VwGH 90/06/0147

VwGH90/06/014711.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Juli 1990, Zl. Ve-550-1697/1 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1978 §25 lite idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs3 lita idF 1989/010;
BauO Tir 1989 §25 lite;
BauO Tir 1989 §3 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;
BauO Tir 1978 §25 lite idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs3 lita idF 1989/010;
BauO Tir 1989 §25 lite;
BauO Tir 1989 §3 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Ausführungen in der Beschwerde im Zusammenhalt mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 2. März 1990 wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt, die an der Westgrenze der Parzelle Nr. 76, KG X, konsenslos errichtete bauliche Anlage (Pergola) binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheides ersatzlos zu entfernen. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. Mai 1990 als unbegründet abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Vorstellung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. Juli 1990 ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, Gegenstand des Abbruchsauftrages sei eine sogenannte "Pergola". Wie vom Einschreiter selbst in der Vorstellung bestätigt, bestehe der Boden dieser Gartenlaube aus Holz und ruhe auf Betonziegeln, die auf der Erde liegen. Die Laube habe eine Rückwand aus Holz und ein Dach aus Plexiglas, wobei dieses Glas auf Stahlrohre aufgestützt sei. In drei Richtungen sei die Gartenlaube offen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, daß zur fachgerechten Ausführung eines sicheren Bodens, einer standfesten Wand und eines auf Stahlrohren aufliegenden Plexiglasdaches ein gewisses Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich sei. Durch das Aufliegen der Anlage auf Betonziegeln auf dem Boden sei die kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden hergestellt. Weiters könne kein Zweifel daran bestehen, daß eine derartige Anlage, wenn sie nicht fachgerecht hergestellt wird, geeignet sei, eine Gefahr für Personen, die sich in der Pergola aufhielten, darzustellen. Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 30. Jänner 1985 selbst angegeben, daß die Anlage im Jahre 1980 errichtet worden sei. Die Anlage müsse daher als bewilligungspflichtig gemäß § 25 lit. e der Tiroler Bauordnung betrachtet werden. Da die erforderliche Baubewilligung nicht erteilt worden sei, sei gemäß § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung ein Abbruchsauftrag zu erteilen gewesen. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, daß ein Antrag auf Erteilung der Baubewilligung anhängig sei, sei zu bemerken, daß die Anhängigkeit eines derartigen Antrages der Erlassung eines Abbruchauftrages nicht entgegenstehe. Es sei lediglich unzulässig, den Abbruchsauftrag zu vollstrecken, solange das Verfahren über das Bauansuchen nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist, ob die im Sachverhalt beschriebene Pergola als bewilligungspflichtige bauliche Anlage zu qualifizieren ist. Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, daß er bereits im Jahre 1985 ein "eventual" gestelltes Bauansuchen eingebracht habe. Über dieses Ansuchen habe die Baubehörde erster Instanz über fünf Jahre lang nicht entschieden. Diesen Umstand hätte die belangte Behörde im Zuge des gegenständlichen Verfahrens entsprechend berücksichtigen müssen. Da dies unterblieben sei, bedürfe der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung.

Gemäß § 25 lit. e der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, (TBO), bedarf einer Bewilligung der Behörde die Errichtung und die Änderung sonstiger baulicher Anlagen, durch die eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen entstehen kann, wie beispielsweise Schwimmbäder, Brunnen, Düngerstätten, Jauchegruben, Stütz- und Gartenmauern, Flugdächer, Pergolas, Silos. Gemäß § 44 Abs. 3 lit. a leg. cit. hat die Behörde den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen, wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt.

Unbestritten ist, daß die gegenständliche Pergola im Jahre 1980 errichtet wurde. Im Jahre 1980 hatte § 25 lit. e TBO, LGBl. Nr. 43/1978, folgenden Wortlaut:

"§ 25

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Einer Bewilligung der Behörde bedarf:

e) die Errichtung oder Änderung sonstiger baulicher Anlagen, wenn durch diese Anlagen Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit von Menschen oder für Sachen entstehen können, wie z. B. die Errichtung und Änderung von Schwimmbädern, Düngerstätten, Jauchegruben, Stütz- und Gartenmauern und dergleichen".

