VwGH 85/06/0126

VwGH85/06/012623.1.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des GS in H, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in T, Roseggergasse 2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Juni 1985, Zl. 03-12 Fe 40-85/5, betreffend Einwendungen gegen ein Widmungsvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1. Dipl.-Ing. AF in G, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Schönaugasse 4, 2. EF in G, 3. Gemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
BauO Stmk 1968 §1;
BauO Stmk 1968 §3;
BauO Stmk 1968 §61;
BauRallg;
AVG §42 Abs1;
BauO Stmk 1968 §1;
BauO Stmk 1968 §3;
BauO Stmk 1968 §61;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bundesland Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 8.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. Februar 1966 hatte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde (in der Folge abgekürzt: Bürgermeister) die "Zerstückelung" der Grundstücks Nr. nn1, nn2 und nn9, KG R, auf neun Bauplätze unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen (Bedingungen genannt) bewilligt; der Bauplatz des Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten erhielt die Grundstücksbezeichnung nn9/7. Dem dieser Bewilligung zu Grunde liegenden technischen Bericht kann entnommen werden, dass für die Abwasserbeseitigung eine Gemeinschaftskläranlage mit einem Fassungsraum für 80 Bewohner vorgesehen war. Eine Kläranlage war in der Folge wasserrechtlich bewilligt worden (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 16. Juni 1966).

Mit Bescheid vom 17. Mai 1967 hatte der Bürgermeister die Bewilligung einer weiteren Unterteilung eines dieser Grundstücke erteilt. Der weitere Bescheid des Bürgermeisters vom 13. November 1970 hatte eine andere Art der Bauplatzschaffung betreffend die Grundstücke Nr. nn9/10 und nn9/11 zu seinem Gegenstand. Die Unterteilung des Grundstückes Nr. nn9/5 war Gegenstand der Bewilligung des Bürgermeisters vom 25. September 1972.

Mit Eingabe vom 7. Mai 1980 ersuchten der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte um die Erteilung der Widmungsbewilligung für das Grundstück Nr. nn9/7 zum Zweck der Errichtung einer Wohnhausanlage (sechs Einfamilienreihenhäuser). Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies der Bürgermeister mit Bescheid vom 13. Mai 1981 das Widmungsvorhaben ab. Die dagegen vom Erstmitbeteiligten erhobene Berufung wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 5. Februar 1982 als unbegründet ab. Diesen Berufungsbescheid behob die Steiermärkische Landesregierung und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung an die Gemeinde (Bescheid vom 5. Oktober 1982), weil die Berufungsbehörde Verfahrensvorschriften betreffend Parteiengehör gegenüber den mitbeteiligten Widmungswerbern nicht eingehalten habe. Nach Gewährung des Parteiengehörs wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung neuerlich mit der Begründung ab, dass die Abwasserbeseitigung für das beantragte Widmungsvorhaben nicht gesichert sei, weil ein Anschluss der Liegenschaft an die Kläranlage mit maximal zehn Personen begrenzt sei. Der von den Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung gab die Steiermärkische Landesregierung mit Bescheid vom 26. September 1983 Folge und verwies die Angelegenheit neuerlich an die Gemeinde. Die Gemeindeaufsichtsbehörde vertrat den Standpunkt, es hätte begründet werden müssen, weshalb die Vorschreibung von Auflagen nach § 3 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung nicht für möglich erachtet worden sei. Sodann behob der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 7. Dezember 1983 den erstinstanzlichen Verwaltungsakt gemäß § 66 Abs. 2 AVG zwecks Durchführung einer neuerlichen Verhandlung durch den Bürgermeister.

