B-VG Art144 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs2
Spruch:
I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird daher insoweit aufgehoben.
2. Der Bund (Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters die mit € 1.162,68 bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
II. 1. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt, soweit sie sich auf Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides bezieht.
2. Insoweit wird die Beschwerde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wurde über den Beschwerdeführer im Instanzenzug eine Verwaltungsstrafe verhängt, weil er als gemäß §9 Abs1 VStG Verantwortlicher eines Telekommunikationsunternehmens entgegen §19 Z3 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) iVm Anlage 2 litE Z5 der Numerierungsverordnung, BGBl. II 416/1997 (NVO), die kostenlose Inanspruchnahme zum Notrufdienst mit der Rufnummer 142 (Telefonseelsorge) seit 2. Februar 1998 bis 29. Jänner 1999 nicht bereitgestellt habe (Spruchpunkt I). Weiters wird die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen "Bescheid zur Aufforderung zur Rechtfertigung" mangels Bescheidqualität als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II).
2. Die dagegen erhobene Beschwerde rügt die Verletzung des Beschwerdeführers in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nach Art7 EMRK, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung.
II. 1. Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 15. Juni 2002, gemäß Art139 B-VG die Gesetzmäßigkeit des Wortes "Telefonseelsorge" in der Anlage 2 litE Z5 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Numerierung (Numerierungsverordnung - NVO), BGBl. II 416/1997, von Amts wegen zu prüfen.
2. Mit Erkenntnis vom 27. Februar 2003 stellte der Verfassungsgerichtshof zu V54/02 fest, dass das Wort "Telefonseelsorge" in der Anlage 2 der oben näher bezeichneten Verordnung bis 31. Mai 2000 gesetzwidrig war.
3. Die belangte Behörde hat eine in dem für die Bestrafung des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum vom 2. Februar 1998 bis 29. Jänner 1999 gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass sich ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers als nachteilig erweist. Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt. Spruchpunkt I des Bescheids war daher aufzuheben.
III. Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides richtet, war ihre Behandlung hingegen abzulehnen.
Eine Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ist dem Verfassungsgerichtshof gemäß 144 Abs2 B-VG u.a. dann gestattet, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist. Durch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde die Berufung des Beschuldigten (und nunmehrigen Beschwerdeführers) gegen die behördliche Aufforderung zur Rechtfertigung als unzulässig zurückgewiesen. Insoweit ist von einer Entscheidung über die diesbezügliche Beschwerde die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind nämlich zur Beurteilung der rechtlichen Qualität einer Aufforderung zur Rechtfertigung gemäß §40 VStG nicht anzustellen.
Da die Angelegenheit auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, wurde beschlossen von einer Behandlung der Beschwerde insoweit abzusehen, als sie sich gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides richtet, und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG in diesem Umfang dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten (§19 Abs3 Z1 VfGG).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG und trägt dem nur teilweisen Erfolg der Beschwerde Rechnung. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 163,50 enthalten.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 und §19 Abs3 Z1 VfGG nicht öffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
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