VfGH G154/05, V118/05

VfGHG154/05, V118/05G154/05, V118/054.3.2006

Gleichheitswidrigkeit der Regelung des Bundesvergabegesetzes 2002 betreffend die für Feststellungsanträge im Nachprüfungsverfahren zu leistende Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes; Kumulierung und Multiplizierung der hohen Gebühren infolge verschiedenartiger Anträge sachlich nicht gerechtfertigt; Behinderung der Effizienz des Rechtsschutzes;

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Gebühr für Bauaufträge im Unterschwellenbereich;

Feststellung der Gesetzwidrigkeit der gleichlautenden Bestimmung in der Pauschalgebührenverordnung mangels gesetzlicher Grundlage

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
BundesvergabeG 2002 §175, §177, §191, Anhang X
PauschalgebührenV, BGBl II 324/2002 §1
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
BundesvergabeG 2002 §175, §177, §191, Anhang X
PauschalgebührenV, BGBl II 324/2002 §1

 

Spruch:

I. Die Wortfolge "und 175 Abs1" in §177 Abs1 sowie die Wortfolge "Bauaufträge ... 2 500 €" in der fünftletzten Zeile des Anhanges X jeweils des Bundesvergabegesetzes, BGBl. I Nr. 99/2002, war verfassungswidrig.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im Übrigen wird das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

III. Die Wortfolge "Bauaufträge ... 2 500 €" in der fünftletzten Zeile des §1 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002, war gesetzwidrig.

Die Bundesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Wasserverband Ossiachersee schrieb Bauarbeiten für die Kanalisationserweiterung in Feldkirchen mit einem (im Unterschwellenbereich liegenden) geschätzten Auftragswert von € 505.000,-- im Wege des offenen Verfahrens aus. Die Beschwerdeführerin bekämpfte mit ihrem (ordnungsgemäß vergebührten) Nachprüfungsantrag vom 13. Oktober 2003 bestimmte Festlegungen des Auftraggebers in den Ausschreibungsunterlagen und bezifferte ihren Nichterfüllungsschaden mit zumindest ca. € 15.000,--. Der Auftraggeber widerrief die Ausschreibung am 14. Oktober 2003.

Nachdem die Beschwerdeführerin daraufhin gemäß §175 Abs1 Bundesvergabegesetz, BGBl. I Nr. 99/2002 (im Folgenden: BVergG), einen Antrag auf Feststellung, dass hinsichtlich der im Nachprüfungsantrag angefochtenen Auftraggeberentscheidung ein Rechtsverstoß vorliegt, gestellt hatte, erlegte das Bundesvergabeamt (im Folgenden: BVA), das den Nachprüfungsantrag auf Grund des Widerrufes der Ausschreibung durch den Auftraggeber zurückwies und dem Feststellungsantrag in weiterer Folge vollinhaltlich stattgab, der Beschwerdeführerin nach erfolgloser Aufforderung die (auch) für den Feststellungsantrag fällige Pauschalgebühr in Höhe von € 2.500,-- auf und bestimmte die Überweisung des Betrages binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution. Das BVA begründete den Bescheid damit, dass für einen Antrag nach §175 Abs1 BVergG eine Pauschalgebühr gemäß §177 Abs1 und 2 iVm Anhang X BVergG sowie der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002 (im Folgenden: PauschalgebührenV), zu entrichten sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des Gleichheitssatzes, des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht wird.

3. Aus Anlass dieser Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §177 Abs1 sowie der Wortfolge "Bauaufträge ... 2500 €" in der fünftletzten Zeile des Anhanges X des BVergG, sowie der Gesetzmäßigkeit der gleichlautenden Wortfolge in der fünftletzten Zeile des §1 der PauschalgebührenV entstanden.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 ein Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren zur Prüfung der Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmungen eingeleitet.

II. Die für dieses Verfahren maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die Bestimmung des §177 BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002, lautet samt Überschrift (die aufgehobene Wortfolge ist durch Fettdruck hervorgehoben):

"Gebühren und Gebührenersatz

§177. (1) Für Anträge gemäß den §§163 Abs1, 164 Abs1, 171 Abs1 und 175 Abs1 hat der Antragsteller eine Pauschalgebühr zu entrichten.

(2) Die Höhe der Pauschalgebühr gemäß Abs1 richtet sich nach dem vom Auftraggeber durchgeführten Verfahren und ist gemäß den in Anhang X ausgewiesenen Sätzen bei Antragstellung zu entrichten.

(3) Für Anträge auf Teilnahme am Nachprüfungs- oder Feststellungsverfahren gemäß §165 Abs2 und 4 ist eine Pauschalgebühr in der Höhe von 50% von den in Anhang X genannten Sätzen bei Antragstellung zu entrichten. Die Höhe der Pauschalgebühr richtet sich nach dem vom Auftraggeber durchgeführten Verfahren.

(4) Die Pauschalgebühren sind durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte zu entrichten. Die über die Barzahlung und Einzahlung mit Erlagschein hinausgehenden zulässigen Entrichtungsarten sind durch das Bundesvergabeamt nach Maßgabe der vorhandenen technisch-organisatorischen Voraussetzungen festzulegen und entsprechend bekannt zu machen.

(5) Der vor dem Bundesvergabeamt wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Abs1 oder 3 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner."

Weiters lautet der in §177 Abs2 genannte Anhang X des BVergG (die aufgehobene Wortfolge ist hervorgehoben; bei einigen Positionen enthält der Anhang X keine Gebührenansätze):

"Anhang X

Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes

Direktvergaben.......................................... 200 €

Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung

gemäß §26 Abs3

Bauaufträge............................................. 400 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge..................... 300 €

Geistig-schöpferische Dienstleistungen.........

Nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung

gemäß §26 Abs1

Bauaufträge............................................. 600 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge............

Sonstige Verfahren im Unterschwellenbereich

Bauaufträge.............................................2 500 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge............

Sonstige Verfahren im Oberschwellenbereich

Bauaufträge.............................................5 000 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge............ "

§191 Abs4 BVergG ermächtigt die Bundesregierung zur Anpassung der in Anhang X normierten Gebührensätze und lautet in der Stammfassung:

"§191.

...

(4) Die Bundesregierung hat die Gebührensätze in Anhang X durch Verordnung entsprechend anzupassen, falls es der mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes verbundene Personal- und Sachaufwand zur Deckung der Kosten der Rechtschutzeinrichtung erfordert."

Die Bundesregierung hat von dieser Ermächtigung in §191 Abs4 BVergG mit der Verordnung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002, Gebrauch gemacht; diese lautet (die aufgehobene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§1. Die Gebührensätze in Anhang X des Bundesvergabegesetzes 2002 werden wie folgt angepasst:

Direktvergaben.......................................... 200 €

Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung

gemäß §26 Abs3 und 4

Bauaufträge............................................. 400 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge..................... 300 €

Geistig-schöpferische Dienstleistungen.................. 350 €

Nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung

gemäß §26 Abs1

Bauaufträge............................................. 600 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge..................... 350 €

Sonstige Verfahren im Unterschwellenbereich

Bauaufträge.............................................2 500 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge..................... 800 €

Sonstige Verfahren im Oberschwellenbereich

Bauaufträge.............................................5 000 €

Liefer- und Dienstleistungsaufträge.....................1 600 €

§2. Diese Verordnung tritt mit 1. September 2002 in Kraft."

2. §177 Abs1 BVergG statuiert somit die bereits bei Antragstellung entstehende Verpflichtung zur Entrichtung einer Pauschalgebühr, deren Betragshöhe sich nach den im Anhang X (bzw. allenfalls in der PauschalgebührenV) angeführten Sätzen bestimmt. Einer solchen Pauschalgebühr unterliegen die in §177 Abs1 BVergG genannten Anträge, nämlich ein Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung gemäß §163, ein Antrag auf Feststellung nach §164, ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §171 sowie ein Feststellungsantrag nach §175 BVergG im Falle des Widerrufs oder der Zuschlagserteilung während des Nachprüfungsverfahrens. Teilnahmeanträge nach §165 BVergG sind nach §177 Abs3 BVergG mit 50% der im Anhang X genannten Sätze zu vergebühren.