Auf eine Anfrage teilte die Baubezirksleitung Bruck a.d.Mur in einem Schreiben vom 20. Februar 1982 mit, dass technisch die Möglichkeit eines Anschlusses an den Ortskanal der Stadtgemeinde T bestehe. Nach einer Reihe von weiteren Verfahrensvorschriften beraumte der Bürgermeister für 10. April 1984 eine mündliche Verhandlung an, zu der der Beschwerdeführer sowohl als Nachbar als auch in seiner Eigenschaft als bevollmächtigter Vertreter für die Abwasserbeseitigungsanlage (Kläranlage) unter Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG 1950 geladen wurde. Der Beschwerdeführer brachte bei dieser Verhandlung vor, dass für das Gebiet eine rechtskräftige Baugrundwidmung vorliege, nach welcher das Widmungsvorhaben nicht zulässig sei. Für das Grundstück Nr. nn9/7 seien sechs Anschlüsse an die Kläranlage gesichert und bei Bezahlung der restlichen Aufschließungsbeiträge stünden sogar zehn Anschlüsse zur Verfügung. Für die Aufschließungsarbeiten sei seinerzeit eine Aufschließungsgemeinschaft gegründet worden und die Grundstückseigentümer hätten je nach Größe der Grundstücke ihre Beiträge zu leisten gehabt. Die Grundstückseigentümer hätten sich sohin ihre Anteile an der Wasserversorgung sowie an der Kanalisation nach der Größe der Liegenschaften gesichert. Die Aufschließungsgemeinschaft habe weitere Aufschließungsarbeiten geleistet, wodurch auch das Grundstück der Widmungswerber enorm aufgewertet worden sei. Der Beschwerdeführer verwies ferner darauf, dass die Einreichunterlagen nicht den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung entsprechen würden, sodass es ihm nicht möglich sei, eine Stellungnahme abzugeben. Er verlange, die Verhandlung abzubrechen und nach Vorlage von Unterlagen, die der Steiermärkischen Bauordnung entsprechen, die Verhandlung neu auszuschreiben. Auf Grund dieses Vorbringens stellte der Verhandlungsleiter fest, dass die Mangelhaftigkeit der vorliegenden Lagepläne tatsächlich gegeben sei, und es wurde die mündliche Verhandlung unterbrochen und auf unbestimmte Zeit vertagt (worin die Mangelhaftigkeit der Pläne bestand, wurde nicht festgehalten).

Mit Schreiben des Erstmitbeteiligten vom 25. April 1984 wurde ein Widmungsplan (dreifach) vorgelegt, welcher zufolge eines Aktenvermerkes vom 3. Mai 1984 dem Erstmitbeteiligten zwecks Berichtigung dahingehend zurückgestellt wurde, dass die Kläranlage und der Kanalstrang im Lageplan richtig eingezeichnet werden. Die berichtigten Lagepläne wurden am 4. Mai 1984 neuerlich vorgelegt.

Der Bürgermeister beraumte sodann für 5. Juni 1984 die Fortsetzung der Widmungsverhandlung an, wobei auch diese Ladung einen entsprechenden Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG 1950 enthielt. Der Beschwerdeführer erklärte bei dieser Verhandlung zusätzlich, dass bei einer früheren Ortsverhandlung vom Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung festgelegt worden sei, bei einer Bebauung wäre ein Abstand von mindestens 20 m vom rechten Bachufer des R-baches einzuhalten. Auf Grund von hydrologischen Daten jüngster Zeit sei dieser Abstand nun auf 15 m reduziert worden. Unbestritten sei, dass sich der R-bach in diesen Bereichen im Gemeindegebiet der Stadt T befinde und der Flächenwidmungsplan dieser Stadt die hochwassergefährdeten Flächen ausweise. Eine Reduzierung des Abstandes würde daher eine Änderung dieses Flächenwidmungsplanes erforderlich machen und da dies derzeit nicht möglich sei, könne eine Widmungsbewilligung in der beantragten Form nicht erteilt werden. Sollte es jedoch trotzdem zu einer Widmungsbewilligung kommen, sei vor Verlegung der Wasserleitung bzw. der Aufschließungsleitungen das Einvernehmen mit der Aufschließungsgemeinschaft bzw. ein Übereinkommen wegen Wiederherstellung der Straße und Ersatzstraße zu treffen. Der Verhandlungsleiter erklärte, dass es sich bei der Einwendung bezüglich des Kanalanschlusses um eine rein privatrechtliche Einwendung handle. Der Versuch einer gütlichen Einigung der Parteien blieb erfolglos. Ausdrücklich wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seine Erklärungen als Nachbar und als bevollmächtigter Vertreter der Abwasserbeseitigungsanlage abgegeben habe, nicht aber Vertreter der Stadtgemeinde T sei. Der technische Amtssachverständige erachtete das Projekt bei gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen als genehmigungsfähig. Unter anderem wurde festgehalten, dass die vorliegend geplante Bebauung des Grundstückes die im Flächenwidmungsplan seit 29. November 1980 festgesetzte Bebauungsdichte von 0,3 nicht überschreite. Nach diesem Flächenwidmungsplan seien die Grundflächen als reines Wohngebiet ausgewiesen. In der vorgesehenen Auflage Pkt. 2 wurden die Abstände zu den Grundgrenzen festgelegt, in Punkt 8 und 9 Fragen der Abwasserbeseitigung behandelt, bezüglich der Fäkalwässer wurde in diesem Zusammenhang die Vorschreibung in Aussicht genommen, dass die Fäkalwässer in die bestehende Kläranlage der Abwasserbeseitigungsgemeinschaft einzuleiten seien, die nach zitierten Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Leoben für 85 ständige Bewohner genehmigt worden sei. Falls eine andere geeignete Abwasserbeseitigung in Betracht komme, sei bis spätestens zum Zeitpunkt des Einlangens des Bauansuchens bei der Gemeinde die einwandfreie und gesicherte Abwasserbeseitigung nachzuweisen. Falls der Anschluss an das Kanalnetz der Stadtgemeinde T erfolgen solle, sei vorher ein diesbezüglicher schriftlicher Antrag unter Anschluss eines Kanalprojektes der Stadtgemeinde zur Genehmigung vorzulegen und es müsste ein Übereinkommen zeitgerecht bzw. vor Beantragung der Baubewilligung vorgelegt werden.

