VfGH B18/12

VfGHB18/125.3.2012

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung der Anträge auf Nichtigerklärung rechtskräftiger Einleitungs-, Verhandlungs- und Nichteinleitungsbeschlüsse in einer Disziplinarangelegenheit; keine Präjudizialität der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission

Normen

AVG §68 Abs4, Abs7
BDG 1979 §41a Abs6, §41f, §105
AVG §68 Abs4, Abs7
BDG 1979 §41a Abs6, §41f, §105

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer steht als Polizeibeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

1.1. Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (in der Folge: Disziplinarkommission) erließ den Beschwerdeführer betreffend unter anderem folgende, für das vorliegende Beschwerdeverfahren maßgebliche Bescheide:

Am 15. Juli 2008 erließ die Disziplinarkommission

einen Nichteinleitungsbeschluss zu sieben Punkten sowie in neun Punkten einen Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluss bis zum Abschluss eines anhängigen strafgerichtlichen Verfahrens. Am 24. September 2008 beschloss die Disziplinarkommission zu zwei Punkten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens und zu zwei Punkten die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Mit Einstellungsbeschluss vom 4. Oktober 2010 wurde das gegen den Beschwerdeführer am 15. Juli 2008 eingeleitete Disziplinarverfahren zu vier Punkten eingestellt. Am 1. März 2011 erließ die Disziplinarkommission gegen den Beschwerdeführer einen Verhandlungsbeschluss zu einem Punkt und einen Einstellungsbeschluss zu zwei Punkten.

1.2. Mit Schreiben vom 28. März 2011 beantragte der Beschwerdeführer bei der Disziplinarkommission die Nichtigerklärung der rechtskräftigen Bescheide vom 15. Juli 2008 und vom 1. März 2011 wegen "Wegfall der Bescheidgrundlage" mit der Begründung, dass die Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission nicht gehörig kundgemacht worden sei. In weiterer Folge zog der Beschwerdeführer den Antrag auf Nichtigerklärung hinsichtlich des Verhandlungsbeschlusses vom 1. März 2011 auf Grund des in der mündlichen Verhandlung am 6. April 2011 im Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission ergangenen Freispruches zurück und beantragte die Nichtigerklärung des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses vom 24. September 2008 wegen Wegfalls der Bescheidgrundlage.

1.3. Der Senatsvorsitzende der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (in der Folge: Berufungskommission) teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Mai 2011 mit, dass die Berufungskommission dem Antrag auf Nichtigerklärung nicht nachkomme, weil der Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission für das Jahr 2008 (auf deren Grundlage der erstinstanzliche Disziplinarsenat zusammengesetzt war) Geltung zukomme und die Berufungskommission als Verwaltungsbehörde an diese Geschäftsverteilung ungeachtet der Frage der Ordnungsmäßigkeit ihrer Kundmachung gebunden sei.

1.4. Mit Schreiben vom 22. Juni 2011 stellte der Beschwerdeführer an die Berufungskommission den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung seines behauptetermaßen gestellten Antrags auf Nichtigerklärung des Einleitungs- und Unterbrechungsbeschlusses vom 15. Juli 2008, des Einstellungsbeschlusses vom 4. Oktober 2010, des Verhandlungs- und Einstellungsbeschlusses vom 1. März 2011 und des Disziplinarerkenntnisses vom 6. April 2011. In einem gesonderten Antrag vom selben Tag beantragte der Beschwerdeführer die Nichtigerklärung des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses vom 24. September 2008. In beiden Schreiben beantragte der Beschwerdeführer jeweils weiters, "sämtliche weitere, den Beschuldigten belastende Bescheide, die ohne Rechtsgrundlage erlassen wurden, für nichtig zu erklären" und "das gesamte Disziplinarverfahren wegen Wegfalls der Bescheidgrundlagen für nichtig zu erklären bzw. einzustellen". Der Grund für den Wegfall der Bescheidgrundlage sei die mit Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2010, V87/10 und V88,89/10, wegen nicht gehöriger Kundmachung festgestellte Gesetzwidrigkeit der Verordnungen "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2007" und "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2007 ab 1. März 2007" der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, weiters die Gesetzwidrigkeit der Verordnungen "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2008 ab 1. Jänner 2008" und "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2009 ab 1. Jänner 2009" der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres wegen nicht gehöriger Kundmachung. Die im Disziplinarverfahren erlassenen Bescheide seien gemäß §68 Abs4 AVG aufzuheben.

1.5. Mit an den Beschwerdeführer adressiertem

Bescheid vom 9. November 2011 verfügte die Berufungskommission Folgendes:

"Die Anträge auf Nichtigerklärung werden, soweit sie sich auf Einleitungsbeschlüsse, Verhandlungsbeschlüsse, Nichteinleitungsbeschlüsse und die dazu geführten Verfahren beziehen, wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen".

