Normen
AVG §73 Abs2;
BauO Tir 1978 §3 Abs9 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §31 Abs4 litc idF 1989/010;
BauRallg;
VwGG §27;
VwRallg;
AVG §73 Abs2;
BauO Tir 1978 §3 Abs9 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §31 Abs4 litc idF 1989/010;
BauRallg;
VwGG §27;
VwRallg;
Spruch:
Gemäß § 42 Abs. 5 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 und § 66 Abs. 4 AVG 1950 wird die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Abweisung des Bauansuchens mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde A vom 24. Mai 1988, Zl. 19-153/9-1988, abgewiesen und dieser Bescheid bestätigt.
Die Marktgemeinde A hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Spruch genannten erstinstanzlichen Bescheid vom 24. Mai 1988 wurde das - einmal modifizierte - Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Baubewilligung für den Zu- und Aufbau eines Kur- und Sporthotels "auf der Bauparzelle 505, KG A", abgewiesen. Aus der Baubeschreibung und den Plänen ergibt sich, daß sich das geplante Gebäude über die Bauparzellen 504 und 505 sowie die Grundparzellen 911/7 und 911/9, alle KG A, erstreckt, die in verschiedenen Grundbuchseinlagen liegen (EZ 247 und 248), an denen zudem unterschiedliche Eigentumsverhältnisse bestehen.
Die Abweisung im erstinstanzlichen Bescheid erfolgte allerdings wegen Widerspruchs zu einem alten Verbauungsplan.
Der gegen die Abweisung des Bauansuchens erhobenen Berufung gab der Vorstand der Marktgemeinde A mit Bescheid vom 26. Juli 1988 aus demselben Grund keine Folge.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Oktober 1988 wurde der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung Folge gegeben, der Berufungsbescheid wegen Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Marktgemeinde A verwiesen. Dabei wurde lediglich bindend ausgesprochen, daß der Verbauungsplan mangels nachweisbarer Kundmachung nicht anzuwenden und daher auch nicht als Versagungsgrund heranzuziehen sei.
Dieser Bescheid wurde von der Gemeinde dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 25. Oktober 1988 zugestellt.
Am 5. Mai 1989 langte im Marktgemeindeamt ein an den Gemeinderat der Marktgemeinde A gerichteter Devolutionsantrag nach § 73 Abs. 2 AVG 1950 unter Hinweis auf den ergebnislosen Ablauf der sechsmonatigen Frist ein.
Daraufhin teilte der Bürgermeister dem Vertreter der Beschwerdeführerin mit, daß die Bearbeitung des Bauaktes derzeit nicht möglich sei, weil sich sämtliche das Bauvorhaben betreffende Akten beim Bezirksgericht B befänden; das Schreiben vom 18. April 1989, versehen mit dem Einlaufstempel des Bezirksgerichtes B liege zur Beweisführung in Kopie bei (den vorgelegten Akten war dieses Schreiben nicht angeschlossen).
Am 30. Mai 1989 teilte der Bürgermeister dem Beschwerdevertreter mit, daß die Akten am 22. Mai 1989 vom Bezirksgericht zurückgestellt worden seien. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, daß die Behandlung sowohl der ersten als auch der zweiten Baueingabe erst möglich sei, wenn die Zusammenlegung der Grundstücke vollzogen sei. Bei der Bauverhandlung am 4. Mai 1988 sei behauptet worden, daß die Zusammenlegung bereits beantragt sei; eine Rückfrage beim Bezirksgericht B habe jedoch eine gegenteilige Auskunft ergeben. Mit Schreiben vom 14. Juni 1989 stellte sich der Vertreter der Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, daß das Fehlen der Zusammenlegung der Parzellen keineswegs die Entscheidung über ein Bauansuchen hindern könne; die Zusammenlegung der beiden Grundstücke könne ohne weiteres (diesbezüglich sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen) als Auflage in einen Bescheid aufgenommen werden. Unabhängig davon sei die Baubehörde verpflichtet, innerhalb der sechsmonatigen Frist über das Bauansuchen zu entscheiden. Eine Anfrage der Marktgemeinde um Bekanntgabe diesbezüglicher Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse wurde offensichtlich nicht mehr beantwortet, vielmehr brachte die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag ein, in der Sache selbst zu erkennen und einen Baubescheid zu erlassen.
In der Gegenschrift machte die belangte Behörde geltend, daß eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, da der Beschwerdeführer-Vertreter bisher noch keinen die Parzellenvereinigung beweisenden Grundbuchsauszug vorgelegt habe, was zu den nach § 13 AVG 1950 zu behebenden Formgebrechen zähle. Damit sei der Bauwerber seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.) Zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde:
Die Berechtigung zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist - anders als beim Devolutionsantrag - von keiner anderen Voraussetzung als vom Ablauf der im § 27 VwGG vorgesehenen sechsmonatigen Frist abhängig (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 1973, Zl. 1385/72, und vom 16. Dezember 1986, Zl. 85/04/0145, zitiert als Nr. 94 zu § 73 Abs. 2 AVG 1950 bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Auflage). Selbst wenn also die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Gemeinderat ihre Mitwirkungspflicht verletzt hätte - was aus den in der Folge noch darzulegenden Gründen nicht zutrifft - hätte dies keinen Einfluß auf die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde, sondern könnte höchstens Kostenfolgen nach sich ziehen.
Die Säumnisbeschwerde ist daher zulässig.
2. Zur Entscheidung in der Sache selbst:
§ 3 Abs. 9 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 (BO), lautet:
"(9) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland oder in einer Sonderfläche im Freiland, auf dem die Errichtung eines Gebäudes nach diesem Gesetz zulässig ist. Grundstück ist eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder in einem Zusammenlegungsverfahren nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978, LGBl. Nr. 54, als Abfindungsgrundstück gebildet worden ist."
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut kann daher ein Bauplatz lediglich aus einer EINZIGEN Bauparzelle bestehen und nicht wie hier aus mehreren, selbst wenn die Absicht bestünde, sie irgendwann einmal zusammenzulegen. Nach der eingeholten Auskunft des Vermessungsamtes vom 24. Juli 1990 ist nach wie vor nicht nur die Vereinigung der Parzellen nicht durchgeführt, sondern nicht einmal beantragt worden.
Das Fehlen eines einheitlichen Bauplatzes ist aber entgegen der Meinung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht etwa ein bloßer Formmangel, sondern wegen des Fehlens eines gesetzmäßigen Bauplatzes ein materiell-rechtlicher Hinderungsgrund für die von der Beschwerdeführerin beantragte Baubewilligung. Daher ist es auch ausgeschlossen, diese Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung im Wege einer Auflage zu supplieren.
Die Beschwerdeführerin hat entgegen der Annahme der belangten Behörde durchaus zu Recht erkannt, daß das Fehlen des Nachweises der erforderlichen Vereinigung die Gemeindebehörden in keinem Stadium des Verfahrens hinderte, über das Bauansuchen meritorisch - allerdings im abweislichen Sinn - zu entscheiden. Es war daher auch der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin an den Gemeinderat wegen Untätigkeit des Gemeindevorstandes in der in § 73 AVG 1950 vorgesehenen Frist nach dieser Gesetzesbestimmung berechtigt. Ein die Berufungsbehörde rechtlich entschuldigender Grund wurde weder dargetan, noch ergibt er sich aus den Aktenunterlagen.
In der Sache selbst war daher der Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Abweisung ihres Bauansuchens - wenn auch aus anderen Gründen als jenen des erstinstanzlichen Bescheides - keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 im Rahmen des gestellten Antrages.
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