VwGH 85/07/0276

VwGH85/07/02763.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des KS in W, vertreten durch Mag. DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. November 1979, Zl. 14.871/73-I 4/79, betreffend Zurückweisung von Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §35 Abs1;
VwGG §39 Abs1 lita;
VwGG §39 Abs1 Z1 impl;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138;
VwGG §35 Abs1;
VwGG §39 Abs1 lita;
VwGG §39 Abs1 Z1 impl;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und einer Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Handel und Wiederaufbau vom 12. Februar 1965 waren die Miteigentumsanteile des Beschwerdeführers an dem Grundstück Nr. nnn/1 der EZ. 654 KG. H gemäß § 15 Abs. 1 Bundesstraßengesetz für Zwecke des Ausbaues der Autobahn Wien-Donaukanal bis Wien-Stammersdorf in Anspruch genommen worden. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1965, Slg. 5171, abgewiesen.

Mit Bescheid vom 26. April 1968 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft das Bauvorhaben der Stadt Wien, den Hochwasserschutz an der Donau für das Stadtgebiet zu verbessern, gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 als bevorzugten Wasserbau erklärt und gemäß § 112 Abs. 4 leg. cit. Fristen, und zwar für die Einreichung eins verhandlungsreifen Projektes bis 31. Oktober 1969 und für die Erwirkung der (generellen) wasserrechtlichen Bewilligung bis 31. Dezember 1970 festgesetzt. Am 31. Oktober 1969 hat die Stadt Wien den Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung des Projektes "Donauhochwasserschutz Wien-Projekt 1969" eingebracht. Mit Bescheid vom 7. Juli 1970 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß §§ 41, 100 Abs. 2, 111, 114 und 115 WRG 1959 der Bundeshauptstadt Wien nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen, der Projektbeschreibung und unter den im Abschnitt B enthaltenen Bedingungen und Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung zur Verbesserung des Hochwasserschutzes für Wien erteilt.

In der Folge hat der Verfassungsgerichtshof in dem durch sein Erkenntnis vom 19. Juni 1971, Slg. Nr. 6469, wiederaufgenommenen verfassungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde gegen den straßenbehördlichen Enteignungsbescheid mit Erkenntnis vom 19. Dezember 1972, Slg. Nr. 6951, eine neuerliche Sachentscheidung getroffen, nämlich der Beschwerde stattgegeben und den Enteignungsbescheid aufgehoben. Dieses Erkenntnis ist dem Beschwerdeführer am 25. Jänner 1973 zugestellt worden.

Eine unter anderem vom Beschwerdeführer als seinerzeitigem Eigentümer der Liegenschaft EZ. n1 KG H. an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Juli 1970 wurde mit Beschluß vom 7. Juni 1972, Slg. Nr. 6716, als unzulässig zurückgewiesen.

Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juni 1971, Slg. Nr. 6469, beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 7. Juni 1972, Slg. Nr. 6716, abgeschlossenen verfassungsgerichtlichen Verfahrens über die Beschwerde gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Juli 1970. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Antrag mit Beschluß vom 27. Juni 1973, Slg. Nr. 7080, abgewiesen und zur Begründung auf seinen am selben Tag gefaßten Beschluß Slg. Nr. 7079 verwiesen.

Am 26. Jänner 1973 hat der Beschwerdeführer, gleichfalls unter Bezugnahme auf die mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 6951/1972 erfolgte Aufhebung des straßenbehördlichen Enteignungsbescheides, in seiner Eigenschaft als Miteigentümer der Liegenschaft EZ. n1 KG H. sowie "als rechtmäßiger durch Vollmacht ausgewiesener Vertreter" der Firmen

S. & Co KG, Altmetallhandel, KG Josef E. & Co, K. & S. KG, Gustav Sch. & Co KG sowie Wilhelm S. KG beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft folgende Anträge gestellt:

a) auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 7. Juli 1970 abgeschlossenen wasserrechtlichen Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. a, b und c AVG,

b) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 lit. a AVG und

c) auf Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 138 WRG im Zusammenhalt mit § 6 Abs. 1 AVG.

