VfGH G152/06 ua

VfGHG152/06 ua3.3.2007

Keine Verfassungswidrigkeit des Tiroler Gebrauchsabgabegesetzes in der Fassung der Novelle 2002 hinsichtlich der Einbeziehung nicht-gemeindeeigener, Versorgungsleistungen im öffentlichen Interesse erbringender Unternehmen, zB Elektrizitätsunternehmen, in die Gebrauchsabgabepflicht; keine finanzverfassungsrechtlich unzulässige Besteuerung von Umsätzen; sachlich gerechtfertigte Gleichstellung mit den gemeindeeigenen Unternehmen; Einbeziehung alternativer Energieanbieter nach Art einer indirekten Steuer nicht verfassungswidrig

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
F-VG §8
FAG 2001 §15 Abs1 Z12
Tir GebrauchsabgabeG §1 Abs1, §4 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
F-VG §8
FAG 2001 §15 Abs1 Z12
Tir GebrauchsabgabeG §1 Abs1, §4 Abs1

 

Spruch:

Im Gesetz vom 7. Oktober 1992 über die Erhebung einer Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund und des darüber befindlichen Luftraumes (Tiroler Gebrauchsabgabegesetz), LGBl. Nr. 78 idF LGBl. Nr. 110/2002, werden die folgenden Wortfolgen nicht als verfassungswidrig aufgehoben:

In §1 Abs1 die Worte "und d) sonstige Unternehmen, die Leistungen im Sinne der lita und b unter Verwendung eines Zuganges zu Einrichtungen von Betrieben oder Unternehmen nach lita bis c erbringen,";

in §4 Abs1 die Worte ", einschließlich des von Unternehmen nach §1 Abs1 litd für den Zugang zur Einrichtung zu leistenden Entgeltes und

b) bei Unternehmen nach §1 Abs1 litd die Summe der Entgelte für Leistungen im Sinne des §1 Abs1 lita und b, die in der Gemeinde erbracht worden sind, ausgenommen das für den Zugang zur Einrichtung zu leistende Entgelt,".

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu Zl. B522/05 und B928/05 Verfahren über Beschwerden gem. Art144 B-VG gegen Bescheide der Abgabenberufungskommission der Stadt Innsbruck vom 31. März 2005 bzw. 30. Juni 2005 anhängig, mit denen die Berufungen der beschwerdeführenden Gesellschaften (stromerzeugende Unternehmen) gegen die Vorschreibung von Gebrauchsabgabe nach dem Tiroler Gebrauchsabgabegesetz, LGBl. 78/1992, für das Jahr 2003 bzw. für den Zeitraum 1. Jänner 2003 bis 30. September 2003 zumindest teilweise als unbegründet abgewiesen wurden.

2. Aus Anlass der Beratung dieser Beschwerden beschloss der Verfassungsgerichtshof am 26. Juni 2006, von Amts wegen ein Verfahren gem. Art140 Abs1 B-VG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der im Spruch näher bezeichneten Wortfolgen einzuleiten.

3. Zur Rechtslage (die in Prüfung gezogenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

§15 Abs1 Z12 des Bundesgesetzes, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 - FAG 2001), BGBl. 3/2001, lautet wie folgt:

"§15. (1) Ausschließliche Landes-(Gemeinde-) Abgaben sind insbesondere:

...

12. Abgaben für den Gebrauch von öffentlichem Grund in den Gemeinden und des darüber befindlichen Luftraumes;"

§1 Tiroler Gebrauchsabgabegesetz, LGBl. 78/1992 idF LGBl. 110/2002, hat folgenden Wortlaut:

"§1

Abgabenausschreibung, Abgabengegenstand

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates für den Gebrauch von öffentlichem Grund in den Gemeinden und des darüber befindlichen Luftraumes durch

a) gemeindeeigene Betriebe, die der Versorgung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme oder der Entsorgung von Abwasser dienen,

b) gemeindeeigene Verkehrsbetriebe,

c) Unternehmen, die Leistungen im Sinne der lita und b erbringen und an denen die Gemeinde direkt oder indirekt mit wenigstens 50 v. H. der Anteile oder des Kapitals beteiligt ist, und

d) sonstige Unternehmen, die Leistungen im Sinne der lita und b unter Verwendung eines Zuganges zu Einrichtungen von Betrieben oder Unternehmen nach lita bis c erbringen, eine Abgabe (Gebrauchsabgabe) auszuschreiben.

(2) Die Gebrauchsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe."

Nach §2 leg.cit. sind die Betriebe und Unternehmen nach §1 Abs1 leg.cit. zur Entrichtung der Gebrauchsabgabe verpflichtet. Zur Bemessungsgrundlage sieht §4 leg.cit. folgende Regelung vor:

"§4

Bemessungsgrundlage, Höhe der Abgabe

(1) Die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Gebrauchsabgabe bildet

a) bei Betrieben oder Unternehmen nach §1 Abs1 lita bis c die Summe der Entgelte für Leistungen im Sinne des §1 Abs1 lita und b, einschließlich des von Unternehmen nach §1 Abs1 litd für den Zugang zur Einrichtung zu leistenden Entgeltes und

b) bei Unternehmen nach §1 Abs1 litd die Summe der Entgelte für Leistungen im Sinne des §1 Abs1 lita und b, die in der Gemeinde erbracht worden sind, ausgenommen das für den Zugang zur Einrichtung zu leistende Entgelt, ausschließlich der Umsatzsteuer.

(2) Die Gebrauchsabgabe darf 6 v. H. der Bemessungsgrundlage nicht übersteigen."

4. Der Verfassungsgerichthof legte seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Einleitungsbeschluss folgendermaßen dar:

"Das Tiroler Gebrauchsabgabegesetz, LGBl. 78/1992, ermächtigt - damals gestützt auf §14 Abs1 Z13 FAG 1989 - die Gemeinden, für den Gebrauch von öffentlichem Grund in den Gemeinden und des darüber befindlichen Luftraumes eine Abgabe auszuschreiben (Gebrauchsabgabe). Die Ermächtigung beschränkte sich in der Stammfassung des Gesetzes auf gemeindeeigene Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe, gemeindeeigene Verkehrsbetriebe und auf Unternehmen, die derartige Leistungen erbringen und an denen die Gemeinde zu wenigstens 50 vH beteiligt ist (in der Folge: gemeindeeigene Betriebe und Unternehmen). Die Novelle LGBl. 110/2002 erstreckte - offensichtlich unter dem Eindruck der Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes - die Ermächtigung auch auf sonstige (somit nicht gemeindeeigene) Unternehmen, die derartige Leistungen unter Verwendung eines Zuganges zu Einrichtungen von gemeindeeigenen Betrieben oder Unternehmen erbringen. Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Gebrauchsabgabe bildet bei den gemeindeeigenen Betrieben oder Unternehmen die Summe der Entgelte für die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des von den nicht gemeindeeigenen Unternehmen für den Zugang zur Einrichtung zu leistenden Entgeltes; bei den nicht gemeindeeigenen Unternehmen ist Bemessungsgrundlage die Summe der Entgelte für Leistungen, die in der Gemeinde erbracht worden sind, ausgenommen das für den Zugang zur Einrichtung zu leistende Entgelt.

Die Tiroler Gebrauchsabgabe war in der Stammfassung im Hinblick auf die Beschränkung auf gemeindeeigene Betriebe und Unternehmen dem Typus der sog. Konzessionsabgaben zuzurechnen (dazu Frank, Gemeindeabgaben auf Grund freien Beschlußrechtes, 434 ff.). Bei diesen bezweckt die Abgabenerhebung, die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer um eine als Betriebsausgabe abzugsfähige Gemeindeabgabe zu schmälern, weil andernfalls der an die Gemeinde auszuschüttende bzw. ausschüttbare Gewinn um die an den Bund abzuführende Körperschaftsteuer geschmälert würde (dazu schon Pfaundler, Die Finanzausgleichsgesetzgebung 1948/58, 1958, 111; Frank - aaO 435 - spricht von einem körperschaftsteuerfreien Gewinnpräzipuum der Gemeinden).

Der Gerichtshof hat sich bisher nicht mit der Frage zu befassen gehabt, ob dieser Typus von Gebrauchsabgaben durch die einschlägige Ermächtigung des FAG gedeckt ist. Er kann diese Frage auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalls dahingestellt sein lassen. Bedenken erweckt im vorliegenden Fall nämlich (lediglich) der Umstand, dass (bzw. auf welche Weise) mit der Novelle LGBl. 110/2002 auch nicht gemeindeeigene Unternehmen in die Gebrauchsabgabe einbezogen wurden. Dies aus folgenden Erwägungen:

Nach §4 Abs1 Tiroler Gebrauchsabgabegesetz ist Bemessungsgrundlage der Gebrauchsabgabe bei gemeindeeigenen Unternehmen die Summe der Entgelte für die erbrachten Leistungen (somit der Umsatz), einschließlich des von den nicht gemeindeeigenen Unternehmen für den Zugang zur Einrichtung zu leistenden Entgeltes. Für die nicht gemeindeeigenen Unternehmen hingegen ist die Bemessungsgrundlage die Summe der Entgelte für die Leistungen, die in der Gemeinde erbracht worden sind, ausgenommen das für den Zugang zur Einrichtung zu leistende Entgelt.

Bezogen auf die hier in Rede stehenden Elektrizitätsunternehmen (die Anlass für die Novellierung gegeben haben) dürfte der Gesetzgeber somit davon ausgegangen sein, dass die nicht gemeindeeigenen Unternehmen für den Zugang zum gemeindeeigenen Verteilernetz dem gemeindeeigenen Betrieb oder Unternehmen ein Entgelt zu entrichten haben; dieses soll gemäß lita des §4 Abs1 leg.cit. der Gebrauchsabgabe im Rahmen der Besteuerung des gemeindeeigenen Betriebes (Unternehmens) unterworfen werden, da es zu dessen Bemessungsgrundlage gerechnet wird. Das nicht gemeindeeigene Unternehmen hingegen hat nach §4 Abs1 litb leg.cit. Gebrauchsabgabe für die Entgelte für die im Gemeindegebiet erbrachten Leistungen zu entrichten, wobei die 'Zugangsentgelte' abgezogen werden. Im Ergebnis scheint dies zu bedeuten, dass die nicht gemeindeeigenen Unternehmen die Erlöse für ihre Stromlieferungen im Gemeindegebiet der Gebrauchsabgabe zu unterwerfen haben, wobei sie aber das 'Zugangsentgelt' abziehen können (weil dieses beim gemeindeeigenen Elektrizitätsunternehmen versteuert wird).

Der Gerichtshof kann nun vorderhand nicht erkennen, dass es die Ermächtigung des §15 Abs1 Z12 FAG 2001 erlauben würde, Unternehmen einer Gebrauchsabgabe von ihren Gesamtliefererlösen zu unterwerfen, weil sie in einem bestimmten Gemeindegebiet Stromlieferungen erbringen. Ein 'Gebrauch von öffentlichem Grund in den Gemeinden und des darüber befindlichen Luftraumes' (so die Definition des hier maßgebenden FAG 2001) findet allenfalls durch die (Mit)Benützung des gemeindeeigenen Verteilernetzes statt. Für dieses gibt es nach dem ElWOG ein gesondertes Entgelt in Form des Netznutzungsentgeltes, das nach der Konzeption des Tiroler Gebrauchsabgabegesetzes anscheinend als Einnahme des gemeindeeigenen Versorgerbetriebes der Gebrauchsabgabe unterliegen soll. Eine darüber hinausgehende Besteuerung von Umsätzen, die letztlich nicht auf den Gebrauch von Gemeindegrund, sondern anscheinend auf die Lieferung von selbst erzeugtem oder zugekauftem Strom zurückzuführen sind, dürfte durch den Begriff der Gebrauchsabgabe nicht gedeckt sein. Es scheint vielmehr so, dass insoweit - ohne bundesgesetzliche Ermächtigung - eine der Umsatzsteuer gleichartige Abgabe erhoben wird. Daran dürfte der Umstand nichts ändern, dass die bisherige Gebrauchsabgabe bei den gemeindeeigenen Betrieben und Unternehmen anscheinend auch die Erlöse für die Stromlieferungen in die Bemessungsgrundlage einbezogen hat:

