VwGH 89/13/0086

VwGH89/13/008614.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte

Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, 1. über den Antrag des S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Jänner 1989, Zl. GA 7-2029/8/88, betreffend Pfändung und Überweisung von Arbeitseinkommen, und

2. über die Beschwerde gegen den eben genannten Bescheid, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 lite;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 lite;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen und der auf dem Bescheid angebrachten Eingangsstampiglie am 27. Februar 1989 zugestellt. Die sechswöchige Frist für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof endete daher am 10. April 1989. In dem am 25. April 1989 persönlich beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist begründete der Beschwerdeführer die Fristversäumnis damit, daß der angefochtene Bescheid keinen Hinweis auf die Beschwerdefrist enthalten habe. Gleichzeitig ersuchte der Beschwerdeführer um Gewährung der Verfahrenshilfe.

Der in der Folge zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt führte über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes den Wiedereinsetzungsantrag im wesentlichen wie folgt aus:

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1981 einen Arbeitsunfall erlitten, der zu einer Versteifung der Sprunggelenke, Einschränkung der Beweglichkeit der Zehen, Verschmächtigung der Beinmuskulatur, Verkürzung eines Beines und erheblichen Gehbehinderungen geführt habe. Durch diese Verletzung sei der Beschwerdeführer auch psychisch schwer beeinträchtigt worden. Durch die Zustellung des angefochtenen Bescheides sei der Beschwerdeführer in einen Zustand der Depression und Antriebslosigkeit geraten, der ihn außerstande gesetzt habe, fristgerecht eine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde zu erheben. Außerdem enthalte der angefochtene Bescheid keinen Hinweis auf die Beschwerdefrist. Wenn auch die Bundesabgabenordnung keine dem § 61a AVG 1950 vergleichbare Bestimmung enthalte, wonach dieser Hinweis erforderlich sei, so handle es sich bei der Fristversäumnis doch um einen entschuldbaren Irrtum, der nicht über ein entschuldbares Versehen hinausgehe.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag werden keine Umstände aufgezeigt, die dafür sprechen, daß die Fristversäumnis auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis oder auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen wäre.

Die mögliche Bestürzung eines Bescheidadressaten über den Inhalt des Bescheides führt üblicherweise nicht dazu, daß der Bescheidadressat in einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit gerät. Nur in Ausnahmsfällen, z.B. bei krankhafter psychischer Labilität wäre eine solche Folge denkbar. Selbst wenn man den Hinweis des Beschwerdeführers auf eine schwere psychische Beeinträchtigung durch den bereits im Jahr 1981 erlittenen Arbeitsunfall (Beinverletzung) als Behauptung einer psychischen Krankheit werten wollte, so ist dem Beschwerdeführer doch entgegenzuhalten, daß eine behauptete Krankheit dann keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellt, wenn die Krankheit nicht durch geeignete Beweismittel nachgewiesen wird (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtbarkeit3, S. 654 f). Einen solchen Nachweis hat der Beschwerdeführer jedoch nicht erbracht.

Was das Fehlen eines Hinweises im angefochtenen Bescheid auf die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde betrifft, so ist folgendes zu sagen:

Abgesehen davon, daß die Bundesabgabenordnung - wie der Beschwerdeführer zutreffend selbst feststellt - keine dem § 61a AVG 1950 vergleichbare Bestimmung enthält, stellt das Fehlen eines derartigen Hinweises nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3 auf Seite 381 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG war daher nicht stattzugeben.

Aus dem Vorhergesagten folgt, daß auch die Beschwerde selbst wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

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