VfGH B1599/04

VfGHB1599/0414.1.2005

VfGG §85 Abs2 / Medienrecht
VfGG §85 Abs2 / Medienrecht

 

Spruch:

Dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebenden Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG k e i n e F o l g e gegeben.

Begründung

Begründung

1.1. Am 15. Juni 2004 schloss die Premiere Fernsehen GesmbH & Co KG mit der Österreichischen Bundesliga einen Exklusivvertrag über die Fernsehrechte an den Fußballspielen der "T-Mobile Bundesliga, Red Zac Erste Liga, ÖFB Stiegl Cup, Super-Cup und Hallen-Cup" ab. Am 9. Juli 2004 wurde zwischen der Premiere Fernsehen GesmbH & Co KG und der ATV Privatfernseh-GmbH eine "Sublizenzvereinbarung" unterfertigt, in der die Premiere Fernsehen GesmbH & Co KG der ATV Privatfernseh-GmbH die "Free-TV" Erstverwertungsrechte an den Spielen der "T-Mobile Bundesliga, Red Zac Erste Liga, ÖFB Stiegl Cup, Super-Cup und Hallen-Cup" einräumte. Die Premiere Fernsehen GesmbH & Co KG übertrug der ATV Privatfernseh-GmbH, konkret folgende Rechte:

"sämtliche Spiele der Bundesliga als Zusammenfassung auszustrahlen.

Weiters übertrug die Premiere Fernsehen GesmbH & Co KG der beschwerdeführenden Gesellschaft das Recht, das T-Mobile Super Cup-Finale zu übertragen.

Im Hinblick auf den T-Mobile Hallen-Cup wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft das Recht übertragen, Spiele des T-Mobile Hallen-Cups zu übertragen, wenn es sich um ausgewählte Schlagerspiele handelt, jedoch maximal ein Spiel pro Tag. Die restlichen Matches dürfen von Seiten der beschwerdeführenden Gesellschaft in Tageszusammenfassungen ausgestrahlt werden.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat weiters das Recht, ein Halbfinalspiel des Stiegl-Cups sowie das Finalspiel gänzlich zu übertragen; von den restlichen Matches berichtet die beschwerdeführende Gesellschaft von der ersten Runde an ebenfalls in Tageszusammenfassungen.

Bezüglich des UEFA-Intertoto-Cups hat die beschwerdeführende Gesellschaft die Möglichkeit, einzelne Matches oder Bilder der Spiele zuzukaufen."

1.2. Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2004 stellte der Österreichische Rundfunk (ORF) einen Antrag gemäß §5 Abs4 und 5 Fernseh-Exklusivrechtegesetz (FERG), in dem er unter anderem begehrte, der Bundeskommunikationssenat möge aussprechen, dass die Antragsgegnerinnen Premiere Österreich, Premiere Deutschland sowie ATV verpflichtet sind, dem ORF "die Signale sämtlicher Fußballspiele im Rahmen der Bewerbe T-Mobile Bundesliga, Red Zac Erste Liga, Stiegl-Cup, UEFA-Intertoto-Cup, Hallencup sowie des Spiels Supercup-Finale, die im zeitlichen Geltungsbereich des zwischen den Antragsgegnerinnen und der Österreichischen Fußball Bundesliga bestehenden Exklusiv-TV-Vertrages veranstaltet werden", zur Verfügung zu stellen. Mit Teilbescheid des Bundeskommunikationssenates vom 11. November 2004 wurde über den Antrag des ORF gemäß §5 Abs4 und 5 FERG wie folgt entschieden:

"I.

1. Der ORF hat gem. §5 Abs1 FERG das Recht auf Kurzberichterstattung über

  1. a) den Supercup
  2. b) die Spiele des Hallen-Cups
  3. c) die Spiele des Stiegl-Cups ab der dritten Runde
  4. d) die Spiele des UEFA-Intertoto-Cups, soweit sie Gegenstand des Lizenzvertrages zwischen der Österreichischen Fußball-Bundesliga und Premiere Fernsehen GmbH Co KG vom 15.6.2004 sind.

2. Premiere Fernsehen GmbH ist gem. §5 Abs4 iVm §5 Abs1 und Abs3 FERG verpflichtet, die Signale sämtlicher unter Spruchpunkt I.1. genannten Fußballspiele der Spielzeiten 2004/05, 2005/06 und 2006/07 zu folgenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen, und der ORF ist berechtigt, diese Signale zu den folgenden Bedingungen aufzuzeichnen und auszustrahlen:

a) Die Kurzberichterstattung ist auf eine dem Anlass entsprechende nachrichtenmäßige Kurzberichterstattung beschränkt.

b) Die Dauer der Kurzberichterstattung beträgt höchstens 90 Sekunden pro Spieltag eines Bewerbes und bemisst sich nach der Länge der Zeit, die notwendig ist, um den nachrichtenmäßigen Informationsgehalt der Spiele eines Spieltags zu vermitteln.

c) Die Sendung des Kurzberichts darf nicht vor Beginn der Sendung des Ereignisses durch Premiere Fernsehen GmbH erfolgen.

d) Das Recht der Kurzberichterstattung besteht für die Ausstrahlung der Kurzberichte in den Programmen ORF 1 und ORF 2.

e) Für die Erstellung der Kurzberichte ist das Signal 'clean-feed' ab 'Heck Ü-Wagen' zur Verfügung zu stellen.

f) Als Abgeltung für das Recht auf Kurzberichterstattung hat der ORF einen Betrag von € 1.000,-- pro Minute bei sekundengenauer Abrechnung innerhalb von zwei Wochen ab Rechnungslegung zu entrichten.

g) Die Verpflichtung der Premiere Fernsehen GmbH, die Signale unter den genannten Bedingungen zur Verfügung zu stellen, gilt für die Dauer des Vertragsverhältnisses zwischen Premiere Fernsehen GmbH & Co KG und der Österreichischen Fußball-Bundesliga.

3. Der Antrag des ORF, auszusprechen, dass Premiere Fernsehen GmbH verpflichtet ist, dem ORF die Signale sämtlicher Fußballspiele der Red Zac Erste Liga zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, wird gem. §5 Abs1 FERG abgewiesen. Hinsichtlich der Spiele des Stiegl-Cups wird der Antrag abgewiesen, soweit er sich auf die erste und zweite Runde bezieht.

4. Es wird gemäß §5 Abs5 FERG festgestellt, dass der ORF das Recht auf Kurzberichterstattung über den Supercup am 9. Juli 2004 unter den Bedingungen des Punktes I.2 hatte.

5. Der Antrag des ORF, festzustellen, dass Premiere Fernsehen GmbH verpflichtet war, die Signale sämtlicher Bewerbspiele im Rahmen der Red Zac Erste Li[g]a 2004/05 im Zeitraum vom 9. Juli 2004 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundeskommunikationssenates gem. §5 Abs4 FERG zur Verfügung zu stellen, wird gem. §5 Abs5 i.V.m. im §5 Abs1 FERG abgewiesen.

II.

1. Der Antrag des ORF, auszusprechen, dass Premiere Fernsehen GmbH & Co KG und ATV Privatfernsehen-GmbH verpflichtet sind, dem ORF die Signale sämtlicher Fußballspiele im Rahmen der Bewerbe Red Zac Erste Liga, Stiegl-Cup, UEFA-Intertoto-Cup, Hallen Cup sowie des Supercups zur Verfügung zu stellen, wird gemäß §1 Abs1 i.V.m. §5 Abs4 i. V.m. §5 Abs1 FERG abgewiesen.

