Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 11. August 1983 wies die Bezirkshauptmannschaft Villach den Antrag der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten vom 20. Juni 1983 auf Erteilung der Bewilligung zur Rodung des Waldgrundstückes 81/14, KG. X, im Ausmaß von 431 m2 zum Zweck der Baulandbeschaffung gemäß den Bestimmungen der §§ 17 und 19 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, ab.
In der Begründung wies die Behörde erster Instanz zunächst darauf hin, dass das zur Rodung beantragte Grundstück 81/14 auf Grund des rechtskräftigen Bescheides dieser Behörde vom 4. November 1980 Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 sei. (Mit dem genannten Bescheid war für das Grundstück 81/3, KG. X, von dem das Verfahrensgegenständliche in der Folge mit der Bezeichnung 81/14, KG. X, abgetrennt wurde, die Waldeigenschaft festgestellt worden.) Des weiteren führte die Erstinstanz aus, dass in einem vorhergegangenen Verfahren der Antrag der M K auf Bewilligung zur Rodung eines 360 m2 großen Teiles des Grundstückes 81/3, KG. X, zum Zweck der Baulandbeschaffung mit Bescheid derselben Behörde vom 15. Februar 1982 mangels Überwiegens des öffentlichen Interesses des Siedlungswesens gegenüber jenem an der Walderhaltung abgewiesen worden sei; dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Das nunmehr zur Rodung angesuchte Grundstück sei im wesentlichen gleich jener Fläche des Grundstückes 81/3, für die ein Rodungsantrag gestellt und dieser mit dem genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 15. Februar 1982 abgewiesen worden sei. Antragsgegenstand und damit Gegenstand jenes Bescheides sei jedoch eine Fläche von 360 m2 gewesen, während nunmehr Antragsgegenstand "eine, zwar nur geringfügig, größere Fläche von 431 m2" sei. Da somit nicht völlige Identität des Antragsgegenstandes vorliege (Änderung der Fläche), sei neuerlich meritorisch zu entscheiden und nicht wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.
2. Der dagegen erhobenen Berufung der Mitbeteiligten gab der Landeshauptmann von Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 10. Jänner 1984 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge, behob den erstinstanzlichen Bescheid und erteilte die beantragte Bewilligung zur Rodung des Grundstückes 81/14, KG. X, im Ausmaß von 431 m2 zum Zweck der Baulandbeschaffung bei Einhaltung mehrerer Vorschreibungen.
In der Begründung kam die belangte Behörde zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall der Bedarf an Bauland gegeben, dieses Bauland ordnungsgemäß aufgeschlossen sei und die Verbauung der in Rede stehenden Fläche eine organische Erweiterung des bestehenden Siedlungsgebietes darstelle, sodass unter Bedachtnahme insbesondere auf die ergänzend eingeholte Stellungnahme der Fachabteilung Raumplanung beim Amt der Kärntner Landesregierung ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Schaffung von Bauland gegenüber dem "allgemein normierten" öffentlichen Interesse an der Walderhaltung vorliege und daher die Rodungsbewilligung zu erteilen gewesen sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene, auf Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 170 Abs. 8 Forstgesetz 1975 gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer u.a. darauf hinweist, dass dieselben forsttechnischen Einwände wie die in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Verfahren geltend gemachten für dieselbe Fläche bereits in einem früheren Verfahren zu einer abweisenden Entscheidung geführt hätten. Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 15. Februar 1982 sei das von M
K für denselben Zweck gestellte Ansuchen um Rodung einer Fläche von 360 m2 auf dem Grundstück 81/14, KG. X, abgewiesen worden. Die damals beantragte Fläche von 360 m2 sei in den nunmehr von den Mitbeteiligten beantragten (und von der belangten Behörde zum Gegenstand der Rodungsbewilligung gemachten) 431 m2 enthalten.
4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
1.2. Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann wegen "res iudicata" zurückzuweisen, wenn das Begehren nicht ausdrücklich auf Aufrollung lautet. Die Rechtskraft eines Bescheides erfasst jedoch nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1977, Zl. 2155/76, und die dort zitierte Vorjudikatur). Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Februar 1974, Zl. 500/72, die Auffassung vertreten, dass der Begriff "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden müsse; eine rein technische oder mathematische Betrachtungsweise würde dagegen in der Regel in den Hintergrund treten.
