Normen
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs6
B-VG Art126b Abs5
BDG 1979 §15a
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs6
B-VG Art126b Abs5
BDG 1979 §15a
Spruch:
§15a Abs1 Beamten-Dienstrechtsgesetz, in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten, BGBl. I Nr. 87, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
§15a Abs1 Beamten-Dienstrechtsgesetz, in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86, tritt wieder in Kraft.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung diese Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichthof ist zu B1734/02 ein Verfahren über eine Beschwerde nach Art144 B-VG gegen einen Bescheid des Bundesministers für Inneres anhängig, mit dem der Beschwerdeführer mit Ablauf des 30. November 2002 gemäß §15a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (im Folgenden: BDG), in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten, BGBl. I Nr. 87, von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wurde.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass dieser Beschwerde am 27. November 2003 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung einzuleiten.
3. Beim Verwaltungsgerichtshof sind Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Finanzen sowie des beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamtes anhängig, mit denen die Beschwerdeführer gemäß §15a BDG, in der genannten Fassung, von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wurden. Aus Anlass dieser Verfahren richtete der Verwaltungsgerichtshof zu den Zlen. G45/04 und G46/04 an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.
4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht aufzuheben; für den Fall der Aufhebung stellt sie den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen; diese Frist erscheine erforderlich, "da diesfalls eine Gesetzesänderung im Sinne einer näheren Determinierung des §15a BDG vorzubereiten wäre".
II. Der Verfassungsgerichtshof hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:
1.1. Mit dem PensionsreformG 2000, BGBl. I 95, wurde in das BDG ein §15a eingefügt. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 2001 G150/00 wurde das PensionsreformG 2000 - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - als verfassungswidrig aufgehoben. In der Folge wurde §15a BDG mit dem PensionsreformG 2001, BGBl I 86, u. zwar rückwirkend mit 1. Oktober 2000 (vgl. §284 Abs42 leg. cit.) gleich lautend wieder erlassen. §15a BDG lautete demnach wie folgt:
"Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen
§15a. (1) Der Beamte kann aus wichtigen dienstlichen Interessen (§38 Abs3) von Amts wegen in den Ruhestand versetzt werden, wenn er
1. zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand seinen 738. Lebensmonat vollendet hat und
2. die für den Anspruch auf Ruhegenuss in Höhe der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderliche ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit aufweist.
(2) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des im Bescheid festgesetzten Monats wirksam.
(3) Während einer (vorläufigen) Suspendierung nach §112 oder einer (vorläufigen) Dienstenthebung nach §39 des Heeresdisziplinargesetzes 1994 kann eine Versetzung in den Ruhestand nach Abs1 nicht wirksam werden. In diesem Fall wird die Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die (vorläufige) Suspendierung oder die (vorläufige) Dienstenthebung geendet hat."
Im Bericht des Verfassungsausschusses, 699 BlgNR 21. GP, wird dazu Folgendes ausgeführt:
"Zu Art1 Z2 (§15a BDG 1979):
Nach der geltenden Rechtslage können Beamte einseitig ihre Versetzung in den Ruhestand ab dem vollendeten 60. Lebensjahr bewirken; dem Dienstgeber fehlt jedoch eine entsprechende Möglichkeit. Diese Ungleichheit erscheint angesichts der problematischen Altersstruktur insbesondere der männlichen Bundesbeschäftigten - die Altersgruppe von 50 bis 60 ist als Folge der großzügigen Aufnahmepolitik in den 60er- und 70er-Jahren weitaus überproportional, die Altersgruppe von 20 bis 30 dagegen unterproportional vertreten - problematisch, da dem Bund die Möglichkeit fehlt, die Altersstruktur der Beschäftigten insbesondere in den Bereichen, in denen dies geboten wäre - Innere und Äußere Sicherheit und Schule - von sich aus zu verbessern. Die geplante Möglichkeit der amtswegigen Ruhestandsversetzung mit Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters soll dem Bund ein entsprechendes Instrument zur Hand geben und ihn damit auch in die Lage versetzen, effizientere Arbeitsmarktpolitik durch verstärkte Aufnahme jüngerer Bediensteter betreiben zu können.
Die amtswegige Ruhestandsversetzung wird durch das Erfordernis 'wichtiger dienstlicher Interessen' im Sinne des Legalitätsgebotes determiniert. Diese wichtigen dienstlichen Interessen entsprechen denjenigen, unter denen auch eine Versetzung zulässig ist.
