VfGH B119/05

VfGHB119/054.3.2006

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Untersagung der angezeigten Bauführung betreffend Einbau von Nasszellen in bestehende Gebäude (Lagerhaus) auf einem als Verkehrsfläche gewidmeten Grundstück im historischen Ortskern (Anger) einer Gemeinde; keine Gesetzwidrigkeit der Beibehaltung der Verkehrsflächenwidmung im örtlichen Raumordnungsprogramm; ausreichende Grundlagenforschung; Verkehrsflächenwidmung gemäß Nö Raumordnungsgesetz 1976 auch für den ruhenden Verkehr vorgesehen

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
StGG Art5
Nö ROG 1976 §18 Abs1, Abs2, Abs3
Örtliches Raumordnungsprogramm der Gemeinde Göttlesbrunn-Arbesthal vom 19.04.90
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
StGG Art5
Nö ROG 1976 §18 Abs1, Abs2, Abs3
Örtliches Raumordnungsprogramm der Gemeinde Göttlesbrunn-Arbesthal vom 19.04.90

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Eingabe vom 6. März 2003 zeigte die Beschwerdeführerin die "Installation von 2 Nasszellen" im Lagerraum und im Raum 2 des auf dem Grundstück Nr. 1594/14, KG Arbesthal, bestehenden Gebäudes an. Mit Bescheid vom 14. April 2003 untersagte der Bürgermeister der Gemeinde Göttlesbrunn-Arbesthal gemäß §15 Abs3 der NÖ BauO 1996 die Ausführung des Vorhabens "wegen Widerspruches zum NÖ Raumordnungsgesetz". In der Begründung dieses Bescheides führte der Bürgermeister aus, eine Bauführung auf einem Grundstück mit der Widmung "Verkehrsfläche" sei nicht zulässig. Außerdem sei der Einbau von Nasszellen ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben. Die dagegen erhobene Berufung wies der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 14. Juli 2003 ab. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 wies die Niederösterreichische Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführerin ab. Dem Bauvorhaben stehe die Widmung als Verkehrsfläche entgegen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines gesetzwidrigen Flächenwidmungsplanes behauptet wird.

Eine Verletzung des Eigentumsrechtes wird darin gesehen, dass die belangte Behörde §18 NÖ ROG in denkunmöglicher Weise angewendet habe, weil sie ohne nähere Prüfung die Zulässigkeit des Einbaues von Toiletteanlagen in bestehende Gebäude auf Verkehrsflächen verneint hat. Darin liege auch eine unsachliche Differenzierung der Beschwerdeführerin gegenüber Inhabern von auf Verkehrsflächen errichteten Tankstellen, Raststätten, Bahnhöfen oder Stützpunkten der Straßenmeisterei. Indem sich die belangte Behörde nicht mit dem konkret beabsichtigten Bauvorhaben auseinander gesetzt hat, habe sie Willkür geübt.

Die Verkehrsflächenwidmung des Grundstücks Nr. 1594/14 sei aus folgenden Gründen gesetzwidrig:

Die Liegenschaft der Beschwerdeführerin befinde sich auf dem ehemaligen Dorfanger angrenzend an die Landeshauptstraße 166. Darauf befände sich zumindest seit den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts das ehemalige Raiffeisenlagerhaus. Seit jeher seien an diesem Standort ua. Lebensmittel und Baustoffe verkauft worden. Die Beschwerdeführerin habe diese Liegenschaft erworben, um ihr Gewerbe an diesem Standort auszuüben. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, warum ihr Grundstück im Flächenwidmungsplan als Verkehrsfläche gewidmet ist. Das Grundstück diene keinem der im §18 NÖ ROG genannten Verkehrs-Zwecke. Die Verkehrsflächenwidmung habe weder der faktischen Verbauung noch der Nutzung des Grundstückes entsprochen. In der Grundlagenforschung fehle es an jedweder Auseinandersetzung mit den zum Zeitpunkt der Widmung bestehenden Verhältnissen. Es werde nicht darauf eingegangen, warum das gewerblich genutzte Gebäude als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet werden solle bzw. welche Bedeutung das Gebäude für den öffentlichen Verkehr haben sollte. Die Widmung sei ohne Bezugnahme auf die bestehende Nutzung oder irgendein Projekt, somit ohne Grundlagenforschung und ohne jede Interessenabwägung erfolgt. Es könne auch nicht im öffentlichen Interesse liegen, im historischen Ortskern (Anger) eine große Verkehrsfläche zu schaffen. Auch eine Verbreiterung der Landeshauptstraße 166 sei im Bereich Arbesthal weder geplant noch möglich, weil alle anderen Häuser bis direkt an die Straße reichten.

Selbst wenn ein öffentliches Interesse die Verkehrsflächenwidmung gerechtfertigt hätte, so sei das Grundstück dem Verkehrszweck seit Inkrafttreten des Flächenwidmungplanes im Jahr 1988 nicht zugeführt worden. Dem Verordnungsgeber sei nicht eine faktisch unbefristete Flächenreservierung für Zwecke des Gemeinbedarfes erlaubt. Da seit 1988 keinerlei Schritte zur Verwirklichung eines mit der Verkehrsflächenwidmung verbundenen Zweckes gesetzt wurden, sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Verkehrsflächenwidmung - selbst wenn es jemals bestanden hätte - weggefallen ist.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt und den Beschwerdeausführungen folgendes entgegen hält:

Die demonstrative Aufzählung in §18 Abs3 NÖ ROG 1976 über die Zulässigkeit von Bauwerken auf Verkehrsflächen lasse erkennen, dass diese Zwecken des Verkehrs oder der Verkehrsteilnehmer dienen müssen. Das Beschränken von Bauwerken auf Verkehrsflächen sei im öffentlichen Interesse gelegen.

Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der Verkehrsflächenwidmung führt die belangte Behörde aus, die vom Gemeinderat festgelegte Widmung sei - abgesehen von einer allenfalls noch vorstellbaren Widmung als Grünfläche - die einzig mögliche. Der Verordnungsgeber habe nämlich im Zeitpunkt der erstmaligen Widmung das Gebäude des Lagerhauses als Bestand vorgefunden und gleichzeitig die Entscheidung getroffen, den gesamten Dorfanger als Verkehrsfläche (allenfalls einschließlich einer gärtnerischen Gestaltung) zu widmen. Die seinerzeitige Entscheidung, das bestehende Lagergebäude nicht als Bauland zu widmen, sei selbst für raumordnungsfachliche Laien so offensichtlich, dass die Rüge der Beschwerdeführerin, dass hinsichtlich dieser Widmungsentscheidung keine Aufzeichnungen in den Grundlagen auffindbar sind, nicht ins Gewicht fallen könne. Es sei unbestritten die Aufgabe des Planungsinstrumentes Flächenwidmungsplan, nicht nur dem Bestand entsprechende Widmungen festzulegen, sondern in jenen Fällen, in denen einer anderen künftigen Nutzung der Vorzug zu geben ist, dies auch durch die Flächenwidmung sicherzustellen. Die vorliegende Widmungssituation stelle landesweit betrachtet keinen Ausnahmefall dar, sondern wiederhole sich in allenfalls abgeänderter Form entsprechend den jeweiligen regionalen Siedlungsstrukturen vielfach. Es liege auf der Hand, dass auch in anderen Gemeinden derart selbsterklärende Widmungsentscheidungen nicht extra vom Verordnungsgeber dokumentiert werden. Der öffentliche Zweck der Verkehrsflächenwidmung liege in der "künftigen Freihaltung bzw. nach dem Auslaufen des ursprünglichen Gebäudezweckes in der Sicherstellung der Beendigung dieser Nutzung."

Im Übrigen bedeute die Widmung als öffentliche Verkehrsfläche nicht zwingend, dass diese ausschließlich für den fließenden Verkehr Verwendung finden müsse. Die Verkehrsfläche könne auch für Parkflächen, Gehwege sowie gärtnerisch gestaltete Anlagen dienen. Man könne der Gemeinde Göttlesbrunn-Arbesthal nicht vorwerfen, dass diese während des aufrechten Betriebes des Lagerhauses keine Anstalten zur Nutzung der Verkehrsfläche unternommen habe und diesbezüglich das Ende der vorangegangenen Nutzung abgewartet hat.

4. Die Gemeinde Göttlesbrunn-Arbesthal legte die Akten betreffend das Zustandekommen des vereinfachten Flächenwidmungsplanes 1987 und des örtlichen Raumordnungsprogrammes 1990 vor und verteidigte die Verkehrsflächenwidmung.

Bereits seit dem vereinfachten Flächenwidmungsplan für die KG Arbesthal vom Juni 1970 sei das Grundstück Nr. 1594/14 als Verkehrsfläche ausgewiesen. Aus einer Besprechungsnotiz vom 18. September 1987 gehe hervor, dass das Lagerhaus, die Milchgenossenschaft und das Kühlhaus nicht als "Bauland-Agrargebiet" sondern als "Verkehrsfläche" gewidmet werden sollten, um den Anger von einer Verbauung wieder frei zu machen. Daraus gehe hervor, dass die Widmung Verkehrsfläche nicht willkürlich, sondern "in vorausschauender Planung wissentlich und willentlich" vom Gemeinderat beschlossen worden sei. Ebenso sei im Erläuterungsbericht zum örtlichen Raumordnungsprogramm vom Dezember 1987 unter Punkt III Ziele und Maßnahmen festgehalten, dass die Erarbeitung von Gestaltungsvorschlägen für den Bereich des Arbesbaches (Dorfanger) im Zuge der Dorferneuerung erfolgen soll. Das Milchhaus und das Kühlhaus seien vor ca. 10 Jahren von der Gemeinde erworben und entfernt worden. An deren Stelle sei eine Grünanlage errichtet worden. Die Gemeinde hätte die Absicht gehabt, auch das Lagerhaus zum Zwecke der Ausgestaltung des Dorfangers zu erwerben, sei jedoch von der Beschwerdeführerin überboten worden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Rechtslage:

1.1. Die für die in Rede stehende Widmung maßgebliche Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das örtliche

Raumordnungsprogramm am 19. April 1990 stellt sich wie folgt dar:

NÖ Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-5:

§10 Abs2: "Ausgehend von den Ergebnissen der Grundlagenforschung hat das örtliche Raumordnungsprogramm die angestrebten Ziele (§1 Abs3) festzulegen und die zu ihrer Erreichung erforderlichen behördlichen Maßnahmen zu bezeichnen."

§15: "Als Verkehrsflächen sind solche Flächen vorzusehen, die der Abwicklung des Verkehrs oder der Aufschließung des Baulandes und des Grünlandes dienen. Dazu gehören auch die für die Erhaltung und den Schutz der Verkehrsanlagen und Versorgungsleitungen erforderlichen Flächen."

1.2. Die Rechtsentwicklung des nunmehr für die Verkehrsflächenwidmung und für die Zulässigkeit von Bauten auf Verkehrsflächen maßgeblichen §18 NÖ ROG zeigt bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeindevorstandes vom 14. Juli 2003 folgendes Bild:

Durch die NÖ ROG-Novelle 1995, LGBl. 8000-10, erhielt §18 NÖ ROG folgende Fassung:

"§18

Verkehrsflächen

(1) Als Verkehrsflächen sind solche Flächen vorzusehen, die dem ruhenden und fließenden Verkehr dienen und für das derzeitige sowie künftig abschätzbare Verkehrsaufkommen erforderlich sind. Sofern die Verkehrsflächen nicht ausdrücklich als private festgelegt sind, sind sie als öffentliche anzusehen.

(2) Erforderlichenfalls können die Verkehrsflächen hinsichtlich ihrer speziellen Verwendung (Fuß-, Rad-, Reit-, Spielwege, Übungsplätze, Tankstellen, Abstellanlagen, Park-and-Ride-Anlagen, Raststätten, Einrichtungen für den Straßendienst, Bahnhöfe u.dgl.) im Flächenwidmungsplan näher bezeichnet und damit auf diesen Zweck eingeschränkt werden.

(3) Auf Verkehrsflächen dürfen Bauwerke nur dann errichtet werden, wenn diese für eine Nutzung gemäß Abs2 und 3 erforderlich sind. Darüber hinaus dürfen auch Kleinbauten für den Betrieb und die Erhaltung der infrastruktureller Einbauten in einem unbedingt erforderlichen Ausmaß (wie Telefonzellen, Wartehäuschen, Trafostationen, Verkaufskioske u.dgl.) errichtet werden."

Durch die Änderung des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 im Jahr 1999, LGBl. 8000-13, wurde §18 Abs3 neu gefasst:

"(3) Auf Verkehrsflächen dürfen Bauwerke nur dann errichtet werden, wenn diese für eine Nutzung gemäß Abs1 oder 2 erforderlich sind. Darüber hinaus dürfen erforderlichenfalls auch Kleinbauten (Telefonzellen, Wartehäuschen, Verkaufskioske, Werbeanlagen u.dgl.) sowie Bauwerke für den Betrieb und die Erhaltung infrastruktureller Einrichtungen (Trafostationen, Pumpstationen u.dgl.) errichtet werden."

Durch die Novelle zum NÖ Raumordnungsgesetz 1976 im Jahr 2002, LGBl. 8000-14, wurde §18 Abs3 wie folgt geändert:

"(3) Auf Verkehrsflächen dürfen Bauwerke nur dann errichtet werden, wenn diese für eine Nutzung gemäß Abs1 oder 2 erforderlich sind. Darüber hinaus dürfen auch Kleinbauten (Telefonzellen, Wartehäuschen, Verkaufskioske, Werbeanlagen u.dgl.), Bauwerke für den Betrieb und die Erhaltung infrastruktureller Einrichtungen (Trafostationen, Pumpstationen u.dgl.) sowie vorübergehend (saisonal beschränkt) Veranstaltungsbetriebsstätten (Anlagen für Theateraufführungen, Eislaufplätze u.dgl.) errichtet werden."

1.3. Zum örtlichen Raumordnungsprogramm:

Nachdem der Gemeinderat am 9. Dezember 1987 für die KG Arbesthal einen vereinfachten Flächenwidmungsplan erlassen hatte - in dem für das Grundstück Nr. 1594/14 die Widmung Verkehrsfläche ausgewiesen war - wurde in der Zeit vom 11. September 1989 bis 7. November 1989 der Entwurf eines für das gesamte Gemeindegebiet geltenden örtlichen Raumordnungsprogrammes zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. In diesem Entwurf wurde die Verkehrsflächenwidmung des Grundstücks Nr. 1594/14 beibehalten. Das örtliche Raumordnungsprogramm wurde vom Gemeinderat am 19. April 1990 beschlossen und von der Niederösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 9. November 1990 aufsichtsbehördlich genehmigt. Die Kundmachung erfolgte durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 22. November 1990 bis 6. Dezember 1990. Die Verordnung trat am 7. Dezember 1990 in Kraft. Der Flächenwidmungsplan sieht für das Grundstück Nr. 1594/14 die Widmungsart (öffentliche) Verkehrsfläche vor.

2. Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der Beibehaltung der Verkehrsflächenwidmung:

2.1. Die Beschwerde behauptet, in der Grundlagenforschung fehle es an jedweder Auseinandersetzung mit den zum Zeitpunkt der Widmung bestehenden Verhältnissen. Es werde nicht darauf eingegangen, warum das gewerblich genutzte Gebäude als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet werden solle bzw. welche Bedeutung das Gebäude für den öffentlichen Verkehr haben sollte. Die Widmung sei ohne Bezugnahme auf die bestehende Nutzung oder irgendein Projekt, somit im Widerspruch zu §10 Abs2 NÖ ROG ohne Grundlagenforschung und überdies ohne jede Interessenabwägung erfolgt.

Dem ist entgegenzuhalten: Im Erläuterungsbericht zur Erstellung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vom Dezember 1987 wird zwar weder der Bestand eines Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 1594/14 noch der Grund für die vom Bestand abweichende Verkehrsflächenwidmung erwähnt. Punkt III B enthält lediglich die allgemein formulierte Maßnahme "Erarbeitung von Gestaltungsvorschlägen für den Bereich des Arbesbaches" [=Anger]. Die Begründung für die Verkehrsflächenwidmung ergibt sich jedoch aus einem vom Ortsplaner vor der Beschlussfassung über das örtliche Raumordnungsprogramm verfassten in den Verwaltungsakten enthaltenen Notiz über eine Besprechung zwischen Vertretern der Gemeinde, einem raumordnungsfachlichen Sachverständigen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung und dem Ortsplaner vom 28. September 1987. In dieser Besprechungsnotiz ist unter Punkt 5. festgehalten: "Die Gebäude vom Lagerhaus, von der Milchgenossenschaft und der Kühlgenossenschaft sollen nicht BA [Bauland-Agrargebiet], sondern Verkehrsfläche gewidmet werden. (Anger soll von Verbauung wieder frei werden)".

