VfGH B1270/08

VfGHB1270/0826.6.2009

Keine Verletzung im Recht auf Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer durch die Feststellung der Zugehörigkeit eines Bediensteten (Beamter) der Buchhaltungsagentur des Bundes zur Arbeiterkammer; Buchhaltungsagentur als nicht mit hoheitlichen Aufgaben betraute Dienststelle zu qualifizieren

Normen

AKG 1992 §10 Abs1 Z2, §10 Abs2 Z1 lita
BuchhaltungsagenturG §1, §19, §20
AKG 1992 §10 Abs1 Z2, §10 Abs2 Z1 lita
BuchhaltungsagenturG §1, §19, §20

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für

(damals) Wirtschaft und Arbeit vom 29. Mai 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung seiner Nichtzugehörigkeit zur Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark abgewiesen und festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Bediensteter der Buchhaltungsagentur des Bundes gemäß §10 Abs1 Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG), BGBl. 626/1991, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark angehöre. Der Antrag des Beschwerdeführers, die Nichtzugehörigkeit aller Beamtinnen und Beamten, Vertragsbediensteten und Angestellten der Buchhaltungsagentur des Bundes zur Arbeiterkammer festzustellen, wurde zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei zwar Beamter des Bundes und als solcher Arbeitnehmer einer Gebietskörperschaft im Sinne des §10 Abs2 Z1 lita AKG. Auch gehöre der Beschwerdeführer im Hinblick auf §20 des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Buchhaltungsagentur des Bundes (Buchhaltungsagenturgesetz - BHAG-G) dem Personalstand einer Dienststelle an, die in Vollziehung der Gesetze tätig sei. Der Beschwerdeführer werde jedoch nicht im Sinne von §10 Abs2 Z1 lita AKG auch bei einer Dienststelle, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist, verwendet, da es sich bei der Buchhaltungsagentur des Bundes gemäß §1 Abs1 BHAG-G um eine Anstalt öffentlichen Rechts handle.

2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer gemäß §10 Abs2 Z1 lita AKG und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet.

Der Beschwerdeführer begründet die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer im Wesentlichen damit, dass der Begriff der "Dienststelle" im Sinne von §10 Abs2 Z1 lita AKG aus seiner Sicht als ein einheitlicher bzw. übereinstimmender Begriff und keineswegs getrennt in einen "Personal-" und einen "Verwendungsdienststellenbegriff" zu verstehen sei. Die Organisation der Buchhaltungsagentur als Anstalt öffentlichen Rechts stehe daher der Anwendung der Ausnahmebestimmung des §10 Abs2 Z1 lita AKG nicht entgegen. §10 Abs2 Z1 lita AKG schließe inhaltlich keineswegs aus, dass unter den Begriff "Dienststelle" auch ein selbständiger Rechtsträger wie die Buchhaltungsagentur des Bundes als eine Anstalt öffentlichen Rechts subsumiert werden könne. Die Buchhaltungsagentur erfülle auch alle in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Kriterien einer Dienststelle. Zudem sei §10 Abs2 Z1 lita AKG entgegen der Argumentation der belangten Behörde als lex specialis zu §10 Abs1 Z2 AKG zu werten und daher jedenfalls als vorrangig zu behandeln.

Zum behaupteten Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verweist der Beschwerdeführer auf §20 Abs2 Satz 1 BHAG-G betreffend die Zuweisung von Beamten des Bundes für die Dauer ihres Dienststandes an die Buchhaltungsagentur des Bundes. Daraus sei letztendlich abzuleiten, dass Beamte gemäß dieser angezogenen Bestimmung nach wie vor Bedienstete des Bundes seien. Von der in §20 Abs3 Satz 1 BHAG-G vorgesehenen Möglichkeit des Austrittes aus dem Bundesdienst habe der Beschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht. Insofern erfahre der Beschwerdeführer als Bundesbediensteter eine Ungleichbehandlung, da er und seine von ihm als Personalvertreter in großer Zahl vertretene Kollegenschaft nunmehr einen Einkommensausfall durch die einbehaltene Kammerumlage hinnehmen müssten, während anderen (nicht ausgegliederten) Bundesbediensteten, die ebenfalls in Vollziehung der Gesetze tätig seien, dieser Einkommensausfall erspart bleibe. Da es an einer sachlichen Rechtfertigung für das Vorgehen der belangten Behörde mangle, liege objektive Willkür vor.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegen tritt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.

Die belangte Behörde bringt im Wesentlichen vor, dass die Entscheidung der Frage der Anwendung der Ausnahmebestimmung des §10 Abs2 Z1 lita AKG auf Bedienstete der Buchhaltungsagentur des Bundes von der Klärung zweier Punkte abhängig sei. Erstens davon, ob die Buchhaltungsagentur des Bundes eine Dienststelle im Sinne des §10 Abs2 Z1 lita AKG sei, zweitens davon, ob die Buchhaltungsagentur in Vollziehung der Gesetze tätig sei. Zum ersten Punkt sei festzuhalten, dass die Buchhaltungsagentur gemäß §1 Abs1 BHAG-G als Anstalt öffentlichen Rechts eingerichtet sei. Daraus folge entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Buchhaltungsagentur des Bundes eine Anstalt auch im Sinne des AKG sei und dass daher die Ausnahmebestimmung des §10 Abs2 Z1 lita AKG für die der Buchhaltungsagentur gemäß §20 Abs2 BHAG-G zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten keinesfalls zur Anwendung kommen könne. Im Unterschied zu dem in §278 Abs1 BDG 1979 verankerten Dienststellenbegriff, der unter Dienststellen sowohl Behörden, Ämter und andere Verwaltungsstellen als auch Anstalten und Betriebe des Bundes verstehe, unterscheide das AKG zwischen Dienststellen (in §10 Abs2 Z1 lita AKG) einerseits und Betrieben, Anstalten, Stiftungen und Fonds (in §10 Abs1 Z2 AKG) andererseits. Während daher eine Anstalt im Sinne des BDG gleichzeitig Dienststelle sei, führe nach dem AKG die Qualifikation einer Organisationseinheit als Anstalt dazu, dass sie keinesfalls Dienststelle sein könne.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei dem Gesetz kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass §10 Abs2 Z1 lita AKG gegenüber §10 Abs1 Z2 AKG vorrangig zu behandeln wäre. Vielmehr seien die einzelnen Ausnahmetatbestände des §10 Abs2 AKG gegenüber der Generalklausel des §10 Abs1 AKG, die durch eine beispielhafte Aufzählung näher ausgeführt werde, entsprechend der herrschenden Judikatur und Lehre sehr eng zu interpretieren. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass der taxative Katalog der Ausnahmen von der Kammerzugehörigkeit den Begriff der Anstalt (nämlich der wissenschaftlichen Anstalten) in §10 Abs2 Z1 litb AKG - anders als in §10 Abs2 Z1 lita AKG - sehr wohl verwende, woraus ebenfalls geschlossen werden könne, dass in §10 Abs2 Z1 lita AKG eben keine Ausnahme von der Kammerzugehörigkeit für Dienstnehmer von Anstalten begründet werden sollte.

Da die Dienststelleneigenschaft der Buchhaltungsagentur des Bundes im Sinne des §10 Abs2 Z1 lita AKG daher im Ergebnis zu verneinen sei, sei die Frage, ob die Buchhaltungsagentur (auch) in Vollziehung der Gesetze tätig sei, für die Beurteilung der Kammerzugehörigkeit ihrer Bediensteten nicht entscheidungswesentlich.

§10 Abs1 Z2 AKG bejahe nämlich die Arbeiterkammerzugehörigkeit der in Anstalten von Gebietskörperschaften beschäftigten Arbeitnehmer ohne Unterscheidung dahingehend, ob eine Anstalt in Vollziehung der Gesetze tätig sei oder nicht.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Zur Rechtslage:

§10 Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG), BGBl. 626/1991 idF BGBl. I 97/2007, lautet in seinen maßgeblichen Teilen wie folgt:

"Abschnitt 3

Zugehörigkeit

§10. (1) Der Arbeiterkammer gehören alle Arbeitnehmer an. Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind auch

1. Arbeitslose im Anschluß an eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung, wenn sie bisher insgesamt mindestens 20 Wochen kammerzugehörig als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sind, für die Dauer von 52 Wochen oder eines längeren Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung.

2. (Verfassungsbestimmung) Arbeitnehmer in Betrieben, Anstalten, Stiftungen und Fonds des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden, ohne Rücksicht darauf, ob das Arbeitsverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag oder auf einem Hoheitsakt beruht;

3. Arbeitnehmer von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, soweit sie nicht in Z2 genannt sind, und deren Betrieben, Stiftungen, Anstalten und Fonds;

4. Präsidenten und leitende Angestellte von gesetzlichen Interessenvertretungen und kollektivvertragsfähigen freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer, soweit sie kammerzugehörige Berufsgruppen vertreten;

5. Arbeitnehmer in Sägen, Harzverarbeitungsstätten, Mühlen und Molkereien, die von land- und forstwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften betrieben werden, sofern in diesen dauernd mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind;

6. Heimarbeiter;

7. freie Dienstnehmer im Sinne des §4 Abs4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils geltenden Fassung, einschließlich geringfügig beschäftigter freier Dienstnehmer im Sinne des §4 Abs4 in Verbindung mit §5 Abs2 ASVG. Hinsichtlich der Kammerzugehörigkeit arbeitslos gewordener freier Dienstnehmer gilt Z1 sinngemäß.

(2) Der Arbeiterkammer gehören nicht an:

1. (Verfassungsbestimmung) Arbeitnehmer von Gebietskörperschaften, die

a) dem Personalstand einer Dienststelle angehören, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist, und bei einer solchen Dienststelle verwendet werden;

b) in Unterrichts- und Erziehungsanstalten, Archiven, Bibliotheken, Museen oder wissenschaftlichen Anstalten beschäftigt sind;

c) in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben von Gebietskörperschaften beschäftigt sind;

2. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, wenn das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben wird; in Unternehmen mit anderer Rechtsform - unbeschadet Abs2 Z4 - leitende Angestellte, denen dauernd maßgebender Einfluß auf die Führung des Unternehmens zusteht;

3. - 7. [...]

(3) - (4) [...]"

2. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach §10 Abs2 Z1 lita AKG jeder Arbeitnehmer einer Gebietskörperschaft, der dem Personalstand einer Dienststelle angehört, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist, und bei einer solchen verwendet wird, ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht darauf hat, nicht der Arbeiterkammer anzugehören (s. zB VfSlg. 14.085/1995, 15.055/1997, 15.512/1999, 16.584/2002).

Der Beschwerdeführer ist Beamter des Bundes und daher Arbeitnehmer einer Gebietskörperschaft im Sinne des §10 Abs2 Z1 AKG. Er gehört als solcher dem Amt der Buchhaltungsagentur nach §20 Abs1 BHAG-G an und ist der Buchhaltungsagentur zur Dienstleistung zugewiesen. Die Frage ist daher, ob die Buchhaltungsagentur des Bundes als Dienststelle im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist und - sofern diese Frage zu bejahen ist - ob diese Dienststelle in Vollziehung der Gesetze tätig ist.

2.1. Als Dienststelle im Sinne des §10 Abs2 Z1 lita AKG ist eine zur Ausführung bestimmter Aufgaben der Vollziehung gebildete organisatorische Einheit von Personen und Mitteln zu verstehen, die auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Betätigung ihre Entsprechung im "Betrieb" findet. Im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 5187 A/1960, 5306 A/1960 und 13.781 A/1993) sind als maßgebliche Kriterien die örtliche Trennung von anderen (unzweifelhaft in Vollziehung der Gesetze tätigen) Dienststellen, die Erfüllung bestimmter Verwaltungsaufgaben innerhalb eines räumlichen Wirkungsbereichs, das Auftreten unter einer eigenen Amtsbezeichnung, die Führung eines Dienstsiegels, der Ausweis des Personals im Personalplan usw. zu werten. Es müssen jedoch nicht alle diese beispielhaft erwähnten Kriterien erfüllt sein. Ausschlaggebend ist das Vorhandensein einer relativen Selbständigkeit der Aufgabenbesorgung in einer organisatorisch verfestigten Form. Der Umstand, dass die Organisationseinheit in eine übergeordnete Einheit eingegliedert ist, steht einer Qualifikation als Dienststelle nicht entgegen (vgl. VfSlg. 14.085/1995). Es verschlägt - wie beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts betont haben

(VwSlg. 13.781 A/1993, VfSlg. 14.085/1995) - auch nichts, wenn der Leiter der Dienststelle an die Weisungen des Leiters der übergeordneten Einheit gebunden ist.

Die Buchhaltungsagentur führt in räumlicher Trennung vom Bundesministerium für Finanzen unter der Leitung eines Geschäftsführers durch eine größere Anzahl von Bediensteten die Buchhaltung des Bundes für die Organe des Bundes und für die vom Bund verwalteten Rechtsträger unter Anwendung der Haushaltsvorschriften des Bundes. Sie tritt nicht namens des Bundesministers für Finanzen, sondern unter ihrer eigenen Bezeichnung auf. Beamte des Bundes sind der Buchhaltungsagentur zur Dienstleistung zugewiesen, Vertragsbedienstete sind Arbeitnehmer der Buchhaltungsagentur. Die Bediensteten des Amtes der Buchhaltungsagentur sind im Personalplan des Bundesfinanzgesetzes gesondert ausgewiesen.

Es ist daher insgesamt jene relative Selbständigkeit der Aufgabenbesorgung in einer organisatorisch verfestigten Form gegeben, die nach der bisherigen Rechtsprechung für die Annahme einer selbständigen Dienststelle im Sinne des §10 Abs2 Z1 lita AKG ausreicht. Dass die Buchhaltungsagentur gemäß §19 BHAG-G der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen unterliegt und der Bundesminister für Finanzen ihrem Geschäftsführer Weisungen erteilen kann bzw. das jeweils zuständige haushaltsleitende Organ der Buchhaltungsagentur hinsichtlich der Durchführung von Anweisungen nach dem Bundeshaushaltsgesetz Weisungen erteilen kann, hat keine Auswirkungen auf ihre Qualifikation als selbständige Dienststelle.

2.2. Ebensowenig kann - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - der Umstand, dass die Buchhaltungsagentur gemäß §1 Abs1 BHAG-G als Anstalt öffentlichen Rechts qualifiziert wird, per se etwas an ihrer Qualifikation als Dienststelle ändern. Wie sich aus dem Erkenntnis VfSlg. 13.544/1993 ergibt, werden in der maßgeblichen Verfassungsbestimmung des AKG Dienststellen, die "in Vollziehung der Gesetze tätig" sind, den Betrieben und Anstalten von Gebietskörperschaften gegenübergestellt. Mit diesen Begriffen werden Dienststellen der Hoheitsverwaltung einerseits von solchen der Privatwirtschaftsverwaltung andererseits unterschieden. Insofern kann auch eine als Anstalt öffentlichen Rechts qualifizierte Einrichtung grundsätzlich unter die Ausnahmebestimmung des §10 Abs2 Z1 lita AKG fallen, wenn sie "in Vollziehung der Gesetze tätig" ist.