Ähnliche Regelungen bestehen auch in den Beamtendienstrechten einiger Bundesländer, zB in Niederösterreich (§20 DPL 1972) und in Wien (§68 der Dienstordnung 1994). Im Unterschied zur geplanten Regelung im Bundesdienstrecht sind jedoch in den Regelungen der Bundesländer nicht soziale Komponenten, sondern Dienstgeberinteressen ausschlaggebend; im Vordergrund steht jeweils die Entbehrlichkeit der Dienstleistung des Beamten. Die geplante Bundesregelung stellt dagegen ausschließlich darauf ab, dass die betroffenen Beamten bereits das gesetzliche Pensionsalter erreicht und den Anspruch auf volle Pensionsversorgung erlangt haben und 'wichtige dienstliche Interessen' vorliegen. Diese Kautelen, die eine angemessene Pensionsversorgung des Beamten garantieren sollen, lassen die amtswegige Ruhestandsversetzung kaum als Instrument des Personalabbaus tauglich erscheinen, sondern schränken ihren Zweck einzig auf die Herbeiführung einer ausgeglichenen Altersstruktur der Bundesbeamten ein."
1.2. Mit Art1 Z1 der als Sammelgesetz ergangenen Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten, BGBl. I 87, (dieses Stück des BGBl. wurde am selben Tag, nämlich am 31. Juli 2001 ausgegeben wie jenes, das das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2001/86 enthält; s. dazu oben Pkt. 1.1. erster Absatz) wurde, und zwar mit (Wirkung vom) 1. September 2001 (vgl. §284 Abs45 Z4 leg. cit.) Abs1 des §15a BDG wie folgt neu gefasst:
"(1)Der Beamte kann von Amts wegen in den Ruhestand versetzt werden, wenn
1. er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand seinen 738. Lebensmonat vollendet hat und die für den Anspruch auf Ruhegenuss in Höhe der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderliche ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit aufweist und
2. keine wichtigen dienstlichen Gründe gegen die Versetzung in den Ruhestand sprechen."
Im Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, 697 BlgNR 21. GP, 2, wird dazu Folgendes ausgeführt:
"Zu Z1 (§15a Abs1 BDG 1979)
Die bisherige Determinierung der amtswegigen Versetzung in den Ruhestand mit dem Verweis auf die Versetzungsgründe des §38 Abs3 BDG 1979 hat sich als äußerst eng erwiesen und greift in Bereichen, in denen keine Reorganisationsmaßnahmen im Sinne der Auflassung von Arbeitsplätzen durchgeführt werden, in der Praxis gar nicht. Um die amtswegige Versetzung in den Ruhestand zu einem praktisch einsetzbaren Personalsteuerungsinstrument zu machen, soll die bisherige Determinierung umgekehrt werden: Die amtswegige Versetzung in den Ruhestand soll nicht nur aus wichtigen dienstlichen Gründen ermöglicht werden, sondern bereits dann, wenn keine wichtigen dienstlichen Gründe dagegen sprechen. Ein solcher wichtiger dienstlicher Grund liegt zB dann vor, wenn bestimmte Aufgaben infolge der amtswegigen Versetzung in den Ruhestand eines Beamten unerledigt bleiben müssen."
1.3. Gemäß §284 Abs50 Z6 BDG, in der Fassung BGBl. I Nr. 2003/71, tritt §15a BDG mit Ablauf des 1. September 2017 außer Kraft.
2.1. Die Anlassbeschwerde ist zulässig. Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Hiebei hätte er auch die in Prüfung gezogene Bestimmung anzuwenden.
Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das von Amts wegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2.2. Auch die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sind zulässig; insbesondere findet der Verfassungsgerichtshof unter Zugrundelegung des von ihm zur Zulässigkeit von Gesetzesprüfungsanträgen von Gerichten anzuwendenden Prüfungsmaßstabes (vgl. zB VfSlg. 10.296/1984, 12.928/1991, 14.512/1996) keinen Anlass, an der Präjudizialität jener Bestimmung zu zweifeln, die aufzuheben der Verwaltungsgerichtshof beantragt hat.
3.1. In der Sache stützte der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken, die in Prüfung gezogene gesetzliche Bestimmung könnte verfassungswidrig sein, auf die folgenden Erwägungen:
"Das im Art18 Abs1 B-VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass die Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Zwar ist es - wie sich aus Art130 Abs2 B-VG ergibt - verfassungsgesetzlich zulässig, dass der einfache Gesetzgeber von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und diese zur Ermessensausübung ermächtigt. In diesem Falle muss aber das Gesetz die Kriterien, welche für die Ermessungsausübung maßgebend sind, normieren (s. zB. VfSlg. 12.399/1990, 12.497/1990). Die Einräumung von Ermessen ohne die Eingrenzung, in welchem Sinn das Ermessen auszuüben ist, ist verfassungswidrig.