Der Vorwurf, in der Grundlagenforschung fehle es an jedweder Auseinandersetzung mit den zum Zeitpunkt der Widmung bestehenden Verhältnissen, trifft daher nicht zu.

2.4. Die Beschwerde behauptet weiters, die Verkehrsflächenwidmung sei ohne Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen der Beschwerdeführerin an der gewerblichen Nutzung des Gebäudes erfolgt. Eine derartige Interessenabwägung ist jedoch angesichts der Beibehaltung der Flächenwidmung nicht erforderlich (vgl. VfSlg. 16.373/2001). Dazu kommt, dass der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages (30. Juni 1998) die Widmung des Grundstückes als Verkehrsfläche bekannt sein musste.

Dem Vorbringen, es könne auch nicht im öffentlichen Interesse liegen, im historischen Ortskern (Anger) eine große Verkehrsfläche zu schaffen und eine Verbreiterung der Landeshauptstraße 166 sei im Bereich Arbesthal weder geplant noch möglich, weil alle anderen Häuser bis direkt an die Straße reichten, ist Folgendes zu entgegnen:

Wie sich aus §18 NÖ ROG ergibt, ist eine Verkehrsflächenwidmung einerseits nicht nur für den fließenden Verkehr, sondern auch für den ruhenden Verkehr vorgesehen, andererseits ist die Verwendung von Verkehrsflächen nicht nur für den Fahrzeugverkehr, sondern auch für Fußwege und Spielwege vorgesehen. Die Verkehrsflächenwidmung steht aber auch der gärtnerischen Ausgestaltung eines Teils des Angers nicht entgegen.

Selbst wenn eine Grüngürtelwidmung gemäß §19 Abs2 Z2 NÖ ROG zur Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes in Frage gekommen wäre, bedeutet dieser Umstand nicht, dass die Verkehrsflächenwidmung gesetzwidrig ist.

2.5. Die Beschwerde behauptet schließlich, die Gemeinde hätte seit 1988 keinerlei Schritte zur Verwirklichung eines mit der Verkehrsflächenwidmung verbundenen Zweckes gesetzt. Daher sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Verkehrsflächenwidmung - selbst wenn es jemals bestanden hätte - weggefallen ist. Wie sich aus der Begründung der Verkehrsflächenwidmung ergibt, wollte der Verordnungsgeber mit der Verkehrsflächenwidmung erreichen, dass der Anger wieder von einer Verbauung frei wird. Zum Teil hat die Gemeinde dieses Ziel - wie ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen zu entnehmen ist - durch Ankauf von Grundstücken, Entfernung der Gebäude der Kühlgenossenschaft und der Milchgenossenschaft und Errichtung einer Grünanlage bereits erreicht. Der Gemeinde kann nicht vorgeworfen werden, sie sei untätig geblieben, wenn sie während des Bestandes und der Nutzung des Gebäudes auf dem Grundstück noch kein Projekt zur weiteren Ausgestaltung des Gemeindeangers erstellt hat.

Die gegen die Widmung des Grundstücks Nr. 1594/14 vorgebrachten Bedenken treffen daher nicht zu. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, ein Verfahren zur Prüfung des Flächenwidmungsplanes 1990 einzuleiten.

3. Angesichts des eindeutigen und verfassungsrechtlich unbedenklichen Wortlauts des §18 Abs3 NÖ ROG - die Einschränkung der zulässigen Vorhaben auf die für Verkehrszwecke erforderlichen Vorhaben ist sachlich begründet - kann der belangten Behörde weder eine denkunmögliche noch eine gleichheitswidrige Auslegung vorgeworfen werden, wenn sie zum Ergebnis gekommen ist, dass das angezeigte Vorhaben für eine Nutzung gemäß §18 Abs1 oder 2 nicht erforderlich ist.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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