Mit Bescheid vom 29. Juni 1984 bewilligte der Bürgermeister das Widmungsvorhaben unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Zusätzlich zu den bei der Verhandlung in Aussicht genommenen Auflagen finden sich in Punkt 12 Vorschreibungen für den Anschluss an das Stromverteilungsnetz und an die Wasserversorgungsanlage der Stadtwerke T, in Punkt 13 Vorschreibungen betreffend Aufgrabungsarbeiten im Bereich der Straße und in Punkt 14 Anordnungen betreffend die Beachtung von Leitungen der Österreichischen Post- und Telegraphenverwaltung. Die Einwendung des Beschwerdeführers bezüglich der Gefährdung des Widmungsgrundstückes durch Hochwasserabfluss wurde zurückgewiesen, die Einwendung betreffend Ableitung der Fäkalien in die bestehende Abwasserbeseitigungsanlage als privatrechtlich beurteilt und auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer, dass entgegen den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid die Bebauungsdichte bei weitem überzogen sei. Vom Bausachverständigen seien zwar Mindestabstände bekannt gegeben worden, jedoch seien nicht die Straßenfluchtlinie, Baufluchtlinie sowie die Lage und Größe der Freiflächen festgesetzt worden. Durch die Vorschreibung, die Fäkalwässer in die bestehende Kläranlage einzuleiten, habe sich die Behörde in das Privatrecht eingemischt, obwohl es Aufgabe des Bauwerbers sei, den Nachweis der gesicherten und ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung zu erbringen, und nicht Aufgabe der Behörde, sich in die Belange einer privaten Aufschließungsgemeinschaft durch ungesetzliche Vorschreibungen einzumischen. Bei der Vorschreibung der Auflage Punkt 13 sei nicht beachtet worden, dass es sich hier um die Straße im Verwaltungsbereich der Aufschließungsgemeinschaft handle. Bezüglich der Schaffung bzw. Eignung der Abwasseranlagen vertrat der Beschwerdeführer die Meinung, es handle sich hiebei um eine Rechtsmaterie, die nicht von der Baubehörde zu handhaben sei. Es könnte daher im Rahmen einer Baubewilligung keine Auflage oder Bedingung zur Vorschreibung kommen, die in die Rechtsmaterie des Wasserrechts gehe. Nach der derzeit noch gültigen Widmung sei ein Einfamilienwohnhaus vorgesehen und für dieses Haus sei eine Anschlussmöglichkeit gegeben, da jedoch nunmehr ein Wohnhaus für sechs Familien errichtet werden solle, werde der derzeitige Widmungsumfang wesentlich überschritten. Es könnten daher etwaig erworbene Rechte nicht geltend gemacht werden.

Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens beschloss der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde in seiner Sitzung vom 17. Dezember 1984, die Berufung des Beschwerdeführers betreffend die Vorschreibungspunkte 1, 2, 4 und 13 als unzulässig zurückzuweisen und hinsichtlich der Vorschreibung Punkt 8 als unbegründet abzuweisen. Der in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangene Bescheid der Gemeinde vom 18. Dezember 1984 enthält eine eingehende Begründung, welche sich sachlich mit dem Berufungsvorbringen auseinander setzt. Im wesentlichen vertrat die Berufungsbehörde die Ansicht, eine Widmungsänderung sei entsprechend ihrer Rechtsnatur jederzeit möglich, ein Nachbar könne nur eine Verletzung einer Vorschrift der Bauordnung dann einwenden, wenn diese Vorschrift seinem Interesse diene und sohin ein subjektiv öffentliches Nachbarrecht verletzt werde. Jedenfalls sei eine ausreichende Abwasserbeseitigung gesichert und nur darauf komme es nach § 1 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung an. Eine Verletzung eines Privatrechtes könne nicht vor der Baubehörde erfolgreich geltend gemacht werden. Bezüglich der Vorschreibungen Punkt 1, 2, 4 und 13 habe der Beschwerdeführer rechtzeitig Einwendungen nicht erhoben, sodass seine erst in der Berufung vorgebrachten Einwendungen als präkludiert zu behandeln seien.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung bemängelte der Beschwerdeführer die Annahme einer Präklusion und hielt im wesentlichen sein Berufungsvorbringen aufrecht.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 3. Juni 1985 wies die Steiermärkische Landesregierung die Vorstellung ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde begründete ihre Entscheidung damit, dass bei der Frage der Beurteilung, ob Präklusion vorliege oder nicht, sämtliche Einwendungen im bisherigen Widmungsänderungsverfahren seit dem Jahre 1980 zu berücksichtigen seien. Schon im Jahre 1980 habe der Beschwerdeführer auf die Beeinträchtigung der Möglichkeit zur Errichtung von Kinderspielplätzen, Erholungsflächen und Gästeparkplätzen auf dem Widmungsgrundstück sowie auf eine Störung des Ortsbildes durch die zu hohe Bebauungsdichte hingewiesen. Diese Einwendungen würden sich jedoch nicht auf subjektiv öffentliche Rechte beziehen, da die Bestimmungen über die Errichtung von Freiflächen und Kinderspielplätzen und die Wahrung des Ortsbildes keine subjektiv öffentlichen Rechte des Nachbarn begründeten. Auf die Bebauungsdichte hingegen könnten entgegen den Ausführungen im Gemeindebescheid subjektiv-öffentliche Rechte des Nachbarn gegründet werden. Die Baubehörde sei aber zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich des Einwandes der Bebauungsdichte sowie der Festsetzung der Fluchtlinien Präklusion eingetreten sei. Hinsichtlich der Freiflächen und Kinderspielplätze sei keine Präklusion eingetreten, jedoch habe die Berufungsbehörde zusätzlich ausgeführt, dass diesbezüglich keine subjektivöffentlichen Rechte des Nachbarn bestünden. Eine Zurückweisung der Berufung in diesen Punkten wäre zwar aus diesen Gründen nicht gerechtfertigt gewesen, jedoch gehe aus der Bescheidbegründung hervor, dass tatsächlich eine Sachentscheidung getroffen worden sei und sich die Behörde demnach nur im Ausdruck vergriffen habe. Auch hinsichtlich der die Hochwasserfrage betreffenden Einwendung habe die Berufungsbehörde richtig ausgeführt, dass dem Nachbarn in dieser Angelegenheit ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zur Seite stehe. Der Hinweis des Beschwerdeführers, eine Unzuständigkeit der Behörde könne unabhängig vom Vorliegen eines subjektiv-öffentlichen Rechtes wahrgenommen werden, treffe im gegenständlichen Fall nicht zu, da Gegenstand des Verfahrens ein Widmungsänderungsansuchen gewesen sei und die Zuständigkeit der Baubehörde zu dieser Entscheidung eindeutig vorliege. Hinsichtlich der Frage der Abwasserbeseitigung sei festzustellen, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung, wonach für jeden Bauplatz eine einwandfrei ausreichende Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gesichert sein müsse, keine subjektivöffentlichen Rechte des Nachbarn begründe, sondern eine allein im öffentlichen Interesse gelegene, an einen Bauplatz zu stellende Anforderung darstelle. Da dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren lediglich als Nachbar, also als Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft Parteistellung zukomme, nicht jedoch als Miteigentümer einer Kläranlage bzw. einer Verkehrsfläche, seien durch die Abweisung der Berufung bzw. auch durch die Zurückweisung der Berufungen in Bezug auf sein Vorbringen seine Rechte nicht verletzt worden.

 

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zunächst behauptet der Beschwerdeführer, er sei dadurch in seinen Rechten verletzt worden, dass im mündlichen Bescheid vom 5. Juni 1984 zwölf Auflagen, in der schriftlichen Bescheidausfertigung vom 29. Juni 1984 dagegen vierzehn Auflagen vorgeschrieben worden seien. Es stelle nicht nur die Abweichung des Inhaltes der schriftlichen Bescheidausfertigung vom mündlich verkündeten Inhalt des Bescheides eine Rechtswidrigkeit dar, sondern der Beschwerdeführer sei auch in seinem Recht auf Erledigung aller seiner Berufungs- bzw. Vorstellungspunkte durch die Berufungs- bzw. Vorstellungsbehörde verletzt worden.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass anlässlich der mündlichen Verhandlung am 5. Juni 1984 zwar bestimmte Vorschreibungen für den zu erlassenden Widmungsbescheid in Aussicht genommen worden sind, allein ein mündlicher Bescheid erging entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht. Erging aber überhaupt kein mündlich verkündeter Bescheid, dann kann auch die behauptete Abweichung des Inhaltes der schriftlichen Ausfertigung von diesem Bescheid nicht gegeben sein. Auch hinsichtlich der Vorschreibungen in einer Widmungsbewilligung verkennt der Beschwerdeführer, dass durch solche Vorschreibungen, also meist Nebenbestimmungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes, ausschließlich die Widmungswerber verletzt werden können, es sei denn, diese Vorschreibungen würden sich ausdrücklich an eine andere Partei des Verfahrens richten, was im Einzelfall näher zu prüfen ist, bzw. es würde sich um die Festsetzung von Verbauungsbestimmungen handeln, die auch den Nachbarn betreffen. Die zusätzlich in den Bescheid aufgenommenen Regelungen richten sich aber ausdrücklich nur an die Widmungswerber und sollen klarstellen, wie sich diese im Falle der Errichtung bestimmter Versorgungsanlagen bzw. im Falle der Durchführung von Aufgrabungsarbeiten zu verhalten haben. Rechte des Beschwerdeführers werden durch eine solche Art von Vorschreibungen nicht beeinträchtigt. Dass nämlich die Widmungswerber schon auf Grund der früher erlassenen Widmungsbewilligung zur Benützung der Verkehrsfläche berechtigt sind, hat nicht einmal der Beschwerdeführer in Zweifel gezogen.

Wie auf Verwaltungsebene bekämpft der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung der belangten Behörde, bei den Einwendungen, die sich auf die Einleitung der Abwässer in die Kläranlage beziehen, handle es sich nicht um subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen. Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass im Rahmen des Widmungsverfahrens nach der Steiermärkischen Bauordnung nicht die Frage der Abwasserbeseitigung als solche Gegenstand des Verfahrens ist, sondern ausschließlich die Frage, ob für den zu schaffenden Bauplatz eine einwandfreie ausreichende Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung als gesichert angesehen werden kann. Hinsichtlich der Frage, ob die Bestimmung des § 1 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung, wonach für jeden Bauplatz eine einwandfreie ausreichende Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gesichert sein muss, kommt den Nachbarn ein Mitspracherecht nicht zu, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend dargetan hat. Ob die Widmungswerber tatsächlich in der Lage sind, auf Grund ihrer zivilrechtlichen Ansprüche eine Abwasserbeseitigung in die bestehende Kläranlage durchzusetzen oder aber, ob sie bei Verwirklichung des Widmungsvorhabens eine eigene Kanalanlage zwecks Anschlusses an den öffentlichen Straßenkanal der benachbarten Stadtgemeinde anlegen werden müssen, ist im derzeitigen Stadium des Verfahrens rechtlich unerheblich, solange nur klargestellt ist, dass eine einwandfreie ausreichende Abwasserbeseitigung jedenfalls gesichert ist. Durch die im erstinstanzlichen Bescheid getroffene Vorschreibung betreffend die Abwasserbeseitigung sind die Widmungswerber auch nicht verpflichtet worden, Abwässer ihrer Liegenschaft in die bestehende private Kläranlage einzumünden, es wurde lediglich diese Abwasserbeseitigung als zulässig angesehen. Sollte diese Möglichkeit nicht verwirklicht werden können, ist es Sache der Widmungswerber, eine andere gleichfalls mögliche Abwasserbeseitigung ins Auge zu fassen. Dass eine solche möglich ist, hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben.

