VfGH V14/06

VfGHV14/0614.12.2006

Zurückweisung der Anträge von Bürgerinitiativen auf Aufhebung einer Trassenverordnung betreffend ein Autobahnteilstück mangels Legitimation; antragstellende Personenmehrheiten keine "Bürgerinitiative" im Sinne des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) mangels ausreichender Zahl von Unterschriften bzw mangels einer zur Unterstützung geeigneten schriftlichen Stellungnahme zum Vorhaben; genaue Überprüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Parteistellung bzw Antragslegitimation iSd UVP-G erforderlich

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Allg
TrassenV, BGBl II 131/2005, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 5 Nord Autobahn. Abschnitt Eibesbrunn - Schrick
UVP-G 2000 §9 Abs4, §19 Abs4, §24 Abs11, §24c Abs5 Z2
B-VG Art139 Abs1 / Allg
TrassenV, BGBl II 131/2005, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 5 Nord Autobahn. Abschnitt Eibesbrunn - Schrick
UVP-G 2000 §9 Abs4, §19 Abs4, §24 Abs11, §24c Abs5 Z2

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. a) Die einschreitenden "Bürgerinitiativen" begehren mit beim Verfassungsgerichtshof am 14. März 2006 eingelangtem, auf Art139 B-VG iVm §24 Abs11 UVP-G 2000 (idF BGBl. 773/1996) gestützten Antrag die Aufhebung der am 12. Mai 2005 kundgemachten Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 5 Nord Autobahn, Abschnitt Eibesbrunn - Schrick, im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf, Ulrichskirchen-Schleinbach, Hochleithen, Bad Pirawarth und Gaweinstal, BGBl. II 131/2005, wegen Gesetz- und Gemeinschaftsrechtswidrigkeit.

b) Zur Zulässigkeit ihres Antrages führen die einschreitenden "Bürgerinitiativen" aus, dass die Verfassungsbestimmung des §24 Abs11 UVP-G 2000 idF vor der Novelle BGBl. I 153/2004 "den in §19 Abs3 und 4 UVP-G genannten Parteien" den Antrag auf Verordnungsprüfung (in Bezug auf im UVP-G 2000 näher umschriebene Verordnungen) "schlechthin - ohne Normierung einer Voraussetzung - einräumt". Dementsprechend sei es für Bürgerinitiativen nicht erforderlich, die Verletzung von bestimmten Rechten geltend zu machen, vielmehr gelangten die Regeln über die abstrakte Normenkontrolle zur Anwendung.

Das UVP-G sehe keine Befristung der Antragstellung vor. Die "Beschwerdeführerinnen" seien Bürgerinitiativen, die eine Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G abgegeben und folglich im gesamten Verordnungserlassungsverfahren als Bürgerinitiativen teilgenommen hätten.

2. Die antragstellenden "Bürgerinitiativen" stützen ihre Antragslegitimation auf (die Verfassungsbestimmung des) §24 Abs11 UVP-G 2000 idF BGBl. 773/1996 und den dort verwiesenen §19 Abs4.

a) Die bereits in der Stammfassung des UVP-G 2000, BGBl. 697/1993, (im §24 Abs5) enthalten gewesene, seit der Novelle zum UVP-G, BGBl. 773/1996, als Abs11 des §24 leg.cit. in Geltung gestandene Verfassungsbestimmung ist gemäß (der Verfassungsbestimmung des) §46 Abs19 Z2 UVP-G 2000 idF BGBl. I 153/2004 zwar mit 1. Jänner 2005 außer Kraft getreten; sie ist aber nach dem dort verwiesenen Abs18 Z5 lita auf Verordnungen, die - wie die angefochtene - den Straßenverlauf von "Bundesstraßen ..., für die bis zum 31. Dezember 2004 die Kundmachung gemäß §9 Abs3 durchgeführt wird", festlegen, weiter anzuwenden. §24 Abs11 hat(te) folgenden Wortlaut:

"§24. ...

(11) (Verfassungsbestimmung) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen gemäß Abs1 auf Antrag der im §19 Abs3 und 4 genannten Parteien."

b) Der verwiesene §19 Abs4 UVP-G 2000 lautet in seinem rechtlichen Kontext wie folgt (die durch die Novelle BGBl. I 89/2000 verfügten Änderungen gegenüber der Stammfassung sind für die Frage der Antragslegitimation ohne Belang, sodass es dahingestellt bleiben kann, ob Abs4 in dieser oder in der hier wiedergegebenen Fassung BGBl. I 89/2000 Anwendung findet):

"(4) Eine Stellungnahme gemäß §9 Abs4 kann durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden, wobei Name, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben und die Unterschrift beizufügen ist. Die Unterschriftenliste ist gleichzeitig mit der Stellungnahme einzubringen. Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben und nach §20 als Partei oder als Beteiligte (Abs2) teil. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben."

Nach §19 Abs5 UVP-G 2000 (idF BGBl. I 89/2000) ist Vertreter der Bürgerinitiative die in der Unterschriftenliste als solche bezeichnete Person, mangels einer solchen Bezeichnung die in der Unterschriftenliste an erster Stelle genannte Person. Der Vertreter ist auch Zustellungsbevollmächtigter gemäß §9 Abs1 des Zustellgesetzes; scheidet er aus, so gilt als Vertreter die in der Unterschriftenliste jeweils nächstgereihte Person. Der Vertreter kann mittels schriftlicher Erklärung an die Behörde durch einen anderen ersetzt werden. Eine solche Erklärung bedarf der Unterschrift der Mehrheit der Bürgerinitiative.

c) §9 UVP-G 2000, der gemäß §24 Abs6 UVP-G 2000 (beide idF BGBl. I 89/2000) im Verfahren zur Erlassung einer Verordnung, für die gemäß §§23a oder 23b eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass

"die öffentliche Auflage und die Auflage gemäß §4 Abs5 des Bundesstraßengesetzes 1971 in einem durchzuführen sind [und dass w]eiters ... statt dem Hinweis auf die Parteistellung der Bürgerinitiativen auf ihr Antragsrecht nach [§24] Abs11 und ihre Partei- oder Beteiligtenstellung in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren nach §24h Abs5 hinzuweisen [ist]",

bestimmt unter der Überschrift "Öffentliche Auflage" Folgendes:

"§9. (1) Die Behörde hat der Standortgemeinde eine Ausfertigung des Genehmigungsantrages, der im §5 Abs1 genannten Unterlagen und der Umweltverträglichkeitserklärung zu übermitteln. Diese sind bei der Behörde und bei der Gemeinde mindestens sechs Wochen lang zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. §44b Abs2 zweiter und dritter Satz AVG sind anzuwenden.

...

(3) Die Behörde hat das Vorhaben gemäß §44a Abs3 AVG kundzumachen. Diese Kundmachung hat jedenfalls zu enthalten:

1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens,

2. Ort und Zeit der möglichen Einsichtnahme und

3. einen Hinweis auf die gemäß Abs4 jedermann offen stehende Möglichkeit zur Stellungnahme und darauf, dass Bürgerinitiativen gemäß §19 Partei- oder Beteiligtenstellung haben.

Der Termin der mündlichen Verhandlung (§16) kann in einem mit dem Vorhaben kundgemacht werden.

(4) Jedermann kann innerhalb der Auflagefrist gemäß Abs1 zum Vorhaben und zur Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme an die Behörde abgeben."

Nach §24 Abs6 letzter Satz UVP-G 2000 (idF BGBl. I 89/2000) gilt für die Entstehung der Bürgerinitiative §19 Abs4.

3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 16.242/2001 festgehalten hat, verlangt §19 Abs4 UVP-G 2000 für das Vorliegen einer Bürgerinitiative

"ausdrücklich, daß die im Auflageverfahren gemäß §9 Abs4 UVP-G erstattete Stellungnahme - und nur diese - von einer Unterschriftenliste unterstützt wird. Die Vorschrift geht davon aus, daß eine Stellungnahme ganz bestimmten Inhaltes, die gemäß §9 Abs4 UVP-G 'zum Vorhaben, zur Umweltverträglichkeitserklärung, zur vorläufigen Gutachterliste und zum Entwurf des Untersuchungsrahmens' abgegeben wird, innerhalb der Frist von sechs Wochen ab Beginn der öffentlichen Auflage von mindestens 200 Personen schriftlich unterstützt und vor der Behörde abgegeben wird. Die in sonstigen Verfahrensabschnitten erstatteten Willenserklärungen können weder die Parteistellung gemäß §19 Abs4 UVP-G noch die Antragslegitimation vor dem VfGH gemäß §24 Abs11 UVP-G bewirken."