Im vorliegenden normativen Zusammenhang geht es nun darum, dass die Dienstbehörde von Gesetzes wegen ermächtigt wird, einen Beamten von Amts wegen - vorzeitig - in den Ruhestand zu versetzen, wenn - abgesehen vom Erfordernis eines bestimmten Mindestalters und einer ausreichenden ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit - 'keine wichtigen dienstlichen Gründe gegen die Versetzung in den Ruhestand sprechen'. Damit scheint aber das Verwaltungshandeln nicht mehr in einer dem Art18 B-VG entsprechenden Weise gesetzlich vorherbestimmt zu sein. Zwar dürfte der unbestimmte Rechtsbegriff der 'wichtigen dienstlichen Gründe' (ebenso wie jener des 'wichtigen dienstlichen Interesses' iSd §15a BDG idF vor der Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten) dann eine dem Art18 B-VG entsprechende Determinierung des Verwaltungshandelns gewährleisten, wenn er - wie in der soeben erwähnten Fassung des §15a BDG - zur 'positiven Umschreibung' der dienstbehördlichen Ermächtigung verwendet wird (und damit abschließend regelt, in welchen Fällen eine vorzeitige Ruhestandsversetzung von Amts wegen zulässig ist). Im Rahmen einer 'negativen Umschreibung' dieser Ermächtigung scheint damit aber nur eine Grenze, nicht aber ein Maßstab für die Ausübung des Ermessens statuiert zu sein; in jenen Fällen, in denen keine wichtigen dienstrechtlichen Gründe vorliegen, die gegen die Versetzung in den Ruhestand sprechen, läge es somit im Belieben der Behörde, ob und welche Beamten in den Ruhestand versetzt werden. Das dürfte aber mit Art18 iVm Art130 Abs2 B-VG (arg.: '... im Sinne des Gesetzes ... ') nicht mehr vereinbar sein."
Der Verwaltungsgerichtshof teilt - in den vorliegenden Gesetzesprüfungsanträgen - diese Bedenken.
3.2.1 Die Bundesregierung hält dem in ihrer Äußerung Folgendes entgegen:
"Isoliert betrachtet enthält §15a Abs1 BDG 1979 tatsächlich keine Ermessensdeterminanten, welche den Sinn des Gesetzes für die Ermessensübung festlegen. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes reicht es jedoch aus, dass sich der Sinn der Ermessensübung aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die betreffende Rechtsvorschrift steht, oder aus im Stufenbau übergeordneten Rechtsvorschriften ergibt (zB VfSlg. 12.497).
Nach Art126b Abs5 B-VG steht die Hoheits- und damit grundsätzlich auch die Personalverwaltung des Bundes unter den Geboten der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Damit soll nicht gesagt werden, dass dieses verfassungsgesetzlich festgelegte allgemeine Gebot für die Vollziehung bereits eine im Sinn des Legalitätsprinzips ausreichende Vorausbestimmung für die Vollziehung des §15a Abs1 BDG 1979 darstellt. Die Vollziehung wird sich jedoch an den für die Personalverwaltung des Bundes geltenden Grundsätzen auszurichten haben. Im Haushaltsrecht des Bundes finden die Gebote des Art126b Abs5 B-VG ihren direkten Niederschlag insbesondere in §26 Abs1 BHG, wonach im Stellenplan Planstellen nur in der Art und Anzahl vorgesehen werden dürfen, die zur Bewältigung der Aufgaben des Bundes zwingend notwendig sind. In dieselbe Richtung zielt §36 Abs2 BDG 1979, wonach ein Arbeitsplatz nur für Aufgaben vorgesehen werden darf, die die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordern. Insgesamt betrachtet ist das gesamte Beamtendienstrecht vom Dualismus zwischen dem Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit einerseits und der Fürsorgepflicht des Dienstgebers für seine Bediensteten andererseits geprägt. Auch bei der Anwendung des §15a BDG 1979 ist in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen diesen den Bund als Dienstgeber treffenden Pflichten vorzunehmen.
