VwGH 83/07/0301

VwGH83/07/03013.7.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde 1. der FR und 2. des CR, beide in K, beide vertreten durch Dr. Franz Müller - Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Bahnhofstraße 4/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 24. August 1983, Zl. 8 Wa-409/4/83, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

WasserschongebietsV Krnt 1968;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §34 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs7 idF 1983/390;
WRG 1959 §99 Abs1 litd;
WasserschongebietsV Krnt 1968;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §34 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs7 idF 1983/390;
WRG 1959 §99 Abs1 litd;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

I.

1. Mit Eingabe vom 1. September 1982 ersuchte die Gemeinde X die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt um Überprüfung der Abwasserbeseitigungsanlage des Zweifamilienwohnhauses der nunmehrigen Beschwerdeführer auf dem Grundstück 539/2 KG. X. Hiezu wurde ausgeführt, daß auf dem Grundstück des GW (539/1 KG. X) Fäkalwässer austräten, und gleichzeitig darauf hingewiesen, daß unter dem zuletzt genannten Grundstück die Quellen der Wasserversorgungsanlage X lägen, deren Beeinträchtigung durch die aus der Abwasserbeseitigungsanlage der Beschwerdeführer abgeleiteten Sickerwässer befürchtet werde. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, im Zuge dessen das Wasserbauamt Klagenfurt nach Vornahme eines Ortsaugenscheines eine Stellungnahme erstattete, wonach aus wasserbautechnischer Sicht die gegenständliche Schmutzwasserversickerung abgelehnt werde, trug die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt mit Bescheid vom 30. September 1982 den Beschwerdeführern als Eigentümern des Wohnobjektes auf dem Grundstück 539/2 KG. X und der damit verbundenen Abwasserbeseitigungsanlage in Form einer Klär- und Sickeranlage gemäß § 138 in Verbindung mit § 32 WRG 1959 auf, "die konsenslos errichtete Versickerung binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Bescheides durch Abdichtung des Kläranlagenüberlaufes und Außerfunktionssetzung der Zuleitung zur Sickeranlage außer Betrieb zu setzen und die bestehende Kläranlage als Senkgrube zu verwenden". Begründend führte die Erstbehörde nach Wiedergabe der gutächtlichen Äußerung des Wasserbauamtes Klagenfurt aus, die Bewilligungspflicht der Abwasserbeseitigungsanlage der Beschwerdeführer sei im Grunde des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 gegeben. Die Eigenmacht der Errichtung der Klär- und Sickeranlage stehe außer Zweifel, da eine wasserrechtliche Bewilligung nicht habe vorgewiesen werden können. Für den Fall eines nachträglichen Ansuchens um Konsentierung dieser Anlage sei auf Grund der im Gutachten des Wasserbauamtes festgestellten schlechten Sickerfähigkeit des Bodens, der Beeinträchtigung des unterliegenden Grundstückes und der Gefährdung des durch die Gemeinde genutzten Wasservorkommens eine Bewilligung nicht möglich. Vielmehr erfordere es das öffentliche Interesse, daß die als eigenmächtige Neuerung zu qualifizierende Sickeranlage beseitigt und somit einerseits die Beeinträchtigung des unterliegenden Grundstückes, anderseits die Gefährdung der gemeindlichen Wasserversorgung hintangehalten werde.

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung. Nach Einholung einer ergänzenden Äußerung des Wasserbauamtes Klagenfurt, in dem dieses seinen vor der Erstbehörde dargelegten Standpunkt bekräftigte und zusätzlich auf die Lage der verfahrensgegenständlichen Abwasserbeseitigungsanlage innerhalb des Grundwasserschongebietes Ebenthal-Keutschacher See (Verordnung vom 20. November 1968, LGBl. Nr. 79) hinwies, sowie einer Stellungnahme der wasserbautechnischen Abteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung, der zufolge einer Versickerung von häuslichem Abwasser im Wege der gegenständlichen Anlage keinesfalls zugestimmt werden könne, erließ der Landeshauptmann von Kärnten (die belangte Behörde) unter Wahrung des Parteiengehörs hinsichtlich der vorgenannten Fachäußerungen den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid, mit dem der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben wurde. Nach Wiedergabe des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides sowie Zitierung des § 138 Abs. 1 WRG 1959 führte die belangte Behörde zur Begründung aus, die gegenständliche Abwasserbeseitigungsanlage (Klär- und Sickeranlage) sei gemäß § 32 Abs. 1 WRG 1959 bewilligungspflichtig. Aus dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten der wasserbautechnischen Abteilung ergebe sich, daß eine Versickerung von häuslichen Abwässern im in Frage stehenden Bereich aus öffentlichen Interessen keineswegs befürwortet werden könne, da eine Gefährdung der Quellen der Wasserversorgungsanlage X gegeben sei und das Anwesen der Beschwerdeführer in der Schutzzone II des zukünftigen Schutzgebietes dieser Abwasserbeseitigungsanlage zu liegen komme. Außerdem sei in der Stellungnahme des Wasserbauamtes Klagenfurt aufgezeigt worden, daß die Abwasserbeseitigungsanlage der Beschwerdeführer im Grundwasserschongebiet Ebenthal-Keutschacher See (LGBl. Nr. 79/1968) gelegen sei. Die Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung gemäß dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei daher im öffentlichen Interesse erforderlich. Zum Einwand der Beschwerdeführer, daß die Errichtung einer Senkgrube anstatt der vorhandenen Sickergrube technisch nicht möglich sei und außerdem sämtliche Anrainer auch nur Sickergruben hätten, sei folgendes zu bemerken: Abgesehen davon, daß nicht begründet worden sei, warum eine Senkgrube technisch nicht ausführbar sei, hätten die wasserbautechnischen Gutachten die Ausführung einer solchen als technisch ohne weiteres machbar angesehen. Was Sickergruben von Anrainern anlange, so werde es Aufgabe der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt sein, entsprechende Überprüfungen einzuleiten.

3. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Benutzung der nicht der wasserrechtlichen Bewilligung unterliegenden Abwasserbeseitigungsanlage" verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehren deshalb die Aufhebung des bekämpften Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde ist - gleich der Erstinstanz - davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführer die auf ihrem im gemeinsamen Eigentum stehenden Grundstück befindliche, ohne wasserrechtliche Bewilligung (§ 32 Abs. 1 und 2 lit. c WRG 1959) errichtete Abwasserbeseitigungsanlage in Form einer Klär- und Sickeranlage wegen Vorliegens eines diesbezüglichen öffentlichen Interesses in dem im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides umschriebenen Ausmaß und in der dort bezeichneten Art zu entfernen hätten (§ 138 Abs. 1 leg. cit.).

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Vorgangsweise dann als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 zu beurteilen, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen, diese aber nicht erwirkt worden ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. November 1981, Slg. Nr. 10 599/A). Zuständig zur Erteilung eines Auftrages nach § 138 leg. cit. ist diejenige Wasserrechtsbehörde, die für die nachträgliche Bewilligung der eigenmächtigen Neuerung zuständig ist (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis und die dort angeführten Nachweise aus Rechtsprechung und Schrifttum).

2. Im Beschwerdefall hat die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt die Zuständigkeit zur Erteilung eines Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 als Wasserrechtsbehörde erster Instanz in Anspruch genommen. Zu prüfen ist vorerst, ob diese offensichtlich auf die Generalklausel des § 98 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 gestützte Vorgangsweise rechtmäßig war, wobei in diese Prüfung die durch das Bundesgesetz vom 7. Juli 1983, BGBl. Nr. 390, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird, geschaffene Zuständigkeitsnorm des § 34 Abs. 7 WRG 1959 einzubeziehen ist.

Gemäß § 34 Abs. 2 WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen, deren Bewilligung in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes oder des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft (§§ 99 und 100) fällt, durch Verordnung bestimmen, daß in einem näher zu bezeichnenden Teil des Einzugsgebietes (Grundwasserschongebiet, Schongewässer) Maßnahmen, die auf die Beschaffenheit, Ergiebigkeit oder Spiegellage des Wasservorkommens einzuwirken vermögen, vor ihrer Durchführung der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen sind oder der wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Hiebei ist es auch zulässig, die wasserrechtliche Bewilligung zu baulichen Eingriffen jeder Art, zu Lagerungen oder zur Verwendung einzelner, die Beschaffenheit des Gewässers gefährdender Stoffe an die Wahrung bestimmter wasserwirtschaftlicher Gesichtspunkte zu binden.

Auf Grund auch dieser Gesetzesstelle erließ der Landeshauptmann von Kärnten die Verordnung vom 20. November 1968 zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen und zur Sicherung der künftigen Wasserversorgung im Gebiet der Sattnitz von Ebenthal bis zum Keutschacher See, LGBl. Nr. 79. (Soweit die Verordnung die hier nicht interessierende Sicherung der künftigen Wasserversorgung zum Gegenstand hat, erging sie auf der Grundlage des § 35 WRG 1959.) Nach § 1 Abs. 1 lit. c dieser Verordnung bedürfen in dem in der Anlage umgrenzten Gebiet verschiedene Maßnahmen, darunter auch die Herstellung von Abwasseranlagen für Wohnhäuser, vor ihrer Durchführung einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten und den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift und in der Stellungnahme zum Aufschiebungsantrag der Beschwerdeführer - durch die Wasserversorgungsanlage X werden etwa 1.800 Einwohner mit Trink- und Nutzwasser versorgt - ist davon auszugehen, daß die Bewilligung dieser in dem in der Anlage zur Verordnung umgrenzten Gebiet gelegenen Wasserversorgungsanlage jedenfalls nach dem Tatbestand des § 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959 in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes als Wasserrechtsbehörde erster Instanz fiel. Erließ nun der Landeshauptmann von Kärnten u.a. auch zum Schutz der Wasserversorgungsanlage X unter Inanspruchnahme seiner Kompetenz nach § 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959 auf Grund des § 34 Abs. 2 leg. cit. eine Schongebietsverordnung, so ist er hinsichtlich dieser Wasserversorgungsanlage auch zur Vollziehung der Verordnung, sohin auch zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Herstellung von Abwasseranlagen für Wohnhäuser im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. c, berufen (vgl. auch in diesem Zusammenhang des bereits zitierte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 10 599/A). Da, wie erwähnt, die Zuständigkeit zur Erlassung eines eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung betreffenden wasserpolizeilichen Auftrages gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 jener für die (gegebenenfalls) nachträgliche Bewilligung der Neuerung folgt, war die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt im vorliegenden Fall zur Erteilung eines derartigen Auftrages nicht zuständig. Die belangte Behörde hätte daher den vor ihr bekämpften Bescheid schon aus diesem Grund gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ersatzlos beheben müssen. Es wird somit im fortzusetzenden Verfahren der erstinstanzliche Bescheid von der belangten Behörde unbeschadet des Umstandes aufzuheben sein, daß nach der nunmehr geltenden, durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 390/1983 geschaffenen Verfahrensrechtslage neuerlich die seinerzeit eingeschrittene Bezirkshauptmannschaft als Behörde erster Instanz das Verfahren abzuführen und zu entscheiden haben wird. An diesem Ergebnis vermag der Umstand nichts zu ändern, daß das während des vor der belangten Behörde anhängig gewesenen Berufungsverfahrens (mit 23. Juli 1983) in Kraft getretene Bundesgesetz BGBl. Nr. 390/1983 die Vollziehung einer gemäß § 34 Abs. 2 WRG 1959 erlassenen Verordnung im Falle des § 99 Abs. 1 lit. d leg. cit. in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde verweist, da durch diese Änderung der Rechtslage eine rückwirkende Sanierung der Unzuständigkeit der eingeschrittenen Bezirkshauptmannschaft nicht bewirkt wurde.

3. Ein auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützter Auftrag, soweit er - wie im vorliegenden Fall - eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung betrifft, hat sich auf die Anordnung der Beseitigung dieser Neuerung zu beschränken; ein Auftrag, wie vorliegendenfalls an die Beschwerdeführer, auch (zusätzlich) neue Maßnahmen (hier: Errichtung einer Senkgrube) zu setzen, ist durch diese Gesetzesbestimmung nicht gedeckt. Dazu kommt im Beschwerdefall, daß die Herstellung von Abwasseranlagen für Wohnhäuser gemäß § 1 Abs. 1 lit. c der unter II. 2. zitierten Schongebietsverordnung einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf und daher eine derartige Bewilligung nicht im Wege einer Anordnung nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erteilt werden kann.

4. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat, war er - ohne daß es eines Eingehens auf das Beschwerdevorbringen bedurfte - gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

5. Eine Entscheidung über den Aufwandersatz hatte zu entfallen, da ein solcher von den beschwerdeführenden Parteien nicht beantragt wurde (vgl. § 59 VwGG 1965).

Wien, am 3. Juli 1984

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