VwGH 89/14/0172

VwGH89/14/017226.6.1990

Präsident der Finanzlandesdirektion für Salzburg gegen Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom 9. Juni 1988, Zl. 99-GA4BK-DBra/87, in der Sache des Mitbeteiligten NN in O, betreffend Einkommensteuer 1985:

Normen

BezügeG Slbg 1984 §5 Abs3;
EStG 1972 §16 Abs1 Z4;
EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
EStG 1972 §41;
BezügeG Slbg 1984 §5 Abs3;
EStG 1972 §16 Abs1 Z4;
EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
EStG 1972 §41;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte bezog im Jahr 1985 unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, nämlich eine Pension als Landesrat in Ruhe. In seiner Einkommensteuererklärung für dieses Jahr gab er unter der Rubrik "einbehaltene Sozialversicherung" entsprechend dem Lohnzettel des Amtes der Salzburger Landesregierung einen Betrag von S 49.800,-- als Werbungskosten an (dessen Abzug vom Finanzamt anerkannt wurde), unter der Rubrik "übrige freiwillige Beiträge und Prämien für Kranken- und Unfallversicherungen" einen weiteren Betrag von S 43.000,-- als Sonderausgaben.

In dem wegen Nichtberücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und wegen unrichtiger Sonderausgabenhöchstbeträge geführten Berufungsverfahren brachte der Mitbeteiligte vor, er habe "Lebensversicherungsbeiträge" von mehr als S 53.000,-- bezahlt; er legte eine Kopie des Bescheides der Salzburger Landesregierung vom 31. Juli 1984, Zl. 0/21-23156/147-1984, über die Gewährung eines Ruhebezuges vor, in dessen Spruch es unter anderem heißt: "Gemäß § 5 Abs. 3 des Salzburger Bezügegesetzes haben Sie für die zu einem Drittel angerechnete Zeit als Abgeordneter zum Salzburger Landtag eine Pensionsbeitragsnachzahlung zu leisten. Diese erstellt sich auf S 199.054,20 und wird in 47 Raten zu je S 4.150,-- und einer Restrate von S 4.004,20 von Ihrem laufenden Ruhebezug durch die Abteilung 14 (Landesbuchhaltung) einbehalten werden."

Hierauf hielt die Abgabenbehörde dem Mitbeteiligten vor, es handle sich bei den geltend gemachten Werbungskosten von S 49.800,-- in Wahrheit um die als Sonderausgaben geltend gemachten monatlichen Pensionsbeitragsnachzahlungen (S 4.150,-- x 12 = S 49.800,--), denen das Merkmal der Freiwilligkeit fehle. Daraufhin brachte der Mitbeteiligte vor, es handle sich bei den Pensionsbeitragsnachzahlungen "selbstverständlich um freiwillige Lebensversicherungsleistungen".

In der mündlichen Berufungsverhandlung wendete der Mitbeteiligte ein, die Pensionsbeitragsnachzahlungen seien von der Salzburger Landesregierung fälschlich als Werbungskosten behandelt worden. Dieser Fehler der bezugsauszahlenden Stelle könne nicht ihm angelastet werden; die Finanzverwaltung habe die Möglichkeit, mittels Haftungsbescheid den Lohnsteuerfehlbetrag beim Dienstgeber nachzufordern. Es seien damals Pensionszeiten nachgekauft worden, um eine höhere Pension zu erlangen. Dieses Problem sei vom Mitbeteiligten mit dem Landeshauptmann besprochen worden; die Erlassung des Pensionsbescheides sei vereinbart worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge und anerkannte die strittigen Pensionsbeitragsnachzahlungen als Sonderausgaben, da es sich um eine freiwillige Weiterversicherung handle, aber auch als Werbungskosten entsprechend der Abgabenerklärung. Die Abgabenbehörde behalte sich aber das Recht vor, die durch die vom Arbeitgeber "erfolgte Berücksichtigung dieser Zahlungen als Werbungskosten beim Lohnsteuerabzug zu wenig einbehaltene Lohnsteuer zurückzufordern".

Der beschwerdeführende Präsident der Finanzlandesdirektion beantragt, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen

Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Recht wendet sich der Beschwerdeführer gegen die doppelte steuerliche Berücksichtigung der strittigen Pensionsbeitragsnachzahlungen durch die belangte Behörde sowohl als Werbungskosten als auch als Sonderausgaben. Zutreffend verneint der Beschwerdeführer ferner eine Bindungswirkung von Eintragungen auf dem Lohnzettel für das Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren:

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrmals ausgesprochen hat, besteht bei der Veranlagung für die Abgabenbehörde keine Bindung an die Feststellungen im Lohnsteuerverfahren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Mai 1982, Zl. 81/14/0189, und vom 25. November 1986, Zl. 86/14/0065, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 41 EStG 1972 Seite 1, § 82 EStG 1972 Seite 9, Stoll, BAO Handbuch Seite 448). Ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug kann im Rahmen der Veranlagung wiederum korrigiert werden (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 § 41 Tz 11).

Gelangte die belangte Behörde daher bei der Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften zur Auffassung, vom Steuerpflichtigen geltend gemachte Aufwendungen seien anders als im Lohnsteuerverfahren nicht als Werbungskosten, sondern richtigerweise als Sonderausgaben zu berücksichtigen, so bestand kein Grund, eine entsprechende Korrektur zu unterlassen. Wenn die belangte Behörde hingegen ein und dieselbe Pensionsbeitragsnachzahlung sowohl als Sonderausgaben, als auch weiterhin und zusätzlich als Werbungskosten anerkannte, so hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Unrichtig ist im übrigen die Annahme der belangten Behörde, es handle sich um Zahlungen im Rahmen einer freiwilligen Weiterversicherung; eine solche würde der Erhaltung einer erworbenen Anwartschaft auf künftige Versicherungsleistungen nach dem Ende einer Pflichtversicherung dienen. Demgegenüber stehen die hier strittigen Zahlungen dem "nachträglichen Einkauf von Versicherungszeiten" oder einer Nachzahlung aus Anlaß der Anrechnung von Vordienstzeiten eines öffentlich Bediensteten näher (vgl. hiezu Hofstätter-Reichel a.a.O. § 16 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 Seite 3 f, anders aber Werner-Schuch, Kommentar zur Lohnsteuer, Abschnitt 6, Seite 16/9).

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Pflichtbeiträgen gemäß § 16 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 und freiwilligen Beiträgen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 ist, ob die Beitragsleistungen Zwangscharakter haben oder ob sie auf einem freiwilligen Entschluß des Steuerpflichtigen - insbesondere im Interesse seiner Zukunftssicherung - beruhen, der in der Außenwelt (z.B. durch Abschluß eines Vertrages oder Stellung eines Antrages) manifestiert wird (vgl. Hofstätter-Reichel a.a.O. § 16 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 Seite 1, § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 Seite 1 und 5).

Im Beschwerdefall ist dem Ruhebezugsbescheid der Salzburger Landesregierung, der dem Mitbeteiligten eine Zahlungsverpflichtung auferlegt, nicht zu entnehmen, daß er auf einen freiwilligen Entschluß des Mitbeteiligten zurückgeht. Dieser hatte in der mündlichen Berufungsverhandlung unter anderem davon gesprochen, die Vorschreibung sei "fast kraft landesgesetzlicher Anordnung" erfolgt, was für ihren Zwangscharakter spräche. § 5 Abs. 3 des Salzburger Bezügegesetzes 1984 LGBl. Nr. 31 bestimmt freilich, daß die Einrechnung bestimmter Zeiten in die Funktionsdauer eine Pensionsbeitragsnachzahlung voraussetzt. In einer solchen Vorleistung könnte ein freiwilliger Entschluß des Zahlenden im angeführten Sinne gesehen werden. Im vorliegenden Fall ist es zu einer Vorleistung allerdings nicht gekommen; vielmehr erfolgte die Beitragsnachzahlung durch laufenden Abzug von der bereits gewährten Landesratspension (vgl. § 13 Abs. 1 leg. cit.).

Sollte die belangte Behörde aber den weiteren Angaben des Mitbeteiligten, der Ruhegenußbescheid beruhe auf einer mit ihm getroffenen Vereinbarung, Glauben schenken - was aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgeht -, so wäre die Annahme eines freien Willensentschlusses des Mitbeteiligten zur Entrichtung der Pensionsbeitragsnachzahlungen und damit die Qualifikation dieser Beiträge als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 gerechtfertigt.

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