Schon die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, dass die Vorschreibung Punkt 8 des Widmungsbescheides keinen Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers bedeutet, wurde doch bezüglich der Frage der zivilrechtlichen Möglichkeit der Nutzung der Kläranlage für die Widmungswerber zutreffend die Auffassung vertreten, es handle sich hiebei um eine Frage des Privatrechtes, die die einzelnen Benützer der Kläranlage untereinander klarzustellen haben. Als Miteigentümer der Kläranlage kam daher eine Parteistellung des Beschwerdeführers im baubehördlichen Widmungsverfahren nicht in Betracht, wie die belangte Behörde zutreffend ausführte. Als Beteiligter wurde der Beschwerdeführer in dieser Funktion ohnehin dem Ermittlungsverfahren beigezogen. Insoweit kam dem Beschwerdeführer im Rahmen des baubehördlichen Verfahrens eine Doppelfunktion zu, nicht aber konnte er als Miteigentümer der Kläranlage bzw. als Vertreter der Benutzer der Kläranlage Parteistellung für sich in Anspruch nehmen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen geht es hiebei nicht darum, ob dem Beschwerdeführer von der Behörde Parteistellung zuerkannt wurde oder nicht, sondern um die Frage, ob ihm in dieser Funktion nach der Rechtslage überhaupt Parteistellung zukommen konnte. Aus welchen Gründen dann, wenn ihm Parteistellung in dieser Eigenschaft nicht zukam, das gesamte Verfahren aus formalen Gründen nichtig sein solle, hat er in seiner Beschwerde nicht zu erkennen gegeben. Eine Nichtigkeit im Sinne des zivilgerichtlichen Verfahrens kennt im übrigen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz nicht, allenfalls jedoch eine Nichtigerklärung im Sinne des § 68 Abs. 4 AVG 1950. Auch dieses Rechtsinstitut der Nichtigerklärung kann hier jedoch nicht in Betracht kommen, wie sich schon aus den gesetzlichen Regelungen in der zitierten Bestimmung ergibt.