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, die Berufungskommission entscheide gemäß §41a Abs6 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 nur über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Versetzungs- und Verwendungsänderungsbescheide sowie Einleitungs-, Einstellungs- und Verhandlungsbeschlüsse, weshalb sich ihre Entscheidung auch als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde nur auf die von ihrer Zuständigkeit erfassten Angelegenheiten beziehen könne. Der Antrag auf Nichtigerklärung des Disziplinarerkenntnisses vom 6. April 2011 werde gemäß §6 AVG an die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt überwiesen. Gemäß §68 Abs7 AVG habe niemand einen Anspruch auf die Ausübung des der Behörde gemäß §68 Abs4 Z1 AVG zustehenden Rechts auf Behebung rechtskräftiger Bescheide bzw. als Folge auf Aufhebung des vorangegangenen Verfahrens. Da der Partei diesbezüglich kein Antragsrecht zukomme, bedürfe ein Anbringen der Partei, in dem diese die Behörde anrege, von ihrer Aufhebungsbefugnis Gebrauch zu machen, keiner förmlichen Erledigung. Ein von der Partei, wie hier, gestellter Antrag auf bescheidmäßige Erledigung ihres diesbezüglichen Anbringens sei zurückzuweisen. Es bestehe auch kein subjektives Recht auf Nichtigerklärung von formell rechtskräftigen Bescheiden vorangegangenen Verfahren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die

vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf ein faires Verfahren, auf eine wirksame Beschwerde, auf Unverletzlichkeit des Eigentums, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich der "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2008 ab 1. Jänner 2008" der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §68 AVG, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Der Beschwerdeführer bringt dazu im Wesentlichen vor, der Verfassungsgerichtshof habe mit Entscheidung vom 9. Juni 2011, V1/11, die Verordnung "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2008 ab 1. Jänner 2008" der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres als gesetzwidrig erkannt; damit habe bei der Erlassung des Einleitungs- und Unterbrechungsbeschlusses vom 15. Juli 2008, des Einstellungsbeschlusses vom 4. Oktober 2010, des Verhandlungs- und Einstellungsbeschlusses vom 1. März 2011 und des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses vom 24. September 2008 durch die Disziplinarkommission eine unzuständige Behörde entschieden; die Berufungskommission habe dadurch, dass sie diese Bescheide der Disziplinarkommission nicht für nichtig erklärt habe, die genannte gesetzwidrige Verordnung angewandt. Da die Berufungskommission die durch die nicht gehörige Kundmachung der Verordnung bewirkte Unzuständigkeit der Disziplinarkommission nicht aufgegriffen habe, sei der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid "sowie durch die dem angefochtenen Bescheid vorausgegangenen Bescheide des Senates 3 der Disziplinarkommission und der Berufungskommission [...] und der Disziplinaroberkommission" in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Wenn die Berufungskommission in ihrem Schreiben vom 11. Mai 2011 meine, sie sei als Verwaltungsbehörde an die Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission ungeachtet der Frage der Ordnungsmäßigkeit ihrer Kundmachung gebunden, so irre sie "in qualifizierter Weise", weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlen einer wirksamen Geschäftsverteilung im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Unzuständigkeit der Behörde zur Folge und die Berufungsbehörde eine solche Unzuständigkeit durch Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides aufzugreifen habe; die Entscheidung der Berufungskommission sei daher willkürlich getroffen worden. Schließlich regt der Beschwerdeführer an, ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §68 AVG für den Fall einzuleiten, dass "§68 AVG [...] die Inanspruchnahme der subjektiven, verfassungsmäßigen Grundrechte des Beschwerdeführers nicht zulassen [sollte]".

3. Die Berufungskommission als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie mit näherer Begründung die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Rechtslage

1. Abs6 des §41a BDG 1979, BGBl. 333 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I 153/2009, lautet wie folgt:

"(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§38, 40, 41 Abs2 [Anm.:

Versetzungs- und Verwendungsänderungsbescheide], 123 Abs2 und 124 Abs2 [Einleitungs-, Einstellungs- und Verhandlungsbeschlüsse]."

Die §§41f und 105 BDG 1979, §41f in der hier

anwendbaren Fassung BGBl. I 61/1997, lauten - auszugsweise - wie folgt:

"Anwendung des AVG [...]

§41f. (1) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren vor der Berufungskommission

1. das AVG mit Ausnahme der §§2 bis 4, 12, 42 Abs1 und 2, 51 und 51a, 57, 63 Abs1, 64 Abs2, 64a, 67a bis 68 und 75 bis 80 [...]

