VwGH 84/17/0001

VwGH84/17/000114.2.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wrulich, über die Beschwerde der W-Wohnungseigentums Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 15. November 1983, Zl. MDR-W 96/83, betreffend Haftung für Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §70 Abs2;
BauO Wr §74 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §44 Abs2 idF 1975/007;
BauO Wr §70 Abs2;
BauO Wr §74 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §44 Abs2 idF 1975/007;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Kostenausspruch bleibt einer gesonderten Beschlussfassung vorbehalten.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. August 1982 wurde dem FK aus Anlass der mit Bescheid vom 17. Juni 1982 baurechtlich genehmigten Maßnahmen auf der Liegenschaft EZ. n1, Katgem. L, eine Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz in Höhe von S 100.000,-- vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 11. März 1983 machte der Magistrat der Stadt Wien in Anwendung des § 171 der Wiener Abgabenordnung (WAO), LGBl. für Wien Nr. 21/1962, gemäß § 41 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 22/1957 (Wr. GarG) und § 5 Abs. 2 WAO gegen sechs namentlich genannte Grundeigentümer der gegenständlichen Liegenschaft, darunter auch die Beschwerdeführerin, zur ungeteilten Hand die Haftung für den oben genannten Betrag zuzüglich eines Säumniszuschlages von S 2.000,--, einer Mahngebühr von S 200,-- und einer Pfändungsgebühr von S 1.022,-- geltend.

Dagegen erhoben die zur Haftung herangezogenen Grundeigentümer Berufung. Im Berufungsverfahren brachten sie vor, mit Punktation vom 22. September 1981 habe die Beschwerdeführerin dem FK zugesagt, unter gewissen Bedingungen die Bauführung in Ansehung des in der gegenständlichen Liegenschaft stehenden Dachbodens zu gestatten. Auf Grund dieses Versprechens habe FK in der Folge eine Baubewilligung erwirkt, welche zur Vorschreibung der verfahrensgegenständlichen Abgabe geführt habe. In der Folge sei es jedoch zu einer Disolutionsvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und FK gekommen, welche als Verzicht zu werten sei. Hiedurch sei die Baubewilligung erloschen. Es liege daher ein Fall des § 44 Abs. 2 WGG vor. Da die Ausgleichsabgabe noch nicht geleistet worden sei, sei von der Forderung nach Bezahlung der Ausgleichsabgabe Abstand zu nehmen. Dass die Verzichtserklärung gegenüber der Baubehörde erfolgen müsse, werde nicht gefordert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Sie führte hiezu nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 40 Abs. 1, 41 Abs. 1 und 2 Wr. GarG sowie 171 Abs. 1 WAO im wesentlichen aus, mit Baubewilligungsbescheid vom 17. Juni 1982 sei rechtskräftig festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um zwei Kfz-Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe. Gemäß § 3 Abs. 1 WAO in Verbindung mit § 41 Abs. 1 WGG entstehe die Abgabenpflicht mit der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides. Die Einbringung der Abgabe in der Höhe von S 100.000,-- beim Bauwerber sei erfolglos geblieben. Auf Grund der Bestimmung des § 41 Abs. 2 Wr. GarG sei daher hinsichtlich der Grundeigentümer, die für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand hafteten, ein Haftungsbescheid zu erlassen gewesen. Gegenüber der Behörde könne rechtswirksam nur der Bauwerber auf die rechtskräftige Baubewilligung verzichten. Bisher habe der Bauwerber aber nur gegenüber dem Grundeigentümer auf die Bauführung verzichtet. Dieser Verzicht habe jedoch für den öffentlich-rechtlichen Bereich wegen der Wirksamkeit der rechtskräftigen Baubewilligung keine Rechtsfolgen entfalten können. Da auch kein "Verzicht durch Zeitablauf" gemäß § 74 der Bauordnung für Wien vorliege, gehöre die gegenständliche Baubewilligung nach wie vor dem Rechtsbestand an. Gemäß § 5 Abs. 2 WAO erstreckten sich die persönlichen Haftungen auch auf Nebenansprüche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem Vorbringen in ihrem Recht auf Erstattung der Ausgleichsabgabe gemäß § 44 Abs. 2 WGG verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird auf Grund des § 40 Abs. 1 Wr. GarG ein (Bau-)Vorhaben bewilligt, ohne dass die Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen nach § 36 leg. cit. überhaupt oder voll erfüllt wird, so ist gemäß § 41 Abs. 1 leg. cit. idF der Novelle vom 22. November 1974, LGBl. Nr. 7/1975, an die Stadt Wien eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist der Bauwerber abgabepflichtig. Ist er nicht der Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand. Erlischt die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf, so steht nach § 44 Abs. 2 dieses Gesetzes ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht strittig, dass dann, wenn die Abgabe noch nicht entrichtet wurde und ein Fall des § 44 Abs. 2 Wr. GarG vorliegt, die Ausgleichsabgabe nicht einzuheben ist. Es kann auch, obwohl die Wiener Bauordnung keine ausdrückliche Bestimmung über einen Verzicht auf die Baubewilligung enthält, zufolge der Vorschrift des § 44 Abs. 2 Wr. GarG nicht zweifelhaft sein, dass ein solcher Verzicht zulässig ist. Strittig ist sohin nur, ob ein wirksamer Verzicht auf die Baubewilligung im Sinne des § 44 Abs. 2 leg. cit. vorliegt oder nicht. Hiezu steht unbestritten fest, dass FK einen solchen Verzicht gegenüber der Baubehörde nicht abgegeben hat; es liegt lediglich eine zwischen der Beschwerdeführerin und FK abgeschlossene Vereinbarung vor, wonach die Punktation vom 22. September 1981 einvernehmlich aufgehoben wird.

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen er einen Verzicht auf dem öffentlichen Recht zugehörige Ansprüche und Anwartschaften für zulässig erachtet hat, stets gefordert, dass zur Entgegennahme einer solchen Erklärung die Behörde zuständig ist (Erkenntnis vom 14. März 1950, Slg. Nr. 1314/A); dass sie dem zuständigen Vertreter des Staates zur Kenntnis gebracht wird (Erkenntnis vom 24. April 1953, Slg. Nr. 2944/A) bzw. dass der Verzicht - beispielsweise auf Pensionsansprüche immer nur dem Verpflichteten (damals also dem Bund) gegenüber ausgesprochen werden kann (Erkenntnis vom 19. April 1956; Slg, Nr. 4047/A). Nichts anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten; auch ein Verzicht auf die Baubewilligung gemäß § 44 Abs. 2 Wr. GarG muss daher um wirksam zu sein, gegenüber der Behörde erklärt werden.

Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Die im Zusammenhang mit der Kostenentscheidung aufgetauchten Normbedenken standen gemäß § 62 Abs. 3 VfGG der Entscheidung in der Hauptsache nicht entgegen, weil der Inhalt des als Gegenschrift erstatteten Schriftsatzes im Beschwerdefall ohne Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung in der Hauptsache war.

Wien, am 14. Februar 1986

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