Soweit der Beschwerdeführer behauptet, die belangte Behörde habe bezüglich der Bebauungsdichte zu Unrecht eine Präklusion angenommen, und er in diesem Zusammenhang auf die notwendige Errichtung von Kinderspielplätzen verweist, dürfte er verkennen, dass ihm als Nachbar kein Recht darauf zusteht, dass die Bestimmungen betreffend Verpflichtung zur Schaffung von Kinderspielplätzen im Rahmen eines Widmungsverfahrens eingehalten werden. Dasselbe gilt für das Vorbringen bezüglich Einhaltung des Gebietscharakters des betreffenden Wohngebietes, zumal nicht zweifelhaft sein kann, dass eine Reihenhausanlage der im Flächenwiämungsplan fest gesetzten Widmung "Reines Wohngebiet" nicht widerspricht. Soweit der Beschwerdeführer seinerzeit in diesem Zusammenhang auf Fragen des Ortsbildes verwies, hat schon die Berufungsbehörde zu Recht festgestellt, dass hinsichtlich des Ortsbildes dem Nachbarn nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zusteht, weil es sich hiebei um eine Frage handelt, die ausschließlich dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung zugeordnet ist. Dass aber die Bebauungsdichte, wie sie im Flächenwidmungsplan von der Gemeinde festgelegt worden ist, vom Widmungsvorhaben nicht eingehalten werde, hat der Beschwerdeführer tatsächlich erstmals in seiner Berufung vorgebracht, sodass er mit dem diesbezüglichen Vorbringen als präkludiert zu beurteilen war. Dass die Nichtbeachtung von Amts wegen wahrzunehmende Umstände immer rechtswidrig sei, wie der Beschwerdeführer behauptet, hat der Verwaltungsgerichtshof in bisher ständiger Rechtsprechung als nicht zutreffend erkannt, wäre doch ansonsten der Bestimmung des § 42 AVG 1950 über die Beachtung von Präklusionsfolgen ihre Bedeutung weitgehend genommen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N. F. Nr. 10.317/A). In diesem Zusammenhang sei noch angemerkt, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung offensichtlich von unrichtigen Voraussetzungen betreffend die Berechnung der Bebauungsdichte ausgegangen ist, weil er auch Kellergeschosse und Dachgeschosse zur Gänze angerechnet hat, was der Bebauungsdichteverordnung, LGBl. Nr. 51/1975, widerspricht (vgl. insbesondere § 2 und § 1 Abs. 6). Auch mit dem diesbezüglichen Vorbringen konnte sohin eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides nicht dargetan werden. Der Beschwerdeführer behauptet schließlich, dass seinem Einwand betreffend Unzuständigkeit der Behörde hätte Folge gegeben werden müssen. Die Unzuständigkeit erblickt er hiebei darin, dass bezüglich Fragen des Hochwassers, der Straßen und der Kläranlage die Baubehörde für eine Entscheidung nicht zuständig gewesen sei. Dieses Vorbringen verkennt völlig, dass die Baubehörde im Rahmen einer Widmungsbewilligung sich mit Fragen einer Hochwassergefahr, Fragen der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung sowie mit Fragen einer Aufschließung durch Straßen auseinander zu setzen hat, ohne eine Zuständigkeit einer anderen Behörde hiebei in Anspruch zu nehmen. Tatsächlich handelt es sich ja bei der Hochwasserfrage nur darum, welcher Abstand wegen möglicher Hochwassergefährdungen von dem bestehenden Bach von jeder Verbauung freizuhalten ist, nicht aber darum, dass im Interesse eines ausreichenden Hochwasserschutzes bestimmte Anordnungen bezüglich des Gewässers zu treffen seien. Zweifelsfrei waren die Behörden der mitbeteiligten Gemeinde berechtigt, für ihr Gemeindegebiet diese Fragen auch allenfalls anders zu lösen als die Behörden der benachbarten Gemeinde. Dass über die private Kläranlage im Widmungsbescheid in Wahrheit nicht abgesprochen worden ist, wurde schon aufgezeigt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Vorschreibung Punkt 8 des Widmungsbescheides mit den Grundsätzen des Eigentums durchaus vereinbar, weil es eben Sache der Widmungswerber sein wird, eine bestimmte Abwasserbeseitigung allenfalls im Zivilrechtswege sicherzustellen. Aus welchen Gründen durch diese Auflage ein Eigentumsrecht des Beschwerdeführers als Nachbar verletzt worden sein soll, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, sodass auch der Anregung des Beschwerdeführers, in diesem Zusammenhang die Vorlage der Akten an den Verfassungsgerichtshof vorzunehmen (gemeint ist offensichtlich eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof) nicht näher getreten werden kann. Darüber hinaus wäre es dem Beschwerdeführer frei gestanden, dann, wenn er sich in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt erachtet, gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde nach Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu erheben; für verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte ist der Verwaltungsgerichtshof gar nicht zuständig und eine Vorgangsweise, wie sie dem Beschwerdeführer vorschwebt, sieht die Rechtslage nicht vor.

Soweit behauptet wird, eine Auflage betreffe eine Vorschreibung, die nicht in das Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde falle, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht die Ansicht des Beschwerdeführers, weil der bloße Hinweis auf ein Verhalten bezüglich Aufgrabungen ganz allgemein keine Rechtsverletzung zu begründen vermag.

Zusammenfassend erweist sich das Beschwerdevorbringen in allen Punkten als unbegründet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff, sowie die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Der Aufwandersatz an die erstmitbeteiligte Partei war im Rahmen des gestellten Antrages zuzuerkennen.

Wien, am 23. Jänner 1986

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