige Lenk- bzw. Arbeitszeit überschritten hätten.

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben und den Antrag gestellt: "1) Auf Grund der erstmaligen Verwaltungsübertretung ersuche ich um Abmahnung dieses Vorgehens. 2) Anderenfalls um Herabsetzung dieser sehr hohen Geldstrafe". In einer dazu gegebenen Sachverhaltsdarstellung brachte der Beschwerdeführer vor, daß im Rahmen der von dem Unternehmen seit Jahren in den Sommermonaten wöchentlich durchgeführten Urlaubsfahrten nach Zadar dort regelmäßig Ruhepausen eingelegt würden. Nur im vorliegenden (zum Anlaß für die Bestrafungen genommenen) Fall sei die Ruhepause entfallen, weil das Unternehmen auf Ersuchen eines anderen Reisebüros - nachdem der ursprünglich zur Abholung vorgesehene Bus ausgefallen sei - noch ca. 15 Personen aus Split abgeholt und mit dem Bus nach Graz mitgenommen habe. Eine entsprechende Weisung sei den beiden Lenkern, ohne Wissen des Beschwerdeführers, über Telefon von ihrem Reisebüro erteilt worden. Dies solle natürlich keine Entschuldigung für diese Übertretung sein, nur bitte der Beschwerdeführer, da dies kein Regelfall gewesen sei, von einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen, andernfalls diese sehr hohe Strafe herabzusetzen.

Nach Durchführung eines ordentlichen Verfahrens erließ die Erstbehörde sodann das Straferkenntnis vom 26. März 1990, mit dem der Schuld- und Strafausspruch laut Strafverfügung wiederholt wurde.

Aus Anlaß der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers behob der Landeshauptmann von Steiermark (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 7. Juni 1990 unter Spruchpunkt I dasselbe wegen sachlicher Unzuständigkeit im Grunde des § 49 Abs. 2 VStG 1950 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i. V.m. § 24 VStG 1950, und gab unter Spruchpunkt II dem "gegen die Höhe der in der Strafverfügung ... verhängten Strafen erhobenen Einspruch" des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 24 VStG 1950 teilweise Folge.

In dem hier allein interessierenden Teil der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 7. November 1989 ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe und nicht gegen die Bestrafung dem Grunde nach gewendet habe. Dies sei unzweifelhaft aus den gestellten Anträgen sowie dem Umstand ersichtlich, daß die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers lediglich in der Absicht erfolgt seien, das genannte Begehren zu untermauern. Der Beschwerdeführer habe im übrigen zu verstehen gegeben, daß ihm sein Verschulden an den Übertretungen klar sei. Bemerkt werde noch, daß der Einspruchsantrag, von der Verhängung einer Strafe abzusehen und den Beschwerdeführer zu ermahnen, nicht hindere, den Einspruch als Berufung anzusehen. Schließlich seien die Anträge im Einspruch auch nicht als Ansuchen um Nachsicht oder Milderung der Strafe im Sinne des § 51 Abs. 4 VStG 1950 zu werten; vielmehr habe der Beschwerdeführer sich auf seine absolute Unbescholtenheit bzw. darauf berufen, daß spezialpräventive Gründe nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürften.

2. In seiner gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juni 1990 gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und begehrt, den bekämpften Bescheid aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wird im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten in Beschwerde gezogen, so ist er gemäß § 49 Abs. 2 VStG 1950 als Berufung anzusehen und der Berufungsbehörde vorzulegen.

2. Während die belangte Behörde in Ansehung des Einspruches des Beschwerdeführers die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 VStG 1950 für gegeben erachtete und jenen als Berufung wertete, über die zu entscheiden sie und nicht die Erstinstanz berufen sei, vertritt die Beschwerde die Ansicht, daß mit dem besagten Einspruch nicht nur die Höhe der verhängten Strafe bekämpft worden sei, sondern auch "inhaltlich Einwände" erhoben worden seien. Gerade aus dem Vorbringen in der Sachverhaltsdarstellung des Einspruches, daß der Beschwerdeführer mit der den Lenkern erteilten Weisung, nach Split zu fahren, "nichts zu tun hatte und diese Maßnahme ohne sein Wissen gesetzt wurde, ergibt sich eine inhaltliche Bekämpfung der Strafverfügung, zumal damit das Verschulden des Beschwerdeführers in Abrede gestellt wird". Ebenso stelle der Hinweis auf die geschaffene "Notsituation", die durch den Ausfall eines Reisebusses eingetreten sei, eine inhaltliche Bekämpfung der Strafverfügung dar; dies im Hinblick auf § 20 des Arbeitszeitgesetzes, wonach eine Überschreitung der normierten Arbeitszeit in Ausnahmefällen ausdrücklich für zulässig erklärt werde.

3. In der Beschwerde blieb nicht nur unbestritten, sondern wurde ausdrücklich bestätigt, daß der Beschwerdeführer in seinem Einspruch den Antrag gestellt hatte, (primär) eine Ermahnung auszusprechen, andernfalls die Geldstrafe herabzusetzen. Wenn die Beschwerde diesem Antrag - unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1986, Zl. 85/03/0134 - keine Bedeutung beimißt, so kann dem nicht gefolgt werden. Die in diesem Erkenntnis enthaltene Aussage, mit dem ihr vom Beschwerdeführer zugemessenen Tenor wurde vor einem sachverhaltsmäßig gänzlich anderem Hintergrund getroffen: Dort war der Gerichtshof zu der Auffassung gelangt, daß eine bestimmte Formulierung im Einspruch eindeutig als Bekämpfung des Ausspruches über die Schuld zu verstehen sei und daran eine Antragstellung im Einspruch, welche auf das Absehen von der Verhängung einer Strafe oder zumindest auf eine Herabsetzung der Geldstrafe abgestellt sei, nichts ändere, weil es in einem Einspruch keines Antrages bedürfe. Der vorliegend zu beurteilende Gesamtinhalt des Einspruches des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 7. November 1989 ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, daß sich in dem unter "Sachverhaltsdarstellung" enthaltenen Vorbringen (vgl. oben I.1.) keine Formulierung findet, die - bei objektiver Betrachtungsweise - von der Behörde als Bekämpfung auch des Schuldspruches zu werten gewesen wäre. Von da her gesehen aber kommt dem (eingangs wie auch am Ende) des Einspruches gestellten Antrag auf Aussprechen lediglich einer Ermahnung oder wenigstens auf Herabsetzung der Geldstrafe sehr wohl Gewicht zu, macht doch dieser Antrag mangels anderer, den Schuldspruch bekämpfender Ausführungen die objektiv zum Ausdruck gebrachte Absicht des Beschwerdeführers deutlich, allein den Strafausspruch (die Höhe der verhängten Strafe) anzufechten.

Dieser zweifelsfrei erklärten Absicht steht nicht der Hinweis entgegen, er habe von der Weisung des Reisebüros an die beiden Lenker, nach Split zu fahren, nichts gewußt. In diesem Hinweis liegt nämlich - bei der gebotenen Gesamtbetrachtung - keine Bestreitung eines Verschuldens, vielmehr unter Bedachtnahme auf die folgende Wendung, der dargestellte Sachverhalt "soll natürlich keine Entschuldigung für diese Übertretung sein", bloß eine Andeutung dahingehend, daß nur ein geringfügiges Verschulden des Beschwerdeführers vorliege. An diesen der Sache nach als Erinnerung an § 21 Abs. 1 VStG 1950 ("... wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist ...") und § 19 Abs. 2 leg. cit. (besondere Bedachtnahme auf das "Ausmaß des Verschuldens") zu verstehenden Hinweis knüpft sich bruchlos und folgerichtig das (bereits an den Beginn gestellte, somit wiederholte) Begehren, von einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen, zumindest aber die Strafe herabzusetzen.

Was das weitere in diesem Zusammenhang in der Beschwerde geltend gemachte Argument anlangt, es sei vom Beschwerdeführer auf eine "Notsituation" hingewiesen worden, die durch den Ausfall eines Reisebusses eingetreten sei, was eine "inhaltliche Bekämpfung der Strafverfügung" darstelle, so ist auch an dieser Stelle auf die vom Beschwerdeführer im Einspruch abgegebene - in der Beschwerde nicht bestrittene - Erklärung zu verweisen, wonach das den konkreten Sachverhalt (damit auch die angebliche "Notsituation") darstellende Einspruchs-Vorbringen "natürlich keine Entschuldigung für diese Übertretung sein (soll)". Im Lichte dieser - von der belangten Behörde im Zusammenhalt mit dem mehrfach erwähnten Antrag des Beschwerdeführers in seinem Einspruch zu Recht als wesentlich erachteten - Erklärung kann in der Bemerkung, es sei durch den Ausfall des dafür vorgesehenen Busses eine zusätzliche Fahrt nach Split notwendig geworden, kein den Schuldspruch betreffender Einwand erblickt werden.

4. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde den somit ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe bekämpfenden Einspruch im Grunde des § 49 Abs. 2 VStG 1950 zutreffend als Berufung angesehen - der im Einspruch auch enthaltene Antrag, von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen, hindert diese rechtliche Qualifizierung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1981, Zl. 02/2495/80) - und über diese zu Recht als Berufungsbehörde entschieden (§ 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 24 VStG 1950).

5. Da sohin die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - daher auch ohne Erteilung eines die Vorlage der Vollmacht betreffenden Mängelbehebungsauftrages - als unbegründet abzuweisen.

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