Der Verfassungsgerichtshof hält es in Fortsetzung dieser in VfSlg. 16.242/2001 zum Ausdruck gelangenden und vorstehend wiedergegebenen Überlegungen für notwendig, darauf hinzuweisen, dass die Einräumung weit reichender Verfahrens- sowie Rechtsmittelbefugnisse einschließlich der Legitimation zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts für eine juristische Konstruktion, nämlich für eine vom Gesetzgeber sog. "Bürgerinitiative" gebietet, dass das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einer Parteistellung oder Antragslegitimation iSd §§19 Abs4 und 24 Abs11 UVP-G 2000 genau zu prüfen ist. Es handelt sich bei der gesetzlichen Regelung jener Voraussetzungen nicht um bloße Form- oder Ordnungsvorschriften, deren geringfügige Missachtung zugunsten der Existenz und Mitwirkung kleinerer Gruppen am Umweltverträglichkeitsverfahren hingenommen werden müsste. Vielmehr werden unter der Bezeichnung "Bürgerinitiative" vom Gesetzgeber Kollektivgebilde mit minimalem Organisationsgrad (vgl. §19 Abs5 UVP-G 2000 über den Vertreter der Bürgerinitiative und dessen Ersetzung mittels schriftlicher Erklärung der Mehrheit der Mitglieder der Bürgerinitiative) mit der Parteistellung in äußerst komplexen (Verwaltungs-)Verfahren ausgezeichnet, die der schwierigen Klarstellung der Umweltauswirkungen von Großprojekten ebenso wie dem rechtsstaatlichen Rechtsschutz (auch in Gestalt der Antragstellung vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß §24 Abs11 UVP-G 2000) dienen sollen (vgl. zur verfassungsrechtlich an sich unbedenklichen Ausstattung einer derartigen Personenmehrheit mit subjektiven öffentlichen Rechten VfSlg. 17.389/2004, 938 ff.). Fehler bei der Einbringung der Bürgerinitiative belasten unter Umständen das gesamte nachfolgende Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren mit Rechtswidrigkeit.

Demgemäß ist für das Vorliegen einer "Bürgerinitiative" als nach §19 Abs4 UVP-G 2000 berechtigter Personenmehrheit notwendig, dass die physischen Personen, welche nachfolgend als "Bürgerinitiative" einschreiten, eine gleichgerichtete Interessenstruktur (vgl. §24c Abs5 Z2 UVP-G 2000) in Bezug auf den Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung aufweisen. Diese Identität der Einstellungen und die diese umgekehrt bedingende Betroffenheit der eine Stellungnahme unterstützenden Personen durch das zur Genehmigung eingereichte und öffentlich aufgelegte Projekt gelangen in zwei wesentlichen gesetzlichen Voraussetzungen zum Ausdruck: Nur solche Personen können - rechtserheblich - eine Stellungnahme unterstützen, die erstens zur Zeit der öffentlichen Projektsauflage in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren und die zweitens ihre Interessensphäre und deren Übereinstimmung mit jener der anderen Unterstützenden dadurch zum Ausdruck brachten, dass sie eine zu diesem Zeitpunkt notwendigerweise bereits vorliegende Stellungnahme unterzeichnen. §19 Abs4 UVP-G 2000 verlangt daher, dass eine bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme zum Vorhaben und (wohl auch: oder) zur Umweltverträglichkeitserklärung durch die Unterschrift des zukünftigen Mitgliedes der Bürgerinitiative in Gestalt der Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt wird und dass die zur Unterstützung erstellte Unterschriftenliste "gleichzeitig mit der Stellungnahme" während der Auflagefrist einzubringen ist.

Aus §9 Abs4 UVP-G 2000 ergibt sich ferner, dass die Stellungnahme "schriftlich" abzugeben ist. Da die Stellungnahme "an die Behörde" abzugeben ist, eine besondere Einbringungsbehörde aber nicht festgelegt ist, ist weiters davon auszugehen, dass die Stellungnahme zu (gemäß §23a leg.cit.) umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich unmittelbar an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (allenfalls an den Landeshauptmann; vgl. §24 Abs2 leg.cit.) zu adressieren ist. Die Stellungnahme, die - wie sich aus §24c Abs5 Z2 leg.cit. ergibt - im Umweltverträglichkeitsgutachten Berücksichtigung finden soll, muss daher, um rechtlich relevant zu sein, "zum Vorhaben" oder "zur Umweltverträglichkeitserklärung" (§9 Abs4 idF BGBl. I 89/2000; in der Stammfassung auch noch "zur vorläufigen Gutachterliste und zum Entwurf des Untersuchungsrahmens") abgegeben werden, wobei das Vorhaben gemäß §2 Abs2 UVP-G 2000 nicht nur das Projekt ieS, sondern auch damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Maßnahmen umfasst.

Als Stellungnahme genügt die Abgabe einer wertenden Meinung zum Projekt oder/und zur dazu vom Projektwerber vorgelegten und von der Behörde aufgelegten Umweltverträglichkeitserklärung. Mögen auch an die Stellungnahme keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sein, so muss sie inhaltlich dennoch zumindest derart beschaffen sein, dass sich die Sachverständigen - wie vom Gesetz in §24c Abs5 Z2 UVP-G 2000 vorgesehen - in dem von der Behörde zwingend einzuholenden Umweltverträglichkeitsgutachten damit fachlich auseinandersetzen können, wobei gleichgerichtete oder zum gleichen Themenbereich eingelangte Stellungnahmen zusammen behandelt werden können. Daraus wird deutlich, dass die floskelhafte Ablehnung eines Projekts in der - bloßen - Absicht der Gründung einer verfahrensbeteiligten Bürgerinitiative, die ihre Einwände erst nachträglich zur Geltung bringen will, nicht ausreicht, die von Rechts wegen von einer "Stellungnahme" im Sinn des Gesetzes zu verlangenden inhaltlichen Erfordernisse zu erfüllen.

Für den vorliegenden Antrag ist von besonderer rechtlicher Bedeutung, dass sich die Unterstützungsunterschriften von Rechts wegen auf eine konkrete, zum Zeitpunkt der Abgabe der Unterschriften bereits schriftlich vorliegende Stellungnahme in der Sache beziehen müssen. Hingegen sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Bürgerinitiative im Sinne des §19 Abs4 UVP-G 2000 nicht erfüllt, wenn lediglich zu einer Unterschriftensammlung zum Zweck der Gründung einer Bürgerinitiative aufgerufen wird, ohne dass gleichzeitig die notwendige Interessenhomogenität der Mitglieder der Bürgerinitiative in der Sache, also das umweltverträglichkeitsprüfungspflichtige Projekt betreffend, dadurch sichergestellt ist. Daher müssen Unterschriften zur Unterstützung einer in der Sache verfassten schriftlichen Stellungnahme geleistet werden, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung bereits vorliegt.

4. Die einschreitenden "Bürgerinitiativen" legten ihrem Antrag an den Verfassungsgerichtshof weder ihre Legitimation nach §24 Abs11, §19 Abs4 UVP-G 2000 iVm Art139 Abs1 B-VG begründende Unterlagen vor noch findet sich im Antrag ein entsprechendes Vorbringen.

5. Aus den vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich für die Frage der Antragslegitimation der als "Bürgerinitiative" einschreitenden Personen(mehrheit) Folgendes:

a) Die öffentliche Auflage gemäß §9 UVP-G 2000 wurde in den Standortgemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf, Ulrichskirchen-Schleinbach, Hochleithen, Bad Pirawarth und Gaweinstal sowie bei der "UVP-Behörde" (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) für den Zeitraum 17. Juni bis 29. Juli 2003 angeordnet und kundgemacht. Im Hinblick darauf, dass in der Gemeinde Wolkersdorf nicht alle Unterlagen zu jeder Zeit während dieser Auflagefrist einsehbar waren, wurde "die öffentliche Auflage in der Gemeinde Wolkersdorf weitere 6 Wochen lang fort[ge]setz[t]", und zwar in der Zeit vom 4. September bis einschließlich 16. Oktober 2003 (siehe Z312.505/20-II/ST3-03; Z312.505/45-II/ST3/03 ). Eine allgemeine Verlängerung der Frist zur Abgabe von Stellungnahmen wurde dadurch nicht bewirkt, weil eine solche vorausgesetzt hätte, dass die öffentliche Auflage nicht nur in der Gemeinde Wolkersdorf, sondern auch in den anderen Standortgemeinden sowie beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als "UVP-Behörde" "fortgesetzt" oder neu durchgeführt worden wäre.

b) Im Aktenstück 312.505/34-II/ST3-03 erliegt unter Z312.505/37 ein 26 Seiten umfassendes, an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie adressiertes Schriftstück, das mit "Einwendungen als auch Stellungnahmen der BI Rosa Igel betreffend die Auflage von Unterlagen zur Bestimmung des Straßenverlaufes der A 5 Nord Autobahn - Abschnitt 'Eibesbrunn - Schrick' im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf, Ulrichskirchen-Schleinbach, Hochleithen, Bad Pirawarth und Gaweinstal" überschrieben und von

"P G" unter Beifügung des Datums "2003/07/29" unterfertigt ist. Der ministerielle Eingangsstempel führt als Einlangensdatum den 30. Juli 2003 an, im Feld "Anl." ist handschriftlich "0" eingetragen; auf dem Schriftstück findet sich jedoch eine mit "29.7.2003 Rose" unterfertigte handschriftliche Anmerkung "persönlich übergeben von Herrn DI G". Eine Unterschriftenliste ist dieser Stellungnahme nicht angeschlossen.

Allerdings befand sich unter den von der Behörde vorgelegten Aktenstücken - ohne (Bezugnahme auf eine) Geschäftszahl, ohne Einlangensdatum udgl. - ein Konvolut von 56 - nicht durchnummerierten - Blättern mit folgendem Inhalt (Fettdruck hier und nachfolgend jeweils im Original):

"Unterschriftensammlung zur Gründung einer Bürgerinitiative

Mit der Unterschrift von 200 Wahlberechtigten (der Gemeinde Wolkersdorf oder Nachbargemeinden) ist die Bürgerinitiative ROSA IGEL (gemäß §19 UVP-Gesetz 2000) gegründet.

Ziel der Bürgerinitiative (BI) ROSA IGEL ist es bei zukünftigen Umweltverträglichkeitsprüfungen für A5-Nordautobahn, S1-Autobahn Parteistellung zu erlangen und Einfluss zu nehmen.

Unsere besondere[n] Anliegen sind

und dafür alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Bürgerinitiative ROSA IGEL und deren Gründung.

Datum Vor- und Anschrift, Geb.-Dat. Unterschrift

Zuname E-Mail

[Es folgen weitere

12 Zeilen]

Bürgerinitiative ROSA IGEL Liste bitte zurück bis

Kontakt: 15. Juli 2003 an:

... BI-Sprecher: DI P G

...

Auf derartigen Blättern haben insgesamt 223 Personen zwischen dem 14. Juni und dem 27. Juli 2003 unterschrieben.

Diese Unterschriftenliste entbehrt des erforderlichen Zusammenhanges mit der gebotenen (s. oben Pkt. 3) schriftlichen Stellungnahme nach §9 Abs4 UVP-G 2000 (idF vor der Novelle BGBl. I 153/2004): Zum einen findet sich kein Hinweis darauf, dass die Unterschriften in Kenntnis und zur Unterstützung des ausdrücklich als "Einwendungen als auch Stellungnahme der BI Rosa Igel betreffend die Auflage von Unterlagen zur Bestimmung des Straßenverlaufes der A 5 Nord Autobahn ..." bezeichneten 26-seitigen Schriftstückes vom 29. Juli 2003 abgegeben und geleistet wurden, mag dieses Schriftstück auch am selben Tag wie die Unterschriftenliste der "UVP-Behörde" überreicht worden sein. Vielmehr sprechen sowohl das in der Kopfzeile jeder Seite dieses Schriftstückes mit "29. Juli 2003" angegebene Datum als auch dessen Unterfertigung mit "P G2003/07/29" und die in der Unterschriftenliste mit Daten zwischen dem 14. Juni und dem 27. Juli 2003 dokumentierten Zeitpunkte der Unterfertigung gegen eine solche Annahme; dagegen spricht ferner die in diesem Schriftsatz bereits namens der BI Rosa Igel getroffene - fehlsame - Feststellung:

"Die BI Rosa Igel ist gesetzmäßig gegründet, die Unterschriftenliste termingerecht vorgelegt."

Der auf den Unterschriftenblättern selbst abgedruckte Text ist nicht geeignet als Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000 gewertet zu werden, weil er inhaltlich nicht "zum Vorhaben und zur Umweltverträglichkeitserklärung" des öffentlich aufgelegten Projekts Stellung nimmt, sondern vielmehr auf die Gründung einer Bürgerinitiative mit dem Ziel gerichtet ist, "bei zukünftigen Umweltverträglichkeitsprüfungen für A5-Nordautobahn, S1-Autobahn Parteistellung zu erlangen und Einfluss zu nehmen" ("Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Bürgerinitiative Rosa Igel und deren Gründung.").

Die Unterschriften dieser 223 Personen sind somit insgesamt nicht geeignet, die Antragslegitimation gemäß §24 Abs11 iVm §19 Abs4 UVP-G 2000 und Art139 Abs1 B-VG zu begründen.

33 Blätter weisen auf der Rückseite zwar noch folgenden Text auf:

"Die Umweltverträglichkeitsprüfung für die

NORDAUTOBAHN läuft

Die UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) für die A5 (Eibesbrunn-Schrick) wurde am 17.6.2003, 'rechtzeitig' vor den Sommerferien gestartet.

Mit der Gründung der Bürgerinitiative

[Es folgt ein gezeichneter Igel mit der Inschrift "ROSA-IGEL"]

werden wir bei diesem Verfahren Parteistellung erlangen.

Das bedeutet

* Einsichtnahme in alle Pläne und Gutachten * Die Korrektur von Fehlern und Mängeln in den Unterlagen zu fordern und durchzusetzen

* Die Möglichkeit Maßnahmen zu fordern um die Gefährdung

für Mensch und Umwelt möglichst klein zu halten.

Mit dem Bau der Nordautobahn A5, geht es nicht mehr vorrangig um die Entlastung der Ortsdurchfahrten. Es geht um eine transeuropäische Hochleistungsautobahn die Teil der Achse

Danzig - Warschau - Brünn - Wien

werden soll. Wir wollen diese Transitautobahn nicht - und dazu brauchen wir Ihre/Deine Mithilfe und Ideen.

Termine: jeden Mittwoch, ab 23. Juli 2003, 19:00 treffen wir uns

mit anderen engagierten Personen im Hotel K

wir planen am 28+29. Juli 2003, ab 14:00 den Bau einer riesigen Strohburg, oberhalb der Deponie Wodo auf der geplanten A5-Trasse, Infos beim Treffen beim Hotel K

Impressum: Verlag und Herstellung: DI P G, ...

Verlags- und Herstellungsort: ...

Spendenkonto: ...

Da auf den derart beschaffenen 33 Blättern lediglich insgesamt 166 Personen unterzeichnet haben, scheitert das Entstehen einer Bürgerinitiative iSd §24 Abs11 iVm §19 Abs4 UVP-G 2000 und Art139 Abs1 B-VG bereits wegen der zu geringen Unterstützung, sodass es dahingestellt bleiben kann, ob diesfalls die Anforderungen an eine Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000 erfüllt sind.

c) Des Weiteren findet sich im Aktenstück 312.505/34-II/ST3-03 eine an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie adressierte, namens einer "Bürgerinitiative 'KaA5'" von "G M" als "BI-Sprecher" eingebrachte Eingabe, welche laut Eingangsstempel am 29. Juli 2003 eingelangt und zur Zahl 312.505/36 protokolliert ist. Dieser Eingabe waren laut Eingangsstempel drei Anlagen beigefügt (dabei handelt es sich offenkundig um die in der Eingabe erwähnten "81 Originallisten mit 363 Unterschriften", um ein alphabetisch sortiertes Verzeichnis jener Bürger, die eine Unterschrift geleistet haben, sowie um die "Einwändungen zur Planung und zum geplanten Verlauf der geplanten A5").

In der Eingabe teilt G M als "BI-Sprecher" dem Bundesministerium mit, dass "sich insgesamt 363 dazu berechtigte Bürger von Anrainergemeinden bzw. deren Nachbargemeinden der geplanten A5 ... unter dem Namen 'kaA5' zu einer Bürgerinitiative laut §19 Abs4 des UVP-G zusammengeschlossen haben" und er bei der Bildung der Bürgerinitiative als "BI-Sprecher" benannt wurde. Als erste Anlage angeschlossen und von G M mit 29. Juli 2003 unterfertigt sind (detaillierte) "Einwändungen zur Planung und zum geplanten Verlauf der geplanten A5" der Bürgerinitiative. Auch hier finden sich keine Anhaltspunkte, dass diese Einwendungen den Unterzeichnern im Zeitpunkt der Eintragung in die Unterschriftenlisten als schriftliche Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000 bekannt waren, da sämtliche auf den "Originallisten" befindliche Unterschriften zwischen dem 30. Juni und dem 28. Juli 2003 geleistet wurden. Auch diese Anlage konnte daher nicht iSd §19 Abs4 UVP-G 2000 unterstützt werden.

Die "81 Originallisten" sehen folgendermaßen aus:

aa) Auf 36 (dieser 81) Blätter(n) im Format A4 findet sich nachstehender Text:

"Unterschriftensammlung zur [z.T. folgt hier ein

Gründung einer Bürgerinitiative Logo: Biber mit

kreisförmig angeordnetem

Text "Kritische Anrainer

der A5 kaA5"]

Mit der Unterschrift von 200 Wahlberechtigten aus den Anrainergemeinden der geplanten A 5 Ulrichskirchen-Schleinbach und Hochleithen und deren Nachbargemeinden ist die überparteiliche Bürgerinitiative "Kritische Anrainer der A5" (kaA5) gemäß §19 des UVP-Gesetzes gegründet.

Wir Unterzeichnete wollen Parteienstellung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die A5-Nordautobahn und S1-Außenringautobahn. Damit wollen wir als mögliche Anrainer der geplanten Autobahnen unsere Einwände unsere Gesundheit und Lebensqualität betreffend im gesetzlichen Rahmen einbringen. Ziel ist, das Projekt in der geplanten Form zu verhindern.

Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Bürgerinitiative kaA5 und deren Gründung.

Datum Vor- und Anschrift Geb.Datum Unterschrift

Zuname

[Es folgen weitere 7

Zeilen]

Liste bitte zurück bis 15. Juli 2003 an den BI-Sprecher G M, ... bzw. an dessen Stellvertreter, Dr. R K ('Ärzte gegen Transit'), ... schicken. Danke!"

Dieser von 235 Personen unterschriebene Text enthält keine Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000: Die - eher beiläufige - Bezeichnung des "Zieles" der Bürgerinitiative "kaA5" ("Ziel ist, das Projekt in der geplanten Form zu verhindern.") auf den zur Unterschrift in Umlauf gebrachten (und in der Folge dem Bundesministerium überreichten) Blättern mit Unterschriften im Zusammenhang mit der beabsichtigten Gründung und Verfahrensbeteiligung jener Bürgerinitiative, reicht nicht aus, um den geschilderten Anforderungen an eine "Stellungnahme" in der Sache zu genügen. Schon gar nicht kann der hier bekundete Wille, "Parteistellung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die A5-Nordautobahn und S1-Außenringautobahn" zu erlangen, um als "mögliche Anrainer der geplanten Autobahnen ... Einwände unsere Gesundheit und Lebensqualität betreffend im gesetzlichen Rahmen einzubringen", dazu ausreichen.

bb) Daneben gibt es 45 Blätter im Format A5 folgenden Inhalts:

"Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Bürgerinitiative kaA5 und deren Gründung.

Datum Vor- und Anschrift/eMail Geb.Datum Unterschrift

Zuname

Unterschreiben können alle wahlberechtigten Einwohner der betroffenen Gemeinden (über deren Gemeindegebiet die geplante A5 führen soll) und deren Nachbargemeinden.

Liste bitte zurück bis 15.Juli 2003 an den BI-Sprecher G M, ... bzw. an dessen Stellvertreter, Dr. R K ("Ärzte gegen Transit"), ... schicken. Danke!"

Auf der Rückseite findet sich - von zwei Ausnahmen (mit insgesamt 12 Unterschriften) abgesehen - folgender Text:

"Direkt vor Ihrer Haustüre [Logo bestehend aus: Biber mit

kreisförmig angeordnetem Text

"Kritische Anrainer der

A5 kaA5"]

soll in wenigen Monaten mit dem Bau der Nordautobahn (A5) begonnen werden.

Rund 67.000 Fahrzeuge werden nach Fertigstellung Tag für Tag sowohl für enorme Lärmbelästigung in den angrenzenden Gemeinden als auch für eine massive Verschlechterung der Luftqualität sorgen.

67.000 Fahrzeuge: das sind weit über 2.500 LKWs, Schwertransporte und PKWs pro Stunde. 24 Stunden am Tag!

Selbst jene Mitbewohner, die meinen, die Autobahn sei nötig, sind überzeugt, dass bauliche Maßnahmen nötig sein werden, um Lärmbelästigung und Abgas-Schäden in Grenzen zu halten.

Der Autobahn-Bauherr ASFINAG wird sich nicht freiwillig um die Interessen der Anrainer kümmern. Die einzige Möglichkeit, Sie und Ihre Kinder vor den schlimmsten Folgen dieser Verkehrslawine zu schützen, ist ein entschiedenes Auftreten der Betroffenen bei den Genehmigungsverfahren.

Daher wollen wir als

ÜBERPARTEILICHE BÜRGERINITIATIVE 'KRITISCHE ANRAINER DER A5'

Parteienstellung in den Bewilligungsverfahren für den Autobahn-Bau erreichen. Durch diese gesetzliche Parteienstellung erhalten wir die nötigen Informationen, um die Interessen aller Gemeindebürger vertreten zu können und Sie auch regelmäßig über alle Details zu informieren.

Dazu ist Ihre Unterschrift nötig. Nur mit Ihrer Hilfe, mit ausreichend Unterstützungserklärungen sind wir imstande, wirkungsvoll dafür zu sorgen, dass unsere Gemeinde auch in Zukunft lebenswert bleibt.

Unterschriften-Vordrucke finden Sie auf der Rückseite. Sie können aber auch auf der Homepage der Bürgerinitiative, unter

...

Unterschrifts-Listen als Word-Datei downloaden oder aber telefonisch beim BI-Sprecher G M, ... oder dessen Stellvertreter, Dr. R K, ... anfordern.

Schicken Sie bitte die unterschriebene Unterstützungserklärung bis 15. Juli an eine der beiden Adressen (oder in den Postkasten einwerfen). Danke!

..."

Die Zahl der Unterschriebenen beträgt hier 118. Das Entstehen einer Bürgerinitiative iSd §24 Abs11 iVm §19 Abs4 UVP-G 2000, Art139 Abs1 B-VG scheitert daher bereits an der zu geringen Unterstützung, sodass es auch hier dahingestellt bleiben kann, ob diesfalls die Anforderungen an eine Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000 erfüllt sind.

d) Unter der Z312.505/105-II/ST3/03 ist festgehalten, dass eine vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Wege der Amtshilfe veranlasste Überprüfung der überreichten Unterschriftenlisten in Bezug auf die Wahlberechtigung der Unterschriftleistenden iSd §19 Abs4 UVP-G 2000 durch die betroffenen Gemeinden ergab, dass sich - nach Meinung der Behörde - "beide Bürgerinitiativen konstituiert haben, da für die Bürgerinitiative Rosa Igel 227 Wahlberechtigte und für die Bürgerinitiative KAA5 241 Wahlberechtigte die Unterschriftenlisten unterzeichnet haben". Unter einem wurde die - schlichte - Mitteilung dieses Ergebnisses an die Bürgerinitiativen und die mitwirkenden Behörden verfügt, die für sich keine normative Wirkung in Anspruch nehmen kann.

6. Die die Trassenverordnung vor dem Verfassungsgerichtshof anfechtenden "Bürgerinitiativen" erfüllen - teils in Ermangelung einer ausreichenden Zahl von Unterschriften bezogen auf eine zum Zeitpunkt der Abgabe der jeweiligen Unterschrift vorliegenden schriftlichen Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000, teils in Ermangelung einer zur Unterstützung iSd §19 Abs4 UVP-G 2000 geeigneten Stellungnahme - sohin die gesetzlichen Voraussetzungen nicht. Der Antrag wurde also namens von Personenmehrheiten eingebracht, denen die Qualität einer Bürgerinitiative iSd §19 Abs4 iVm §24 Abs11 UVP-G 2000 nicht zukommt. Er war somit mangels Legitimation zurückzuweisen.

7. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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