Mit Bescheid vom 18. März 1974 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ausgesprochen, daß den "Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 WRG 1959" ... gemäß §§ 56, 58 sowie 69 bis 72 AVG 1950 sowie § 100 Abs. 2 WRG 1959 keine Folge gegeben wird.

Aufgrund der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1974, Slg. Nr. 7399, aufgehoben, weil der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht verletzt worden ist.

Während des in den folgenden Jahren bei der belangten Behörde anhängigen Verfahrens hat der Beschwerdeführer auch namens seiner Mutter Stefanie S. am 28. Februar 1979 ein Übereinkommen mit der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, abgeschlossen. In dieser Vereinbarung hat der Beschwerdeführer auf die sich für ihn und seine Mutter aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1972, Slg. Nr. 6951, ergebenden Rechte gegenüber der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, verzichtet und das "uneingeschränkte Eigentumsrecht der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, an der Grundparzelle nnn/1, KG H., anerkannt." Auf ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers wurde festgehalten, daß die vorliegende Vereinbarung nicht als gütliche Übereinkunft im Sinne des § 60 Abs. 2 WRG 1959 zu werten ist. Die aus diesem Übereinkommen abgeleitete Rechtsansicht der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, der seinerseits dazu Stellung nahm.

Die belangte Behörde erließ einen mit 26. November 1979 datierten Ersatzbescheid, mit dem sie die zuvor genannten Anträge des Beschwerdeführers vom 26. Jänner 1973 auf Wiederaufnahme des Verfahrens, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie auf "Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes" gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 wegen fehlender Parteistellung zurückwies. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer (infolge der zwischen ihm und dem Bund geschlossenen Vereinbarung vom 28. Februar 1979) nicht mehr Miteigentümer des (am Donaukanal gelegenen) Grundstückes nnn/1 der EZ. n1 KG H. sei, sowie daß der ins Treffen geführte Bestandvertrag (bezüglich bestimmter Grundstücke am Handelskai) nicht als Recht im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 in Betracht komme.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1985, B 32/80-36, wurde die Beschwerde abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Zur Begründung dieses Erkenntnisses wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seine Parteistellung im Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf Umstände in Anspruch genommen, die den Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Beschluß Slg. Nr. 8746/80 und neuerlich in seinem heute gefaßten Beschluß B 231/80 im Rahmen der amtswegigen Prüfung der Beschwerdeberechtigung gegen wasserrechtliche Bescheide veranlaßten, die Beschwerdelegitimation wegen der im wasserrechtlichen Verfahren fehlenden Parteistellung zu verneinen. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf seine im Beschluß Slg. Nr. 8746/1980 dargelegten Erwägungen, aus denen sich entsprechend für die vorliegende Beschwerdesache ergebe, daß die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers infolge fehlender Parteistellung zu Recht zurückgewiesen habe. In diesem Zusammenhang - so der Verfassungsgerichtshof - sei noch anzumerken, daß für die Position des Beschwerdeführers auch aus seiner (neuen) Behauptung nichts zu gewinnen sei, er wäre - trotz der Vereinbarung vom 28. Februar 1979 - zu einem bestimmten Bruchteil noch Miteigentümer des Grundstückes nnn/1, da ihm Miteigentumsanteile aus dem Nachlaß seiner Tante Karoline M. eingeantwortet worden wären. Wie sich nämlich aus dem Erkenntnis Slg. Nr. 5171/65 im Zusammenhalt mit dem im Beschluß Slg. Nr. 8746/80 erwähnten Grundbuchsauszug ergebe, seien auch die Karoline M. zustehenden Anteile enteignet worden, und es sei die Enteignung auch insoweit vollzogen worden; die dagegen namens der Genannten erhobene Beschwerde sei vom Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis Slg. Nr. 5171/65 und vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis Zl. 467-470/66 vom 20. September 1968 abgewiesen worden. Daß die vom Beschwerdeführer (und Stefanie S.) mit dem Erkenntnis Slg. Nr. 6469/71 erwirkte Wiederaufnahme des mit dem Erkenntnis Slg. 5171/65 abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens dieses Erkenntnis (auch) insoweit unberührt gelassen habe, als es sich auf die damalige Beschwerdeführerin Karoline M. bezogen habe, sei - so führte der Verfassungsgerichtshof aus - schon im Erkenntnis Slg. Nr. 6951/72 ausdrücklich festgehalten worden.