Obsiegt der Unternehmer mit seinen Anträgen zumindest teilweise, so hat er Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühr durch den Antragsgegner (§177 Abs5 BVergG).

Die Pauschalgebühr ist für jeden eingebrachten Antrag gesondert zu entrichten, auch wenn hinsichtlich einer Auftraggeberentscheidung mehrere Anträge gestellt werden (siehe Ditz in Bundesvergabeamt [Hrsg.], Standpunkte zum Vergaberecht [2003], 107f.; Reisner in Aicher u.a. [Hrsg.], BVergG 2002 [2005], §177 Rz 5; vgl. auch VwGH 28.7.2004, 2004/04/0101, wonach ein zunächst irrtümlich gestellter Feststellungsantrag nach §164 BVergG, der nach Belehrung gemäß §13 AVG in einen Nachprüfungsantrag abgeändert wurde, ebenfalls wie der Nachprüfungsantrag zu vergebühren ist).

Dies bedeutet, dass ein übergangener Bieter, der einen Nachprüfungsantrag sowie einen Antrag auf einstweilige Verfügung einbringt, für beide Anträge jeweils eine volle Pauschalgebühr zu entrichten hat. Sollte das BVA - was in praxi nicht selten geschieht - eine einstweilige Verfügung unter Setzung einer Frist erteilt haben, die vor Abschluss des laufenden Nachprüfungsverfahrens bzw. der zweimonatigen Frist des §171 Abs5 BVergG abläuft, ist ein weiterer Antrag auf einstweilige Verfügung erneut in voller Höhe zu vergebühren (vgl. Reisner in Aicher u.a. [Hrsg.], BVergG 2002 [2005], §177 Rz 5).

Da ein Nachprüfungsverfahren nur bis zur Beendigung des Vergabeverfahrens zulässig ist, wird ein Nachprüfungsantrag gemäß §163 BVergG sowie ein Antrag auf einstweilige Verfügung wegen Widerrufs der angefochtenen Entscheidung oder Erteilung des Zuschlages durch den Auftraggeber unzulässig; das BVergG kennt für diesen Fall jedoch keine Möglichkeit einer Rückerstattung oder Ermäßigung der entrichteten Pauschalgebühren (vgl. Reisner in Aicher u. a. [Hrsg.], BVergG 2002 [2005], §177 Rz 14). Dies gilt auch bei der Zurückziehung eines Antrages (VwGH 28.7.2004, 2004/04/0101).

Vergabeverfahren finden in mehreren Verfahrensetappen statt, wobei einzelne Entscheidungen des Auftraggebers gesondert angefochten werden können (§169 BVergG). Mehrere Nachprüfungsanträge lösen auch mehrere Verpflichtungen zur Bezahlung von Pauschalgebühren aus, selbst wenn sie nur ein einziges Vergabeverfahren betreffen (vgl. Ditz, aaO 109f.; Heid u.a. [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht² [2005], 525).

3. Mit BGBl. I Nr. 17/2006 trat das Bundesvergabegesetz 2006 (im Folgenden: BVergG 2006) per 1. Februar 2006 in Kraft (§345 Abs1 Z7 BVergG 2006). Zugleich mit dem Inkrafttreten des BVergG 2006 trat das BVergG 2002 außer Kraft (§345 Abs1 Z3 BVergG 2006). §345 Abs4 ordnet allerdings an, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes beim BVA anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des nach §345 Abs1 Z3 außer Kraft getretenen BVergG 2002 fortzuführen sind. Somit gilt für diese Verfahren auch der Anhang X des BVergG 2002, der Bestandteil des BVergG 2002 ist und die Gebühren regelt, während jedoch mit §345 Abs11 BVergG 2006 die PauschalgebührenV aufgehoben wurde.

III. 1. Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist und dass er bei ihrer Behandlung die in Prüfung gezogenen Wortfolgen in §1 der PauschalgebührenV und in Anhang X des BVergG sowie §177 Abs1 BVergG anzuwenden habe, weshalb diese Bestimmungen präjudiziell iSd Art139 Abs1 und 140 Abs1 B-VG sein dürften. In der Sache äußerte der Gerichtshof folgende Bedenken:

"2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verbietet der Gleichheitssatz keineswegs, bei der Festsetzung von Tarifen von einer auf den Regelfall abstellenden Durchschnittsbetrachtung auszugehen und zu typisieren bzw. zu pauschalieren (VfSlg. 10.455/1985, 13.659/1993), soweit diese Regelungen nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen (vgl. VfSlg. 16.048/2000 mwN).

Wie der Gerichtshof ferner im Erk. VfSlg. 16.048/2000 zur Verfahrensgebühr nach dem Übernahmegesetz unter Berufung auf seine frühere Rechtsprechung (VfSlg. 10.463/1985, 11.296/1987, 14.473/1996) ausführte, bedarf auch die Verteilung des Gesamtaufwandes einer Behörde auf die einzelnen Gebührenschuldner einer sachlichen Rechtfertigung. Dabei muss nicht der Aufwand des einzelnen Verfahrens genau der in diesem Fall vorgeschriebenen Gebühr entsprechen. Wohl aber ist es zulässig, 'bei der Gebührenfestsetzung sowohl auf den typischen Aufwand als auch auf die Nutzenäquivalenz Bedacht zu nehmen.'

Nach der Absicht des Gesetzgebers sollten die Gebührensätze den mit der Vollziehung des BVergG verbundenen Personal- und Sachaufwand der Rechtsschutzeinrichtung decken (vgl. die Ermächtigung der Bundesregierung zur Anpassung der Gebührensätze gemäß §191 Abs4 BVergG; zu den Zielen der Einführung von Pauschalgebühren in das BVergG vgl. Reisner in Aicher u.a. [Hrsg.], BVergG 2002 [2005], §177 Rz 2, sowie die RV zum Bundesvergabegesetz 2006, worin die Pauschalgebühr als eine Gebühr definiert wird, 'die den durchschnittlichen Aufwand der Geschäftsbehandlung abdecken soll').

3. Dem Gesetzgeber kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegen getreten werden, wenn er mit Einführung einer Gebührenpflicht auch die Schaffung einer (angemessenen) Verfahrensbarriere für vollkommen aussichtslose oder gar mutwillige Rechtsschutzanträge bezweckt. Der Gesetzgeber überschreitet jedoch seinen von der Verfassung vorgegebenen Gestaltungsspielraum, wenn ein Gebührensystem den Zugang zum Rechtsschutz übermäßig erschwert und somit die faktische Effektivität des Rechtsschutzes beeinträchtigt.

4.1 Geht man von diesen Prämissen aus, so scheint die Festsetzung von ein und derselben Pauschalgebühr für jeden (in §177 Abs1 genannten) Antrag unsachlich zu sein, da für verschiedene Anträge, die idR entweder überhaupt keinen zusätzlichen oder zumindest keinen annähernd vergleichbaren Verfahrensaufwand der Behörde verursachen, jeweils gleich hohe beträchtliche Pauschalgebühren zu entrichten sind.

Dem Verfassungsgerichtshof erscheint vorläufig unsachlich, dass für einen Antrag auf einstweilige Verfügung die Pauschalgebühr in gleicher Höhe wie für einen Nachprüfungsantrag anfällt. Umso weniger scheint es sachlich zu rechtfertigen zu sein, dass für einen neuerlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Zeitablaufs der früher bewilligten einstweiligen Verfügung der gleiche Gebührensatz wie der für einen Nachprüfungsantrag zu entrichten ist. Der Gerichtshof kann vorläufig nicht finden, dass der für die Bemessung der Gebühr maßgebliche durchschnittliche Verfahrensaufwand bei Erledigung der drei genannten und dieselbe Rechtssache betreffenden Anträge regelmäßig auch nur annähernd gleich hoch sein wird, zumal der Provisorialentscheidung nur ein summarisches Verfahren mit kurzer Entscheidungsfrist vorangeht, in dem auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich untersagt ist (§173 Abs3 BVergG).

Vor dem Hintergrund der oben erwähnten gesetzgeberischen Zielsetzung vermag der Gerichtshof vorläufig auch keine Rechtfertigung für die Pflicht zur Vergebührung eines Feststellungsantrages gemäß §175 Abs1 BVergG in der vorgesehenen Höhe zu finden, weil das dadurch in Gang gesetzte Verfahren einen Nachprüfungsantrag voraussetzt, der bereits einer ebenso hohen Pauschalgebühr unterliegt, wobei nicht anzunehmen sein dürfte, dass die Aufeinanderfolge von Nachprüfungs- und Feststellungsverfahren, in welchem an die bisherigen Ergebnisse des Nachprüfungsverfahrens angeknüpft wird, auch nur annähernd den doppelten Aufwand verursachen kann, wie ein Nachprüfungsverfahren, in dem abschließend über die behaupteten Rechtsverletzungen abgesprochen wird.

Da bei ein und derselben Auftragsvergabe mehrere Schritte des Auftraggebers jeweils gesondert mit Nachprüfungsanträgen angefochten werden können, kommt es neben der Kumulierung der Pauschalgebühr bei Stellung unterschiedlicher Anträge auch zur Kumulierung von Gebühren für mehrere Nachprüfungsanträge in ein und demselben Vergabeverfahren. Mag auch die Stellung mehrerer Nachprüfungsanträge zu einem zusätzlichen Aufwand führen, so ist vorläufig keine Rechtfertigung für eine Vervielfachung der hohen Pauschalgebühr zu erkennen.

Ferner kommt es zu einer Kumulierung der Pauschalgebühr, wenn der Aufraggeber den Auftrag widerruft. In der Praxis kommt es oft zu einem mehrmaligen Widerruf. Der Antragsteller hat dann die Gebühren für die Nachprüfungsanträge und Anträge auf einstweilige Verfügungen mehrmals und allenfalls noch für einen Feststellungsantrag in voller Höhe zu zahlen, obwohl der Widerruf laufende Nachprüfungsanträge obsolet macht und damit Aufwand erspart.

Die Kumulierung der Gebühren dürfte ihren rechtlichen Grund in §177 Abs1 BVergG haben, der so auszulegen sein dürfte (und in der Praxis auch so ausgelegt wird), dass eine volle Vergebührung für jeden einzelnen der dort genannten Anträge vorgesehen ist. Sollte sich aber im Gesetzesprüfungsverfahren herausstellen, dass §177 Abs1 keine volle Pauschalgebühr für jeden Antrag zwingend vorschreibt, sondern eine Differenzierung innerhalb der Gebührensätze unter Berücksichtigung des typischen Aufwandes und des Nutzens für den Antragsteller zulassen würde, so dürften nur der Anhang X zum BVergG und die PauschalgebührenV - soweit Bestimmungen im vorliegenden Fall präjudiziell sind - verfassungs- bzw. gesetzwidrig sein.

4.2 Ferner dürfte es auch unsachlich sein, dass eine Gebühr stets in voller Höhe auch dann anfällt, wenn ein einmal gestellter Antrag zurückgezogen und damit ein weiterer Aufwand vermieden wird. Dies ist umso gravierender, weil es im Vergabenachprüfungsverfahren häufig zur Zurückziehung aus Gründen kommt, die der Antragsteller nicht zu beeinflussen vermag, so etwa wenn während des Nachprüfungsverfahrens die Erledigung eines Antrages auf einstweilige Verfügung so spät erfolgt, dass inzwischen der Zuschlag erteilt, oder wenn die Ausschreibung widerrufen wird.

4.3 Auch die Möglichkeit, im Falle des Obsiegens die Gebühren vom Antragsgegner ersetzt zu erhalten (§177 Abs5 BVergG), scheint kein ausreichender Grund für eine Rechtfertigung zu sein. Eine allenfalls verfassungswidrige Gebühr wird nicht dadurch sachlich, dass sie jemand anderer als der ursprüngliche Gebührenschuldner trägt. Auch trägt der Gebührenschuldner jedenfalls das Risiko, die Gebühr - aus welchem Grund immer - nicht ersetzt zu erhalten. Zumindest aber muss er mit der Gebühr in Vorlage treten. Auch scheint es zahlreiche Fälle zu geben, bei denen es - ohne dass der Gebührenschuldner im Verfahren 'verloren' hat - keinen Kostenersatz gibt oder der Aufwand für dessen Geltendmachung unverhältnismäßig ist:

Ein Antragsteller erhält bei Widerruf einer Ausschreibung die Gebühr für den Nachprüfungsantrag weder vom Auftraggeber noch von der Behörde rückerstattet, es sei denn, er stellt einen Feststellungsantrag, den er neuerlich mit einem Betrag vergebühren muss, den er schon beim Nachprüfungsantrag aufgewendet hat. Der Feststellungsantrag ist in erster Linie eine Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches bei Gericht. Die erfolgreiche Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren (§181 Abs1 BVergG) setzt aber voraus, dass die Vergabekontrollbehörde nicht festgestellt hat, dass der Antragsteller bei Einhaltung der Bestimmungen des BVergG und der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte (§181 Abs2 BVergG). Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass der Nachweis einer echten Chance im Fall des Widerrufs eines Auftrages kaum zu erbringen ist, jedenfalls dann nicht, wenn der Widerruf rechtmäßig war. Aber auch wenn der Widerruf sich als rechtswidrig herausstellen sollte, so dürfte der Auftraggeber das Vergabeverfahren fortzuführen und die inzwischen getroffenen Entscheidungen neu zu fassen haben, sodass der Auftraggeber allfällige Rechtswidrigkeiten des früheren Verfahrens beseitigen und damit auch allfällige Nachprüfungsverfahren obsolet machen kann. Die Praxis scheint zu zeigen, dass ein Widerruf häufig gerade dann erfolgt, wenn der Auftraggeber befürchten muss, in einem Nachprüfungsverfahren zu unterliegen.

Sollte aber §175 iZm §181 Abs2 BVergG dahingehend zu verstehen sein, dass über die Feststellung des Rechtsverstoßes auch ohne Nachweis einer echten Chance allein wegen des Gebührenersatzes abzusprechen ist, dann erscheint es dem Verfassungsgerichtshof vorläufig auch unsachlich, für einen Feststellungsantrag, der lediglich dazu dient, die Gebühr eines früheren Nachprüfungsverfahrens ersetzt zu bekommen, nochmals eine Gebühr in derselben Höhe wie für den Nachprüfungsantrag entrichten zu müssen (vgl. hiezu auch Heid u.a. [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht [2005], 526; Thienel, Feststellungsbescheide nach §175 BVergG 2002, ÖZW 2004, 45), obwohl der Aufwand typischerweise völlig unterschiedlich ist.

4.4 Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen nicht nur in Ausnahmefällen geeignet sind, ein (im Ergebnis verfassungswidriges) Missverhältnis zwischen der Höhe der Gebühr einerseits und dem Aufwand der Behörde sowie dem Vorteil der Amtshandlung für den Antragsteller andererseits zu bewirken.

4.5 Die den Rechtsschutzwerbern auferlegte Gebührenlast, die vor allem durch die Summierung von Anträgen und damit Gebühren bei der selben Vergabe - mangels Differenzierung 'nach dem durchschnittlichen Aufwand der Geschäftsbehandlung' - ganz beträchtliche Höhen erreichen kann, dürfte auch zu einem Verfahrensrisiko führen, das mit der Effektivität des Rechtsschutzes und damit dem Rechtsstaatsprinzip in Widerspruch steht.

Auch in dieser Hinsicht erscheint beachtlich, dass es von Umständen, auf die der gebührenpflichtige Antragsteller keinen Einfluss hat bzw. die in alleiniger Entscheidung seines Antragsgegners stehen, abhängt, wie oft im Zuge der Bekämpfung einer Auftraggeberentscheidung die Pauschalgebühr fällig wird."

2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Antrag stellte, der Verfassungsgerichtshof möge das Verfahren hinsichtlich §177 Abs1 BVergG und des Anhanges X einstellen, in eventu aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig bzw. gesetzwidrig aufgehoben werden.

2.1 Zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen vertrat die Bundesregierung die Auffassung, dass nach Inanspruchnahme der Verordnungsermächtigung des §191 Abs4 BVergG durch die Bundesregierung die Gebührensätze nach §1 der PauschalgebührenV an die Stelle der Gebührensätze des Anhanges X des BVergG getreten seien, sodass für die Gebührenfestsetzung und -entrichtung in einem konkreten Rechtsschutzverfahren vor dem BVA allein die Gebührensätze der PauschalgebührenV maßgeblich seien. Eine allfällige Aufhebung der Wortfolge in §1 der PauschalgebührenV würde auch nicht dazu führen, dass an deren Stelle wieder die entsprechende Wortfolge in Anhang X trete, da hinsichtlich des Verordnungsprüfungsverfahrens eine dem Art140 Abs6 B-VG entsprechende Bestimmung fehle.

Der vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen Präjudizialität des §177 Abs1 BVergG tritt die Bundesregierung zum einen entgegen, indem sie meint, diese Bestimmung enthalte lediglich die Anordnung, dass eine Pauschalgebühr zu entrichten sei, sodass sie keinesfalls die gesetzliche Grundlage einer allenfalls als unsachlich erachteten Kumulierung der Gebührenpflicht bilde. §177 Abs1 BVergG stehe einer verfassungsrechtlich bedingten weiteren (in der PauschalgebührenV vorzunehmenden) Differenzierung bei der Höhe der Gebührensätze nicht entgegen und sei daher auch nicht Sitz einer allfälligen Verfassungswidrigkeit.

Zum anderen bringt die Bundesregierung vor, dass im Anlassverfahren B266/04 kein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder ein Antrag nach §164 Abs1 oder §171 Abs1 gestellt worden sei. Da der im Beschwerdeverfahren angefochtene Bescheid lediglich die Gebühr für einen Feststellungsantrag gemäß §175 Abs1 BVergG vorgeschrieben habe, seien die in §177 Abs1 BVergG enthaltenen Verweise nicht präjudiziell. Zudem könne - da die Gebührenregelung betreffend Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht präjudiziell sei - die Unsachlichkeit der Gebührenvorschreibung für derartige Anträge aber auch nicht Gegenstand des Gesetzesprüfungsverfahrens sein.

2.2 In der Sache bringt die Bundesregierung Folgendes vor:

Die konkrete Höhe der Gebührensätze des BVergG 2002 sei das Ergebnis des durchgeführten Begutachtungsverfahrens gewesen und hätte auf einer notwendigerweise vorläufigen Einschätzung beruht, da auf Grund der Neuorganisation des Rechtsschutzes keine Erfahrungen über den konkret zu erwartenden Verfahrensaufwand vorgelegen hätten.

Weiters führt die Bundesregierung aus:

"Laut Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen (mit Stand vom 10. Jänner 2006) betrugen die Aufwendungen des Bundesvergabeamtes für das Jahr 2005 2.100.000 €. Dem standen Einnahmen aus der Entrichtung von Pauschalgebühren in der Höhe von 667.724 € gegenüber (vgl. dazu den am 1.2.2006 in der Vollversammlung des Bundesvergabeamtes beschlossenen 4. Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes, Seite 15). Diese Relation zwischen den tatsächlichen Aufwendungen für das Bundesvergabeamt und den erzielten Einnahmen aus der Gebührenentrichtung zeigt, dass diese Einschätzung - es wird derzeit ein Deckungsgrad von knapp einem Drittel erreicht - jedenfalls nicht zu hoch gegriffen war. Vielmehr wird deutlich, dass die durch das Gesetz verfolgte Zielsetzung der Deckung des Aufwandes des Bundesvergabeamtes ohnehin nur ansatzweise erreicht wird. Das durch die Entrichtung von Gebühren erzielte Einnahmenvolumen als ganzes steht somit nicht in Widerspruch zum Kostendeckungsprinzip."

§177 Abs1 BVergG enthalte die Anordnung, dass für bestimmte Anträge eine Pauschalgebühr zu entrichten sei, nicht aber eine Festlegung dahingehend, dass für jedes Rechtsschutzverfahren vor dem BVA zwingend eine gleich hohe Gebühr vorzusehen sei. §177 Abs2 BVergG sehe wiederum ausdrücklich vor, dass sich die Höhe der Pauschalgebühr jedenfalls nach dem vom Auftraggeber durchgeführten Verfahren richtet. Dem entsprechend seien in Anhang X Differenzierungen vorgenommen worden, die sich nunmehr gleichermaßen in §1 PauschalgebührenV fänden: Zum einen werde insofern nach der gewählten Verfahrensart differenziert, als für gewisse (unterhalb bestimmter Subschwellenwerte) vereinfachte Verfahrenstypen niedrigere Gebühren festgesetzt würden als für sonstige Verfahren. Weiters würden für Verfahren im Unterschwellenbereich niedrigere Gebühren festgesetzt als für Verfahren im Oberschwellenbereich. Schließlich werde auch noch danach differenziert, ob es sich um ein Verfahren zur Vergabe eines Bauauftrages oder zur Vergabe eines Liefer- bzw. Dienstleistungsauftrages handelt, wobei für Bauaufträge höhere Gebühren festgesetzt werden. Hingewiesen sei darauf, dass auch die Differenzierung nach dem Auftragsgegenstand in einem gewissen Konnex zum Auftragswert steht, da für Bauaufträge schon aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen höhere Schwellenwerte festgelegt seien. Diese Differenzierung basiere nicht zuletzt auf der Annahme, dass im Baubereich aufgrund des Einrechnungsprinzips regelmäßig höhere Auftragsvolumina zur Vergabe gelangen, weshalb die Festlegung höherer Schwellenwerte gerechtfertigt erscheine. Dann führt die Bundesregierung aus:

"Der dem Bundesvergabeamt konkret aus einem Verfahren erwachsende Aufwand ergibt sich im Wesentlichen aus der Komplexität des Vorhabens bzw. des zu prüfenden Sachverhaltes. Nach Ansicht der Bundesregierung wird die Komplexität eines Verfahrens zumindest typischer Weise durch die vom Auftraggeber gewählte Verfahrensart bzw. durch den Auftragswert widergespiegelt. Dabei ist zu beachten, dass sich der Auftragswert seinerseits auf den zu wählenden Verfahrenstyp auswirkt.

Gemäß den §§26 und 27 BVergG 2002 stehen dem Auftraggeber unterhalb bestimmter Subschwellenwerte so genannte vereinfachte Verfahrenstypen zur Verfügung, für die eine geringere Pauschalgebühr vorgesehen ist. Da bei derartigen Verfahren nur geringe (bzw. gar keine) Anforderungen an die Transparenz gestellt werden und die Transaktionskosten regelmäßig geringer sind, liegt es im Interesse der Auftraggeber, die durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeiten für eine raschere und kostengünstigere Abwicklung einer Ausschreibung auch in Anspruch zu nehmen. Bei einer Durchschnittsbetrachtung kann man daher davon ausgehen, dass Auftraggeber bei Auftragsvergaben unterhalb der in den §§26 und 27 BVergG 2002 vorgesehenen Subschwellenwerte auch tatsächlich auf die darin normierten vereinfachten Verfahren zurückgreifen. Aus diesem Grund fallen bei Aufträgen unterhalb der vorgesehen Subschwellenwerte typischer Weise auch geringere Pauschalgebühren an.

Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Ausschreibungen geringeren Volumens im Regelfall einfachere Leistungen zum Inhalt haben, die sich wiederum in weniger komplexen bzw. umfangmäßig geringeren Ausschreibungsunterlagen niederschlagen und somit für die Behörde einen geringeren Prüfungsaufwand nach sich ziehen. Bei den vereinfachten Verfahrenstypen ohne vorherige Bekanntmachung ist die Anzahl der Bieter regelmäßig geringer als etwa bei einem offenen Verfahren; die Anzahl der beteiligten Unternehmer hat aber - etwa im Zusammenhang mit der Erlassung einer einstweiligen Verfügung, bei der auch die Interessen der sonstigen Bieter zu berücksichtigen sind - gleichfalls Auswirkungen auf den Prüfungsaufwand für die Behörde. Schließlich kann allgemein gesagt werden, dass Bauausschreibungen im Regelfall höheres Fachwissen und Spezialkenntnisse erfordern, weshalb Nachprüfungen in diesem Bereich regelmäßig größeren Aufwand für die Vergabekontrollbehörde mit sich bringen.

Aus diesem Grund stellt nach Ansicht der Bundesregierung bei einer Durchschnittsbetrachtung die Differenzierung nach Verfahrenstyp, Auftragswert und Auftragsgegenstand eine sachlich gerechtfertigte Regelung dar, die eine angemessene Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Gebührenschuldner bewirkt.

Die Bundesregierung verkennt nicht, dass in Einzelfällen auch eine Auftragsvergabe mit einem niedrigen Auftragswert oder eine Ausschreibung nach einem vereinfachten Verfahrenstyp komplexe Probleme aufwerfen kann, die einen - über den typischen Aufwand für derartige Verfahren hinausgehenden - erhöhten Aufwand bei der Behörde nach sich zieht. Umgekehrt ist es denkbar, dass in Ausnahmefällen ein Nachprüfungsantrag betreffend einen im offenen Verfahren zu vergebenden Bauauftrag nur geringe Probleme aufwirft und daher einen geringeren Aufwand nach sich zieht, als dies typischer Weise bei derartigen Verfahren der Fall ist. Wie sich den Erläuterungen zur Neuregelung der Gebühren in §318 BVergG 2006(RV 1171 d.B. XXII. GP) entnehmen lässt, soll aber durch die Pauschalgebühr eben der durchschnittliche Aufwand der Geschäftsbehandlung abgedeckt werden, sodass es sachlich gerechtfertigt ist, die Pauschalgebühr auch für solche Einzelfälle vorzusehen, in denen der Aufwand vielleicht etwas geringer ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zum Äquivalenzprinzip nicht nur auf den typischen Behördenaufwand abgestellt, sondern auch auf die Nutzenäquivalenz. Nach Ansicht der Bundesregierung wird durch ein Abstellen auf den gewählten Verfahrenstyp bzw. auf den Auftragswert bei der Festsetzung der Gebühr aber auch eine angemessene Relation zwischen der zu entrichtenden Gebühr und dem für den Unternehmer zu erreichenden Nutzen hergestellt. In einer Durchschnittsbetrachtung kann durchaus davon ausgegangen werden, dass die Gewinnspanne proportional mit dem Auftragswert ansteigt. Eine Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes durch einen Unternehmer ist daher etwa bei Aufträgen im Oberschwellenbereich für den Unternehmer von größerem Interesse, als dies bei Aufträgen mit geringem Auftragsvolumen der Fall ist.

Die Bundesregierung ist daher der Ansicht, dass die vorgenommene Differenzierung im Interesse einer einfachen Handhabung der Gebührenbemessung und somit der Verwaltungsökonomie sachlich gerechtfertigt ist (vgl. zur Sinnhaftigkeit einer Pauschalierung im Hinblick auf die damit einhergehende Kosteneinsparung für die Verwaltung auch Sachs, Wenn die Kassa zweimal klingelt ..., ZVB [2003] 38). Die Regelung findet Deckung in den wirtschaftlichen Erfahrungen, wonach der Verfahrensaufwand für die Behörde als auch der Nutzen für den Unternehmer mit dem Auftragswert und mit der daran anknüpfenden Verwendung komplexerer Verfahrensarten ansteigt."

Nach Auffassung der Bundesregierung soll die Einführung der Pauschalgebühren insofern eine gewisse Barriere darstellen, als offensichtlich aussichtslose oder mutwillige Anträge nach Möglichkeit verhindert werden. Die konkrete Höhe der Gebührensätze sei aber nicht dazu geeignet, eine faktische Rechtsverweigerung zu bewirken. Die Bundesregierung teile vielmehr die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erk. vom 30.6.2004, 2004/04/0081, der in einem konkreten Fall zur Gebühr in Höhe von € 2.500,-- für Bauaufträge im Unterschwellenbereich ausgesprochen habe, dass diese Gebühr - in Anbetracht des Auftragswertes des zugrunde liegenden Verfahrens - nicht geeignet sei, eine Antragstellung der als Bieter in Betracht kommenden Verkehrskreise ernstlich in Frage zu stellen.

Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Einleitungsbeschluss die Ansicht vertreten, dass die Einräumung eines Rückersatzanspruches für den Fall des Obsiegens kein ausreichender Grund für eine Rechtfertigung der Gebührenregelung sei, wogegen der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis gerade diesen Umstand als Anhaltspunkt dafür gewertet habe, dass die Vorschreibung einer Pauschalgebühr den Zugang zum Rechtsschutzverfahren nicht in unvertretbarer Weise beschränke. Dazu führt die Bundesregierung aus:

"Auch die Bundesregierung ist der Ansicht, dass die Einräumung eines Rückersatzanspruchs für den obsiegenden Antragsteller für die Frage der Angemessenheit einer Gebührenregelung von Bedeutung ist. Dabei kommt es nach Ansicht der Bundesregierung nicht darauf an, ob sich die Einräumung eines Rückersatzanspruches gleichsam als alleiniger Rechtfertigungsgrund für eine vom Verfassungsgerichtshof als unsachlich angesehene Gebührenregelung eignet. Vielmehr stellt die Einräumung eines Rückersatzanspruchs bei einer Gesamtbetrachtung der Gebührenregelung des BVergG 2002 ein Indiz dafür dar, dass die Festlegung einer Pauschalgebühr - auch wenn sie eine gewisse Schrankenwirkung entfaltet - keineswegs zu einer unvertretbaren Barriere führt, die potentielle Antragsteller davon abhält, ein nicht offensichtlich unbegründetes Rechtsschutzinteresse zu verfolgen. Wenn ein Antragsteller nämlich darauf vertrauen kann, im Falle des Obsiegens die Gebühr zurückerstattet zu bekommen, dann wird dieser Aspekt für die Frage, ob ein Rechtsschutzverfahren eingeleitet werden soll, sicher in Betracht gezogen werden."

Hinsichtlich der Schrankenwirkung der Gebühr sei auch zu bedenken, dass diese Barriere nicht allein dem Schutz des Auftraggebers, sondern auch jenem des Unternehmers diene, der als Zuschlagsempfänger vorgesehen sei und durch eine Verschleppung des Verfahrens Schaden erleiden könnte. Die Bundesregierung sei im Ergebnis nicht der Auffassung, dass der konkret festgesetzten Gebührenhöhe eine derart abschreckende Wirkung zukomme, dass dadurch der Zugang zum Rechtsschutzverfahren verwehrt oder übermäßig erschwert und somit die faktische Effektivität des Rechtsschutzes in Frage gestellt werde.

Zum Bedenken der Kumulierung von Pauschalgebühren weist die Bundesregierung auf das mit dem BVergG eingeführte System der Unterscheidung zwischen gesondert anfechtbaren und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen hin, wodurch eine Strukturierung des Vergabeverfahrens und eine effiziente Abwicklung von Rechtsschutzverfahren ohne Gefahr einer Verschleppung des Vergabeverfahrens durch eine permanente Stellung von Nachprüfungsverfahren erreicht werden solle. Für jede Verfahrensart würden im BVergG bestimmte gesondert anfechtbare Entscheidungen definiert, die jeweils innerhalb bestimmter Präklusionsfristen angefochten werden könnten, wogegen alle anderen - nicht gesondert anfechtbaren - Entscheidungen des Auftraggebers erst im Zuge der Anfechtung der nächsten gesondert anfechtbaren Entscheidung bekämpft werden könnten. Würden in einem Vergabeverfahren mehrere gesondert anfechtbare Entscheidungen angefochten, bedeute dies aber, dass der Gegenstand des Verfahrens vor dem BVA jeweils ein völlig eigenständiger sei. Werde in einem Vergabeverfahren zuerst die Ausschreibung und in weiterer Folge in dem selben Vergabeverfahren - etwa aus dem Grund einer fehlerhaften Bestbieterermittlung - die Zuschlagsentscheidung angefochten, so stelle die zweite Anfechtung keine Ausweitung des ursprünglichen Begehrens dar, sondern beinhalte vielmehr einen eigenständigen Verfahrensgegenstand. Zu beachten sei nämlich, dass im Zuge der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung eine allfällige Rechtswidrigkeit der Ausschreibung nicht mehr geltend gemacht werden könne, da hinsichtlich dieser gesondert anfechtbaren Entscheidung bereits Präklusion eingetreten sei. Daraus ergebe sich aber, dass der Aufwand für das BVA bei einem Nachprüfungsantrag völlig unabhängig davon sei, ob in dem selben Vergabeverfahren des selben Unternehmers bereits eine vorangegangene gesondert anfechtbare Entscheidung bekämpft wurde. Sowohl das als verletzt erachtete Recht als auch die Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit würden bei der Anfechtung jeder weiteren Auftraggeberentscheidung von neuem zu prüfen sein. Auch hinsichtlich der formalen Voraussetzungen, wie etwa der Antragslegitimation, sei das BVA nicht der Verpflichtung enthoben, das Vorliegen dieser Voraussetzungen erneut zu prüfen. Die Bundesregierung sei daher der Ansicht, dass der typische Aufwand der Behörde für ein Nachprüfungsverfahren unabhängig davon sei, ob im selben Vergabeverfahren bereits andere vorangegangene gesondert anfechtbare Entscheidungen bekämpft wurden. Auch der Nutzen, den ein Antragsteller etwa aus einem Nachprüfungsverfahren betreffend die Zuschlagsentscheidung zu ziehen vermag, werde nicht deshalb geringer, weil er im selben Vergabeverfahren bereits die Ausschreibung bekämpft habe. Weiters führt die Bundesregierung aus:

"Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Einführung der Pauschalgebühren auch unter der Zielsetzung zu sehen, offensichtlich aussichtslose oder mutwillige Anträge nach Möglichkeit hintan zu halten. Im Lichte dieser Zielsetzung, nämlich eine angemessene Verfahrensbarriere einzurichten, wäre es aber als wenig systemkonform anzusehen, diejenigen Unternehmer, die mehrere - möglicherweise sogar sämtliche - gesondert anfechtbare Entscheidungen bekämpfen, durch Festlegung einer geringeren Pauschalgebühr gegenüber anderen Unternehmern gleichsam zu bevorzugen (und somit quasi einen 'Gebührenrabatt' vorzusehen).

Aber auch wenn die Vorstellung des Verfassungsgerichtshofes in die Richtung geht, dass unabhängig von der Person des Antragstellers jeder weitere Antrag, der eine Entscheidung in ein und demselben Vergabeverfahren zum Gegenstand hat, einem geringeren Gebührensatz unterliegen sollte, vermag die Bundesregierung keine sachliche Rechfertigung für eine derartige Regelung zu erkennen. Es ist zumindest nach Ansicht der Bundesregierung kein Grund dafür ersichtlich, wieso die Gebühr für die Antragstellung danach differenzieren sollte, ob in demselben Vergabeverfahren bereits andere Entscheidungen bekämpft worden sind oder nicht."

Auch im Hinblick auf die Kumulierung von Rechtsschutzverfahren und wiederholten Gebührenentrichtungen bei mehrmaligem Widerruf der Ausschreibung durch den Auftraggeber geht die Bundesregierung davon aus, dass durch die Bekämpfung einer neuerlichen Ausschreibung in einem neuen Vergabeverfahren ein neuer eigenständiger Verfahrensgegenstand geschaffen werde, weshalb die Verpflichtung zur Entrichtung einer neuerlichen Pauschalgebühr gerechtfertigt erscheine.

Zum Bedenken der Kumulierung von Pauschalgebühren für verschiedene Anträge, die im Zuge eines Vergabekontrollverfahrens zu stellen sind, nimmt die Bundesregierung auf die Pflicht zur Vergebührung eines Nachprüfungsantrages sowie eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in gleicher Höhe Bezug und bringt dazu Folgendes vor:

"Einzuräumen ist, dass gemäß §173 Abs3 BVergG 2002 im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen ist. Der Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist vor dem Hintergrund der Entscheidungsfrist für das Bundesvergabeamt zu sehen, das gemäß §176 Abs1 BVergG 2002 über Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung unverzüglich, längstens jedoch binnen einer Woche zu entscheiden hat. Es ist zuzugestehen, dass die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung für die Behörde einen gewissen Aufwand verursacht, der bei der Erlassung einer einstweiligen Verfügung somit nicht anfallen kann.

Umgekehrt ist aber zu beachten, dass der Erlassung einer einstweiligen Verfügung sehr wohl ein Verwaltungsverfahren voranzugehen hat. Der Antragsteller hat die Schädigung seiner Interessen zu bezeichnen und die den Antrag begründenden Tatsachen darzulegen. Davon ausgehend hat die Behörde die Interessen des Auftraggebers, der sonstigen Bewerber und Bieter und allfällige besondere öffentliche Interessen zu ermitteln, die durch eine zu treffende Maßnahme möglicher Weise betroffen sein könnten. Das Bundesvergabeamt muss somit den maßgeblichen Sachverhalt feststellen und sich einen entsprechenden Überblick über die Vergabeunterlagen verschaffen. Weiters sind die möglichen Folgen der zu treffenden Maßnahme auf die beteiligten Interessen abzuschätzen und davon ausgehend die Interessen gegeneinander abzuwägen. Wenn diese Abwägung ein Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Gründe ergibt, dann hat die Behörde diejenige geeignete Maßnahme zu ermitteln, die als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme anzusehen ist. Schließlich hat die Behörde noch die Zeit zu bestimmen, für die die einstweilige Verfügung getroffen wird. Da der Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der Praxis große Tragweite zukommt, ist nicht davon auszugehen, dass derartige Entscheidungen leichthin und ohne umfassende Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen getroffen werden.

Die Tatsache, dass die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung binnen einer relativ kurzen Frist und ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu ergehen hat, lässt somit nach Ansicht der Bundesregierung keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass der für die Behörde entstehende Aufwand regelmäßig geringer ist als etwa bei einem Nachprüfungsverfahren. Es handelt sich dabei um ein zeitlich konzentriertes Verfahren, das bestimmte Aufwendungen (Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung) nicht nach sich ziehen kann, das umgekehrt aber andere Aufwendungen (Ermittlung und Berücksichtigung öffentlicher Interessen oder Interessen sonstiger Bewerber) nach sich zieht, die wiederum in einem Nachprüfungsverfahren regelmäßig nicht erwachsen.

Die Gebührenregelung erscheint aber nicht nur im Hinblick auf den typischen Behördenaufwand, sondern auch im Hinblick auf die Nutzenäquivalenz sachlich gerechtfertigt. Zu bedenken ist, dass gerade bei einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung der für den Antragsteller damit verbundene Nutzen sehr hoch ist, da verhindert wird, dass der Auftraggeber vollendete Tatsachen schaffen kann.

Vor diesem Hintergrund erscheint es der Bundesregierung weder unsachlich, dass für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine eigene Pauschalgebühr zu entrichten ist, noch, dass diese Pauschalgebühr in der gleichen Höhe festgesetzt wird, wie dies für einen Nachprüfungsantrag der Fall ist."

Abschließend wendet sich die Bundesregierung gegen die im Prüfungsbeschluss beispielhaft angeführten Fallkonstellationen, in denen der antragstellende Bieter auch dann keinen Gebührenersatz erhält, wenn er im Verfahren nicht als Unterlegener iSd §177 Abs5 BVergG anzusehen ist. Zum Fall der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages, nachdem während des Nachprüfungsverfahrens die Erledigung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung so spät erfolgt, dass inzwischen der Zuschlag erteilt wurde, verweist die Bundesregierung darauf, dass bereits mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine allfällige Zuschlagserteilung vor der Entscheidung über diesen Antrag jedenfalls nichtig sei. Das BVA habe den Auftraggeber gemäß §171 Abs7 BVergG von einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der die Untersagung einer Zuschlagserteilung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen; ab Zugang dieser Verständigung komme einem solchen Antrag aufschiebende Wirkung zu, bis darüber eine Entscheidung ergangen sei.

Auch bei einem Widerruf der Ausschreibung gehe das BVA nunmehr von einem materiellen Begriff des Obsiegens nach §177 Abs5 BVergG aus, wonach der Antragsteller auch dann gebührenmäßig als obsiegend anzusehen sei, wenn die von ihm bekämpfte Entscheidung (sei es die Ausschreibung oder die Zuschlagsentscheidung) vom Auftraggeber während des anhängigen Verfahrens im Wege eines Widerrufs beseitigt werde. Dann bringt die Bundesregierung vor:

"Diese Auffassung hat das Bundesvergabeamt auch in Fällen vertreten, in denen ein Antragsteller seinen Antrag - etwa auf Grund eines erfolgten Widerrufs der Ausschreibung durch den Auftraggeber - zurückgezogen hat.