Es dürfte nämlich keine sachliche Rechtfertigung dafür geben, eine (im Wege der Gebrauchsabgabe) für gemeindeeigene Betriebe und Unternehmen eingerichtete Gewinnabfuhr auch auf nicht gemeindeeigene Unternehmen auszudehnen bzw. diese einer äquivalenten Belastung zu unterwerfen.

Der Gerichtshof hegt aber ferner das Bedenken, dass die Heranziehung der alternativen Anbieter zur Gebrauchsabgabe auch hinsichtlich der Netznutzung verfassungswidrig sein könnte. Der Tiroler Landesgesetzgeber scheint in diesem Zusammenhang von der Prämisse auszugehen, dass der gemeindeeigene Betrieb sein Verteilernetz dem alternativen Anbieter zur Verfügung stellt und dieser dafür ein Entgelt zu entrichten hat. Dabei dürfte - worauf die Beschwerde zu Recht hinweist - nicht hinreichend berücksichtigt worden sein, dass Partner des Netznutzungsvertrages der Netzbetreiber einerseits und der Kunde des Energielieferanten andererseits sind, nicht aber der Energielieferant selbst (vgl. auch Pichler, in Festschrift Funk, Norm und Normvorstellung, 2003, 363). Ist aber die Netznutzung nach dem Gesagten den Kunden zuzurechnen und von diesen im Wege des Netznutzungsentgeltes abzugelten, dann dürfte seitens der alternativen Anbieter kein Gebrauch von Gemeindegrund vorliegen, so dass eine Belastung mit einer Gebrauchsabgabe - anscheinend - finanzausgleichsrechtlich unzulässig und überdies unsachlich wäre."

5. Die Tiroler Landesregierung nahm von der Erstattung einer Äußerung Abstand; die Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck erstattete eine Stellungnahme, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Wortfolgen verteidigt.

6. Auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes nahmen das Amt der Salzburger und der Wiener Landesregierung sowie der Bundesminister für Finanzen zu den im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Bedenken Stellung. In diesen Äußerungen wird ebenfalls durchwegs die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Regelungen verteidigt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerden und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Wortfolgen sprechen würden. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist daher zulässig.

2. Die Bedenken des Gerichtshofes sind durch das Prüfungsverfahren jedoch zerstreut worden:

Das wesentliche Bedenken des Gerichtshofes betraf den Umstand, dass die in die Gebrauchsabgabepflicht einbezogenen nicht-gemeindeeigenen Unternehmen dieser Abgabe (auch) mit Entgeltteilen unterliegen, die nicht auf die Netznutzung, sondern auf die Stromlieferung entfallen. Während bei gemeindeeigenen Unternehmen eine Gebrauchsabgabe dieser Art unter dem Aspekt einer Konzessionsabgabe ("Gewinnpräzipuum" an die Gemeinde) allenfalls als zulässig angesehen werden könne, könne die Einbeziehung nicht-gemeindeeigener Unternehmen in die Gebrauchsabgabepflicht so nicht gerechtfertigt werden. Insoweit dürfte - so nahm der Gerichtshof vorläufig an - keine Gebrauchsabgabe, sondern eine finanzverfassungsrechtlich unzulässige Besteuerung von Umsätzen vorliegen.

