Normen
AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. März 1990 wurde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der erstmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 31. Jänner 1990 betreffend die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin nach dem ASVG keine Folge gegeben. Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides enthielt den Hinweis, daß die Berufung beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 14, einzubringen sei. Der Bescheid wurde dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin am 19. April 1990 zugestellt. Die Beschwerdeführerin brachte die Berufung bei der belangten Behörde (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) ein, wo diese - den Angaben der Beschwerde zufolge - am 27. April 1990 einlangte. Die belangte Behörde gab die Berufung am 9. Mai 1990 an das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 14, zur Post.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurück. Begründend führte sie nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, die Berufung hätte, um das Erfordernis der Rechtzeitigkeit zu erfüllen, spätestens am 3. Mai 1990 an die richtige Einbringungsstelle adressiert zur Post gegeben werden müssen. Da die zweiwöchige Frist des § 63 Abs. 5 AVG 1950 nicht gewahrt sei, sei das Rechtsmittel zurückzuweisen gewesen.
Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, "angesichts der Sorglosigkeit, mit der das Bundesministerium mit meiner Berufung umgegangen ist, den Zurückweisungsbeschluß aufzuheben und die dann als rechtzeitig eingebracht zu behandelnde Berufung an die meritorisch entscheidungszuständige Behörde zu verweisen". Die am 27. April 1990 bei der belangten Behörde eingelangte Berufung sei nach kanzleimäßiger Behandlung am 3. Mai 1990 der Sachbearbeiterin vorgelegt worden. Diese habe, obgleich sie hätte sehen müssen und wohl auch gesehen habe, daß die Frist am nächsten Tag abzulaufen gedroht habe, den Dienstweg nicht verlassen, sodaß ihr Vorgesetzter erst am 7. Mai 1990 die Unterschrift unter die Erledigung habe setzen können und der Abfertigungsvermerk erst am 9. Mai 1990 erfolgt sei. Aus § 6 Abs. 1 AVG 1950 ergebe sich jedoch, daß bei Gefahr des Ablaufes der Berufungsfrist die Weiterleitung der Berufung auch ohne Einhaltung des Dienstweges zu veranlassen sei, beispielsweise durch Boten oder auch fernschriftlich. Diese Betreuungspflicht habe die belangte Behörde verletzt. Sie hätte dafür Sorge tragen müssen, daß die keinen Zeitaufschub duldenden Anträge, so auch Rechtsmittel, von der übrigen Post getrennt unverzüglich der innerbehördlich zuständigen Stelle zugeteilt würden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 ist die Berufung von der Partei schriftlich oder telegraphisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides an die Partei. Nach § 32 Abs. 2 AVG 1950 enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Tage des Postenlaufes werden nach § 33 Abs. 3 AVG 1950 in die Frist nicht eingerechnet.
Zur zuletzt zitierten Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß die Tage des Postenlaufes nur insoweit nicht gerechnet werden, als es sich um den Postenlauf zur richtigen Stelle handelt; der Postenlauf an die unrichtige Stelle ist in die Frist einzurechnen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1966, Slg. 6999/A). Die Tage des Postenlaufes von der unzuständigen an die zuständige Behörde sind hingegen nicht in die Frist einzurechnen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1978, Slg. 9563/A, und vom 27. März 1990, Zl. 90/04/0042).
Die durch die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides an den bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin am Donnerstag, dem 19. April 1990, in Gang gesetzte zweiwöchige Berufungsfrist endete somit am Donnerstag, dem 3. Mai 1990. Die Frist wäre gewahrt gewesen, wenn die Beschwerdeführerin oder die von ihr angerufene unzuständige Behörde die Berufung spätestens am 3. Mai 1990 an die für die Einbringung der Berufung zuständige Behörde zur Post gegeben hätte. Die Postaufgabe der Berufung an die zuständige Behörde erfolgte jedoch erst am 9. Mai 1990. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Die dagegen vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin sind nicht zielführend. Nach § 6 Abs. 1 AVG 1950 hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
Selbst ein allfälliger Verstoß der von der Partei angerufenen unzuständigen Behörde gegen die zitierte Vorschrift vermag aber nichts an den Rechtsfolgen der Verspätung des Rechtsmittels zu ändern. Die Wendung "auf Gefahr des Einschreiters" bedeutet, daß derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1978, Slg. 5249/F). Zwar darf die Weiterleitung von Schriftstücken durch die unzuständige Behörde nicht beliebig lange hinausgezögert werden. Das bedeutet aber nicht, daß das Risiko des Einschreiters dann ausgeschaltet und daher seine an eine Frist gebundene Prozeßhandlung als rechtzeitig anzusehen wäre, wenn nach dem gegebenen Sachverhalt die sofortige Weiterleitung möglicherweise zur Folge gehabt hätte, daß das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde eingelangt oder durch die - noch rechtzeitige - Übergabe des Schriftstückes an die Post zur Beförderung die Frist gewahrt geblieben wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 1977, Slg. 9326/A, vom 4. März 1983, Zl. 83/02/0018, und vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0135).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
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