Diese nunmehr ständige Rechtsprechung des Bundesvergabeamtes hat insofern im BVergG 2006 Niederschlag gefunden, als in §319 Abs1 letzter Satz BVergG 2006 ausdrücklich festgehalten wird, dass ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren auch zusteht, wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ausweislich der Erläuterungen dazu (RV 1171 d.B. XXII. GP) betrifft dies insbesondere solche Fälle, in denen der Auftraggeber die bekämpfte Entscheidung beseitigt.

Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, ob es in dem der Bescheidbeschwerde zugrunde liegenden Nachprüfungsverfahren zu einem Kostenersatz gekommen ist. Selbst wenn dies aber nicht der Fall sein sollte, so könnte dies allenfalls die Rechtswidrigkeit des Bescheides des Bundesvergabeamtes indizieren, jedoch nicht als Beleg für die Unsachlichkeit der Gebührenregelung des BVergG 2002 an sich herangezogen werden.

Die Bundesregierung teilt somit nicht die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass es zahlreiche Fälle zu geben scheint, bei denen es keinen Kostenersatz gibt, obwohl der Gebührenschuldner im Verfahren nicht 'verloren' hat. Die Bundesregierung ist somit im Ergebnis auch nicht der Ansicht, dass durch die Gebührenregelungen des BVergG 2002 dem Antragsteller ein Verfahrensrisiko auferlegt wird, das mit der Effektivität des Rechtsschutzes in Widerspruch steht."

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner bereits im Prüfungsbeschluss dargelegten Auffassung, dass auch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Anhanges X des BVergG präjudiziell sind, fest, da nach Wegfall der in Prüfung gezogenen Wortfolge in §1 PauschalgebührenV die gleichlautende Anordnung in Anhang X anzuwenden wäre. Die Bundesregierung vertritt die Ansicht, dass der Wegfall der in Prüfung gezogenen Gebührensätze in der PauschalgebührenV keineswegs dazu führe, dass an deren Stelle die entsprechende Wortfolge in Anhang X trete. Es ist dem Gerichtshof aber nicht nachvollziehbar, warum bei Wegfall einer Verordnung automatisch auch eine Gesetzesbestimmung, die den gleichen Inhalt hat, nicht mehr anwendbar sein sollte. Art140 Abs6 B-VG, auf den die Bundesregierung hinweist, betrifft das rechtliche Schicksal jener Gesetzesbestimmungen, die zunächst vom Gesetzgeber novelliert wurden, wenn die Fassung der Novelle vom Verfassungsgerichtshof später aufgehoben wird. Was dies mit der fortdauernden Geltung eines Gesetzes bei Aufhebung einer Verordnung zu tun haben soll, bleibt unerfindlich.

Hinzu kommt, dass die in Prüfung gezogene Wortfolge des Anhanges X schon deshalb präjudiziell ist, weil die PauschalgebührenV gemäß der Ermächtigung des §191 Abs4 BVergG lediglich die im Anhang X vorgesehenen Gebührensätze an geänderte Verhältnisse anpassen soll, sodass bei Überprüfung ihrer Gesetzmäßigkeit vom Gerichtshof notwendiger Weise auch Anhang X heranzuziehen ist.

Die Bundesregierung bringt weiters vor, dass §177 Abs1 BVergG ohnehin jene in den Bedenken vermisste Differenzierung zulasse, sodass diese Bestimmung nicht der Sitz der Verfassungswidrigkeit sein könne. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht:

§177 Abs1 BVergG sieht eine Differenzierung nach Arten der Anträge, aber keine weitere Differenzierung vor. Diese Bestimmung ist aber in Zusammenhang mit dem Anhang X zu sehen, der bloß eine Differenzierung nach Art der Vergabeverfahren vorsieht. Die Verordnungsermächtigung des §191 Abs4 BVergG erlaubt eine Anpassung der in Anhang X genannten Gebührensätze, aber keine weitere Differenzierung. Es war also die klare Absicht des Gesetzgebers, bei den Gebührensätzen nach keinen anderen Kriterien zu differenzieren, als nach jenen, die durch Anhang X vorgegeben sind.

Würde man nach Aufhebung der PauschalgebührenV und des Anhangs X nun §177 Abs1 BVergG in dem Sinn verstehen, dass nun alle Möglichkeiten der Differenzierung offen stehen, so käme man zu einem vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollten Interpretationsergebnis, das auch die Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung, für die es dann keinen Rahmen mehr gäbe, in Frage stellen würde. Insofern sind §177 Abs1 BVergG und dessen Anhang X als ein System zu sehen, dessen Verfassungsmäßigkeit insgesamt zu beurteilen ist.

Hingegen ist die Bundesregierung mit ihrer Auffassung im Recht, dass nicht alle Teile des §177 Abs1 BVergG präjudiziell sind. Mit dem im Beschwerdeverfahren B266/04 angefochtenen Bescheid wurde eine Pauschalgebühr in Höhe von € 2.500,-- für einen Feststellungsantrag gemäß §175 Abs1 BVergG vorgeschrieben, sodass die in §177 Abs1 BVergG enthaltenen Verweise auf Nachprüfungsanträge, Feststellungsanträge gemäß §164 Abs1 BVergG sowie Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht präjudiziell sind. Im Hinblick darauf war das Gesetzesprüfungsverfahren betreffend anderer als der im Spruch genannten Worte einzustellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass - wie die Bundesregierung meinen dürfte - die im vorliegenden Verfahren nicht präjudiziellen Gebührenregelungen zur Beurteilung der Sachlichkeit der in Prüfung gezogenen Regelung nicht herangezogen werden dürften.

Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das eingeleitete Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren bezüglich der im Spruch genannten Wortfolgen zulässig.

2. In der Sache:

Die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit bzw. die Gesetzmäßigkeit der im Spruch genannten und in Prüfung gezogenen Wortfolgen treffen zu:

2.1 Die Festsetzung einer Pauschalgebühr in gleicher Höhe für jeden der in §177 Abs1 BVergG genannten Anträge ist unsachlich:

Die Bundesregierung verweist zunächst auf die im Anhang X des BVergG vorgenommene Differenzierung bei der Höhe der Gebührensätze - je nach Auftrag und Vergabeverfahren sowie Ober- oder Unterschwellenbereich - und sieht darin eine sachliche Bedachtnahme sowohl auf das Interesse des rechtsschutzsuchenden Unternehmers, dessen Gewinnspanne mit der Auftragshöhe steige, als auch auf den typischen Verfahrensaufwand. Diese Ausführungen gehen aber an den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vorbei: Dem Gerichtshof erschien im Prüfungsbeschluss keineswegs unsachlich, dass bei Bauaufträgen eine höhere Pauschalgebühr als bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen zu entrichten ist und auch je nach dem Vergabeverfahren Gebührensätze unterschiedlicher Höhe vorgesehen sind.

Die Bedenken richteten sich vielmehr dagegen, dass die (im Anlassverfahren präjudizielle) Pauschalgebühr für Bauaufträge im Unterschwellenbereich vom Antragsteller nicht nur einmal (etwa für einen Nachprüfungsantrag gemäß §163 Abs1 BVergG), sondern in gleicher Höhe auch für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie für jeden weiteren Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung (solche werden oft befristet gewährt und können ohne Verlängerung noch vor Entscheidung in der Hauptsache ablaufen) und weiters noch für einen allenfalls nachfolgenden Feststellungsantrag zu entrichten ist. Im Anlassfall etwa hatte der Beschwerdeführer auch den Feststellungsantrag gemäß §175 Abs1 BVergG in gleicher Höhe wie den bereits vergebührten Nachprüfungsantrag, der durch den späteren Widerruf der angefochtenen Ausschreibung durch den Auftraggeber unzulässig wurde, erneut zu vergebühren. Der Gerichtshof nahm in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig an, dass diese mehrfache Gebührenpflicht für Anträge betreffend dieselbe Vergabe in keinem auch nur annähernden Verhältnis zum jeweiligen Verfahrensaufwand, der zur Entscheidung über die Anträge erforderlich ist, steht.