Diese Schlussfolgerung wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorgängerbestimmung zu §10 Abs1 Z2 AKG (= §5 Abs1 litd AKG 1954) bestätigt. Unter Verweis auf den Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung (AB 260 BlgNR 7. GP, 2) wird im Erlass des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 26. April 1962, ZIII/16.576-17/1961, festgehalten, dass "alle in Betrieben und Anstalten von Gebietskörperschaften beschäftigten Dienstnehmer ohne Rücksicht auf die Art der Begründung ihres Dienstverhältnisses (also Vertragsbedienstete und Beamte) arbeiterkammerzugehörig sind, soweit nicht im Abs2 lita [= der heutige §10 Abs2 Z1 lita AKG, die Ausnahmeregelung für Dienststellen, die in Vollziehung der Gesetze tätig sind] für einzelne Gruppen von Dienstnehmern eine Ausnahme vorgesehen ist" (s. SozSi 1962, 341).

Schließlich findet dieser Schluss seine Bestätigung in ArtV Abs2 Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974. In dieser Bestimmung wird für den Umfang des Kompetenztatbestandes "Kammern für Arbeiter und Angestellte, mit Ausnahme solcher auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet" ebenfalls auf die in §5 Abs1 litd und e AKG 1954 (entspricht dem heutigen §10 Abs1 Z2 und 3 AKG) bezeichneten Dienstnehmer "mit Ausnahme der in der Verfassungsbestimmung des §5 Abs2 lita (entspricht dem heutigen §10 Abs2 Z1 lita AKG) dieses Bundesgesetzes genannten Dienstnehmer" Bezug genommen.

2.3. Eine Dienststelle ist dann "in Vollziehung der Gesetze tätig", wenn sie ihre Aufgabe mit Mitteln der Hoheitsverwaltung besorgt (s. VfSlg. 13.544/1993). Allerdings bewirken nur solche hoheitlichen Befugnisse eine Ausnahme von der Arbeiterkammermitgliedschaft, die eben für die Dienststellen von Gebietskörperschaften kennzeichnend und diesen vorbehalten sind. Sohin führt nicht schon jede geringfügige, dem Bereich der Hoheitsverwaltung zuzuordnende Tätigkeit zur Qualifikation, dass die Dienststelle in Vollziehung der Gesetze tätig ist (s. VfSlg. 14.085/1995).

Die Führung der Buchhaltung des Bundes für die Organe des Bundes und für die vom Bund verwalteten Rechtsträger unter Anwendung der Haushaltsvorschriften des Bundes stellt zweifellos eine Tätigkeit dar, die der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen ist. Die jedenfalls mit zu berücksichtigende Zuständigkeit des von der Buchhaltungsagentur verschiedenen Amtes der Buchhaltungsagentur für dienstrechtliche Maßnahmen reicht jedenfalls nicht aus, die Ausnahme von der Kammerzugehörigkeit nach §10 Abs2 Z1 lita AKG zu bewirken (vgl. VfSlg. 14.085/1995, 15.617/1999; Müller, Rechtsfragen zur Arbeiterkammerzugehörigkeit 1999, 64).

2.4. Die Buchhaltungsagentur ist somit zwar Dienststelle, die aber nicht mit hoheitlichen Aufgaben betraut ist. Sie ist sohin keine Dienststelle im Sinne des §10 Abs2 Z1 lita AKG, die "in Vollziehung der Gesetze tätig ist".

2.5. Da die Voraussetzungen für die Ausnahme des Beschwerdeführers von der Arbeiterkammermitgliedschaft nicht vorliegen, hat die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtzugehörigkeit zur Arbeiterkammer nach §10 Abs2 Z1 lita AKG nicht stattgefunden.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch ein Eingehen auf den Vorwurf des Verstoßes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch die Entscheidung der belangten Behörde.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre. Eine Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm kommt im Hinblick auf den Verfassungsrang der angewendeten Bestimmung nicht in Betracht (s. zudem VfGH 6.3.2009, B616/08).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war nicht Folge zu geben, weil Angelegenheiten des §10 Abs1 Z2 AKG und des §10 Abs2 Z1 lita AKG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind (s. VfSlg. 15.512/1999).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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