Inwiefern die Pergola deshalb keine bauliche Anlage im Sinne dieser Bestimmung sein soll, weil ihr Boden auf Betonziegeln ruht, ist nicht verständlich. "Mit dem Erdboden verbunden" im Sinne des § 3 Abs. 1 TBO sind auch Anlagen, die nicht unmittelbar auf gewachsenem Grund stehen, sondern auf andere Weise auch mittelbar mit diesem verbunden sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1980, Slg. N. F. Nr. 10093/A).

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits in seinem Erkenntnis vom 24. März 1983, Zl. 83/06/0036, BauSlg. 34, ausgeführt, daß es bei der Prüfung der Bewilligungspflicht des § 25 lit. e TBO nicht darauf ankommt, ob die konkrete Anlage so ausgeführt wurde, daß daraus eine Gefahr für Sicherheit und Gesundheit von Menschen oder Sachen entstehen könnte, sondern nur darauf, ob dies in abstracto bei derartigen Anlagen denkbar sei. In diesem Erkenntnis wurde ausgeführt, es könne wohl nicht ernstlich bezweifelt werden, daß Dachkonstruktionen, unter denen sich Personen aufhalten sollen, für diese (bei nicht fachgerechter Ausführung) eine erhebliche Gefahr darstellen könnten. Der Beschwerdeführer hat seiner Beschwerde Bilder der Pergola beigelegt, nach denen diese mit Tischen und Bänken eingerichtet ist. Es ist daher davon auszugehen, daß auch diese Pergola für den Aufenthalt von Personen bestimmt ist. Es bedarf somit keiner näheren Ausführungen, daß auch diese Pergola für Personen, die sich unter ihr aufhalten, eine erhebliche Gefahr darstellen kann. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wird durch die teilweise Verwendung von Plexiglas als Baustoff die Bewilligungspflicht der Anlage nicht beseitigt. Ein Rechtssatz, wonach nur bei Verwendung von Baustoffen im herkömmlichen Sinne eine bauliche Anlage vorliegt, ist den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnissen vom 19. Dezember 1966, Zl. 1532/65, vom 22. Mai 1967, Zl. 137/138/67, und vom 29. September 1969, Zl. 1863/68, nicht zu entnehmen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bedarf es zur Herstellung der beschriebenen Gartenlaube sehr wohl bautechnischer Kenntnisse, die zu ihrer fachgemäßen Herstellung erforderlich sind. Folgte man nämlich der Argumentation des Beschwerdeführers, so würde dies zu dem Ergebnis führen, daß dann, wenn etwa im Zuge der Errichtung eines an sich bewilligungspflichtigen Bauwerkes entgegen der baurechtlichen Vorschrift und den Gesetzen der Technik alle Maßnahmen, die getroffen werden müssen, um das Bauwerk sicher zu gestalten, unterlassen werden, die Baubehörde jede Ingerenz auf das so errichtete Bauwerk verlieren würde, während eine solche dann gegeben wäre, wenn das Bauwerk ordnungsgemäß ausgeführt ist. Daß eine derartige Argumentation nicht verfängt, folgt schon aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 22. Mai 1967, Zl. 137/138/67.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die Pergola sowohl zum Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Abtragungsauftrages von der Bewilligungspflicht gemäß § 25 lit. e TBO erfaßt war. Da die erforderliche Baubewilligung nicht vorlag, erging der auf § 44 Abs. 3 TBO gestützte Abbruchauftrag zu Recht. Zutreffend hat auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß der Erlassung eines Abtragungsauftrages seit der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 der Umstand nicht entgegensteht, daß ein Baubewilligungsansuchen anhängig ist. Der Auftrag kann jedoch erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung des Bauansuchens vollstreckt werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1970, Slg. Nr. N.F. 7813/A). Es ist somit auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers unbegründet.

Da sich bereits aus der Beschwerde ergibt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abzuweisen. Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandlos.

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