VwGH 89/05/0212

VwGH89/05/021226.6.1990

N gegen Stadtsenat der Stadt Krems/Donau vom 26. September 1989, Zl. MD-S-4/89, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: X-Bank).

Normen

AVG §17 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §17 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Krems hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 18. Februar 1989 ersuchte die mitbeteiligte Partei beim Magistrat der Stadt Krems um die nachträgliche baubehördliche Bewilligung für die Neueindeckung des Flachdaches und für den Einbau von vier Lichtbändern über dem Kassensaal auf dem Grundstück Nr. nn, KG Krems.

Zu der für 30. Mai 1989 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer als Nachbar geladen. Laut Verhandlungsschrift erklärte der Beschwerdeführer, nicht gegen die Sanierung des schadhaften Flachdaches zu sein, jedoch im Hinblick auf seine Erhöhung gestört zu sein, in der Überbauung der bestandenen Lichtkuppeln eine optische Beeinträchtigung zu sehen sowie durch das "Belüftungsrohr" unmittelbar vor dem Küchenfenster gestört zu sein. Zu diesen Ausführungen hielt der bautechnische Amtssachverständige fest, daß durch die Erhöhung - er ging von einer Erhöhung von 14,5 cm aus - der gesetzliche Lichteinfall weiterhin gewährleistet sei, wie auch anhand einer diesbezüglichen Detailzeichnung des Einreichplanes überprüft worden sei. Was die Einschränkung hinsichtlich der Sicht im Zusammenhang mit dem Entlüftungsstutzen betreffe, werde festgehalten, daß dieser ca. 1,5 m vom Küchenfenster der Liegenschaft des Beschwerdeführers entfernt liege und demnach auch der gesetzliche Lichteinfallswinkel nicht beeinträchtigt werde und auch subjektiv-öffentliche Rechte im Hinblick auf den Brandschutz nicht vorlägen. Der Amtssachverständige, welcher gleichzeitig Leiter der Amtshandlung war, erachtete das Vorhaben als bewilligungsfähig.

Mit Bescheid vom 26. Juli 1989 erteilte der Magistrat Krems die angestrebte Baubewilligung und sprach über die Einwendungen des Beschwerdeführers dahingehend ab, daß sie auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden.

Die dagegen erhobene Berufung wies der Stadtsenat mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 26. September 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zurück und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Unter Hinweis auf § 42 AVG 1950 ging die Berufungsbehörde davon aus, daß es sich bei den Erklärungen des Beschwerdeführers bei der durchgeführten Bauverhandlung rechtlich um keine Einwendungen handle, die sich auf das konkrete Bauverfahren bezögen, zumal die äußere Form der Überbauung der bestandenen Lichtkuppeln kein subjektiv-öffentliches Anrainerrecht berühre und der Beschwerdeführer bezüglich des Belüftungsrohres auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden sei. Da vom Beschwerdeführer sohin bei der Verhandlung "in rechtlicher Qualifikation" nichts gegen das Bauvorhaben vorgebracht worden sei, gelte er im Sinne des § 42 AVG 1950 als dem Bauvorhaben zustimmend und sei damit präkludiert. Dies habe zur Folge, daß die von ihm eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei, wobei es der Berufungsbehörde ex lege verwehrt gewesen sei, auf die Berufungsausführungen näher einzugehen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Unter anderem erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe, auf Einhaltung von Abstandsbestimmungen sowie in seinen Rechten auf Akteneinsicht und eine Sachentscheidung verletzt.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausdrücklich die Auffassung vertreten, daß der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen gegen das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei präkludiert sei, sodaß es ihr verwehrt gewesen sei, auf die Berufungsausführungen näher einzugehen. Dementsprechend hat die belangte Behörde auch die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Mit dieser Rechtsauffassung hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Sachentscheidung vorenthalten, wie er zu Recht in seiner Beschwerde rügt. In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N. F. Nr. 10.317/A, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, daß selbst die Berufung eines Präkludierten nicht zurückzuweisen, sondern abzuweisen ist. Da im Beschwerdefall von einem Vergreifen im Ausdruck keine Rede sein kann, erweist sich schon aus diesem Grunde der angefochtene Bescheid als mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Die belangte Behörde hat aber auch verkannt, daß sich der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren unmißverständlich gegen eine Erhöhung des Baues der Mitbeteiligten gegenüber dem bisherigen Bestand sowie gegen das Lüftungsrohr im Bereich seines Küchenfensters ausgesprochen hat. Die Berufungsbehörde wäre daher zumindest verpflichtet gewesen, in dieser Beziehung das Berufungsvorbringen auf seine sachliche Berechtigung hin zu prüfen. Auch in dieser Beziehung liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vor. Schon in seiner Berufung hat der Beschwerdeführer weiters behauptet, daß ihm die Baubehörde erster Instanz nicht in ausreichendem Maße Akteneinsicht gewährt habe. Durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber hinreichend klargestellt, daß dem Nachbarn ein Recht auf Akteneinsicht jedenfalls insoweit zusteht, als es sich um die Wahrung seiner Rechte im baubehördlichen Bewilligungsverfahren handelt, und zwar auch bezüglich bereits abgeschlossener Verfahren (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juni 1971, Zl. 2005/70, sowie Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Aufl., S. 78 f.).

Da schon auf Grund der dargelegten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war, erübrigte sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung nicht erforderlicher Stempelgebühren.

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