2. Der Antrag des ORF, festzustellen, dass Premiere Fernsehen GmbH & Co KG und ATV Privatfernsehen-GmbH verpflichtet waren, dem ORF im Zeitraum vom 8. Juli 2004 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Bundeskommunikationssenat die Signale sämtlicher Fußballspiele im Rahmen des Bewerbs Red Zac Erste Liga 2004/05 sowie des Supercups zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, wird gemäß §1 Abs1 i. V.m. §5 Abs5 i.V.m. §5 Abs1 FERG abgewiesen."

2. Gegen diesen Bescheid des Bundeskommunikationssenates erhob die ATV Privatfernseh-GmbH Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG. Darin stellte die beschwerdeführende Gesellschaft den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In diesem Antrag bringt sie vor, dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegenstünden. Die weitere Einräumung eines Kurzberichterstattungsrechts und die Übertragung des Signals würde jedoch für die beschwerdeführende Gesellschaft einen unverhältnismäßigen Nachteil bewirken, weil sich aufgrund der Kurzberichterstattung durch den ORF (wobei allerdings zwischen den Spielen der Bundesliga und den anderen Spiele nicht differenziert wird) Verluste der Marktanteile und damit verbundene Einbußen an Werbeeinnahmen ergeben hätten.

Fernsehzuseher, die die Fußball-Sportberichterstattung beim ORF gewohnt seien, würden weiterhin die wichtigsten Tore im ORF verfolgen und den Sendungen der beschwerdeführenden Gesellschaft keinerlei Chance einräumen. Erst wenn vor den Fußball-Sendungen der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht im ORF die wichtigsten Tore und Spielszenen der Fußball-Runden zu sehen seien, werde sich der wirtschaftliche Erfolg der großen Investition in den Ankauf der Fußball-Lizenzrechte für die beschwerdeführende Gesellschaft einstellen. Die Erstausstrahlung der besten Spielszenen und Tore der Runden des ÖFB Stiegl Cup, UEFA-Intertoto-Cup, Super-Cup und Hallen-Cup durch den ORF würde mit einer Senkung der Reichweite des Programms der beschwerdeführenden Gesellschaft und damit auch mit einer Senkung der Werbeeinnahmen einhergehen. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe die Ausstrahlungsrechte unter "großem finanziellen Aufwand und einer immensen wirtschaftlichen Belastung erworben". Hingegen müsse der ORF für die Sendeminute lediglich € 1.000,-

entrichten. Durch den angefochtenen Bescheid käme es zu einem "massiven Wertverlust der Fußball-Übertragungsrechte", was dem österreichischen Fußball generell zum Nachteil gereichen würde. Für den ORF wäre die Bewilligung der aufschiebenden Wirkung hingegen nicht unverhältnismäßig, weil für ihn nach wie vor die Möglichkeit bestünde, seine Zuseher durch Wortberichterstattung und Verlesung der Fußball-Ergebnisse zu informieren.

3. Die belangte Behörde erstattete keine Äußerung zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Der ORF (als im Verfahren mitbeteiligte Partei) sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Die weiters mitbeteiligten Parteien, die Premiere Fernsehen GmbH (mit Sitz in Wien) und die Premiere Fernsehen GmbH & Co KG (mit Sitz in München) traten in einer Äußerung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein.

4.1. Gemäß §85 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

4.2. Angesichts des öffentlichen Interesses an der Erfüllung des gesetzlichen Programmauftrages, auch über Fragen des Sports zu berichten durch den ORF (§4 ORF-G) und des Umstandes, dass es der beschwerdeführenden Gesellschaft freisteht, die Ausstrahlung der Fußballspiele bzw. Tageszusammenfassungen auf einen anderen Sendeplatz zu verlegen, kann nicht gefunden werden, dass die von der beschwerdeführenden Gesellschaft behaupteten Nachteile am sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides gegenüber den mit diesen abzuwägenden Interessen überwiegen.

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG keine Folge zu geben, ohne dass bereits in diesem Verfahrensstadium die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Gesellschaft näher zu prüfen war.

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