VwGH 84/05/0122

VwGH84/05/012218.9.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des 1. Dkfm. HU und 2. der GU, beide in W, beide vertreten durch Dr. Gerhard Schichl, Rechtsanwalt in Wien VI, Rahlgasse 3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 16. April 1984, Zl. MA 64- B 136/83, betreffend einen Kostenvorauszahlungsauftrag nach § 4 Abs. 2 VVG 1950, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10 idF 1976/018;
BauRallg impl;
BauO Wr §129 Abs10 idF 1976/018;
BauRallg impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde ergibt sich im Zusammenhalt mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid nachstehender Sachverhalt:

Am 11. April 1983 drohte der Magistrat der Stadt Wien die Ersatzvornahme an, wenn nicht binnen einer Woche mit der aufgetragenen Entfernung eines Schwimmbeckens aus Polyester im Ausmaß von 8,00 x 4,00 m und 1,30 m Wassertiefe auf der Liegenschaft in Wien nn, J-Gasse 23, begonnen werde. Da die Beschwerdeführer dem nicht nachkamen, trug der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 30. November 1983 zur Durchsetzung des bereits mit Bescheid vom 30. November 1973 ergangenen Titelbescheides die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten im Betrag von S 80.000,-- auf.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den erstinstanzlichen Auftrag erhobene Berufung als unbegründet ab. Die Berufungswerber stützten sich auf die Berufungsgründe der Unzulässigkeit nach § 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950 sowie der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 leg. cit. Dem hielt die belangte Behörde entgegen: Die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für das im nunmehrigen Vollstreckungsverfahren gegenständliche Schwimmbecken sei mit Berufungsbescheid der Bauoberbehörde vom 13. März 1975 rechtskräftig versagt worden. Am 8. Februar 1983 hätten die Beschwerdeführer ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes eingebracht. Gegenstand dieses Ansuchens sei jedoch nicht nur das im Boden versenkte Schwimmbecken in der rechten Abstandsfläche, sondern weiters die Errichtung von 2,00 m hohen Wänden aus Glasbausteinen, die etwas mehr als die Hälfte der Schmalseiten des Beckens abschirmen sollten. Zusammen mit der bestehenden Einfriedungsmauer sollten die neuen Wände das Schwimmbecken zu etwas mehr als der Hälfte seines Umfanges umfassen. Zwei Markisen aus Acrylstoff sollten den durch Wände umschlossenen Teil des Beckens abdecken. Nach einem negativen bescheidmäßigen Abspruch über dieses Ansuchen hätten die Beschwerdeführer in der Berufung dagegen selbst ausgeführt, dass der Antrag gegenüber den bisherigen Anträgen als "aliud", also als Antrag neuen Inhaltes, anzusehen sei. Die Bauoberbehörde für Wien habe sich in der Begründung des Berufungsbescheides vom 31. August 1983, MDR B XXIII-23/83, mit dem im übrigen der erstinstanzliche Bescheid behoben worden sei, dieser Auffassung angeschlossen. Das administrativrechtliche Verfahren, das auf Grund des erwähnten Antrages der Berufungsbehörde vom 8. Februar 1983 durchgeführt worden sei, habe auch nach Ansicht der belangten Behörde ein neues Projekt zum Inhalt, das mit jenem, dessen Durchführung bereits mit Bescheid vom 13. März 1975 untersagt worden sei, nicht ident sei. Da die im Vollstreckungsverfahren im Wege der Ersatzvornahme durchzuführenden Arbeiten aber ausschließlich auf der Versagung des bestehenden Schwimmbeckens beruhten, über dessen rechtliche Unzulässigkeit rechtskräftig abgesprochen worden sei und über das kein administrativ-rechtliches Verfahren mehr anhängig sei, sei der in der Berufung geltend gemachte Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung wegen Anhängigkeit eines Verfahrens zwecks Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht gegeben.

Zur Zeit sei neuerlich nur ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung für ein Nebengebäude, das auf den Fundamenten des gegenständlichen Schwimmbades errichtet werden solle, anhängig. Auch dieses Projekt sei gegenüber dem bestehenden rechtswidrigen Zustand ein "aliud".

Für die preisliche Unangemessenheit der Kostenersatzvornahme habe der jeweilige Berufungswerber den Beweis zu erbringen. Die Beschwerdeführer hätten die Unangemessenheit zwar behauptet, jedoch keinerlei Beweismittel hiefür angeboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; aus den Ausführungen ergibt sich, dass sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt erachten, dass vor Entscheidung über ihr neuerliches Bauansuchen, betreffend ein Nebengebäude, keine Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen würden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu erwogen:

§ 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien, in der Fassung der Novelle 1976, LGBl. Nr. 18, lautet:

"Abweichungen von den Bauvorschriften sind zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen. ..."

Entgegen der offensichtlichen Annahme der Beschwerdeführer ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht etwa, dass eine Vollstreckung ausgeschlossen wäre, wenn das ohne erforderliche Bewilligung hergestellte Objekt genehmigungsfähig ist, und so für die Dauer des Bewilligungsverfahrens ein zunächst formal bauordnungswidriger Zustand in Kauf genommen würde. Auch dann, wenn das Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für dasselbe Objekt anhängig ist, entspricht ein Auftrag zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Zustandes dem Gesetz (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1970, Zl. 195/70, Slg. N.F. Nr. 7813/A). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist allerdings während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung ein Abtragungsauftrag nicht zu vollstrecken; davon gehen ja auch die Parteien des Verwaltungsgerichtshofverfahrens aus. Dies gilt aber dann nicht, wenn der vorschriftswidrig errichtete Bau, von dem bereits feststeht, dass er nicht bewilligt werden kann, nur in irgendeiner Weise - so im vorliegenden Fall als untergeordneter Bestandteil eines Gebäudes - bei einem künftigen Bau, um dessen baubehördliche Bewilligung erst angesucht wurde, mitverwendet werden soll. Sonst stünde es ja dem Verpflichteten offen, das erforderliche Vollstreckungsverfahren auf unabsehbare Zeit durch Anträge auf Bewilligung immer wieder neuer Projekte, in die das zu beseitigende Objekt einbezogen werden soll, zu verhindern.

Da sich also bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt, indem sie die Vollstreckbarkeit des Beseitigungsauftrages annahm, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren nach § 35 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Damit entfällt auch eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 18. September 1984

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