[...]

anzuwenden. Auf das Verfahren über die Berufung gegen einen Einleitungs- oder Verhandlungsbeschluß der Disziplinarkommission ist §105 anzuwenden.

[...]"

"Anwendung des AVG [...]

§105. Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes

bestimmt ist, sind auf das Disziplinarverfahren

1. das AVG mit Ausnahme der §§2 bis 4, 12, 42 Abs1 und 2, 51, 51a, 57, 62 Abs3, 63 Abs1, 64 Abs2, 64a, 67a bis 67h, 68 Abs2 und 3 und 75 bis 80 [...]

[...]

anzuwenden."

2. §68 AVG lautet - auszugsweise - wie folgt:

"Abänderung und Behebung von Amts wegen

§68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

[...]

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer

nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

[...]

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach §35 zu ahnden."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der Verordnung "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2008 ab 1. Jänner 2008" der Disziplinarkommission behauptet, so verkennt er, dass diese Verordnung im vorliegenden Fall nicht präjudiziell ist:

Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Judikatur (VfSlg. 5373/1966, 8999/1980, 11.644/1988, 11.945/1989) die Auffassung, dass eine generelle Norm in einer Beschwerdesache nur dann präjudiziell ist, wenn sie die belangte Behörde im Anlassfall tatsächlich angewendet hat und wenn ihre faktische Anwendung durch die Behörde denkmöglich war, wenn sohin der Sachverhalt der angewendeten Norm zumindest denkmöglich subsumierbar ist (vgl. VfSlg. 4625/1963, 5373/1966) oder wenn sie - unabhängig von der tatsächlichen Anwendung durch die Behörde - jedenfalls anzuwenden war.

Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides ist ausschließlich die Frage, ob die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge auf Nichtigerklärung von jeweils rechtskräftigen Einleitungs-, Verhandlungs- und Nichteinleitungsbeschlüssen und der dazu geführten Verfahren zulässig waren, nicht aber die Frage der Rechtmäßigkeit der genannten Beschlüsse. Es wäre dem Beschwerdeführer offen gestanden, diese Beschlüsse der Disziplinarkommission mit Berufung zu bekämpfen und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der Verordnung "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2008 ab 1. Jänner 2008" der Disziplinarkommission in einer gegen die diesbezügliche Entscheidung der Berufungskommission gerichteten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof geltend zu machen.

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Da der Verfassungsgerichtshof aus der Sicht dieses Beschwerdefalles gegen die angewendeten Rechtsvorschriften, insbesondere gegen §68 AVG, keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt (vgl. auch VfSlg. 8495/1979) und kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB

VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

2.2. Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor.

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

Wie sich aus §68 Abs7 AVG ergibt, besteht kein

Anspruch auf die Ausübung des der Behörde gemäß Abs4 dieses Paragraphen zustehenden Behebungsrechts, sodass durch die Nichtausübung eine Rechtsverletzung nicht stattfinden kann (VfSlg. 7742/1976, 8277/1978, 8495/1979, 10.042/1984). Es ist der Berufungskommission daher nicht entgegenzutreten, wenn sie die Anträge des Beschwerdeführers auf Nichtigerklärung der formell rechtskräftigen Bescheide und der dazu geführten Verfahren mangels subjektiven Rechts auf einen solchen behördlichen Akt als unzulässig zurückweist.

Auf Grund des Fehlens der Präjudizialität der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission im vorliegenden Beschwerdefall (s. oben, Pkt. III.1.) erübrigt sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, die von der Berufungskommission in ihrem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben vom 11. Mai 2011 - das nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildet - vertretene Auffassung, sie sei als Verwaltungsbehörde an die (in diesem Zeitpunkt noch nicht als gesetzwidrig erkannte) Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission ungeachtet der Frage der Ordnungsmäßigkeit ihrer Kundmachung gebunden, sei denkunmöglich.

Das übrige Beschwerdevorbringen betrifft

weitestgehend die formell rechtskräftigen Bescheide, deren Nichtigerklärung der Beschwerdeführer bei der Berufungskommission beantragt hat, und nicht die Frage der Rechtmäßigkeit des hier angefochtenen Bescheides.

3. Im Hinblick auf den Mangel der Präjudizialität der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission ist auch auszuschließen, dass der Beschwerdeführer durch den von ihm bekämpften Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde.

4. Die vom Beschwerdeführer weiters behauptete

Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren, auf eine wirksame Beschwerde, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung durch den bekämpften Bescheid kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.414/1993 mwN) durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid - wie den hier vorliegenden - in ein anderes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht als in das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und in das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht eingegriffen werden kann (vgl. auch VfSlg. 18.281/2007, 18.428/2008).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1.1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

1.2. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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