Normen
VStG §5;
VStG §6;
WRG 1959 §122;
WRG 1959 §138 Abs1;
VStG §5;
VStG §6;
WRG 1959 §122;
WRG 1959 §138 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei leitet aus ihrer Betriebsstätte in R seit Jahren ohne wasserrechtliche Bewilligung aus der Blut- und Fettverarbeitung stammende hochbelastete Abwässer in einer Größenordnung von 3.500 bis 5.300 EGW ungeklärt in den Schwechat-Mühlbach (auch Werksbach). Dieser Zustand führte immer wieder zu Beschwerden wegen Geruchsbelästigung einerseits und der sich auf der Wasseroberfläche ansammelnden Schmutzschicht andererseits. Beanstandungen wegen dieser Gewässerverunreinigungen im August 1981, die am 19. d. M. dazu führten, dass es einem Wasserberechtigten nicht mehr möglich war, dem Bach Wasser zu Feldberegnungszwecken zu entnehmen, veranlassten den Landeshauptmann von Niederösterreich, gestützt auf seine Zuständigkeit gemäß § 122 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 99 Abs. 1 lit. c und 138 Abs. 1 WRG 1959, durch einstweilige Verfügung vom 25. September 1981 der beschwerdeführenden Partei den Auftrag zu erteilen, jegliche weitere Einleitung von Abwässern des Betriebes in den Schwechat-Werksbach sofort zu unterlassen, und zu verfügen, dass sämtliche Abwassereinleitungen in den Vorfluter mit dem Tag der Zustellung des Bescheides sofort abgemauert werden müssen. Einer allfälligen Berufung wurde unter einem die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der von der beschwerdeführenden Partei gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (in der Folge: belangte Behörde) mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, der beschwerdeführenden Partei am 4. März 1982 zu Handen ihres Rechtsvertreters zugestellten Bescheid mit der Begründung nicht Folge, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung vorlägen, weil die Einleitung der ungereinigten Abwässer zu einer schwer wiegenden Verunreinigung des Gewässers führe, die beschwerdeführende Partei nicht in der Lage sei, die Verunreinigungen vom Gewässer fernzuhalten und Wasserberechtigte an der Ausübung ihrer Wassernutzung gehindert worden seien. Die Behörde erster Instanz sei zur Erlassung der einstweiligen Verfügung zuständig gewesen, weil es sich bei dem Betrieb nicht um einen solchen handle, der unter die Ausnahmen gemäß § 99 Abs. 1 lit. c zweiter Fall WRG 1959 falle, würden in der betreffenden Betriebsstätte doch wöchentlich 90 Tonnen Frischblut und 30 Tonnen Fett verarbeitet. Das Wasserrechtsgesetz 1959 sehe weder die Bedachtnahme auf eine Notstandssituation noch auf die Zumutbarkeit der erforderlichen Maßnahmen vor.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 28. Juni 1982, B 201/82-8, die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde ab; gleichzeitig trat er die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem Recht verletzt worden sei, dem Verwaltungsgerichtshof ab. Die Beschwerde wurde auf Grund eines Auftrages des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 2 VwGG 1965 von der beschwerdeführenden Partei ergänzt.
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich, wie der Gesamtheit ihrer Ausführungen zu entnehmen ist, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, dass ihr ein Auftrag zur sofortigen Unterlassung von Einleitungen in das genannte Gewässer nicht erteilt werde, und dass eine Verfügung der Abmauerung sämtlicher Abwassereinleitungen in den Vorfluter unterbleibe. Sie behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs vor Erlassung der einstweiligen Verfügung stellt schon deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil die beschwerdeführende Partei im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, vor der belangten Behörde in der Sache gehört zu werden.
Im übrigen bringt die beschwerdeführende Partei zur Begründung der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Verarbeitung der großen Menge von Blut bedinge eine ungeheure Menge von Wasser, dessen Ableitung in ein fließendes Gewässer erfolgen müsse; diese Abwässer führten zu keiner nachteiligen Beeinflussung des Gewässers, der beschwerdeführenden Partei sei es unmöglich, den mit der Betriebsführung zusammenhängenden Belästigungen abzuhelfen, hierauf habe sie immer wieder verwiesen.
Abgesehen davon, dass die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, die Abwasserfracht ihrer Betriebsstätte beeinträchtige die Gewässergüte nicht, mit den eindeutigen Ermittlungsergebnissen in Widerspruch steht, wurde von ihr eine derartige Behauptung trotz gegebener Möglichkeit im Berufungsverfahren nicht aufgestellt, sodass es dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 verwehrt ist, auf dieses im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals gemachte Vorbringen einzugehen. Das von der beschwerdeführenden Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Unterstützung ihrer Behauptungen vorgelegte Privatgutachten stellte fest, dass am Tag der Untersuchung (4. August 1982) von der Betriebsstätte der beschwerdeführenden Partei eine Gesamtabwasserfracht von rund 1120 EGW abgeleitet wurde, vertritt jedoch die Ansicht, dass "eine nachteilige Beeinflussung dieser Abwässer auf den Vorfluter" schon allein infolge der schlechten Wassergüte des Vorfluters nicht feststellbar sei. Dabei geht das Privatgutachten jedoch von einem mit § 30 Abs. 1 WRG 1959 unvereinbaren Begriff der Gewässerbeeinflussung aus (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1982, Zl. 82/07/0169-7). Das betreffende Vorbringen wäre daher im Verwaltungsverfahren ebenso wie die Behauptung der volkswirtschaftlichen Notwendigkeit des Betriebes der beschwerdeführenden Partei nicht entscheidungswesentlich gewesen.
Der beschwerdeführenden Partei ist es daher nicht gelungen, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.
Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit macht die beschwerdeführende Partei geltend, die Möglichkeit der Erfüllung ihrer wasserrechtlichen Verpflichtungen sei nicht von ihrem Willen abhängig, verantwortlich sei der von der beschwerdeführenden Partei bestellte Betriebsleiter, einzelne Vorfälle, zu denen es komme, wenn die Füllmenge an Fett überschritten werde, seien nicht geeignet, so einschneidende Maßnahmen auszulösen und ein Unternehmen zu vernichten. Es liege Notstand gemäß § 6 VStG 1950 vor, weil nur die Möglichkeit zur Ableitung in den Schwechat-Werksbach bestehe. Die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen finde ihre Grenze an der Zumutbarkeit; der Betrieb der beschwerdeführenden Partei sei behördlich genehmigt.
Dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Andere behördliche Genehmigungen als die wasserrechtsbehördliche Genehmigung gemäß § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 vermögen diese nicht zu ersetzen. Das Vorliegen einer Bewilligung im Sinne der angeführten Gesetzesstelle wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht nachgewiesen. Dass eine solche Bewilligung nicht vorliegt, ist den Verwaltungsakten zu entnehmen. Volkswirtschaftliche Notwendigkeit eines Betriebes vermag diesen von der wasserrechtlichen Bewilligungsbedürftigkeit seiner Abwassereinleitungen nicht zu befreien. Die beschwerdeführende Partei kann sich daher auf ein Recht zur Gewässerverunreinigung nicht berufen.
Da die Abwassereinleitung in den Vorfluter durch den Betrieb der beschwerdeführenden Partei vorgenommen wurde, ist diese für die Gewässerverunreinigung administrativrechtlich verantwortlich und zwar unabhängig davon, ob sie einen Betriebsleiter bestellt hat.
Die für die Erteilung einer Bewilligung im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 zuständige Wasserrechtsbehörde - dies ist im Hinblick auf § 99 Abs. 1 lit. c zweiter Fall WRG 1959 hier der Landeshauptmann - ist daher gegenüber der beschwerdeführenden Partei gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz zur Auftragserteilung laut lit. a und lit. b der zuletzt zitierten Gesetzesstelle verpflichtet, wenn dies das öffentliche Interesse erfordert oder es der Betroffene verlangt. Diese Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ist von der Zumutbarkeit für den Zuwiderhandelnden ebenso unabhängig wie von dem Fehlen einer Zwangslage, die allenfalls zum Verstoß gegen das Gesetz geführt hat. Wie den einleitenden Worten des § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu entnehmen ist, sind die Maßnahmen unabhängig von der Strafbarkeit des Verhaltens zu setzen. Sie haben daher auch dann Platz zu greifen, wenn etwa wegen Notstandes Strafbarkeit nicht gegeben ist.
Gemäß § 30 Abs. 2 WRG 1959 stellt jede Beeinträchtigung der Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte) eine Verunreinigung dar, die gegen das Reinhaltungsgebot des § 30 Abs. 1 WRG 1959 auch dann verstößt, wenn es sich bloß um eine weiter gehende Verunreinigung handelt. Sie stellt daher, solange sie nicht gemäß § 32 WRG 1959 bewilligt ist, eine Rechtswidrigkeit dar, die im öffentlichen Interesse von der Wasserrechtsbehörde abzustellen ist.
Zur Wahrung öffentlicher Interessen kann die zuständige Wasserrechtsbehörde gemäß § 122 WRG 1959 bei Gefahr im Verzuge die erforderlichen einstweiligen Verfügungen auch im Hinblick auf künftige endgültige Maßnahmen gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 treffen. Da für die belangte Behörde feststand, dass aus dem Betrieb der Beschwerdeführerin immer wieder Verunreinigungen des Gewässers erfolgten, die nicht nur zu Geruchsbelästigung führten, sondern, wie der Vorfall vom August 1981 gezeigt hatte, das Wasser sogar für Beregnungszwecke ungeeignet machten, war es nicht rechtswidrig, davon auszugehen, dass Gefahr im Verzuge sei und die Wahrung des öffentlichen Interesses an der Vermeidung weiter gehender nachteiliger Beeinflussung der Beschaffenheit des Gewässers (§ 105 lit. e WRG 1959) die Erlassung einer einstweiligen Verfügung erlaubt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass die belangte Behörde durch ihre einstweilige Verfügung das zur Gefahrenabwehr erforderliche Ausmaß überschritten habe, zumal auch die beschwerdeführende Partei nicht aufzuzeigen vermochte, welche anderen, minder einschneidenden Maßnahmen zu einer Abwehr der Gefahr hätten führen können.
Hinsichtlich der Wirksamkeitsdauer der einstweiligen Verfügung wird auf § 122 Abs. 5 WRG 1959 verwiesen.
Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b, 48 Abs. 2, 49 Abs. 2 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 30. November 1982
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