Der Bundesminister für Finanzen hält in seiner Stellungnahme die Aufspaltung der Gebrauchsabgabe, auch wenn sie nur von gemeindeeigenen Unternehmen erhoben wird, in einen Entgeltsteil und eine Gewinnabfuhr für unberechtigt. Es sei von einer einheitlichen Abgabe für den Gebrauch von Gemeindegrund auszugehen, deren Bemessungsgrundlage jener Umsatz sei, der mit Hilfe des Gebrauchs (von öffentlichem Grund) erzielt wird. Die Beurteilung der Gebrauchsabgabe als Entgelt entspreche eher einer rechtlichen Betrachtungsweise, die Einordnung als Gewinnpräzipuum eher einer wirtschaftlichen.

Der Gerichtshof schließt sich dieser Auffassung an. Er hat im Erk. Slg. 10.463/1985 in Zusammenhang mit dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 festgehalten, dass die Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Grund den Charakter einer Gegenleistung für die Gebrauchserlaubnis hat, und wörtlich ausgeführt:

"Der Wert der Gebrauchserlaubnis lässt sich indessen keineswegs nach Art des Aufwandes für eine Einrichtung oder Anlage ermitteln. Vielmehr kann die Höhe der Gebrauchsabgabe vom Gesetzgeber ähnlich frei festgesetzt werden wie ein Entgelt über die Benutzung einer Sache von den Vertragsparteien. Die Verfassung setzt dem Gesetzgeber keinen - dem gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip entsprechenden - festen Rahmen, sondern nur äußerste Grenzen: die Gebrauchsabgabe darf nicht völlig außerhalb jeden Verhältnisses zum jeweiligen wirtschaftlichen Wert des erlaubten Gebrauches stehen."

Der Gerichtshof hat diese Grenze bei einem Abgabensatz von 3 vH der Einnahmen bei Unternehmen, zu deren bestimmungsgemäßer Betriebsführung eine ausgedehntere Inanspruchnahme von Grundstücken gehört, als nicht verletzt angesehen und es dort auch für sachgerecht erachtet, dass die Gebrauchsabgabe vom Umsatz bemessen wird, da aus der Höhe der erzielten Einnahmen auf die wirtschaftliche Bedeutung der Gebrauchserlaubnis geschlossen werden könne.

Die hier zu beurteilende Tiroler Gebrauchsabgabe, die in der Fassung vor der Novelle LGBl. 110/2002 die Gemeinden lediglich zur Besteuerung von gemeindeeigenen und von der Gemeinde beherrschten Unternehmen ermächtigte, bemisst sich nach den Entgelten für die von diesen Unternehmen erbrachten Leistungen (somit am Umsatz); sie darf 6 v. H. der Bemessungsgrundlage nicht übersteigen. Eine Gebrauchsabgabe dieses Ausmaßes ist für Unternehmen, bei denen der Gebrauch des öffentlichen Grundes eine erhebliche Rolle spielt, noch verhältnismäßig und überschreitet nicht die in der zitierten Judikatur gesetzten Grenzen. Dieser Befund muss aber dann unabhängig davon gelten, ob davon nur gemeindeeigene Unternehmen oder auch - wie dies nach der Novelle LGBl. 110/2002 der Fall ist - nicht-gemeindeeigene Unternehmen betroffen sind. (In diesem Zusammenhang ist beachtlich, dass das Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 eine hinsichtlich Bemessungsgrundlage und Tarif vollkommen gleichartige Regelung vorsieht, obwohl es von vornherein nicht auf gemeindeeigene Unternehmen beschränkt ist, sondern alle Unternehmen erfasst, zu deren bestimmungsgemäßer Betriebsführung eine ausgedehntere Inanspruchnahme von Grundstücken erforderlich ist [Tarif C Post 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966]).