Das Beamtendienstrecht weist im Übrigen - neben vielerlei anderen zum Teil sachlich bedingten, zum Teil nur historisch erklärbaren Unterschieden - eine Besonderheit gegenüber dem allgemeinen Arbeitsrecht auf, nämlich die Unkündbarkeit des (definitiven) Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber (vgl. VfSlg. 11.151), die Beamte gegen unsachliche Einflüsse immunisieren soll. Diese Unkündbarkeit bringt es mit sich, dass aufgrund von Reorganisationsmaßnahmen, Aufgabenreduktion oder -vereinfachung, Ausgliederung oder anderen Maßnahmen mit vergleichbaren Auswirkungen entstehende Personalüberhänge nicht durch Reduktion der Zahl der Beschäftigten aufgefangen werden können.
Zum Abbau von Personalüberhängen bei ausgegliederten Einrichtungen hat der Gesetzgeber bereits 1997 die Möglichkeit der Vorruhestandskarenzierung für Beamte, die ihr 55. Lebensjahr vollendet haben, geschaffen (§2 des Bundesgesetzes über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, BGBl. I Nr. 138/1997). Mit BGBl. I Nr. 6/2001 wurde der Anwendungsbereich dieser Regelungen u.a. auf (weiter in der Hoheitsverwaltung verbleibende) Bundesbeamte, deren Arbeitsplätze infolge einer mit einer Ausgliederung zusammenhängenden Organisationsänderung auf Dauer aufgelassen werden, erweitert (§§15 bis 17 des nunmehrigen Bundesgesetzes über Sozialpläne und sonstige dienstrechtliche Sonderregelungen für von Ausgliederungen betroffene Bundesbedienstete, BGBl. I Nr. 6/2001). Mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2001 (BGBl. I Nr. 155) hat der Gesetzgeber das Vorruhestandsmodell schließlich befristet auf alle Bundesbediensteten, die ihr 55. Lebensjahr vollendet haben, erweitert.
Die zentralen Voraussetzungen einer Karenzierung nach dem Vorruhestandsmodell sind die dauernde Auflassung des innegehabten Arbeitsplatzes bei Unmöglichkeit der Zuweisung einer gleichwertigen Verwendung im Ressort und die Zustimmung des Bediensteten zur Karenzierung.
Bei der amtswegigen Ruhestandsversetzung nach §15a BDG 1979 finden sich diese Voraussetzungen aus nachvollziehbaren Gründen nicht:
Die Zustimmung zur amtswegigen Ruhestandsversetzung kann bei dieser Konstellation nicht erwartet werden, da Beamte, die die Altersgrenze für die amtswegige Ruhestandsversetzung erreicht haben, ohnehin ihre Ruhestandsversetzung durch Erklärung nach §15 BDG 1979 bewirken könnten. Die amtswegige Ruhestandsversetzung stellt zunächst jedenfalls ein taugliches Instrument für den Fall der dauernden Auflassung eines Arbeitsplatzes eines Beamten dar, der die Altersgrenze für die Versetzung in den Ruhestand bereits erreicht hat. Für das Absehen von der dauernden Auflassung des Arbeitsplatzes als Voraussetzung für die amtswegige Ruhestandsversetzung war darüber hinaus die Überlegung maßgeblich, dass die amtswegige Ruhestandsversetzung auch als Instrument zur 'Abschlankung' der Personalressourcen eingesetzt werden können soll.
Im Zusammenhang mit anderen dienstrechtlichen Vorschriften, die einerseits einen sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Personaleinsatz oder eine Abschlankung des Personaleinsatzes bezwecken, und aus denen andererseits eine allgemeine Fürsorgepflicht des Bundes gegenüber seinen Bediensteten abzuleiten ist, kann dem §15a BDG 1979 somit sehr wohl ein verfassungskonformer Inhalt gegeben werden. Unbestrittenermaßen kann diese Bestimmung auch willkürlich angewendet werden; die abstrakte Möglichkeit einer willkürlichen Anwendung einer an sich verfassungskonformen Bestimmung kann jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung selbst führen."
3.2.2. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof wurde dieses Vorbringen von den Vertretern der Bundesregierung wie folgt präzisiert:
Mit der in Prüfung gezogenen Regelung sollte die amtswegige Ruhestandsversetzung von Beamten auch in Fällen ermöglicht werden, in denen zwar nicht die von den betroffenen Beamten innegehabten Arbeitsplätze entfallen sind, wohl aber die Arbeitsplätze anderer Beamter aufgelassen wurden, die jedoch im Hinblick auf ihr Alter für eine Ruhestandsversetzung nicht in Betracht kommen.
Des Weiteren wurde vorgebracht, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 3757/1960 die Bestimmung des §80 der Dienstpragmatik, RGBl. 1914/15, die zur amtswegigen Versetzung eines Beamten in den dauernden Ruhestand ermächtigte, wenn er das 60. Lebensjahr überschritten und den gesetzlichen Anspruch auf den vollen Ruhegenuss erlangt hatte, in Bezug auf den Gleichheitssatz nicht als bedenklich erachtete.
3.3. Dieses Vorbringen ist - aus den nachstehenden Erwägungen - nicht geeignet, die im Prüfungsbeschluss vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Bedenken zu zerstreuen.
Insoweit die Bundesregierung auf das im Art126b Abs5 B-VG geregelte Wirtschaftlichkeitsgebot Bezug nimmt, räumt sie selbst ein, dass dieses "allgemeine Gebot für die Vollziehung" keine im Sinne des Legalitätsprinzips ausreichende Vorausbestimmung des Verwaltungshandelns - hier: in Anwendung des §15a Abs1 BDG 1979 - darstellen kann. Aber auch aus dem Hinweis auf §26 Abs1 des Bundeshaushaltsgesetzes (der - im Wesentlichen - bestimmt, dass die höchstzulässige Personalkapazität des Bundes durch den Stellenplan des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes festgelegt wird und dabei Planstellen nur in der Art und Anzahl festgesetzt werden dürfen, die zur Bewältigung der Aufgaben des Bundes zwingend notwendig sind) und auf §36 Abs2 BDG (wonach in den Geschäftseinteilungen der Dienststellen ein Arbeitsplatz nur für Aufgaben vorgesehen werden darf, die die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordern) ist für den Standpunkt der Bundesregierung nichts zu gewinnen. Es wurde von der Bundesregierung nicht dargetan und ist auch sonst nicht erkennbar, inwiefern die genannten Bestimmungen geeignet sein sollten, das Handeln jener (Dienst-)Behörden, die §15a Abs1 BDG im Einzelfall anzuwenden haben, näher zu determinieren.
Im Übrigen argumentiert die Bundesregierung damit, dass die in Prüfung gezogene Regelung dazu diene, "aufgrund von Reorganisationsmaßnahmen, Aufgabenreduktion oder -vereinfachung, Ausgliederung oder anderen Maßnahmen mit vergleichbaren Auswirkungen entstehende Personalüberhänge ... durch Reduktion der Zahl der Beschäftigten auffangen" zu können; "die amtswegige Ruhestandsversetzung [sollte - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof präzisiert wurde -] auch als Instrument zur 'Abschlankung' der Personalressourcen eingesetzt werden können". Mit diesem - letztlich bloß auf die Motive der in Prüfung gezogenen Bestimmung hinweisenden - Vorbringen wird aber nicht dargetan, dass die Bestimmung dem aus Art18 B-VG abzuleitenden Determinierungsgebot entspricht.
Auch aus dem Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 3757/1960 lässt sich für den Standpunkt der Bundesregierung nichts gewinnen. In dem damals zu entscheidenden Fall ist es allein um die Frage der dem Gleichheitssatz entsprechenden Vollziehung der maßgeblichen Bestimmung der Dienstpragmatik gegangen. Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich dagegen - wegen des mit der in Prüfung gezogenen Bestimmung verfolgten Zieles des "Personalabbaues" - die Frage der Auswahl aus den für eine amtswegige Ruhestandsversetzung in Betracht kommenden Beamten und damit auch die Frage der dem Art18 B-VG entsprechenden - hinreichenden - Determinierung des Verwaltungshandelns durch den Gesetzgeber.
4. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken haben sich somit als zutreffend erwiesen. Die in Prüfung gezogene Bestimmung verstößt also gegen das aus Art18 Abs1 B-VG abzuleitenden Determinierungsgebot.
5. Von der Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmung sah der Gerichtshof im Hinblick auf die Unbestimmtheit der aufgehobenen Vorschrift, die einen ordnungsgemäßen Vollzug nicht ermöglicht, ab (vgl. VfSlg. 16.294/2001).
6. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 B-VG. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung treten, wenn durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, mit dem Tag des Inkrafttretens der Aufhebung, falls das Erkenntnis nicht anderes ausspricht, die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren. Im vorliegenden Fall ist dies §15a Abs1 BDG, in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86.
7. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VfGG, die Verpflichtung zur Verlautbarung, dass §15a Abs1 BDG, in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86 wieder in Kraft tritt, aus Art140 Abs6 B-VG.
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