B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. November 2001 des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen wurde der Beschwerdeführerin, einer Ordinationshilfe bei Zahnärzten in Ausbildung, gemäß §30h Abs2 iVm §30l Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (in der Folge: FLAG) die Rückzahlung des von der Republik Österreich (gemeint: Bund) für Lehrlingsfreifahrten geleisteten Fahrpreisersatzes aufgetragen, da sie in keinem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis stünde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Beschwerdeführerin die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt.
3. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Die Beschwerde ist begründet:
1. Der Verfassungsgerichtshof leitete aus Anlaß dieser Beschwerde mit Beschluß vom 9. Oktober 2002 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Wortes "gesetzlich" im ersten Satz des §30j Abs2 FLAG, BGBl. 376/1967, idF BGBl. 311/1992, ein und hob diese Bestimmung mit dem am 3. März 2003 gefällten Erkenntnis G348/02 auf.
2. Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr iHv € 181,68 und Umsatzsteuer iHv € 327,-- enthalten. Ein Ersatz der entrichteten Gebühr für den - unter einem mit der Beschwerde gestellten - Abtretungsantrag war wegen der Gebührenfreiheit solcher Anträge nicht zuzusprechen.
IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.
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