2.1. Aus dem in der Sachverhaltsdarstellung mehrfach zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 15. Februar 1982 einschließlich des einen Bestandteil desselben bildenden Lageplanes - dem Gerichtshof liegen jeweils Ablichtungen vor - ergibt sich, dass der Antrag der M K - bei dieser handelt es sich nach der Aktenlage unbestrittenermaßen um die Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten im Eigentum des Grundstückes 81/14 - um Bewilligung zur Rodung eines Teiles des Grundstückes 81/3 im Ausmaß von 360 m2 (zufolge des dem Bescheid zugrundegelegten Lageplanes vom 14. November 1979 entspricht diese Teilfläche einem Teil des von der Parzelle 81/3 abgetrennten Grundstückes 81/14) gemäß §§ 17 und 19 Forstgesetz 1975 abgewiesen wurde. Tragende Begründung für diese Entscheidung war die Ansicht der Behörde, dass die Interessenabwägung zwischen Siedlungswesen und Walderhaltung zu Gunsten der letzteren ausgefallen sei. Die diesem rechtskräftigen Bescheid zugrundeliegende maßgebliche, d.h. für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache wesentliche Sach- und Rechtslage hat sich seit der Bescheiderlassung nicht geändert.
2.2. Der Umstand, dass das neuerliche Ansuchen um Rodungsbewilligung von den Rechtsnachfolgern der seinerzeitigen Bewilligungswerberin gestellt wurde, ist deshalb rechtlich unerheblich, weil eine Rodungsbewilligung wie auch eine Versagung derselben über die Person des Antragstellers hinaus Wirkungen nach sich zu ziehen vermag. Mit Rücksicht auf die Konstruktion des § 17 Forstgesetz 1975, demzufolge die Erteilung einer Rodungsbewilligung vom Vorliegen eines das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegenden öffentlichen Interesses abhängig ist, muss von der dinglichen Gebundenheit (in rem-Wirkung) einer Rodungsbewilligung bzw. deren Versagung - dies unter der Voraussetzung der neuerlichen Geltendmachung des in der seinerzeitigen Entscheidung bejahten bzw. verneinten öffentlichen Interesses - ausgegangen werden. In Ansehung des - im Beschwerdefall zur Diskussion stehenden - öffentlichen Interesses "Siedlungswesen" (§ 17 Abs. 3 leg. cit.) ist Voraussetzung für die Berechtigung, ein Waldgrundstück zu roden, nicht das private Interesse des Antragstellers an der Erlangung eines Bauplatzes sondern ausschließlich das Interesse der - hier durch die Gemeinde als der Verkörperung der örtlichen Gemeinschaft repräsentierten - Allgemeinheit an der Baulandbeschaffung. Die Rodungsbewilligung dient somit (und ist zu dienen bestimmt) den Interessen der Allgemeinheit; dass mit diesen das Privatinteresse des Bewilligungswerbers übereinstimmen kann und des Öfteren auch wird, ändert nichts daran, dass im gegebenen Zusammenhang allein dem öffentlichen Interesse Rechtserheblichkeit zukommt.
