VwGH 85/05/0057

VwGH85/05/005730.4.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Würth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel, über die Beschwerde des RR in W, vertreten durch Mag. DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. März 1984, Zl. II/2-V-82186/1, betreffend einen Wiedereinsetzungsantrag in einer Bausache und die Zurückweisung einer Vorstellung (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde Sieghartskirchen, vertreten durch den Bürgermeister, 2. MG, G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 litb;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
AVG §71 Abs1 Z2 impl;
B-VG Art119a Abs5;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 litb;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
AVG §71 Abs1 Z2 impl;
B-VG Art119a Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 30. August 1982 gab der Gemeinderat der erstmitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die der zweitmitbeteiligten erteilten Baubewilligung keine Folge. Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides lautete:

"Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Auf die Möglichkeit einer Vorstellung an die Aufsichtsbehörde wird hingewiesen. Einer solchen Vorstellung kommt jedoch keine aufschiebende Wirkung zu."

Am 19. November 1982 richtete der Beschwerdeführer an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung ein Schreiben, mit welchem er unter Bezugnahme "Betreff: Vorstellung" um Durchführung eines Lokalaugenscheins und Überprüfung der Situation an Ort und Stelle ersuchte, ferner die Klärung der Frage anregte, wer Vermessungskosten in Höhe von S 5.713,20 zu tragen verpflichtet sei. Mit Bescheid vom 21. Juni 1983 wurde dieses Schreiben als Vorstellung qualifiziert und als verspätet zurückgewiesen.

Daraufhin nahm der Beschwerdeführer mit seinem derzeitigen Rechtsvertreter Kontakt auf, der ihm erklärte, dass der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde trotz der gegenteiligen Rechtsmittelbelehrung rechtsmittelfähig sei und die Vorstellung ein Rechtsmittel darstelle. Am 11. August 1983 brachte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. August 1982 ein und ergriff unter einem das Rechtsmittel der Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Vorstellung als unbegründet ab und wies die Vorstellung als verspätet zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Gemeinderat auf die Möglichkeit des außerordentlichen Rechtsmittels der Vorstellung ohnehin ausdrücklich hingewiesen habe, mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum seien aber nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; mit Beschluss vom 21. Februar 1985, B 355/84-3, lehnte dieser jedoch die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer, der sich in seinem Recht verletzt fühlt, dass der Wiedereinsetzung stattgegeben und über die Vorstellung meritorisch entschieden wird, stützt seinen Wiedereinsetzungsantrag ausschließlich darauf, dass die schon mehrfach erwähnte Rechtsmittelbelehrung "falsch" bzw. "unrichtig" bzw. irreführend" sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen:

Gemäß dem auch im Vorstellungsverfahren anzuwendenden § 71 Abs. 1 AVG 1950 ist die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Frist zu bewilligen, wenn

a) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten oder

b) die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

§ 71 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ist sinngemäß auf die Vorstellung gegen die letztinstanzlichen Gemeindebescheide anzuwenden. Wie der Verwaltungsgerichtshof allerdings bereits in seinem Erkenntnis vom 18. September 1978, Zl. 813/78, ausgesprochen hat, stellt die Rechtsbelehrung in einem in letzter Instanz ergangenen gemeindebehördlichen Bescheid, wonach ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei, sich selbst dann nicht als unrichtig dar, wenn eine weitere Belehrung über die Möglichkeit, gegen den Bescheid Vorstellung zu erheben, unterblieben ist. Umso weniger ist der Tatbestand des § 71 Abs. 1 lit. b AVG 1950 erfüllt, wenn auf die Möglichkeit der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde ausdrücklich hingewiesen wurde, selbst ohne Angabe einer Frist (vgl. ausdrücklich zur gleichen Rechtsmittelbelehrung das hg. Erkenntnis vom 28. April 1978, Zl. 803, 804/78). Wie in den zitierten Erkenntnissen dargelegt wurde, stellt ja die Vorstellung kein ordentliches Rechtsmittel dar, sodass die Belehrung, dass gegen den Bescheid der letzten Gemeindeinstanz kein ordentliches Rechtsmittel zulässig sei, der Rechtslage entspricht.

Der Beschwerdeführer kann sich umso weniger auf seine mangelnden Kenntnisse über das Wesen der Vorstellung berufen, als es seine Sache gewesen wäre, wegen des ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit der Vorstellung im letztinstanzlichen Gemeindebescheid bei den zuständigen Behörden oder einer rechtskundigen Person entsprechende Erkundigungen einzuholen. Daher liegt auch der Wiedereinsetzungsgrund des § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 nicht vor, da mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten ist, das die Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 1980, Slg. Nr. l0.309/A).

Da die belangte Behörde also zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen (und dementsprechend die damit verbundene Vorstellung zurückgewiesen) hat, also bereits aus den Ausführungen der Beschwerde hervorgeht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem geltend gemachten Recht verletzt wurde, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.

Soweit nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Gerichtshofes zitiert wurden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am 30. April 1985

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte