VfGH B1692/2010 ua

VfGHB1692/2010 ua19.6.2013

Aufhebung der angefochtenen Bescheide im Anlassfall

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

I. Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

II. Das Land Niederösterreich ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.080,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1. Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 beantragte der "Verein zur Erhaltung von Kultur und Landschaft Stadlberg" die baubehördliche Bewilligung gemäß §14 Z1 und Z4 NÖ Bauordnung 1996 für einen Zu- und Umbau bei einem bestehenden Vereinshaus auf dem Grundstück 409/2, KG Karlstift.

2. Mit einer "Verordnung B" widmete der Gemeinderat der Marktgemeinde Bad Großpertholz am 18. Februar 2009 im Rahmen der 6. Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes einen Teil des Grundstücks 409/2, KG Karlstift, von "Grünland-Land- und Forstwirtschaft" in "Bauland-Sondergebiet-Vereinshaus" um. Die Verordnung trat am 18. September 2009 in Kraft.

3. Am 8. März 2010 bewilligte der Bürgermeister der Marktgemeinde Bad Großpertholz das beantragte Projekt. Die dagegen erhobenen Berufungen der beschwerdeführenden Parteien wies der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Bad Großpertholz als Baubehörde zweiter Instanz ab. Die Vorstellungen gegen die Bescheide des Gemeindevorstands wies die NÖ Landesregierung ab.

4. Gegen diese Bescheide der NÖ Landesregierung vom 25. Oktober 2010 richten sich die vorliegenden, auf Art144 B‑VG gestützten Beschwerden, in denen die beschwerdeführenden Parteien die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und die Gesetzwidrigkeit (der 6. Änderung) des Flächenwidmungsplans der Marktgemeinde Bad Großpertholz behaupten.

5. Die NÖ Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen. Die beschwerdeführenden Parteien replizierten auf die Gegenschrift.

6. Aus Anlass dieser Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans der Marktgemeinde Bad Großpertholz in der Fassung der "Verordnung B" des Gemeinderates der Marktgemeinde Bad Großpertholz vom 18. Februar 2009, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 3. bis 21. September 2009, soweit er für einen Teil des Grundstücks 409/2, KG Karlstift, die Widmung "Bauland-Sondergebiet-Vereinshaus" festlegt, ein. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2013, V2,3/2013, hob er die in Prüfung gezogene Verordnung als gesetzwidrig auf.

Die Beschwerden sind begründet.

Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien – schließlich hätte das Bauwerk auf Grund der fehlenden Flächenwidmung gar nicht errichtet/bewilligt werden können – nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag in der Höhe von € 200,–, Umsatzsteuer in Höhe von € 440,– sowie der Ersatz der Eingabengebühren gemäß §17a VfGG in Höhe von in Summe ebenfalls € 440,– enthalten.

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