VwGH 88/10/0067

VwGH88/10/006716.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des 1. L A und der 2. M S, beide in W, beide vertreten durch Dr. G M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. Jänner 1988, Zl. 12.327/09-IC 8/87, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: T Gesellschaft m.b.H. & Co KG), zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §19 Abs4 litd;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §19 Abs4 litd;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. §§ 17 ff und 170 Abs. 7 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440, die Bewilligung zur befristeten Rodung mehrerer Flächen in der KG W im Gesamtausmaß von 54.463 m2 unter Vorschreibung verschiedener Auflagen und Bedingungen erteilt.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Darstellung des Berufungsvorbringens der nunmehrigen Beschwerdeführer - diese sind laut angefochtenem Bescheid Eigentümer von an die zur Rodung beantragten Flächen angrenzenden Waldflächen - und Wiedergabe einschlägiger Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 im wesentlichen aus - nur so weit ist die Begründung für die Erledigung der Beschwerde von Belang -, dass die Beschwerdeführer im Rodungsverfahren lediglich zum Zweck der Abwehr allfälliger, ihnen durch die Rodungsbewilligung drohender Rechtsnachteile aus dem Titel der mit ihrem Interesse verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der nach § 17 Abs. 2 Forstgesetz 1975 vorzunehmenden Interessenabwägung Einwendungen hätten erheben können, solche Einwendungen von ihnen jedoch weder vor der Behörde erster Instanz noch im Berufungsverfahren, und zwar auch nicht, nachdem ihnen die ergänzend eingeholten Stellungnahmen der Abteilung Landesplanung und der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Tiroler Landesregierung zur Kenntnis gebracht worden sind, erhoben worden seien.

In ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde behaupten die Beschwerdeführer dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und begehren deshalb seine Aufhebung.

II.

1. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem subjektiven Recht auf Einhaltung des Tiroler Raumordnungsgesetzes bzw. auf Berücksichtigung der gültigen Flächenwidmung für den Bereich der geplanten Mülldeponie" verletzt. Dieser Beschwerdepunkt ist im Lichte des gesamten Beschwerdevorbringens als Behauptung der Beschwerdeführer dahin zu verstehen, sie seien in ihren Rechten dadurch beeinträchtigt, dass der Mitbeteiligten die Rodungsbewilligung in Widerspruch zu rechtsverbindlichen Normen der Raumordnung und der Flächenwidmung erteilt worden sei.

2.1. Die Beschwerdeführer begründen die geltend gemachte Verletzung subjektiver Rechte durch die der mitbeteiligten Partei erteilte Rodungsbewilligung im einzelnen wie folgt: Der derzeitige Flächenwidmungsplan der Gemeinde W weise keine Sonderfläche für eine Mülldeponie aus; demnach sei die Errichtung einer Mülldeponie jedenfalls derzeit nicht zulässig, weshalb auch keine Rodungsbewilligung für diesen Zweck erteilt werden dürfe. Diese Ansicht werde durch § 17 Abs. 4 des Forstgesetzes 1975 untermauert, wonach auf die Zielsetzungen der Raumordnung Bedacht zu nehmen ist, was nichts anderes bedeute, als dass bei einer Rodungsbewilligung auf den geltenden Flächenwidmungsplan nach dem jeweiligen Raumordnungsgesetz Rücksicht zu nehmen sei. Darüber hinaus müsse die Frage geklärt werden, ob die Müllentsorgung tatsächlich unter die im § 17 Abs. 3 leg. cit. angeführten öffentlichen Interessen falle. Die belangte Behörde habe dies nicht zuletzt im Hinblick auf jahrelange Versäumnisse der Tiroler Landesregierung in diesem Bereich und um diese Versäumnisse besser kaschieren zu können, bejaht. Bloß deshalb aber könne ein öffentliches Interesse noch nicht als gegeben angenommen werden; vielmehr sei bei einer solchen Bewertung darauf Rücksicht zu nehmen, ob nicht die Bevölkerung von W und Umgebung ein öffentliches Interesse daran habe, dass in ihrem einzigen Naherholungsgebiet der Wald erhalten bleibe. In einem solchen, einen hohen Erholungswert aufweisenden Gebiet eine Mülldeponie anzusiedeln, könne nur "als Schildbürgerstreich dargestellt werden". Außerdem wäre noch zu klären, ob das Interesse eines privaten gewerblichen Unternehmens an der Errichtung einer Mülldeponie ausreiche, um daraus ein öffentliches Interesse abzuleiten; schließlich handle es sich bei der geplanten Deponie nicht um eine öffentliche Abfallbeseitigungsanlage nach dem Tiroler Abfallbeseitigungsgesetz, sondern um ein privates Unternehmen, das sicherlich die Möglichkeit habe, sich einen anderen Standort zu suchen. Würde etwa die Gemeinde W die Abfallbeseitigung selbst durchführen, so könnte man von einem öffentlichen Interesse an der Mülldeponie sprechen, nicht aber dann, wenn eine solche Deponie von einem Privatunternehmer betrieben werde.

