B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit EUR 1962,-- bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Der Beschwerdeführer ist Architekt. Vom 1. Juli 1969 bis 31. Dezember 2000 war er als freiberuflich tätiger bildender Künstler (§3 Abs3 Z4 GSVG) nach dem GSVG pflichtversichert. Bis 31. Dezember 2000 erwarb der Beschwerdeführer 215 Beitragsmonate in der Pensionsversicherung nach dem GSVG. Der Beschwerdeführer war und ist Mitglied der Wohlfahrtseinrichtung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten.
Mit - an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, gerichtetem - Schreiben vom 24. April 2002 begehrte er die Feststellung, dass er "gemäß dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz rückwirkend mit 1.1.2001 fortlaufend der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt".
2. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des damals zuständigen Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 19. November 2002, mit dem dieser Antrag abgewiesen worden ist, weil Architekten auf Grund des §5 GSVG sowie des dem Antrag der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten auf Ausnahme ihrer Mitglieder von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung stattgebenden "Bescheides" der damaligen Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28. Oktober 1999, GZ 21.130/35-2/99, seit 1. Jänner 2001 von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG ausgenommen seien.
Die Beschwerde behauptet die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§5 GSVG) und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
3. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des vom Gerichtshof als Verordnung gewerteten "Bescheides" der damaligen Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28. Oktober 1999, GZ 21.130/35-2/99, entstanden, weshalb er am 11. Oktober 2003 beschlossen hat, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes einzuleiten.
4. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V121/03, hat der Verfassungsgerichtshof den genannten - von ihm als Verordnung qualifizierten - Verwaltungsakt mangels der vorgeschriebenen Kundmachung im Bundesgesetzblatt II zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.
5. Die belangte Behörde hat somit bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine als gesetzwidrig erkannte Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass die Anwendung dieser Verordnung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.954/1986).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327,-- enthalten. Ein Ersatz der entrichteten Eingabengebühr war wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit des Verfahrens (§46 Abs1 Z2 lita GSVG) nicht zuzusprechen.
7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)