In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme, Wiedereinsetzung und Wiederherstellung nach § 138 WRG 1959 insofern verletzt, als dieser Antrag von ihm unmittelbar nach Aufhebung der rechts- und verfassungswidrigen Enteignung gestellt wurde, und zwar bei der an sich zuständigen Wasserrechtsbehörde, die seinerzeit ihr Einschreiten rechtswidrig abgelehnt habe. Erst die Aufhebung der Enteignung habe eine Klärung der Zuständigkeitsfrage dahin gehend gebracht, daß nicht die Bundesstraßenverwaltung, sondern seinem Antrag vom 10. Oktober 1963 entsprechend die Wasserrechtsbehörde zuständig gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer zu Recht eine Sachentscheidung über seine am 26. Jänner 1973 gestellten Anträge verweigert wurde oder nicht. Daher gehen sämtliche Ausführungen der Beschwerde über die Frage, ob die Stadt Wien Konsenswerberin eines Vorhabens betreffend einen verbesserten Donauhochwasserschutz sein kann, ob die bescheidgemäß erfolgte Erklärung dieses Vorhabens als bevorzugter Wasserbau zu Recht erfolgte und ob dieser Bescheid sowie der Bewilligungsbescheid hierüber den Formvorschriften entsprochen hat, ins Leere.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hatte die belangte Behörde bei Erlassung des bekämpften Bescheides von jenem Sachverhalt auszugehen, der in diesem Zeitpunkt vorgelegen ist, nicht aber von einem Jahre zuvor gegebenen Zeitpunkt, als der Verfassungsgerichtshof eine Wiederaufnahme eines Enteignungsverfahrens in einer straßenrechtlichen Angelegenheit verfügt hatte. Antragsberechtigt zur Wiederaufnahme eines wasserrechtlichen Verfahrens und zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur, wer im wasserrechtlichen Verfahren Parteistellung besitzt; ebenso kann nur eine Partei (§ 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959), deren Rechte gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 berührt werden, die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 138 WRG 1959 begehren (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 23. Juni 1960, Slg. N. F. Nr. 5327).

Der Beschwerdeführer hat seine Parteistellung im Verwaltungsverfahren und auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stets darauf gegründet, daß er Miteigentümer des Grundstückes nnn/1 KG H. sei bzw. gewesen sei und Bestandrechte an den durch das Wasserbauvorhaben der Stadt Wien berührten Grundstücken besitze.

Nun steht sachverhaltsbezogen eindeutig fest, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides zufolge eines am 28. Februar 1979 abgeschlossenen Übereinkommens nicht mehr Miteigentümer des genannten Grundstückes war. Bestandrechte fallen nicht unter das nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschützte Grundeigentum. Hatte sohin der Beschwerdeführer im Zeitpunkte der Erlassung des bekämpften Bescheides keine Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren über das Vorhaben betreffend einen verbesserten Donauhochwasserschutz für Wien, dann hat die belangte Behörde nicht rechtswidrig die vom Beschwerdeführer am 26. Jänner 1973 gestellten Anträge zurückgewiesen. Damit ist auch den Verfahrensrügen - und damit auch das Grundstück 1072 betreffend (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1985, B 231/80, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 85/07/0275) - der Boden entzogen. Bei dieser Sach- und Rechtslage mußte auf das weitere ausführliche Beschwerdevorbringen nicht eingegangen werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Bei dieser Rechtslage war der Verwaltungsgerichtshof an den Antrag des Beschwerdeführers auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht gebunden (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 17. Jänner 1967, Zl. 1765/66, und vom 22. Februar 1967, Zl. 1857/66).

Wien, am 3. Dezember 1985

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