Wenn es aber verfassungsrechtlich zulässig ist, gemeindeeigene und nicht-gemeindeeigene Unternehmen, deren Leistungserbringung nur unter erheblicher Inanspruchnahme von öffentlichem Grund möglich ist, einer Gebrauchsabgabe dieser Größenordnung zu unterwerfen, dann fallen die wesentlichen Bedenken des Gerichtshofes weg: Es ist dann nicht davon auszugehen, dass die nicht-gemeindeeigenen Unternehmen in finanzverfassungswidriger Weise einer (zusätzlichen) Umsatzsteuer von ihren Lieferungen unterworfen werden; ebenso wenig ist davon auszugehen, dass sie in unsachlicher Weise ein "Gewinnpräzipuum" abzuführen hätten. Vielmehr ist die Belastung ihrer Umsätze mit einer Gebrauchsabgabe von (maximal) 6 v.H. als finanzverfassungsrechtlich zulässige und - im Hinblick auf die andernfalls drohenden Wettbewerbsverzerrungen - auch sachlich gerechtfertigte Gleichstellung mit den gemeindeeigenen Unternehmen anzusehen, wobei die Gefahr einer Doppelbesteuerung der eigentlichen Netznutzungsentgelte durch die Vorschrift des §4 Abs1 litb des Tiroler Gebrauchsabgabegesetzes vermieden wird.

Der Gerichtshof hatte (finanzausgleichs- und gleichheitsrechtliche) Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Wortfolgen allerdings auch deswegen, weil im Hinblick auf die elektrizitätsrechtliche Situation die Netznutzung den Kunden zuzurechnen und von diesen im Wege des Netznutzungsentgeltes abzugelten sei, so dass anscheinend seitens der alternativen Anbieter gar kein Gebrauch von Gemeindegrund vorliege. In den im Verfahren eingelangten Stellungnahmen wird dem entgegengehalten, dass die finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung des §14 Abs1 Z12 FAG 2005 (§15 Abs1 Z12 FAG 2001) keinen Hinweis auf die Gestaltung der Bemessungsgrundlage oder die Person des Steuerpflichtigen gebe und es daher dem Landesgesetzgeber freistehe, die Abgabenbelastung nicht an den unmittelbaren Gebrauch, sondern an andere, leichter fassbare Vorgänge zu knüpfen, solange damit im Ergebnis der Gebrauch des öffentlichen Grundes belastet wird. In diesem Sinne könne auch der Gebrauch durch einen Dritten steuerauslösend sein.

In der Tat stellt sich die Abgabenerhebung nach dem Tiroler Gebrauchabgabegesetz so dar, dass durch die Einbeziehung der alternativen Energieanbieter in die Abgabepflicht im Ergebnis eine Belastung des Gebrauchs von Gemeindegrund durch Energielieferungen seitens nicht gemeindeeigener Unternehmen erzielt wird. Ungeachtet der rechtlichen Regelungen im Einzelnen und der physikalischen Vorgänge ist unbestreitbar, dass die Versorgung von Abnehmern im Gemeindegebiet durch externe ("alternative") Versorger ohne die Verwendung des Leitungsnetzes im Gemeindegebiet und damit ohne Gebrauch des öffentlichen Grundes nicht denkbar ist. Dass der Gesetzgeber in diesem Fall als Steuerschuldner nicht denjenigen heranzieht, der Partner des Netzzugangsvertrages ist, sondern - nach Art einer indirekten Steuer - das Versorgungsunternehmen bzw. das gemeindeeigene Unternehmen, zu dessen Einnahmen die Entgelte für die Netznutzung gerechnet werden, schadet dabei nicht. Entscheidend ist sowohl aus finanzverfassungsrechtlicher als auch gleichheitsrechtlicher Sicht bloß, dass die vorgeschriebene Abgabe im Ergebnis (sei es auch allenfalls erst im Wege von Überwälzungsvorgängen) den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund belastet. Dies ist aber nach dem Gesagten der Fall.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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