VwGH 89/07/0184

VwGH89/07/018427.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über den Antrag des A auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 24. Februar 1989, Zl. 8WEn-192/I/1/89, betreffend Verpflichtung zur Instandhaltung gemäß § 50 WRG 1959, eingebrachten Beschwerde, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird STATTGEGEBEN.

Begründung

I. Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/07/0151, wurde das Verfahren über die obzitierte Beschwerde eingestellt, weil der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag insofern nicht zur Gänze nachgekommen sei, als er es unterlassen habe, die vorgelegte weitere (insgesamt vierte) Ausfertigung der Beschwerde zu unterfertigen. Damit sei die Beschwerde nicht der Vorschrift des § 24 Abs. 1 zweiter Satz VwGG entsprechend vorgelegt worden.

Mit dem am 29. November 1989 zur Post gegebenen Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung (Vorlage einer weiteren - unterschriebenen - Ausfertigung der Beschwerde).

Zur Begründung des Antrages wird ausgeführt, daß in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers die Weisung bestehe, aus der Unterschriftenmappe nur solche Schriftstücke zu expedieren, die alle erforderlichen Unterschriften aufweisen. Sei dies (wie offenbar im Gegenstand) einmal nicht der Fall, so sei die Abfertigung von der Sekretärin zu unterlassen und erst nach Beisetzung der fehlenden Unterschrift zu einem späteren Zeitpunkt - im vorliegenden Fall seien noch acht Tage zur Verfügung gestanden - vorzunehmen. Die Fristversäumung sei durch ein weisungswidriges Verhalten der Sekretärin verursacht worden, wobei diese die Meinung vertreten habe, daß die Beschwerde - weil Beilage - nicht unterfertigt zu werden brauche. Ein Rechtsanwalt mit einem ordnungsgemäßen Kanzleibetrieb dürfe sich aber im allgemeinen darauf verlassen, daß das Kanzleipersonal seine Weisungen befolge. Der Einstellungs-Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1989 sei dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters am 17. November 1989 zugestellt worden. Die zweiwöchige Frist des § 46 Abs. 3 VwGG zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages sei daher gewahrt worden. Zum Zeichen der Richtigkeit der Darstellung des Sachverhaltes sei der vorliegende Schriftsatz von der besagten Sekretärin mitunterfertigt worden.

II.

Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Das Versehen eines Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes stellt dann ein Ereignis gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht jenem Bediensteten gegenüber nachgekommen ist. Ein Verschulden trifft den Rechtsanwalt - und damit die Partei selbst - jedenfalls dann nicht, wenn sich zeigt, daß die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des betreffenden Kanzleiangestellten beruht hat, ohne daß ein eigenes Verschulden des Rechtsanwaltes hinzugetreten wäre (vgl. dazu etwa den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 1988, Zl. 87/07/0049).

Aufgrund des für glaubwürdig gehaltenen Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag geht der Gerichtshof davon aus, daß jener Mangel - Fehlen der Unterschrift des Rechtsanwaltes auf der vorgelegten vierten Beschwerdeausfertigung -, der zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit dem hg. Beschluß vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/07/0151, geführt hatte, durch ein weisungswidriges Verhalten der Kanzleiangestellten des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers verursacht worden ist. Ein Anhaltspunkt für ein Verschulden des Rechtsvertreters selbst hat sich nicht ergeben. Das hier maßgebende Hindernis an der Einhaltung der Frist zur (vollständigen) Mängelbehebung bestand in der Unkenntnis dieses weisungswidrigen, für die Fristversäumung ursächlichen Vorgehens. Daß dieses Hindernis erst mit der Zustellung des hg. Einstellungs-Beschlusses vom 24. Oktober 1989 weggefallen ist, erscheint glaubwürdig. (Da sich die hier maßgebliche Unkenntnis von der Abfertigung eines Schriftstückes, auf dem die erforderliche Unterschrift des Rechtsanwaltes fehlt, von der im hg. Beschluß vom 3. April 1989, Zl. 89/10/0107, als Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG angenommenen Unkenntnis über die Nichtwiedervorlage der Vollmacht und des angefochtenen Bescheides sachverhaltsmäßig erheblich unterscheidet, bedeutet die hier vorgenommene Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrages als rechtzeitig gestellt kein Abgehen von dem vorzitierten Beschluß, mit dem der damals gestellte Wiedereinsetzungsantrag mangels ausreichender Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages zurückgewiesen worden ist.)

Nach dem Gesagten war dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 VwGG Folge zu geben.

Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren gemäß § 46 Abs. 5 VwGG in jene Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Die dieser Verfahrenslage entsprechende, das Beschwerdeverfahren selbst betreffende Verfügung wird gesondert ergehen.

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