2.2. Die Beschwerdeführer als Eigentümer von an die zur Rodung beantragten Flächen angrenzenden Waldflächen (§ 19 Abs. 5 lit. d Forstgesetz 1975 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 576/1987) durften im Rodungsverfahren zum Zweck der Abwehr allfälliger, ihnen durch eine Rodungsbewilligung drohender Rechtsnachteile aus dem Titel der mit ihren Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der nach § 17 Abs. 2 des Forstgesetzes 1975 vorzunehmenden Interessenabwägung im Wege von Einwendungen gegen den Rodungsantrag das von der Forstbehörde als nicht überwiegend angesehene öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1987, Zlen. 86/07/0224-0228).

Wie den unter 2.1. wiedergegebenen Beschwerdegründen zu entnehmen ist, versuchen die Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung ihrer Rechte durch die bekämpfte Rodungsbewilligung daraus abzuleiten, dass sie einerseits letztere als in Widerspruch zum Tiroler Raumplanungsgesetz und zum geltenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde W stehend ansehen und anderseits das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der in Rede stehenden Mülldeponie, gegebenenfalls dessen Überwiegen gegenüber dem Walderhaltungsinteresse in Zweifel ziehen. Mit diesem Vorbringen, das allenfalls eine objektive Rechtswidrigkeit der erteilten Bewilligung aufzuzeigen vermag, darüber hinaus ausschließlich das von der Forstbehörde als erwiesen angenommene öffentliche Interesse an der Rodung (zum Zweck der Errichtung einer Mülldeponie) schlechthin in Abrede stellt bzw. das gegenüber dem Interesse an der Walderhaltung angenommene Überwiegen des Rodungsinteresses bestreitet gelingt es den Beschwerdeführern nicht darzulegen, dass und wenn ja, inwiefern durch die angefochtene Entscheidung in ihr subjektives Recht auf Erhaltung der ihnen gehörigen nachbarlichen Waldflächen bzw. auf Abwehr der diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingegriffen worden ist. Weder der Hinweis auf die (behauptete) Nichtbeachtung von Vorschriften des Raumordnungsgesetzes und des maßgebenden Flächenwidmungsplanes noch die Meinung, die geplante Mülldeponie sei überhaupt nicht im öffentlichen Interesse gelegen, jedenfalls aber sei die Erhaltung der zur Rodung vorgesehenen Fläche als Wald höher zu werten als deren Verwendung für Zwecke einer Deponie, lassen erkennen, dass die damit geltend gemachte Missachtung öffentlicher Interessen - vorausgesetzt, es läge eine solche vor - zugleich auch eine Beeinträchtigung des den Beschwerdeführern als Eigentümern angrenzender Waldflächen eingeräumten subjektiven Rechtes auf unversehrten Bestand ihres Waldes darstellt.

3. Da die Beschwerdeführer mit ihrem ausschließlich öffentliche Interessen ins Treffen führenden bzw. das Vorliegen von solchen bestreitenden Vorbringen nicht darzutun vermochten, dass sie durch die der mitbeteiligten Partei bewilligte Rodung in ihrem subjektiven Recht auf Nichtbeeinträchtigung ihres nachbarlichen Waldes verletzt worden sind, und sich dies bereits aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Mai 1988

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte