VwGH 82/07/0003

VwGH82/07/000316.2.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, in der Beschwerdesache des WB in S, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den "Bescheid" der Wasser- und Abwassergenossenschaft R, vom 11. Dezember 1981, betreffend Antrag auf Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung, den Beschluss gefasst:

Normen

EGVG 2008 Art2 Abs1;
EO §7 Abs4;
VVG §3 Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;
WRG 1959 §74 Abs2;
WRG 1959 §77 Abs3;
EGVG 2008 Art2 Abs1;
EO §7 Abs4;
VVG §3 Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;
WRG 1959 §74 Abs2;
WRG 1959 §77 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen hat die vom Beschwerdeführer als belangte Behörde bezeichnete Wasser- und Abwassergenossenschaft R (in der Folge: Genossenschaft) am 4. September 1981 einen Rückstandsausweis erstellt, wonach ihr der Beschwerdeführer an Wasser- und Kanalgebühren sowie Zinsen einen Betrag von S 56.464,26 schulde. Diesen Rückstandsausweis habe die Genossenschaft für vollstreckbar erklärt. In der Folge sei auf Grund dieses Rückstandsausweises mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 18. September 1981 die Exekution bewilligt und am 10. November 1981 eine Pfändung vorgenommen worden. Erst durch diese Pfändung habe der Beschwerdeführer von der Existenz des Rückstandsausweises Kenntnis erlangt. Mit Schreiben vom 21. November 1981 habe der Beschwerdeführer hierauf gemäß § 3 Abs. 2 VVG 1950 und § 7 Abs. 4 EO bei der Genossenschaft die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung beantragt. Ferner sei über seinen Antrag die Exekution durch das Bezirksgericht bis zur Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung aufgeschoben worden.

Am 16. Dezember 1981 sei dem Beschwerdeführer dann das von ihm als "Bescheid" bezeichnete, an seinen Rechtsvertreter gerichtete Schreiben der Genossenschaft vom 11. Dezember 1981 zugekommen, welches folgenden Inhalt hatte:

"Sehr geehrter Herr Doktor!

In Beantwortung Ihres Schreibens vom 23.11.1981 teilt die Genossenschaft nach Prüfung der Sach- und Rechtslage folgendes mit:

1. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung am 4.9.1981 ist weder gesetzwidrig noch irrtümlich erteilt. Im Sinne der Bestimmungen der Satzung der Genossenschaft liegen den geltend gemachten Beträgen entsprechende Beschlüsse der satzungsgemäßen Organe der Genossenschaft zugrunde.

2. Bezüglich der erhobenen Einwendungen wird festgestellt, daß Aufrechnungen satzungsgemäß nicht vorgesehen sind.

Mit vorzüglicher Hochachtung Wasser- und Abwassergenossenschaft R der Obmann Dipl.Ing. EG"

In diesem Schreiben der Genossenschaft erblickt der Beschwerdeführer einen von dieser erlassenen Bescheid, mit welchem sein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung konkludent abgewiesen worden sei. Gegen diese Entscheidung sei ein Instanzenzug nicht vorgesehen; der Beschwerdeführer sei dadurch aber in seinem Recht auf Parteiengehör und auf Nichtzahlung einer nicht bestehenden bzw. nicht fälligen Schuld verletzt. Der angefochtene Bescheid leide an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil ihm einerseits kein Ermittlungsverfahren vorangegangen sei, und weil er andererseits auch nicht den Erfordernissen des § 58 AVG 1950 entspreche. Inhaltliche Rechtswidrigkeit hafte ihm deshalb an, weil die Vollstreckbarkeitsbestätigung nach den Satzungen der Genossenschaft nicht von dieser, sondern von der Wasserrechtsbehörde zu erteilen gewesen wäre, aber auch deshalb, weil die Satzungen in Wahrheit eine Aufrechnung nicht ausschlössen und auf den Einwand der mangelnden Fälligkeit nicht eingegangen worden sei.

Die Beschwerde erweist sich aus den folgenden Überlegungen als unzulässig:

Nach § 84 WRG 1959 sind rückständige Genossenschaftsbeiträge (§ 78) auf Ansuchen der Genossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950 einzutreiben. Durch diese Bestimmung ist Wassergenossenschaften das Recht der politischen Exekution eingeräumt; sie sind daher berechtigt, nach Maßgabe ihrer Satzungen Rückstandsausweise auszustellen und deren Vollstreckbarkeit zu bestätigen.

Nach § 3 Abs. 2 VVG 1950 sind Bescheide und Rückstandsausweise, die von der erkennenden oder verfügenden Stelle oder von der Vollstreckungsbehörde mit der Bestätigung versehen sind, daß sie einem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, Exekutionstitel im Sinne des § 1 EO. Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO sind bei der Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist.

Nach § 7 Abs. 4 EO sind dann, wenn die Bestätigung der Vollstreckbarkeit für einen in § 3 Abs. 2 VVG 1950 angeführten Exekutionstitel gesetzwidrig oder irrtümlich erteilt worden ist, Anträge auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit bei jener Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist.

Nach dem Inhalt der Beschwerde hat sich der Beschwerdeführer mit seinem an die Genossenschaft gerichteten Antrag vom 21. November 1981, sowohl auf § 3 Abs. 2 VVG 1950 als auch auf § 7 Abs. 4 EO berufen. Beide Bestimmungen können nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Recht herangezogen worden sein, da die von ihm begehrte Aufrechnung auf eine erst nach Ausstellung des Rückstandsausweises entstandene Tatsache zurückgehen kann; durch den Hinweis auf eine Verletzung der Satzungen bei Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung hingegen wird deren Gesetzwidrigkeit bzw. Irrtümlichkeit behauptet.

Der Beschwerdeführer irrt aber, wenn er in dem Antwortschreiben der Genossenschaft vom 11. Dezember 1981 eine bescheidmäßige Erledigung seines Antrages erblickt, welche ihn zur Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigen würde.

Wassergenossenschaften nach den §§ 73 ff WRG 1959 sind gemäß § 74 Abs. 2 WRG Körperschaften öffentlichen Rechts, welche die ihnen obliegenden Angelegenheiten ausschließlich im Rahmen ihrer Satzungen und unter Aufsicht der Wasserrechtsbehörden regeln. Mit der Erteilung von Bescheiden sind Wassergenossenschaften jedoch nicht betraut. Ihre Organe besorgen daher auch nicht im Sinne des Art. II Abs. 1 EGVG 1950 behördliche Aufgaben. Auch die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern einer Genossenschaft oder zwischen diesen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten, zu welchen auch die Frage der Beitragsleistung zu den Verbandsaufgaben zählt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1961, Zl. 641/60), ist gemäß §§ 77 Abs. 3 lit. i und 85 Abs. 1 WRG 1959 vor Befassung der Wasserrechtsbehörden im eigenen Wirkungsbereich der Genossenschaft durch die hiefür satzungsgemäß berufenen Organe und nicht im Wege seiner behördlichen Erledigung zu versuchen. Anders als etwa Wasserverbände, die gegebenenfalls innerhalb des ihnen gemäß § 95 WRG 1959 übertragenen Wirkungsbereiches nach § 97 Abs. 3 WRG 1959 bescheidmäßig vorzugehen haben (vgl. Anm. 7 zu § 97 in Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, S. 415), sieht das Gesetz eine Bescheiderlassung durch Organe der Wassergenossenschaften nicht vor. Auch das Recht, gemäß § 84 WRG 1959 Rückstandsausweise auszustellen und diese mit der Vollstreckbarkeitsbestätigung zu versehen, ändert daran nichts, weil es sich dabei nicht um Bescheide handelt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1951, Slg. Nr. 2252/A, vom 20. April 1955, Slg. Nr. 3714/A, vom 1. März 1974, Zlen. 1250/73, 264/74, und vom 14. November 1980, Zl. 1223/80).

Soweit die zwischen dem Beschwerdeführer und der Genossenschaft im Beschwerdefall über den Rückstandsausweis und seine Vollstreckbarkeit bestehenden Differenzen nicht im Rahmen der diese Verhältnisse regelnden Organisationsnormen der Genossenschaft (§ 77 Abs. 3 WRG 1959) beigelegt werden, ist für die Erledigung von Einwendungen gegen einen Exekutionstitel bzw. eines Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung die Wasserrechtsbehörde zuständig. Erst eine Entscheidung der Wasserrechtsbehörde hat in Bescheidform zu ergehen und ermöglicht in der Folge nach Erschöpfung des verwaltungsrechtlichen Instanzenzuges die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

Der Beschwerdeführer selbst stellt an anderer Stelle seiner Beschwerde die Bescheidqualität des Schreibens der Genossenschaft vom 11. Dezember 1981 in Frage. Tatsächlich läßt auch die Art der von der Genossenschaft gewählten Vorgangsweise nicht erkennen, daß sie mit dem angefochtenen Schreiben den Antrag des Beschwerdeführers auch nur "konkludent" in Bescheidform abweisen wollte. Mit Rücksicht darauf, daß die Genossenschaft vom Gesetz zu einer bescheidmäßigen Erledigung nicht berufen ist, hat es für den Beschwerdefall keine Bedeutung mehr, daß in diesem Schreiben seinem Inhalt nach, auch wenn es von einer Behörde erlassen worden wäre, ein Bescheid nicht zu erblicken wäre (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, vom 30. Mai 1980, Zlen. 649, 650/80, und vom 21. Oktober 1980, Zl. 2286/80).

Auf Grund der obigen Erwägungen trifft die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung nicht zu, daß mit dem angefochtenen Schreiben der Genossenschaft vom 11. Dezember 1981 die Frage der Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung bzw. der Unzulässigkeit der gegen ihn geführten Exekution rechtsverbindlich behördlich erledigt wäre. Fehlte der bekämpften Erledigung aber die Bescheidqualität, dann mangelt es an einer Grundvoraussetzung für eine Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, sodaß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen war.

Mit Rücksicht auf dieses Ergebnis erübrigt sich, auf den vom Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde verbundenen Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, einzugehen.

Wien, am 16. Februar 1982

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte