VfGH G26/05, V18/05

VfGHG26/05, V18/05G26/05, V18/0513.10.2005

Zurückweisung von Individualanträgen von (Transport)Gesellschaften auf Aufhebung von Bestimmungen der Mauttarifverordnung und der Verordnungsermächtigung im Bundesstraßen-Mautgesetz wegen zumutbaren Umwegs über ein gerichtliches Verfahren zur Rückforderung der von den Antragstellern als ungerechtfertigt angesehenen Mauttarife

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Bundesstraßen-MautG 2002 §9 Abs6, §10 Abs2
F-VG 1948
MauttarifV §2, §3, §4
VfGG §57
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Bundesstraßen-MautG 2002 §9 Abs6, §10 Abs2
F-VG 1948
MauttarifV §2, §3, §4
VfGG §57

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Mit ihren auf Art139 und Art140 B-VG gestützten Anträgen begehren die Einschreiter die Aufhebung der Wortfolge "die in §10 Abs2 genannt sind oder" in §9 Abs6 des Bundesgesetzes über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG), BGBl. I Nr. 109/2002, (im Folgenden: BStMG) sowie der §§2, 3 und 4 der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über die Festsetzung der Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt (Mauttarifverordnung), BGBl. II Nr. 406/2002.

2.1. Zu ihrer Antragslegitimation sowie zum Anfechtungsgegenstand führen die antragstellenden Gesellschaften u.a. Folgendes aus:

"(...)

Die angefochtene Wortfolge des §9 Abs6 BStMG 2002 und die darauf Bezug habenden Bestimmungen der §§2 bis 4 der Mauttarifverordnung entfalten gegenüber den Antragstellern unmittelbare Wirksamkeit.

Die Erstantragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in 9751 Sachsenburg, welche insbesondere in der Produktion von Nadelschnittholz sowie in der Be- und Verarbeitung von Holz sowie in der Erbringung sonstiger forstwirtschaftlicher Dienstleistungen tätig ist. Die Erstantragstellerin bezieht ihre Rohstoffe aus einem Umkreis von rund 100 km von ihrem Standort, wobei über 40 % (rund 270.000 von ca 635.000 Festmetern pro Jahr) der zugekauften Rohstoffe über die A 10-Tauernautobahn angeliefert werden. Aufgrund der erhöhten Mautabschnitttarife auf der A 10-Tauernautobahn ergibt sich unter Berücksichtigung von rund 21.800 Fahrten pro Jahr eine jährliche Mehrbelastung im Bereich des Einkaufs von rund € 348.000,00 netto. Unter Berücksichtigung der jährlichen Frachtkosten der Erstantragstellerin in Höhe von € 6.000.000,00 bedeutet dies eine Verteuerung von rund 6 %.

Jedoch auch im Verkauf wird ein Anteil von über 12 % über die A 10-Tauernautobahn abtransportiert, woraus sich durch die erhöhten Mautabschnittstarife ein jährlicher Mehraufwand von rund € 16.000,00 netto ergibt. Die Erstantragstellerin hat jedoch durch die angefochtenen Bestimmungen und die höheren Mautabschnittstarife nicht nur erhebliche Mehraufwendung, sondern insbesondere auch massive Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenzunternehmen. So fallen etwa für in Unterkärnten etablierte Sägewerke, die ihre Rohstoffe ebenfalls aus einem Umkreis von 100 km von ihrem Standort beziehen, keinerlei Mehrkosten an, zumal in diesem Bereich praktisch nur der allgemeine Grundkilometertarif zum Tragen kommt.

Die Zweitantragstellerin ist eine GmbH mit Sitz in 9563 Gnesau, welche sich auch mit der Be- und Verarbeitung von Holz (insbesondere Balkone, Bautischlerarbeiten und Zäune) beschäftigt. Die Zweitantragstellerin liefert einen Anteil von ca. 80 % ihrer Produktion über die A 10-Tauernautobahn Richtung Norden (60 % der Produktion werden nach Deutschland exportiert). Durch die erhöhten Mautabschnittstarife im Bereich der A 10-Tauernautobahn entstehen der Zweitantragstellerin zusätzliche Kosten in Höhe von rund € 10.000,00 pro Jahr, welche bei der Preiskalkulation entsprechend berücksichtigt werden müssen. Dadurch erleidet die Zweitantragsteller(i)n gegenüber ihren Konkurrenten in den nördlichen Bundesländern erhebliche Wettbewerbsnachteile. Jedoch auch die Einkaufskosten der Zweitantragstellerin erhöhen sich durch die Sondermaut, zumal die Lieferanten die erhöhten Transportkosten in ihre Verkaufspreise einrechnen.

Die Drittantragstellerin ist eine Gesellschaft mit Sitz in 9800 Spittal/Drau und beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Herstellung von Schuhen. Die Drittantragstellerin exportiert über 90 % ihrer Produktion nach Deutschland und entstehen dieser durch die erhöhten Mautabschnittstarife im Bereich der A 10-Tauernautobahn zusätzliche Kosten in Höhe von rund € 16.000,00 pro Jahr, welche ebenfalls zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten in den nördlichen österreichischen Bundesländern führen.

Die Viertantragstellerin ist eines der führenden Unternehmen der Holz- bzw Sägeindustrie in Österreich mit einem Jahreseinschnitt von ca. 1,25 Mio. Festmetern und einer Jahresproduktion von ca. 750.000 m3 Schnittholz. Von der Viertantragstellerin werden jährlich rund 170.000 Festmeter Rundholz zugekauft, welche Rohstoffe über die A 9 Phyrnautobahn angeliefert werden. Durch die erhöhten Mautabschnittstarife auf der A 9 Phyrnautobahn entstehen jährliche Mehrkosten in Höhe von rund € 170.000,00. Im Verkauf transportieren jährlich ca. 1.500 LKWs Schnittholz über die A 9 Phyrnautobahn, wobei durch die erhöhten Mautabschnittstarife Zusatzkosten in Höhe von € 20.000,00 jährlich entstehen. An Hackgut werden insgesamt rund 500.000 Raummeter pro Jahr veräußert, wobei durch die erhöhten Mautabschnittstarife Mehrkosten in Höhe von € 160.000,00 entstehen. Insgesamt entstehen der Viertantragstellerin durch die erhöhten Mautabschnittstarife auf der A 9 Phyrnautobahn somit Zusatzkosten in Höhe von € 350.000,00 jährlich, welche zusätzlichen Aufwendungen einen erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenzunternehmen - insbesondere in den nördlichen österreichischen Bundesländern - verursachen.

Die Fünftantragstellerin ist eines der führenden holzverarbeitenden Unternehmen in Österreich. An zwei Standorten, in 8502 Preding und 8551 Wernersdorf, werden jährlich 300.000 m3 Schnittholz zu Massivholzplatten für den Hausbau und die Wohnraumgestaltung verarbeitet. Die Exportquote liegt bei etwa 65 %. Aufgrund der geographischen Lage der Fünftantragstellerin im Süden von Österreich ist sie gezwungen, rund 16 % aller Transporte auf Mautabschnitten mit erhöhten Mautabschnittstarifen durchzuführen. Allein die Doppelbemautung auf der A 9 verursacht der Fünftantragstellerin zusätzliche Kosten in Höhe von rund € 50.000,00 pro Jahr. Die erhöhten Mautabschnittstarife stellen somit für die Fünftantragstellerin einen erheblichen Wettbewerbsnachteil - insbesondere beim Transport von geringwertigen Wirtschaftsgütern, wie zB Rundholz, Schnittholz und Brennstoff-Bio-Pellets - gegenüber den Wettbewerbern in den nördlichen österreichischen Bundesländern dar.

Die Sechstantragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in Gratkorn, die im Wesentlichen Papier, Karton und Pappe herstellt. Im österreichischen Werk in Gratkorn produzieren

1.400 Mitarbeiter rund 800.000 t gestrichene Feinpapiere für hochwertige Buchdrucke, Broschüren, Kataloge, Geschäftsberichte, Zeitschriften, Kalender, Plakate sowie Verpackungen und Etiketten. Für den Verkauf ist die Sechstantragstellerin insbesondere von den erhöhten Mautabschnittstarifen auf der A 9 Phyrnautobahn, A 10 Tauernautobahn und S 16 Arlberger-Schnellstraße betroffen. Unter Berücksichtigung einer Transporttonage von ca. 245.000 Jahrestonnen belaufen sich die Zusatzkosten durch die erhöhten Mautabschnittstarife für die Sechstantragstellerin alleine beim Verkauf auf ca. € 500.000,00. Hinsichtlich des Einkaufes kann diesbezüglich keine Aussage getroffen werden, da die Anlieferung zum größten Teil auf Basis 'Frei Haus' erfolgt und somit die Frachtkosten für die Sechstantragstellerin nicht gesondert ausgewiesen sind. Aufgrund der gegebenen Konkurrenzsituation - insbesondere auch im europäischen Raum - ist es der Sechstantragstellerin nicht möglich, die erhöhten Transportkosten im Verkaufspreis zu berücksichtigen. Damit entsteht der Sechstantragstellerin ein massiver Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten in den nördlichen österreichischen Bundesländern sowie in anderen Ländern im europäischen Raum.

Die Siebentantragstellerin betreibt in Frastanz in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft Großhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren. Das Verkaufsgebiet der Siebentantragstellerin umfasst insbesondere Vorarlberg, Tirol, die Ostschweiz und das Bodensee-Gebiet auf deutscher Seite, sodass für die Siebentantragstellerin insbesondere die erhöhten Mautabschnittstarife auf der S 16 Arlbergschnellstraße zwischen St. Anton und Langen von Bedeutung sind. Der Verkauf wird von der Siebentantragstellerin mit sechs eigenen LKWs durchgeführt und ergeben sich durch die erhöhten Mautabschnittstarife auf der S 16 Arlbergschnellstraße beim Verkauf Mehrbelastungen in Höhe von rund € 36.000,00, beim Einkauf in Höhe von rund € 30.000,00. Der Siebentantragstellerin entsteht damit insbesondere im Vergleich zu Mitbewerbern im Bundesland Tirol und in den nördlichen österreichischen Bundesländern ein massiver Wettbewerbsnachteil, welcher nicht auf die Kunden abgewälzt werden kann.

Die Achtantragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Feldkirch, wo sie auch eine genehmigte Anlage für die Aufarbeitung und Sammlung von gefährlichen Abfallstoffen betreibt. Durch das Nichtvorhandensein einer thermischen Behandlungsanlage im Land Vorarlberg besteht die Notwendigkeit, einen Teil der Abfallstoffe nach Wien, Arnoldstein bzw Lenzing zur Weiterbehandlung zu transportieren, wobei naturgemäß auch Mautabschnitte mit erhöhten Tarifen in Anspruch genommen werden müssen. Dies gilt jedoch auch für die Zufuhr von gefährlichen Abfallstoffen zur Anlage der Achtantragstellerin. So werden etwa jährlich 2.250 m3 Abfälle von Vorarlberg nach Wien, Arnoldstein bzw Lenzing transportiert, wodurch der Achtantragstellerin durch die erhöhten Mautabschnittstarife zusätzliche Kosten in Höhe von ca. € 1.950,00 entstehen. Bei der Zulieferung zur Anlage der Achtantragstellerin entstehen durch die erhöhten Mautabschnittstarife zusätzliche Frachtkosten in Höhe von € 5.600,00, was gegenüber den Mitbewerbern hinter dem Arlberg zu einer gravierenden Wettbewerbsverzerrung führt. Aufgrund der erhöhten Mautabschnittstarife war die Achtantragstellerin in letzter Zeit nicht in der Lage, konkurrenzfähige Preise anzubieten, was eine erhebliche Umsatzeinbuße und eine Reduktion der Rentabilität der Anlage nach sich gezogen hat.

Die Neuntantragstellerin ist eine GmbH, die im Bereich der Herstellung und im Großhandel von Nahrungs- und Genussmitteln tätig ist. Die Neuntantragstellerin vertreibt ihre Produkte in ganz Österreich und ist daher von den erhöhten Mautabschnittstarifen auf der A 13 Arlbergschnellstraße, der A 13 Brennerautobahn, der A 9 Phyrnautobahn, der A 10 Tauernautobahn und im geringen Ausmaß auch der A 11 Karawankenautobahn betroffen. Durch die erhöhten Mautabschnittstarife auf den genannten Autobahnen entstehen der Neuntantragstellerin zusätzliche Kosten in Höhe von rund € 53.000,00 jährlich. Diese Zusatzkosten können aufgrund der Wettbewerbssituation bei den Verkaufspreisen nicht einkalkuliert werden und entstehen damit erhebliche Wettbewerbsnachteile insbesondere gegenüber den Konkurrenten in den nördlichen österreichischen Bundesländern.

(...)

Den Antragstellern steht kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen die verfassungswidrige Wortfolge des §9 Abs6 BStMG 2002 sowie die §§2 bis 4 der Mauttarifverordnung zur Wehr setzen zu können. Die Provozierung eines gesetzlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens durch Setzung einer strafbaren Handlung ist den Antragstellern keinesfalls zumutbar (vgl VfSlg 13.822/1994).

Obzwar die Maut ihrer Rechtsnatur nach keine Abgabe im Sinne des F-VG, sondern ein nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilendes Entgelt für die Benützung von Straßen darstellt (vgl EB zur RV zu §10 zum BStMG 2002, 1139 BlgNR XXI. GP 13; OGH vom 22.01.2001, 2 Ob 33/01 v), ist den Antragstellern dennoch eine Provokation eines Zivilverfahrens nicht zumutbar, um in einem solchem Rechtstreit Bedenken gegen die angefochtenen Vorschriften vorzubringen und vor dem in II. Instanz zur Entscheidung berufenen Gericht die Stellung eines Gesetzesprüfungs- bzw Verordnungsprüfungsantrages beim Verfassungsgerichtshof anzuregen.

So hat der VfGH in seiner Rechtsprechung zur Anfechtung zivilrechtlicher Vorschriften mit Individualantrag festgehalten, dass er die Provokation einer Klage durch rechtswidriges Verhalten für keinen zumutbaren Weg erachtet (vgl VfSlg 13.725).

Es kann den Antragstellern somit nicht zugemutet werden, durch die Nichtzahlung der für die in §10 Abs2 BStMG 2002 genannten Mautabschnitte den Grundkilometertarif übersteigenden Tarife - wobei dies schon aus technischer Sicht nicht durchführbar sein dürfte - ein zivilrechtliches Verfahren zu provozieren. Dies auch deshalb, weil die Nichtzahlung der fahrleistungsabhängigen Maut gemäß den Bestimmungen der Mauttarifverordnung nach §20 Abs2 BStMG 2002 eine Verwaltungsübertretung (Mautprellerei) darstellt.

Da den Antragstellern nicht zumutbar ist, sich in einer gesetzlich verpönten Weise zu verhalten (vgl VfSlg 13.659/1993), erfüllen die Antragsteller das Kriterium der 'Umwegsunzumutbarkeit', weshalb die Zulässigkeit eines Individualantrages der Antragsteller gegen die angefochtenen Bestimmungen des BStMG 2002 sowie der Mauttarifverordnung gegeben ist.

(...) Abgrenzung der Prüfungsgegenstände:

Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH sind die Grenzen eines Aufhebungsantrages so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzestext nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufhebenden Gesetzesstelle in untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl VfSlg 14.466/1996).

Angefochten wird nur jene Wortfolge des §9 Abs6 BStMG 2002 ('die in §10 Abs2 genannt sind oder'), die eine Ermächtigung für den Verkehrsminister im Einvernehmen mit dem Finanzminister zur Festsetzung höherer Mautabschnitttarife für die in §10 Abs2 genannten Mautabschnitte festsetzt, ohne diese Erhöhung an sachliche Kriterien zu knüpfen. Im Falle der Aufhebung der genannten Wortfolge verbleibt die Verordnungsermächtigung für den Verkehrsminister im Einvernehmen mit dem Finanzminister nur für jene Mautabschnitte, deren Herstellung, Erweiterung und bauliche und betriebliche Erhaltung überdurchschnittliche Kosten verursachen.

Mitangefochten werden auch die §§2 bis 4 der Mauttarifverordnung, welche Bestimmungen auf der Grundlage der angefochtenen Wortfolge des §9 Abs6 BStMG 2002 erlassen wurden und daher mit dieser Gesetzesstelle in untrennbaren Zusammenhang stehen. So hat der VfGH festgehalten, dass die gemeinsame Anfechtung einer Verordnungsbestimmung mit einer Gesetzesbestimmung zulässig ist (vgl VfSlg 15.316).

Die angefochtenen Bestimmungen der Mauttarifverordnung wurden bereits erlassen und greifen in die Rechtssphäre sämtlicher Antragsteller - wie bereits oben dargelegt - unmittelbar ein, sodass sowohl die gesetzliche Ermächtigung, als auch die auf dieser Grundlage erlassene Verordnung anzufechten ist (vgl VfGH vom 27.02.2003, G37/02, V42/02)."

2.2. In der Sache behaupten die antragstellenden Gesellschaften - mit näherer Begründung - vor allem die Unsachlichkeit der Wortfolge "die in §10 Abs2 genannt sind oder" in §9 Abs6 BStMG, da "die Sonderstellung der in §10 Abs2 BStMG 2002 genannten Mautabschnitte jeglicher sachlicher Rechtfertigung (entbehrt) und (...) daher in Folge Verletzung des Gleichheitssatzes jedenfalls verfassungswidrig (ist)".

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle den vorliegenden Antrag zurückweisen, in eventu aussprechen, dass die (teilweise) angefochtene Bestimmung des BStMG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen.

4. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat den auf die Mauttarifverordnung bezughabenden Akt vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er sowohl der Zulässigkeit des Antrags, als auch der behaupteten Gesetzwidrigkeit der Mauttarifverordnung entgegentritt und für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art139 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von 6 Monaten bestimmen.

II. 1. Die zur Beurteilung der vorliegenden Anträge maßgeblichen Bestimmungen des BStMG lauten wie folgt (die angefochtene Wortfolge in §9 Abs6 BStMG ist hervorgehoben):

"1. Teil

Mautpflicht auf Bundesstraßen

Mautstrecken

§1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung Bundesstraßen oder Bundesstraßenstrecken, die den Anforderungen der Artikel 2 lita und 7 Abs2 lita der Richtlinie 1999/62/EG , ABl. Nr. L 187 vom 20. Juli 1999, S 42, nicht entsprechen, von der Mautpflicht auszunehmen, sofern nicht eine Ausnahme gemäß Artikel 7 Abs2 litb dieser Richtlinie zum Tragen kommt.

(3) Mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) sind deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen.

Arten der Mauteinhebung

§2. Die Maut ist entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten.

Mautgläubiger

§3. Mautgläubiger ist der Bund oder, soweit ihr von diesem das Recht der Fruchtnießung eingeräumt wurde, die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft.

Mautschuldner

§4. Mautschuldner sind der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer. Mehrere Mautschuldner haften zur ungeteilten Hand."

"2. Teil

Fahrleistungsabhängige Maut

Mautpflicht

§6. Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut.

Mautentrichtung

§7. (1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

(2) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft kann andere Formen der Mautentrichtung zulassen und für Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut einen angemessenen Kostenersatz fordern, der mit dem Diskriminierungsverbot des Art7 Abs4 der Richtlinie 1999/62/EG vereinbar ist.

(3) Die näheren Bestimmungen über Geräte, deren Zulassung und Einsatz, über Abbuchung, Verrechnung und andere Formen der Mautentrichtung sind in der Mautordnung zu treffen.

(4) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut ausstatten können.

Pflichten der Fahrzeuglenker

§8. (1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Überprüfung der Geräte und die Pflichten im Fall von Funktionsstörungen sind in der Mautordnung zu treffen.

Mauttarife

§9. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen den Grundkilometertarif für Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen für die fahrleistungsabhängige Maut durch Verordnung fest. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat entsprechende Vorschläge zu erstellen.

(2) Die Mauttarife sind nach der Anzahl der Achsen der Kraftfahrzeuge und der von diesen gezogenen Anhänger nach folgendem Verhältnis zu differenzieren:

  1. 1. Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen: 100 vH;
  2. 2. Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit drei Achsen: 140 vH;
  3. 3. Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit vier und mehr Achsen: 210 vH.

(3) Achsen sind unabhängig vom Radstand alle Aufhängungen von Rädern, die im Wesentlichen symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges liegen. Stützachsen gelten nicht als Achsen. Achsen von Anhängern, die von Omnibussen gezogen werden, sind bei der Ermittlung der Achsenzahl nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft legt in der Mautordnung die Mautabschnitte und die Mautabschnittstarife fest. Der Berechnung der Mautabschnittstarife sind der Grundkilometertarif, die in Abs2 angeführten Verhältniszahlen und die auf den Hauptfahrbahnen des Mautabschnitts zurückzulegenden Wegstrecken zu Grunde zu legen. Die Beträge sind kaufmännisch auf volle zehn Cent zu runden.

(5) Die Mauttarife können im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, des Schutzes der Nachbarn und der Umweltverträglichkeit nach dem Zeitpunkt der Straßenbenützung differenziert werden. Auch Differenzierungen für einzelne Mautabschnitte oder Fahrzeugkategorien sind zulässig.

(6) Für Mautabschnitte, die in §10 Abs2 genannt sind oder deren Herstellung, Erweiterung und bauliche und betriebliche Erhaltung überdurchschnittliche Kosten verursachen, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung höhere Mautabschnittstarife festsetzen.

(7) Die Mauttarife haben den Bestimmungen des Artikels 7 Abs9 und 10 der Richtlinie 1999/62/EG zu entsprechen."

"3. Teil

Zeitabhängige Maut

Mautpflicht

§10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

(2) Von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut sind ausgenommen:

  1. 1. A 9 Pyhrn Autobahn in den Abschnitten zwischen der Anschlussstelle Spital/Pyhrn und der Anschlussstelle Ardning und zwischen der Anschlussstelle St. Michael und Übelbach,
  2. 2. A 10 Tauern Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Flachau und der Anschlussstelle Rennweg,
  3. 3. A 11 Karawanken Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle St. Jakob im Rosental und der Staatsgrenze im Karawankentunnel,
  4. 4. A 13 Brenner Autobahn,
  5. 5. S 16 Arlberg Schnellstraße im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle St. Anton und der Anschlussstelle Langen.

(3) Mehrspurige Fahrzeuge mit zwei Achsen, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, gelten als solche, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Kraftfahrzeuge mit drei Rädern gelten als mehrspurige Kraftfahrzeuge.

(4) Für Anhänger, die von mehrspurigen Kraftfahrzeugen gezogen werden, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, und für Beiwagen einspuriger Kraftfahrzeuge ist keine zeitabhängige Maut zu entrichten."

"6. Teil

Strafbestimmungen

Mautprellerei

§20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach §10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 € bis zu 4000 € zu bestrafen.

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach §6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 € bis zu 4000 € zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt."

"Haftung für Geldstrafen und Verfahrenskosten

§23. (1) Zulassungsbesitzer haften für die über die Lenker ihres Fahrzeugs wegen Übertretung des §20 Abs2 verhängten Geldstrafen und für die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand, wenn sie dem Lenker das Fahrzeug selbst oder über Dritte überlassen haben.

(2) Zulassungsbesitzer haben im Strafverfahren gegen den Lenker keine Parteistellung; ein gegen den Lenker ergangener Strafbescheid hat für sie keine bindende Wirkung."

2. Die Mauttarifverordnung, deren §§2, 3 und 4 von den antragstellenden Gesellschaften für gesetzwidrig erachtet werden, lautet:

"Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über die Festsetzung der Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt (Mauttarifverordnung)

Gemäß §9 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 109/2002, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen verordnet:

§1. Der Grundkilometertarif für Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen beträgt bis zur Festlegung einer Ermächtigung zur Differenzierung der Mauttarife nach Schadstoffklassen in §9 Abs5 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 109/2002, 13 Cent ohne Umsatzsteuer.

§2. Die Tarife für die in §10 Abs2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 109/2002, genannten Mautabschnitte betragen bis zur Festlegung einer Ermächtigung zur Differenzierung der Mauttarife nach Schadstoffklassen in §9 Abs5 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 109/2002, in Euro ohne Umsatzsteuer:

_________________________________________________________________

Strecke zwischen Kat. 2 Kat. 3 Kat. 4

_________________________________________________________________A 9

Anschlussstelle Anschlussstelle 6,6 9,2 13,9

Spital/Pyhrn Ardning/Admont

_________________________________________________________________A 9

Knoten St. Michael Anschlussstelle 9,5 13,3 20,0

Übelbach

_________________________________________________________________A 10

Anschlussstelle Anschlussstelle 2,1 2,9 4,4

Flachau Flachauwinkel/Süd

_________________________________________________________________

A 10 Anschlussstelle Halbanschluss- 5,4 7,6 11,3

Flachauwinkel/Süd stelle Zederhaus

_________________________________________________________________

A 10 Halbanschluss- Anschlussstelle 3,5 4,9 7,4

stelle Zederhaus St. Michael/Lungau

_________________________________________________________________

A 10 Anschlussstelle Anschlussstelle 2,6 3,6 5,5

St. Michael/Lungau Rennweg

_________________________________________________________________

A 11 Anschlussstelle Staatsgrenze 9,0 12,6 18,9

St. Jakob/Rosental Karawankentunnel

_________________________________________________________________

A 13 Knoten Anschlussstelle 2,1 2,9 4,4

Innsbruck/Amras Innsbruck/Süd

_________________________________________________________________

A 13 Knoten Anschlussstelle 1,4 2,0 2,9

Innsbruck/Wilten Innsbruck/Süd

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 1,0 1,4 2,1

Innsbruck/Süd Zenzenhof

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 1,8 2,5 3,8

Zenzenhof Patsch/Igls

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 2,0 2,8 4,2

Patsch/Igls Stubaital

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 6,2 8,7 13,0

Stubaital Matrei/Steinach

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 5,0 7,0 10,5

Matrei/Steinach Nösslach

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 4,5 6,3 9,5

Nösslach Brennersee

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Staatsgrenze 0,9 1,3 1,9

Brennersee Brennerpass

_________________________________________________________________

S 16 Anschlussstelle Anschlussstelle 13,3 18,6 27,9

St. Anton/Arlberg Langen/Arlberg

_________________________________________________________________

Kat. 2 = Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen

Kat. 3 = Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit drei Achsen

Kat. 4 = Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit vier und

mehr Achsen

§3. Der in §2 festgesetzte Tarif für den Abschnitt zwischen Anschlussstelle St. Jakob/Rosental und Staatsgrenze Karawankentunnel gilt nur für die Fahrtrichtung Slowenien.

§4. Die Mautabschnittstarife für den Zeitraum zwischen 22 Uhr und 5 Uhr betragen abweichend von §2 in Euro ohne Umsatzsteuer:

_________________________________________________________________

Strecke zwischen Kat. 4

_________________________________________________________________

A 13 Knoten Innsbruck/Amras Anschlussstelle 8,8

Innsbruck/Süd

_________________________________________________________________

A 13 Knoten Innsbruck/Wilten Anschlussstelle 5,8

Innsbruck/Süd

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle Zenzenhof 4,2

Innsbruck/Süd

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 7,6

Zenzenhof Patsch/Igls

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle Stubaital 8,4

Patsch/Igls

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle 26,0

Stubaital Matrei/Steinach

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Anschlussstelle Nösslach 21,0

Matrei/Steinach

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Nösslach Anschlussstelle 19,0

Brennersee

_________________________________________________________________

A 13 Anschlussstelle Staatsgrenze Brennerpass 3,8

Brennersee

_________________________________________________________________

§5. Diese Verordnung tritt am 1. Jänner 2003 in Kraft."

III. Die Anträge sind nicht zulässig.

1.1. Zum Antrag auf Aufhebung der §§2, 3 und 4 der Mauttarifverordnung:

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

Nach §57 Abs1 VfGG muss der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Wird ein solcher Antrag von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so ist auch darzutun, inwieweit die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden ist.

Diesen Anforderungen wird der Antrag auf Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen der Mauttarifverordnung jedoch nicht gerecht:

1.2. Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der Maut nicht um eine Abgabe im Sinne des F-VG 1948, sondern um ein privatrechtliches Entgelt für die Benützung bestimmter Straßen handelt (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum BStMG, 1139 BlgNR, XXI. GP, S 13 und 15 mwH sowie zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996:

VwSlg. 14.848 A/1998; OGH 22.2.2001, 2 Ob 33/01v; 26.4.2001, 2 Ob 133/00y).

Weiters ist festzuhalten, dass für die Zuordnung eines Rechtsanspruches zu den "bürgerlichen Rechtssachen" und die daraus folgende Zuständigkeit der Zivilgerichte gemäß §1 JN maßgeblich ist, ob die Rechtsordnung die betreffenden Rechtsverhältnisse einem privatrechtlichen oder einem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen hat und welcher rechtlicher Handlungsformen sich eine Gebietskörperschaft, die eine Leistung verlangt hat und deswegen in Anspruch genommen wird, bedient (VfSlg. 12.049/1989 mwH).

1.3. Im Erkenntnis VfSlg. 16.107/2001 hat der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf Klagen von Transportgesellschaften betreffend die Rückzahlung bzw. Entschädigung für - behaupteterweise - der Höhe nach zu Unrecht entrichtete Benützungsentgelte für die Brenner-Autobahn u.a. Folgendes ausgeführt:

"(...) Die Einhebung der Mautentgelte war somit im gesamten klagsgegenständlichen Zeitraum stets als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung des Staates bzw. einer privatrechtsförmigen Tätigkeit eines ausgegliederten Rechtsträgers zu qualifizieren und die Festlegung der Höhe der Mautentgelte erfolgte dabei stets durch die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung. Angesichts dessen sind die ordentlichen Gerichte zuständig, über die klagsweise geltend gemachten, auf Gemeinschaftsrecht gestützten Erstattungs- bzw. Staatshaftungsansprüche zu befinden, wobei es deren Sache ist zu entscheiden, ob die Festlegung der Höhe der Mautentgelte 'in Vollziehung der Gesetze' (§1 AHG) oder privatrechtsförmig erfolgt ist.

(...)

Da nun in concreto die - überhöhte - Einhebung der Mautentgelte privatrechtsförmig für den Bund bzw. ab 1. Jänner 1997 von der ASFINAG im eigenen Namen aufgrund einer Festlegung durch die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung erfolgte und eben diese Handlungen von Bundesorganen die gemeinschaftsrechtlichen Erstattungs- bzw. Schadensersatzansprüche begründet haben sollen, ergibt sich nach dem Gesagten - sowohl für die Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche auf Rückerstattung bzw. Entschädigung als auch für die begehrte Feststellung des Bestehens eines Staatshaftungsanspruches - die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, wobei für dieses Ergebnis vom Verfassungsgerichtshof die - von den ordentlichen Gerichten zu beantwortende - Frage nicht gelöst zu werden braucht, ob das anspruchsbegründende Handeln ein privatrechtsförmiges war oder 'in Vollziehung der Gesetze' erfolgte."

1.4. Der durch Art139 Abs1 B-VG eingeräumte Rechtsbehelf ist dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

Ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit genereller Normen ist grundsätzlich dann gegeben, wenn vom Antragsteller ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht werden kann, das ihm Gelegenheit bietet, die von ihm gehegten Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften vorzubringen und anzuregen, dass beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsantrag gestellt wird.

1.5. Soweit einzelne antragstellende Gesellschaften nicht nur in ihrer wirtschaftlichen, sondern auch in ihrer rechtlichen Sphäre betroffen sind, steht ihnen - wie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie in seiner Äußerung zutreffend ausgeführt hat - ein solcher zumutbarer Weg offen:

Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass es den antragstellenden Gesellschaften nicht zumutbar wäre, - vorerst - die von ihnen als ungerechtfertigt angesehenen Mauttarife zu entrichten und sodann in einem zivilrechtlichen Verfahren jene Beträge zurückzufordern, die sich aus der Differenz zwischen den gemäß §9 Abs6 BStMG iVm den angefochtenen Bestimmungen der Mauttarifverordnung festgesetzten (höheren) Mautabschnittstarifen und den unter Anwendung der sonstigen Bestimmungen über die Mauttarifbildung gemäß §9 BStMG ermittelten Tarifen ergeben würden.

Es ist auch nicht hervorgekommen, dass eine solche (Vor-)Leistung eine derartige Belastung mit sich bringen würde, dass sie die antragstellenden Gesellschaften schwerwiegend wirtschaftlich beeinträchtigen würde.

1.6. Der Antrag auf Aufhebung der §§2, 3 und 4 der Mauttarifverordnung ist daher schon deshalb zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis war nicht weiter zu erörtern, ob die antragstellenden Gesellschaften das behauptete Vorliegen ihrer rechtlichen Betroffenheit - im Hinblick auf ihre Eigenschaft als Mautschuldner gemäß §4 BStMG bzw. hinsichtlich der einzelnen in der Mauttarifverordnung festgelegten Mautstrecken und Kraftfahrzeug-Kategorien - in einer den Voraussetzungen des Art139 B-VG entsprechenden Weise dargelegt haben.

2.1. Zum Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "die in §10 Abs2 genannt sind oder" in §9 Abs6 BStMG:

Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 11.730/1988, 15.863/2000, 16.088/2001, 16.120/2001).

2.2. Grundsätzlich hat der Verfassungsgerichtshof stets die Auffassung vertreten, dass eine (unmittelbare) Anfechtung von Verordnungsermächtigungen, die an Verwaltungsorgane gerichtet sind, nicht zulässig ist, weil sie erst durch die Erlassung der konkreten Verordnung für deren Adressaten wirksam werden und dadurch allenfalls Eingriffe in die Rechtssphäre einer Person zu bewirken vermögen (vgl. zB VfSlg. 8829/1980, 8978/1980, 11.579/1987, 11.730/1988, 11.823/1988, 12.445/1990, 12.752/1991, 12.976/1992, 13.318/1992, 13.635/1993, 14.340/1995, 14.354/1995, 14.781/1997, 15.332/1998, 15.929/2000, 16.615/2002 ua.).

Die antragstellenden Gesellschaften verkennen zwar nicht, dass nach der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die (Mit-)Anfechtung der einer Verordnung zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung zulässig ist, wenn die - unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifende - Verordnung bereits erlassen wurde (vgl. dazu insbesondere VfSlg. 15.316/1998, 16.808/2003).

2.3. Selbst unter Zugrundelegung der - hier nicht weiter zu prüfenden - Annahme, dass die Mauttarifverordnung tatsächlich in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften eingreift, wäre für die Zulässigkeit des Antrags auf Aufhebung der Wortfolge "die in §10 Abs2 genannt sind oder" in §9 Abs6 BStMG nichts gewonnen:

Denn wie bereits hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags auf Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen der Mauttarifverordnung unter Punkt III.1.5. dargelegt wurde, steht den antragstellenden Gesellschaften auch im Hinblick auf die Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "die in §10 Abs2 genannt sind oder" in §9 Abs6 BStMG ein zumutbarer Weg offen, indem sie in einem zivilrechtlichen Verfahren die ihrer Ansicht nach zu Unrecht (vorerst) entrichteten Mautabschnittstarife zurückfordern und im Zuge dieses Verfahrens die Stellung eines Antrags auf Aufhebung der genannten Bestimmung des BStMG durch ein Gericht beim Verfassungsgerichtshof anregen könnten.

2.4. Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "die in §10 Abs2 genannt sind oder" in §9 Abs6 BStMG war daher ebenso mangels Legitimation zurückzuweisen.

IV. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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