VfGH B1749/02

VfGHB1749/0223.6.2004

Zurückweisung der Beschwerde im Anlassfall nach Aufhebung der eine sukzessive Gerichtszuständigkeit bei Verneinung eines Entschädigungsanspruches ausschließenden Bestimmung des Bgld Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes infolge Verlustes der - ursprünglich gegebenen - Beschwerdelegitimation; Kostenzuspruch

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
Bgld Naturschutz- und LandschaftspflegeG §48 Abs6
VfGG §88
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
Bgld Naturschutz- und LandschaftspflegeG §48 Abs6
VfGG §88

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Land Burgenland ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.142,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Begründung

I. 1. Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 1. März 2000 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 5757/114, KG Neusiedl am See, unter Berufung auf §3 der Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee, LGBl. Nr. 22/1980, in Verbindung mit §5 lita Z1, §6 Abs1 litb sowie §81 Abs2, 5 und 6 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes, LGBl. Nr. 27/1991 (idF: NG 1990) abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Z2000/10/0059, als unbegründet abgewiesen.

2. Am 16. April 2002 stellte der Beschwerdeführer bei der Burgenländischen Landesregierung einen Entschädigungsantrag gemäß §48 NG 1990 für die ihm durch die Abweisung des Antrages auf naturschutzbehördliche Bewilligung entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile. Die Burgenländische Landesregierung wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. Oktober 2002 als unbegründet ab, da §48 NG 1990 nur Vermögensnachteile betreffe, die durch eine Schutzgebietsausweisung bzw. sonstige Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Tieren oder geschützten Gebieten entstünden. Da es sich im vorliegenden Fall um die Abweisung eines gemäß §5 lita Z1 NG 1990 genehmigungspflichtigen Vorhabens handle, finde §48 leg. cit. keine Anwendung. Die genannte Bestimmung gelte nicht für Entschädigungsansprüche im Hinblick auf Bescheide, mit denen naturschutzbehördliche Genehmigungsansuchen abgewiesen worden seien.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), sowie die Verfassungswidrigkeit von §18a Burgenländisches Raumplanungsgesetz und von §13 Abs1 und §48 NG 1990 behauptet.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 25. September 2003 gemäß Art140 Abs1 B-VG beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit der Worte "der Höhe" in §48 Abs6 erster Satz des Gesetzes vom 15. November 1990 über den Schutz und die Pflege der Natur und Landschaft im Burgenland (Burgenländisches Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz - idF: NG 1990), LGBl. Nr. 27/1991, von Amts wegen zu prüfen.

In der nichtöffentlichen Sitzung am 23. Juni 2004, G228/03, hat der Verfassungsgerichtshof die Worte "der Höhe" in §48 Abs6 erster Satz des Gesetzes vom 15. November 1990 über den Schutz und die Pflege der Natur und Landschaft im Burgenland (Burgenländisches Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz - NG 1990), LGBl. Nr. 27/1991, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück; dieser ist so zu beurteilen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte (vgl. z.B. VfSlg. 3539/1959, 3667/1959, 3674/1960, 7289/1974, 7397/1974, 7651/1975, 7964/1976, 8106/1977, 8690/1979 uva.).

Durch das oben genannte Erkenntnis zu G228/03 hat der Verfassungsgerichtshof daher über den vorliegenden Anlassfall aufgrund der bereinigten Rechtslage zu entscheiden. Dies hat zur Folge, dass gegen den den Entschädigungsanspruch dem Grunde nach verneinenden Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 17. Oktober 2002 gemäß §48 Abs6 NG 1990 nunmehr die Anrufung des Bezirksgerichtes, in dessen Sprengel das Grundstück des Beschwerdeführers gelegen ist, offen steht, woran auch die - ex nunc betrachtet - unrichtige Rechtsmittelbelehrung des genannten Bescheides nichts zu ändern vermag (vgl. z.B. VfSlg. 9428/1982). Gemäß der genannten Gesetzesbestimmung bewirkt die Anrufung des Gerichtes ein Außer-Kraft-Treten des bekämpften Bescheides.

Der Verfassungsgerichtshof übersieht dabei nicht, dass §48 Abs6 NG 1990 zur Anrufung des Gerichtes gegen einen über den Entschädigungsantrag absprechenden Bescheid der Landesregierung eine dreimonatige Frist vorsieht; der Gerichtshof geht jedoch im Hinblick auf die - wie sich nunmehr herausgestellt hat - unrichtige Rechtsmittelbelehrung davon aus, dass im vorliegenden Fall einem - rechtzeitig zu stellenden - Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge zu geben sein wird.

Steht dem Beschwerdeführer aber die Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes als ein Mittel, um den Bescheid außer Kraft zu setzen und seine Ansprüche anderweitig endgültig durchzusetzen, zu, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z. B. VfSlg. 13.979/1994, VfGH vom 3. Dezember 2003, B1328/03 mwH) die Legitimation zur Erhebung einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht gegeben.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daher aus dem Gesagten in prozessualer Hinsicht der Verlust der - ursprünglich gegebenen - Beschwerdelegitimation. Dieser, wenn auch erst im Nachhinein, nämlich auf Grund des Gesetzesprüfungsverfahrens zu G228/03 eingetretene, Mangel ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (zur Unzulässigkeit von nach Art144 B-VG erhobenen Beschwerden in Folge der Anlassfallwirkung des Erkenntnisses in einem Gesetzesprüfungsverfahren vgl. die Beschlüsse VfSlg. 2342/1952, 13.308/1992 und 13.695/1994 sowie VfGH vom 10. Oktober 2003, B1492/01; zur Unzulässigkeit eines Individualantrages gemäß Art139 B-VG in Folge der Aufhebung des einen zumutbaren Weg verschließenden Gesetzes vgl. VfSlg. 13.238/1992).

Die Beschwerde war daher (nunmehr) mangels Legitimation des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Trotz Zurückweisung der Beschwerde waren dem Beschwerdeführer Kosten zuzusprechen, da die belangte Behörde insofern als im Verfahren unterlegen anzusehen ist, als in der Beschwerde die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes geltend gemacht wurde und eine gesetzliche Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof tatsächlich als verfassungswidrig aufgehoben wurde. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 327,- und eine Eingabegebühr in der Höhe von € 180,- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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