Die Vergebührung eines Feststellungsantrages nach §175 Abs1 BVergG kann mit der Vergebührung eines Nachprüfungsantrages und eines Antrages auf Erlassung oder Verlängerung einer einstweiligen Verfügung kumulieren. Verstärkt kommt es zu einer Kumulierung beim Widerruf der Ausschreibung, der nicht ganz selten bei ein und derselben Auftragsvergabe mehrfach erfolgt, was dann zu mehreren Vergabekontrollverfahren und damit zu einem neuerlichen Anfallen der Pauschalgebühr führt.

Zu einer weiteren Kumulierung führt auch das System gesondert anfechtbarer Entscheidungen. Der Gerichtshof teilt zwar die Ansicht der Bundesregierung, dass das System gesondert anfechtbarer Entscheidungen regelmäßig zu einer raschen Abwicklung von Rechtsschutzverfahren im Vergabewesen dient. Er folgt auch dem Argument der Bundesregierung, dass die jeweils angefochtenen Entscheidungen einen eigenen Verfahrensgegenstand betreffen, sodass im Prinzip auch eine Vergebührung jedes der Anträge an sich sachlich ist.

Der Umstand, dass Entscheidungen des Auftraggebers aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht bloß gemeinsam mit der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung bekämpft werden können, ändert aber nichts daran, dass der Antragsteller mehrfach hohe Pauschalgebührensätze bei derselben Auftragsvergabe zu entrichten hat, ohne dass die Multiplizierung der Gebühr einer vergleichbaren Multiplizierung des Aufwandes gegenübersteht, weil bei jedem weiteren Verfahrensschritt in der Regel auf vorherige Verfahrensschritte zumindest teilweise zurückgegriffen werden kann, was sich etwa zeigt, wenn auf ein Nachprüfungsverfahren ein Feststellungsverfahren folgt. Gerade im Unterschwellenbereich stehen die kumulierten Gebühren häufig in einem groben Missverhältnis zu der erwarteten Gewinnspanne, sodass die Gebühren im Ergebnis zu einer Beeinträchtigung der Effizienz des Rechtsschutzes führen. Auch erhöht sich das Nutzenäquivalent, also das wirtschaftliche Interesse des Unternehmers an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens, nicht mit der Notwendigkeit mehrfacher Antragstellung.

2.2 Die Bundesregierung versucht dieses System damit zu rechtfertigen, dass es der Hintanhaltung völlig aussichtsloser oder mutwilliger Anträge diene.

Nun ist dem Gesetzgeber an sich überlassen, ein Gebührensystem so zu gestalten, dass dem rechtspolitisch legitimen Ziel der Schaffung einer angemessenen Verfahrensbarriere Rechnung getragen wird. Dabei darf aber nicht gleichzeitig das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit und der Effizienz des Rechtsschutzes verletzt werden.

Die Bundesregierung versucht das Bedenken ferner zu entkräften, indem sie auf die Möglichkeit eines Gebührenersatzes im Falle des Obsiegens verweist. Der Verfassungsgerichtshof bestätigt seine bereits in seinem Prüfungsbeschluss vertretene Auffassung, dass ein möglicher Gebührenersatz weder die Unsachlichkeit einer jedenfalls vorläufig zu bestreitenden (und allenfalls auch endgültig zu tragenden) Gebühr zu rechtfertigen vermag, noch die durch eine hohe Verfahrensgebühr beeinträchtigte Effektivität des Rechtsschutzes wiederherstellt. Ein verfassungswidriges Gebührensystem wird nicht dadurch verfassungsmäßig, dass die Gebühr letztlich unter Umständen von einer anderen Partei zu tragen ist.

Im Übrigen tritt der den Rechtsschutz beeinträchtigende Effekt einer Gebühr bereits mit der vorläufigen Entrichtung der hohen Gebühren ein. Jeder Bieter und Rechtsschutzwerber hat - nicht nur bei aussichtslosen oder mutwilligen Prozessführungen - ein Verfahrensrisiko zu kalkulieren. Der Erfolg eines Rechtsmittels ist fast nie mit absoluter Gewissheit vorhersehbar, sodass jeder Rechtsmittelwerber das Risiko der Tragung auch der Gebühr der (allenfalls obsiegenden) Gegenpartei in Betracht zu ziehen hat. Dabei wird er das Gebührenrisiko und den möglichen Nutzen (erzielbare Gewinnspanne) gegeneinander abwägen. Gerade bei Vergaben im Unterschwellenbereich, an denen sich auch kleinere Unternehmen beteiligen, wird diese Abwägung bei sorgfältiger kaufmännischer Überlegung zum Verzicht auf einen (vielleicht durchaus aussichtsreichen) Rechtsschutz führen.

Der Umstand, dass es Fälle gibt, in denen der Antragsteller die ausgelegte Pauschalgebühr nicht ersetzt erhält, obwohl er nicht als Unterliegender anzusehen ist, verstärkt nur noch die Wirkung der Gebührenhöhe. Soweit die Bundesregierung meint, dass derartige Konstellationen nicht vorkommen, sei darauf hingewiesen, dass beim Verfassungsgerichtshof derartige Fälle anhängig sind.

Die Möglichkeit des Ersatzes einer vorläufig zu bestreitenden hohen Verfahrensgebühr verhindert also nicht deren Wirkung als Verfahrensbarriere, selbst bei aussichtsreichen Anträgen von der Inanspruchnahme des Rechtsschutzes abzuhalten.

Auch das von der Bundesregierung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2004, 2004/04/0081, vermag ihren Prozessstandpunkt nicht zu stützen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof seine verfassungsrechtliche Beurteilung ausdrücklich aus der Sicht des zugrunde liegenden Verfahrens vorgenommen und die Existenz einer Gebührenersatzregelung lediglich als einen (für die Frage der Effizienz des Rechtsschutzes) weiteren hinzutretenden Aspekt gewürdigt, nicht aber als einzig entscheidenden Umstand gewertet.

2.3 Zum Vorbringen der Bundesregierung, dass die Einnahmen aus der Entrichtung von Pauschalgebühren den Aufwand des BVA im Jahr 2005 nur zu einem Drittel gedeckt haben, sei darauf hingewiesen, dass es keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz gibt, wonach Rechtsschutz nur dann gewährt werden muss, wenn die Parteien dessen Kosten zu tragen gewillt sind. Im Gegenteil: Das gesetzgeberische Anliegen der Deckung des durchschnittlichen Verfahrensaufwandes darf jedenfalls nicht dazu führen, dass die Effektivität des Rechtsschutzes beeinträchtigt wird.

3. Die Bedenken haben sich als gerechtfertigt erwiesen. Die Kumulierung und Multiplizierung der (hohen) Gebühren ist unsachlich und behindert die Effizienz des Rechtsschutzes.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere im Prüfungsbeschluss dargelegte Sachlichkeitsbedenken, dass eine Gebühr in der vorliegenden Höhe - mangels teilweiser Rückerstattungsmöglichkeit (s. zB §30 Abs6 Wr. Vergaberechtsschutzgesetz) - auch dann zur Gänze zu entrichten ist, wenn ein einmal gestellter Antrag zurückgezogen und damit ein weiterer Verfahrensaufwand vermieden wird.

V. 1. Das BVergG 2006 trat mit 1. Februar 2006 in Kraft (§345 Abs1 Z1 BVergG 2006). Das BVergG 2006 ordnet an, dass zugleich das BVergG 2002 außer Kraft tritt (§345 Abs1 Z3 BVergG 2006). Ferner wird die PauschalgebührenV, BGBl. II Nr. 324/2002, aufgehoben (§345 Abs11 BVergG 2006). Es war daher - woran die Weitergeltung der gesetzlichen Bestimmungen in Übergangsfällen nichts ändert (vgl. VfGH 3.3.2006, G91/05, V69/05) - festzustellen, dass die in Spruchteil I und III genannten Bestimmungen verfassungs- bzw. gesetzwidrig waren.

2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung des Ausspruches, dass die Wortfolge "Bauaufträge ... 2500 €" in der fünftletzten Zeile des Anhanges X des Bundesvergabegesetzes, BGBl. I Nr. 99/2002, verfassungswidrig war, stützt sich auf Art140 Abs5 B-VG, die Verpflichtung der Bundesregierung zur unverzüglichen Kundmachung des Ausspruches, dass "Bauaufträge ... 2 500 €" in der fünftletzten Zeile des §1 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002, gesetzwidrig war, stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

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