Die Sachlage hat aber auch dadurch keine Änderung erfahren, dass das neuerliche Rodungsansuchen ein (geringfügig) größeres Flächenausmaß als der seinerzeit gestellte Antrag erfasst. Wie bereits erwähnt, kommt es für die Lösung der Frage, ob Sachidentität anzunehmen ist, nicht auf eine mathematisch exakte Übereinstimmung an. Aus der hier gebotenen rechtlichen Sichtweise folgt, dass dem Kriterium des Ausmaßes der zur Rodung beantragten Fläche im Beschwerdefall schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zukommt, weil nunmehr die Erteilung der Rodungsbewilligung für eine größere Fläche (431 m2) als mit dem rechtskräftig abgewiesenen Antrag (360 m2) begehrt wurde. Der im Bescheid vom 15. Februar 1982 als für die Abweisung maßgeblich herangezogene Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Erhaltung der betreffenden Fläche als Wald muss hinsichtlich einer größeren Fläche desselben Grundstückes umsomehr zum Tragen kommen. Da es im übrigen nicht das Flächenausmaß war, das zur rechtskräftigen Abweisung des seinerzeitigen Rodungsbegehrens geführt hat, handelt es sich bei dem (geringfügig) geänderten Flächenausmaß - entgegen der Meinung der Erstinstanz in ihrem Bescheid vom 11. August 1983 - lediglich um die Modifikation eines für die Entscheidung in der Hauptsache unerheblichen Nebenumstandes (vgl. dazu das zu dem anders zu beurteilenden Fall der - wesentlichen - Reduzierung der zur Rodung beantragten Fläche ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1978, Slg. Nr. 9574/A).
Schließlich fällt auch der Umstand nicht ins Gewicht, dass im Bescheid vom 15. Februar 1982 die Bezeichnung des Grundstückes, für das hinsichtlich eines Teiles desselben die Rodungsbewilligung erwirkt werden sollte, nicht einheitlich ist und zwischen "81/3" und "81/14", je KG. X, schwankt. Abgesehen davon, dass der dem Bescheid spruchmäßig zugrundegelegte Lageplan (Mappengleichstück) vom 14. November 1979 eindeutig für die Annahme spricht, es beziehe sich die Abweisung des Rodungsantrages auf das Grundstück 81/14, wäre selbst dann, wenn man von einem Teil des Grundstückes 81/3 auszugehen hätte, keine andere Betrachtungsweise geboten als jene, dass mit dieser Bezeichnungs-Differenz eine rein technische und damit für die Beurteilung der Hauptsache unbedeutende Randfrage berührt wird, zumal nach der Aktenlage, insbesondere den planlichen Unterlagen, die seinerzeit zur Rodung beantragte Fläche von 360 m2 zur Gänze in der nunmehr verfahrensgegenständlichen Fläche von 431 m2 enthalten ist.
2.3. Was die Rechtslage anlangt, so galten zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 15. Februar 1982 die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des § 17 Forstgesetz 1975 in derselben Fassung wie im Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung am 14. Juni 1983. Die Bezirkshauptmannschaft Villach hat in dem vorzitierten Bescheid die Abweisung des Rodungsansuchens ausschließlich darauf gestützt, dass die Voraussetzung des die Walderhaltung überwiegenden öffentlichen Interesses des Siedlungswesens im Grunde des § 17 Abs. 2 bis 4 leg. cit. nicht erfüllt sei. An eben diesen gesetzlichen Vorschriften war die Zulässigkeit der Erteilung einer Rodungsbewilligung auch auf Grund des neuerlichen Begehrens vom 14. Juni 1983 zu messen. Da die Antragsteller nur nach Maßgabe derselben Gesetzesbestimmungen - § 17 Abs. 2 bis 4 Forstgesetz 1975 (des näheren unter Heranziehung des Tatbestandes des im "Siedlungswesen" begründeten öffentlichen Interesses) - eine Rodungsbewilligung erlangen konnten, liegt auch in Bezug auf die Rechtslage "Identität der Sache" vor.
2.4. Da somit dem Antrag der Mitbeteiligten vom 14. Juni 1983 "res iudicata" entgegenstand, hätte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid vom 11. August 1983 zu beheben und das Ansuchen auf Erteilung einer Bewilligung zur Rodung des Grundstückes 81/14, KG. X, im Ausmaß von 431 m2 gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gehabt.
3. Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde die (funktionelle) Unzuständigkeit der Erstinstanz - deren Zuständigkeit reichte nur soweit, den Rodungsantrag wegen "res iudicata" zurückzuweisen - nicht wahrgenommen hat, haftet dem bekämpften Bescheid inhaltliche Rechtswidrigkeit an, was - ohne dass es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurft hätte - gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 dessen Aufhebung zur Folge hatte.
Wien, am 11. Dezember 1984
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