Normen
ABGB §1332;
AVG §10 Abs2;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §46 Abs1 idF 1985/564;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §10 Abs2;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §46 Abs1 idF 1985/564;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluß vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0203, wies der Verwaltungsgerichtshof die namens der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. Dezember 1989, Zl. 3/01-3031/2-1989, eingebrachte, am 9. März 1990 zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurück. Nach der Begründung sei der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin spätestens am 24. Jänner 1990 zugestellt worden. Der an diesem Tag beim Bezirksgericht St. Gilgen gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Zustellung des aufgrund des die Verfahrenshilfe bewilligenden Beschlusses dieses Bezirksgerichtes ergangenen Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen hätten auf den Ablauf der Beschwerdefrist keinen Einfluß.
Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wird damit begründet, daß der Umstand, daß der Antrag auf Verfahrenshilfe vom Bezirksgericht St. Gilgen nicht an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet bzw. direkt bei diesem eingebracht worden sei, für die Beschwerdeführerin ein unabwendbares Ereignis darstelle, welches ohne ihr Verschulden eingetreten sei. Ebenso stelle es ein unabwendbares Ereignis für den mit Bescheid der Salzburger Rechtsanwaltskammer bestellten Verfahrenshelfer dar, daß er keine Kenntnis davon gehabt habe, daß seine Bestellung zum Verfahrenshelfer nicht auch aufgrund einer Benachrichtigung des Verwaltungsgerichtshofes an die Salzburger Rechtsanwaltskammer erfolgt sei. Selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht vertreten sollte, daß der aufgrund des Beschlusses des unzuständigen Bezirksgerichtes St. Gilgen in Verbindung mit dem Bescheid der Salzburger Rechtsanwaltskammer bestellte Verfahrenshelfer hätte erkennen müssen, daß ein neuerlicher Antrag ungeachtet des bereits gestellten und bewilligten Antrages beim Verwaltungsgerichtshof innerhalb der "Rechtsmittelfrist" zu stellen gewesen wäre, so stelle auch dieser Umstand für die Beschwerdeführerin ein unabwendbares Ereignis dar, das insbesondere deswegen einer Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegenstehe, weil das in diesem Fall festzustellende Verschulden äußerst gering sei, wenn man bedenke, daß sowohl das Bezirksgericht St. Gilgen wie auch der Ausschuß der Salzburger Rechtsanwaltskammer nicht beachtet hätten, daß der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof direkt zu stellen gewesen wäre. Im übrigen verweise die Beschwerdeführerin darauf, daß dem Anruf eines Bediensteten des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1990, in dem mitgeteilt worden sei, es sei notwendig, einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe beizulegen, umgehend, nämlich mit Schriftsatz vom 20. März 1990, entsprochen worden sei. Dieser Anruf sei als Verbesserungsauftrag anzusehen, dem vollinhaltlich entsprochen worden sei.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Wiedereinsetzung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 19. Jänner 1977, Slg. Nr. 9226/A). Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zlen. 90/19/0179, 0213, 0214).
Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. In der von dem im Rahmen der Verfahrenshilfe zum Vertreter der Beschwerdeführerin bestellten Rechtsanwalt verfaßten Beschwerde wurde ausdrücklich ausgeführt, daß die Verfahrenshilfe der Beschwerdeführerin mit Beschluß des Bezirksgerichtes St. Gilgen bewilligt worden sei; darüberhinaus wurde mit der Beschwerde die Ablichtung dieses Beschlusses samt der des Bescheides des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 26. Jänner 1990 betreffend die Bestellung des Rechtsanwaltes Dr. M "in der im angehefteten Beschluß bezeichneten Rechtssache zum Vertreter für die klagende Partei" vorgelegt. Für die Annahme, daß die Bestellung "auch aufgrund einer Benachrichtigung des Verwaltungsgerichtshofes an die Salzburger Rechtsanwaltskammer" erfolgt sei, bestand aufgrund der vorgelegten Urkunden nicht der geringste Anhaltspunkt. Der zur Verfahrenshilfe bestellte Rechtsanwalt hätte bei Einhaltung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt erkennen können, daß der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bei der unzuständigen Stelle eingebracht und nicht an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet wurde, weshalb § 26 Abs. 3 VwGG nicht zur Anwendung kommen konnte. Die Außerachtlassung dieser Sorgfalt bei der in jedem Fall dem Parteienvertreter obliegenden Fristwahrung ist mit Rücksicht auf den bei berufsmäßigen Parteienvertretern anzulegenden strengeren Maßstab nicht als bloß minderer Grad des Verschuldens anzusehen.
Das auf den Anruf eines Bediensteten des Verwaltungsgerichtshofes bezughabende Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag betrifft keinen Wiedereinsetzungsgrund und ist daher für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ohne Bedeutung.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist war somit nicht stattzugeben.
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